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Untersuchungen von Feldhasenpopulationsdichten auf Gemeindeebene gegenüber lokalen Beständen

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Academic year: 2022

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Tierärztliche Hochschule Hannover

Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung

Untersuchungen von Feldhasenpopulationsdichten auf Gemeindeebene gegenüber lokalen Beständen

INAUGURAL - DISSERTATION zur Erlangung des Grades

einer Doktorin der Naturwissenschaften - Doctor rerum naturalium -

(Dr. rer. nat.)

vorgelegt von Katharina Sliwinski

aus Neumünster

Hannover 2020

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Wissenschaftliche Betreuung:

Supervisorin: Prof. Prof. h. c. Dr. Ursula Siebert

Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Weiterer Fachwissenschaftler: Prof. Dr. rer. nat. Klaus Jung

Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachterin / Gutachter: Prof. Prof. h. c. Dr. Ursula Siebert Prof. Dr. Klaus Jung

2. Gutachterin / Gutachter: apl. Prof. Dr. Uwe Kierdorf Institut für Biologie und Chemie Universität Hildesheim

Tag der mündlichen Prüfung: 27.05.2020

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“The truth is that we will never save wildlife by killing it.”

― Steve Irwin (*1962 2006)

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Veröffentlichungen

Teile dieser Dissertation wurden bereits in international anerkannten Wissenschaftsjournalen nach Peer-Review-Verfahren veröffentlicht bzw. zur Veröffentlichung vorbereitet:

Studie I

SLIWINSKI K,RONNENBERG K,JUNG K,STRAUß E,SIEBERT U (2019): Habitat requirements of the European brown hare (Lepus europaeus Pallas 1778) in an intensively used agriculture region (Lower Saxony, Germany). BMC Ecol 19(31). https://doi.org/10.1186/s12898-019- 0247-7 (veröffentlicht: 08.08.2019)

Studie II

SLIWINSKI K,STRAUß E,JUNG K,SIEBERT U (2020): Evaluation of spotlighting monitoring data of European brown hare (Lepus europaeus) population densities with infrared thermography in agricultural landscapes in Northern Germany. (Manuskript eingereicht: PloS ONE, 24.02.2020)

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ... I  Tabellenverzeichnis ... I 

1  Einleitung ... 1 

2  Aktueller Kenntnisstand ... 5 

2.1  Populationsentwicklung in Niedersachsen ... 5 

2.2  Monitoring ... 6 

2.3  Methoden ... 9 

2.4  Habitatansprüche ... 17 

3  Zielsetzung ... 20 

4  Studie I ... 21 

5  Studie II ... 41 

6  Übergreifende Diskussion ... 58 

6.1  Modellierung von Monitoring- und Landnutzungsdaten ... 58 

6.2  Evaluierung von Monitoringdaten ... 61 

7  Fazit ... 67 

8  Zusammenfassung ... 69 

9  Summary ... 71 

10  Literaturverzeichnis ... 73 

11  Eidesstattliche Erklärung ... 91 

12  Danksagung ... 92 

(6)

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Studie I Fig. 1 Hunting bags of the European hare from 1991 - 2015 in Lower Saxony,

Germany. ... 28

Fig. 2 Mean number of the European hares per km2 open land per municipality. ... 29

Fig. 3 European hare density (km² open land) per municipality in Lower Saxony. ... 29

Fig. 4 Minimum adequate habitat model of the European hare. ... 32

S1 Fig. Mean number of the European hare per km2 open land per municipality including regression lines. ... 39

S2 Fig. Diagnostics of the GAMM: residual distribution. ... 40

Studie II Fig. 1 Overview of the study areas. ... 45

Fig. 2 Estimated European brown hare population densities. ... 52

Fig. 3 Estimated numbers of counted European brown hares. ... 52

Tabellenverzeichnis

Studie I Table 1 Summary of the GAMM-model. ... 30

S1 Table Model selection for the European hare habitat model... 37

S2 Table Slopes of the regression lines for two time periods. ... 39

S3 Table Variance Inflation factor of each parameter of our GAMM. ... 40

Studie II Table 1 Numbers of total counted hares with infrared thermography ... 50

Table 2 Distance sampling-based density estimations. ... 51

S1 Table Estimated European hare population densities on the basis of spotlight and infrared thermographic counts. ... 57

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Einleitung

1

1 Einleitung

Der Feldhase Lepus europaeus ist ein typischer Bewohner der offenen Agrarlandschaft Mitteleuropas, dessen natürliches Verbreitungsgebiet große Teile der südwestlichen Paläarktis umfassen (NIETHAMMER & KRAPP 2003). Es reicht in West-Ost Richtung vom nördlichen zentralen Spanien bis in den Südwesten Sibiriens und in den Nordwesten der Mongolei (NIETHAMMER &KRAPP 2003). In Nord-Süd-Richtung reicht seine Verbreitung von Dänemark und Finnland bis in den Norden Italiens und den Süden Griechenlands (FLUX &ANGERMANN

1990). Darüber hinaus wurde der Feldhase aufgrund seiner jagdlichen Bedeutung (FLUX &

ANGERMANN 1990) in weitere europäische Gebiete (Großbritannien, Nordirland, Südschweden, Korsika) und Kontinente (Australien, Neuseeland, Südamerika, USA) eingeführt (LEWANDOWSKI &NOWAKOWSKI 1993, MITCHELL-JONES et al. 1999).

Seit den 1960er Jahren sind europaweite Rückgänge der Feldhasenpopulationen zu verzeichnen (SMITH et al. 2005). Die Rückgangsintensitäten können dabei regional stark variieren (FLUX &

ANGERMANN 1990, EDWARDS et al. 2000, FERNEX et al. 2011). In Folge der negativen Trends wurde die Art in den Anhang III der Berner Konvention von 1979 gelistet. Sowohl in Deutschland als auch in weiteren europäischen Ländern wird die Art als gefährdet eingestuft (MITCHELL-JONES et al. 1999, SMITH et al. 2005, REICHLIN et al. 2006). Durch das weite Verbreitungsgebiet wird der Bestand jedoch global bewertet nach der International Union for Conservation of Nature (IUCN) als „nicht-gefährdet“ eingestuft (HACKLÄNDER & SCHAI- BRAUN 2019). Die Schwierigkeit in der Beurteilung einer Art im Hinblick auf ihren Status liegt darin, dass teilweise nicht genügend valide Daten vorliegen, um eine zuverlässige Entwicklung zu evaluieren (MARTON et al. 2014). Die Kenntnisse über Populationsdichten und deren Entwicklung sind jedoch eine essentielle Voraussetzung für die Beantwortung von Naturschutzfragen (STRAUSS & POHLMEYER 1996, STRAUß et al. 2017). Populationsdaten müssen präzise genug sein, um Aufschluss über die tatsächliche Größe und Verbreitung zu geben, sowie deren Populationszu- oder –abnahme geben zu können und daraus gezielte Schutzmaßnahmen abzuleiten (PETROVAN 2011).

Die besorgniserregende Bestandsentwicklung sowie die jagdliche Bedeutung des Feldhasen führten europaweit zu einer Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen, die zum Ziel hatten, die Wissenslücken zu schließen und die Rückgangsursachen zu verstehen (ABILDGARD et al.

1972, BROEKHUIZEN 1979, AHRENS 1996, SMITH et al. 2004, SMITH et al. 2005, ASCHWANDEN

et al. 2007). Insbesondere die Untersuchungen zu den Populationsdynamiken und Habitatpräferenzen verbesserten maßgeblich das Verständnis zur Biologie des Feldhasen (REITZ & LÉONARD 1994, VAUGHAN et al. 2003, SMITH et al. 2004, SMITH et al. 2005, MEICHTRY-STIER et al. 2014). Darüber hinaus wurden Methoden entwickelt, die über das

(8)

Einleitung

direkte oder indirekte Zählen der lebenden Feldhasen, Populationsdichteschätzungen ermöglichen (PEGEL 1986, AHRENS et al. 1995, LANGBEIN et al. 1999).

Wissenschaftliche Untersuchungen identifizierten die Intensivierung der Landwirtschaft und die damit verbundenen Veränderungen des Lebensraumes des Feldhasen als Hauptursache für die Populationsrückgänge (BARNES &TAPPER 1986, EDWARDS et al. 2000, SMITH et al. 2004, PÉPIN & ANGIBAULT 2007). Diese Veränderungen äußern sich in einer Erhöhung der Mechanisierung und dem Einsatz von Agrarchemikalien (BENTON et al. 2003, CHAGNON et al.

2015). Zusätzlich zeigt sich die Intensivierung durch größere Feldschläge und damit weniger Randstrukturen, einer höheren Produktivität und schnelleren mechanischen Bewirtschaftungsweisen. Weitere Begleiterscheinungen sind die Reduktion auf wenige Anbaufrüchte mit der Folge einer Reduktion der Habitatdiversität (VAUGHAN et al. 2003, SCHMIDT et al. 2004, BÁLDI &FARAGÓ 2007). Sowohl der Verlust des Lebensraumes als auch der Verlust von vielfältiger Nahrung führte zu einer grundlegenden Veränderung der Habitatqualität (VAUGHAN et al. 2003, SMITH et al. 2005, JENNINGS et al. 2006). Die Einflüsse von Prädation, Witterung, Verkehr und Krankheiten scheinen nach bisherigem Kenntnisstand keine primäre Rückgangsursache darzustellen, können aber als sekundäre Faktoren hinzukommen und den Rückgangseffekt verstärken (HACKLÄNDER et al. 2002, SMITH et al.

2005, PANEK et al. 2006). Da die Rückgangsursachen multifaktoriell bedingt sind, sollten die Faktoren differenziert für ein besseres Verständnis der Populationsdynamik innerhalb ihres Beziehungsgefüges betrachtet werden (HACKLÄNDER et al. 2001, SCHMIDT et al. 2004).

Ein Populationsrückgang findet entweder aufgrund einer Reduktion der Fertilität oder eines Anstiegs der Mortalitätsrate statt (HACKLÄNDER et al. 2001). Da die Fertilität von Häsinnen laut verschiedener Autoren in den letzten Jahren nicht abgenommen hat, wird die gestiegene Sterblichkeit als Ursache angenommen (HACKLÄNDER et al. 2001). Für die grundlegende Ursache unterschiedlicher Populationsdichten beim Feldhasen werden demnach unterschiedliche Mortalitätsraten von Junghasen angenommen (HACKLÄNDER et al. 2001, VOIGT &SIEBERT 2019).

Da der Feldhase eine dem Jagdgesetz unterstehende Art darstellt und es häufig an wissenschaftlichen Wildtierzählungen mangelte, stellten Jagdstrecken über einen langen Zeitraum die einzige langfristige und großräumige Datengrundlage für die Analyse der Populationsdynamik dar (FLUX &ANGERMANN 1990, NYENHUIS 1995, SCHMIDT et al. 2004, RÖDEL &DEKKER 2012, HACKLÄNDER &SCHAI-BRAUN 2018, PANEK 2018). Die Erfassung der Jagdstrecke erfolgt seit 1958 bzw. 1960 sowohl für West- als auch für Ostdeutschland (WIESE 1974). Jagdstrecken sind nach wie vor ein fester Bestandteil des Wildtiermanagements und der Wildtierbiologie, da sie z.B. Aufschluss über die Altersstruktur einer Population geben (SPITTLER 1998, EYLERT 2000). Populationsökologisch betrachtet können Jagdstreckendaten

(9)

Einleitung

3 großräumige Trends darstellen, allerdings besteht die Gefahr, dass diese nicht repräsentativ für Veränderungen sind (RANTA et al. 2008, IMPERIO et al. 2010, ENETWILD CONSORTIUM et al.

2018, KEULING et al. 2018). Angepasste Bejagungsintensitäten (z.B. durch lokale Rückgänge), Jagdbereitschaft und -kompetenz sowie Wetterbedingungen spiegeln sich in der Jagdstrecke wider und verzerren die Daten (STRAUSS &POHLMEYER 2001, IMPERIO et al. 2010, KEULING et al. 2011).

Zuverlässige Zahlen von Wildtierpopulationen spielen jedoch eine entscheidende Rolle in der Populationsökologie (STRAUß &POHLMEYER 1997). Valide Wildtiermonitoringdaten können neben der Darstellung des Populationsverlaufs z.B. für großräumige Analysen und Modellierungen genutzt werden und Wissenslücken auf überregionalen Skalen schließen (RONNENBERG et al. 2016). Effektive Managemententscheidungen für jegliche Arten basieren auf dem Wissen über die Populationstrends oder Abundanzen (AMOS et al. 2014).

Populationsschätzungen geben Aufschluss darüber, ob sich ein System vom status quo entfernt, ermöglichen das Evaluieren von Managemententscheidungen und decken Störungen und Veränderungen in Wildtierpopulationen auf (GIBBS 2000, BURTON 2012, LINDENMAYER et al.

2013). Innerhalb eines effizienten Monitoringprogramms muss die Qualität der Daten in regelmäßigen Zeitabständen evaluiert werden (LEGG &NAGY 2006, BURTON 2012). Vor allem im Hinblick auf den weltweiten Rückgang der Biodiversität, sind Monitoringprogramme essentielle Werkzeuge im Artenschutz, um Artenrückgänge in erster Linie aufzudecken und stellen daher eine Schlüsselfunktion im Artenschutz dar (RAFFAELLI 2004, COONAN et al. 2005, MARTIN et al. 2012). Durch den Einfluss des Lebensraums auf die Hasenpopulationen und das weiträumige Vorkommen durch die breite ökologische Potenz des Feldhasen, stellen Feldhasen geeignete Indikatoren für die Intensivierung der Agrarlandschaften dar (LUNDSTRÖM &

SCHLAEPFER 2003, COWAN 2004).

Für genauere Trendaussagen wurde eine hohe Bandbreite an Erfassungsmethoden zur Dichteschätzung des Feldhasen entwickelt (LANGBEIN et al. 1999). Es bestehen drei grundlegende Herangehensweisen: a) das Zählen inaktiver Tiere, b) das Zählen aktiver Tiere sowie c) indirekte Methoden (LANGBEIN et al. 1999). Als geeignete Methoden haben sich die Thermographiezählung (FOCARDI et al. 2001), das persönliche Einschätzen von Jägern innerhalb ihres Jagdreviers (STRAUSS &POHLMEYER 1996), das „Distance sampling“ (REID et al. 2007), die „Pellet-count“ Methode (NOVARO et al. 1992), die Punkttaxation (VERHEYDEN

1991) oder der Einsatz von Fotofallen (CARAVAGGI et al. 2016) erwiesen. Die Scheinwerfertaxation, bei der während des nächtlichen Befahrens von ausgewählten Linientransekten die aktiven Hasen auf offenen Agrarflächen mittels Scheinwerfer gezählt werden, hat sich als besonders effektive Erfassungsmethode bewährt (ELTHRINGHAM &FLUX

1971, SALZMANN-WANDELER &SALZMANN 1973, FRYLESTAM 1981, BARNES &TAPPER 1985,

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Einleitung

VERHEYDEN 1991). Der Vorteil der Scheinwerfertaxation besteht darin, dass sie im Gegensatz zu anderen Methoden einen relativ geringen Zeit-, Personen- und Kostenaufwand voraussetzt und sich dadurch in diversen Monitoringprogrammen als Methode etablieren konnte (STRAUß

2000, MEICHTRY-STIER et al. 2014). Ein bekanntes Monitoringprogramm, in dem Feldhasen mit der Scheinwerfertaxation deutschlandweit gezählt werden, ist das Wildtier Informationssystem der Länder Deutschlands (WILD) (STRAUSS et al. 2008, KEULING et al.

2011). Obwohl die Richtlinien zur Methode der Scheinwerfertaxation innerhalb des Programms festgelegt wurden, gibt es regionale Unterschiede in der Praktikabilität, die bisher nicht näher festgehalten und untersucht wurden. Die Vergleichbarkeit der WILD Monitoringdaten ist somit noch fraglich. Unveröffentlichte Untersuchungen des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung befassen sich seit Jahren mit der Fehlersuche und -analyse der Scheinwerfertaxation und weisen darauf hin, dass eine umfassende Prüfung der Methode notwendig ist (STUHR 2003, KLAGES 2004, LEGIT 2008). Die Schwachstelle der Dichteschätzung beruht auf der Tatsache, dass das Ausmaß des Fehlerbereichs nur schwer einzugrenzen ist, da das Verhältnis von gezählten Tieren und die darauf beruhende Dichteschätzung zur tatsächlichen Abundanz der Zielart unbekannt bleibt (CILULKO et al.

2013).

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Aktueller Kenntnisstand

5

2 Aktueller Kenntnisstand

Im folgenden Kapitel wird der aktuelle Kenntnisstand im Hinblick auf die relevanten Erfassungsmethoden, die populationsökologischen Entwicklungen und die habitatspezifischen Zusammenhänge für ein besseres Verständnis der aktuellen Wissensdefizite näher erläutert.

2.1 Populationsentwicklung in Niedersachsen

Das Bundesland Niedersachsen umfasst eine Fläche von 47.620 km2.Es reicht von der Nordsee über das Norddeutsche Tiefland zum südöstlichen Harzgebirge. Die Landnutzung setzt sich aus 60,9 % landwirtschaftlichen Nutzflächen (hauptsächlich Acker- und Grünflächen), 21,6 % Wald, 7,3 % Siedlungsfläche und 2,3 % Gewässer zusammen. Die übrigen Anteile setzen sich aus Siedlungs- und Verkehrsflächen zusammen (RONNENBERG et al. 2016).

Hinsichtlich der Landnutzung und Verteilung von Anbaufrüchten sind in Niedersachsen große Unterschiede zu verzeichnen. In der Weser-Ems-Marsch, der Ostfriesisch-Oldenburgischen Geest im Norden und Nordwesten von Niedersachsen dominiert das Grünland und prägt das Landschaftsbild. In den Naturregionen Dümmer, Stader Geest, Weser-Aller Flachland, Lüneburger Heide und die Börden werden überwiegend Wintergetreide, Mais, Kartoffeln und Zuckerrüben angebaut. Getreide und Winterraps stellen den Hauptanteil im Süden und Osten Niedersachsens dar (KRÜGER et al. 2014).

Niedersachsen befindet sich klimatisch in der zentraleuropäischen Zone mit einer Transitzone zwischen dem maritimen Klima im Westen Europas und dem kontinentalen Klima des östlichen Europas. Die durchschnittliche Temperatur beträgt 8 °C. Die Niederschlagsmenge liegt zwischen 500 mm/Jahr im östlichen Teil Niedersachsens bis zu 1.000-16.000 mm/Jahr in bergigen Regionen Südniedersachsens (KRÜGER et al. 2014).

So divers die Agrarlandschaft in Niedersachsen ist, so unterschiedlich stark können sich die Hasendichten und deren Entwicklungen regional und lokal unterscheiden (STRAUSS et al.

2017).

Im Rahmen der Wildtiererfassung Niedersachsen schätzen die örtlichen Jäger seit 1991 die Frühjahrsbesätze der Feldhasen in rund 8000 Jagdbezirken (STRAUSS et al. 2017). Die mittleren Populationsdichten aggregiert auf Gemeindeebene auf Basis von Jägereinschätzungen in einzelnen Revieren liegen zwischen weniger als einem Hasen pro km2, bis hin zu über 100 Hasen/km2. Auf Gemeindeebene liegt der Bereich zwischen 3 Hasen/km2, bis 60 Hasen/km2 (STRAUSS et al. 2017).

Die Hasenbesätze sind im südlichen und östlichen Niedersachsen auf einem niedrigen Niveau relativ stabil (STRAUSS et al. 2017). In den traditionellen Niederwildregionen im Norden und

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Aktueller Kenntnisstand

im Westen Niedersachsens gingen die Besätze in den letzten zehn Jahren deutlich zurück. Die mittleren regionalen Hasenbesätze im Weser-Leine-Bergland waren seit Beginn der Datenaufnahme 1991 relativ konstant zwischen 8 und 10 Hasen/100ha. In der Stader Geest, der Lüneburger Heide, der Börde und dem Weser-Allerflachland sind Anstiege ab Mitte der 1990er Jahre von rund 10 Hasen auf 15 Hasen/100ha bis Mitte der 2000er Jahre zu verzeichnen.

Anschließend fielen sie bis zum Frühjahr 2017 kontinuierlich auf 10,5 bzw. 11 Hasen/100ha.

Besonders starke Rückgänge gab es zwischen 2006 und 2014 in den Naturregionen Weser- Ems-Marsch, Elbe-Niederung, Ostfriesland, dem Oldenburger und Osnabrücker Raum. In den letzten Jahren pendelten sich die Hasenbesätze dort zwischen 12 und 16 Hasen/100ha ein (STRAUß et al. 2017, STRAUß 2019).

2.2 Monitoring

Für landesweite Analysen hinsichtlich der Rückgangsursache oder die Entwicklung von Wildtiermanagementstrategien sind langfristige Monitoringdaten mit einer hohen Genauigkeit notwendig (STRAUSS et al. 2008, ZELLWEGER-FISCHER 2014). Auch nationale und internationale Verpflichtungen wie das Washingtoner Artenschutzabkommen erfordern Monitoringprogramme, um Veränderung in der Biodiversität zu dokumentieren. Akkurate Schätzungen von Wildtierpopulationsdichten sind jedoch herausfordernd und benötigen beträchtliche Investitionen von Zeit und Ressourcen (WITMER 2005).

Monitoringprogramme sollten idealerweise wissenschaftlich konzipiert und betreut werden, aus regelmäßigen Messungen bzw. Zählungen ausgewählter Variablen bestehen sowie über lange Zeiträume umgesetzt werden (BRASHARES & SAM 2005). Aus diesem Grund ist es unerlässlich die finanzielle und methodische Aufwendung vorab zu definieren und zu analysieren (STRAUß 2000). Die geeignete Feldmethode muss entsprechend der Zielsetzung, Fragestellung und der finanziellen Möglichkeiten gewählt werden (STRAUß 2000).

Folgende Kriterien müssen durch ein Monitoring erfüllt werden:

1. Die Datenerhebung der Messungen bzw. Zählungen erfolgt standardisiert.

2. Die ausgewählten Variablen beziehen sich auf ökologische Prozesse, die von zentraler Bedeutung sind und in denen Änderungen festgestellt werden sollen.

3. Die räumliche und zeitliche Skala der Datenerhebung ist angemessen um Veränderungen festzustellen.

Die grundlegende Annahme ist, dass bei der systematischen und dauerhaften Datenaufnahme der gleiche Anteil der Population regelmäßig gezählt wird (GIBBS 2000). Demnach werden

(13)

Aktueller Kenntnisstand

7 Veränderungen in der Stichprobe die Veränderungen in der Population widerspiegeln (GIBBS

2000).

Da es sich beim Monitoring um ein Stichprobenverfahren handelt, kann die Populationsdichte der Zielspezies nur geschätzt werden (CILULKO et al. 2013). Die tatsächliche, absolute Anzahl bleibt demnach unbekannt (CILULKO et al. 2013). Um beispielsweise einen Artenrückgang zu verstehen und um Managementmaßnahmen zu entwickeln, sind valide Daten erforderlich (STRAUSS et al. 2008, ZELLWEGER-FISCHER 2011). Zeigen die Entwicklungen der Populationsdaten gravierende Rückgänge, sollten Managementmaßnahmen als Konsequenz folgen (WESTGATE et al. 2013). Um die Qualität von Monitoringdaten zu überprüfen, eignet sich eine Evaluation, um die Validität abzuschätzen (BURTON 2012).

Grundvoraussetzung für eine valide Datengrundlage ist ein solider Umsetzungsplan. Unklare und vage Studiendesigne generieren andernfalls Daten, die mit äußerster Vorsicht zu interpretieren sind (CRALL et al. 2011, KREMEN et al. 2011). Ein bekanntes Beispiel für eine fehlerhafte Datenauswertung ist eine ausführliche Umfrage zur Elefantenpopulation auf dem gesamten afrikanischen Kontinent (DOUGLAS-HAMILTON 1980). Fehlerhafte Populations- schätzungen entstanden durch falsche Populationseinschätzungen und inkorrektes Zählen und zogen politisches Handeln nach sich (DOUGLAS-HAMILTON 1987).

Citizen Science, das Einbeziehen von Bürgern in die wissenschaftliche Praxis, ermöglicht ein neues Ausmaß der Datenerhebung (DICKINSON et al. 2010). Der bedeutende Vorteil liegt darin, dass ein breites geographisches Ausmaß erfasst wird, welches mit der traditionellen wissenschaftlichen Feldarbeit nicht umsetzbar wäre (DICKINSON et al. 2010).Die Chance von Citizen Science liegt darin, komplementär zu eher lokal begrenzter Forschung zu liegen und ökologische Muster aufzudecken (DICKINSON et al. 2010). Zusätzlich ermöglicht es den Einfluss des Landnutzungswandels zu verstehen, der auf räumlich breiter Skala dominiert und Prozesse aufzudecken, die nicht auf lokaler Basis aufgedeckt werden können (DICKINSON et al.

2010). Allerdings ist ein unumgänglicher Bias bei Citizen Science Untersuchung der Fehlerbereich, der durch unterschiedliche Beobachter entsteht (SUNDE &JESSEN 2013).

Das älteste bestehende Citizen Sciene Monitoringprojekt stellt das „National Audubon Society Christmas Bird Count“ des Vereinigten Königreichs dar, welches 1900 ins Leben gerufen wurde (BUTCHER et al. 1990). Wildtierzählungen finden auch seit Längerem in Skandinavien Anwendung. Innerhalb des „Wildlife Triangel Scheme“ werden in Finnland seit den 90er Jahren durch Jäger Wildtierpopulationen erfasst. Diese Daten bilden die Basis für das dortige Bejagungsmanagement sowie populationsökologische Analysen (LINDÉN et al. 1996, KAUHALA &HELLE 2000, PELLIKKA et al. 2005, HELLE et al. 2016).

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Aktueller Kenntnisstand

In Niedersachsen finden, neben der Dokumentation der Jagdstrecke, Wildtiererfassungen statt, die den Feldhasen miteinbeziehen: Die Wildtiererfassung Niedersachsen (WTE) und das Wildtier-Informationssystem der Länder Deutschlands (WILD) (STRAUSS &POHLMEYER 2001, STRAUSS et al. 2008). Das Institut für Wildtierforschung etablierte 1991 im Auftrag der Landesjägerschaft Niedersachsen die langfristig und flächendeckend angelegte WTE mit dem Ziel Populationsdichten von sowohl bejagbaren als auch nicht bejagbaren Wildtieren zu dokumentieren. Im Rahmen der WTE finden jährliche Umfragen statt, um regionale Bestandsunterschiede und langfristige Bestandstrends aufzuzeigen (STRAUSS &POHLMEYER

2001). Revierinhaber und lokale Jäger werden instruiert den Wildbestand, u.a. die Feldhasenpopulation, anhand einer konkreten Anzahl in ihren Revieren im Frühjahr jährlich zu schätzen. Sofern eine Einführung in die Scheinwerfertaxation stattgefunden hat, wird der Hasenbesatz über diese Methode gezählt (STRAUSS & POHLMEYER 2001). Neben dem Vorkommen werden auch Abfragen zu weiteren wildbiologischen Themen (z.B. Krankheiten, Bruterfolge) durchgeführt. Zusätzlich werden Informationen zur Reviergröße, Waldanteil und Offenlandfläche abgefragt. Die Beteiligungsrate der Jäger beträgt jährlich mindestens 80 % (6.151-8.300 Reviere von etwa 9.000 Revieren). Damit wird etwa 90 % (ca. 43.000 km2) der bejagbaren Fläche Niedersachsens abgedeckt. Die durchschnittliche Größe eines Reviers beträgt in etwa 500 ha (min. 75 ha, max. 4.877 ha) (STRAUß 2000).

Die Daten werden auf ihre Plausibilität getestet, um Ausreißer zu identifizieren und zu entfernen. Darüber hinaus wurden die Feldhasendichten auf Basis der Einschätzung durch die Jäger in zwei Studien 1995/96 durch die Methode der Scheinwerfertaxation in 31 und 2004- 2006 mit der Methode der Thermographie in 53 zufällig ausgewählten Revieren evaluiert (STRAUSS &POHLMEYER 1996, KLAGES 2006). Die Scheinwerfertaxation wurde nach PEGEL

(1986) von März bis Ende April durchgeführt. Im Validierungsverfahren wurde ein Korrekturfaktor von 1,6 ermittelt. Die Thermographiezählung wurde ebenfalls im Frühjahr umgesetzt und in Anlehnung an die Methode von Pegel (1986) durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten eine Dichteunterschätzung von 45 % bzw. die Schätzung der Jäger von lediglich 55 % ihres Hasenbestandes. Um die Unterschätzung auszugleichen, wurde für alle Reviere, deren Hasenpopulation ohne die Durchführung einer Scheinwerfertaxation geschätzt wird, ein Korrekturfaktor eingesetzt. (STRAUSS &POHLMEYER 2001).

Neben Niedersachsen initiierten auch weitere Landesjagdverbände in elf Bundesländern in den 1990er Jahren Erfassungsprogramme. Durch die methodisch uneinheitliche Umsetzung waren die Daten jedoch nur bedingt vergleichbar (STRAUSS &POHLMEYER 2001).

Neben der WTE werden auch innerhalb von WILD Feldhasenpopulationsdichten in Niedersachsen mit der Methode der Scheinwerfertaxation erfasst (STRAUSS et al. 2008). Für den Erhalt sowie die nachhaltige Nutzung von Wildtieren wurde 2001 das bundesweite

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Aktueller Kenntnisstand

9 Monitoring-Programm eingeführt. Die Landesjagdverbände einigten sich unter der Initiative des Deutschen Jagdverbands e.V., die Daten der länderspezifischen Monitoringprogramme innerhalb von WILD zu bündeln (STRAUSS et al. 2008, KEULING et al. 2011). Innerhalb dieses Monitorings werden kontinuierlich Daten zur Populationsdichte des Feldhasen in rund 500-600 deutschlandweiten Referenzgebieten über die Methode der Scheinwerfertaxation erhoben (WILD 2003). Die teilnehmenden Jäger werden zuvor durch Wissenschaftler in die Methode eingewiesen, um eine sorgfältige Datenerhebung zu garantieren (CRALL et al. 2011, KREMEN

et al. 2011).

2.3 Methoden

2.3.1 Scheinwerfertaxation

Als geeignete Methode für die Erfassung der Populationsdichte beim Feldhasen hat sich die nächtliche Scheinwerfertaxation erwiesen (BARNES & TAPPER 1985). Die ersten Untersuchungen am Feldhasen fanden in den 1970 und 1980er Jahren statt (SALZMANN- WANDELER & SALZMANN 1973, PFISTER 1984, PEGEL 1986). Die Methode beruht auf der Tatsache, dass Feldhasen überwiegend nachtaktiv sind und sich zu diesen Zeiten zum Äsen auf offenen Agrarflächen befinden (STRAUß & POHLMEYER 1997). Darüber hinaus wird angenommen, dass sich die Waldhasen auf die Offenlandfläche begeben (BARNES &TAPPER

1986). Die Methode ist ein bewährtes Mittel, um Feldhasenbesätze mit einer relativ hohen Genauigkeit zu erfassen und wird vor allem in Revieren mit einem hohen Feldanteil angewandt (STRAUß &POHLMEYER 1997).

Der methodische Ansatz der Scheinwerfertaxation kann zwischen den Studien variieren (LANGBEIN et al. 1999). Die Gründe dafür sind hauptsächliche topographisch bedingt. In Deutschland werden vorrangig die Methoden nach Pegel (1986) und Ahrens (1995) angewandt.

Innerhalb beider Methoden werden in deckungsarmen Offenlandschaften die Individuen von einem 15–25 km/h fahrenden Fahrzeug aus mit Hilfe eines Handsuchscheinwerfers gezählt.

Der Scheinwerfer wird vom Beifahrer ruhig in einem rechten Winkel zur Fahrbahn gehalten, was ein gleichmäßiges Ableuchten der Flächen ermöglicht. Sichteinschränkungen, die sich durch das rechtwinklige Halten des Scheinwerfers ergeben, z.B. durch Bodenwellen oder Hecken, werden durch ein Vor- bzw. Zurückleuchten reduziert. Die effektive Leuchtweite des Scheinwerfers muss bekannt sein und im Vorfeld über methodische Untersuchungen bestimmt werden (PEGEL 1986). Eine gute Möglichkeit für die Berechnung der effektiven Leuchtweite stellt das Distance sampling dar (BUCKLAND et al. 2001). Die abgeleuchtete Fläche (=Taxationsfläche) sollte mindestens 200 ha betragen und einen Waldanteil von weniger als 30

% aufweisen. Werden geringere Taxationsflächen gewählt, besteht die Gefahr von fehlerhaften

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Aktueller Kenntnisstand

Resultaten (RIMATHÉ 1977, SPAETH 1985), besonders in Gebieten mit geringen Hasenpopulationsdichten (STRAUß &POHLMEYER 1997).

Im Vorfeld der Scheinwerfertaxation werden Linientransekte ausgewählt, die das Untersuchungsgebiet in einem repräsentativen Querschnitt darstellen, daher wird die Methode auch Scheinwerfer-Streifentaxation genannt (PFISTER 1978). Um einen Bias der Daten zu vermeiden, sollten die Linientransekte über die Dauer der Untersuchung unverändert bleiben (COLLIER et al. 2007). Die Zählungen werden jeweils zwei Mal im Frühjahr und Herbst durchgeführt (WILD 2003).

Nach PEGEL (1986) wird bei der Berechnung der Feldhasenpopulation die Transektlänge mit der effektiven Leuchtweite (ca. 150 m) des Handscheinwerfers multipliziert und auf die bejagbare Fläche des Reviers, abzüglich des Waldanteils, hochgerechnet. Diese Methode findet vor allem in den westdeutschen Bundesländern Anwendung.

In den ostdeutschen Bundesländern wird nach der Methode von AHRENS et al. (1995) verfahren.

Dafür wird die Transektlänge anhand der gefahrenen Kilometer mithilfe des Tachometers ermittelt und mit der effektiven Leuchtweite multipliziert. Diese Methode wird hauptsächlich in den neuen Bundesländern angewandt.

Aufgrund systematischer und methodischer Fehlerquellen kann die Methode der Scheinwerfertaxation exakte Abundanzen kaum ermitteln (FOCARDI et al. 2001).

Methodenuntersuchungen haben gezeigt, dass zwischen den Scheinwerferzählungen große Varianzen bestehen und diese demnach nur eine Annäherung an den tatsächlichen Hasenbestand darstellen (STRAUß &POHLMEYER 1997). Dieser Sachverhalt besteht jedoch in jeder Methode, die zur Ermittlung von Tierbeständen entwickelt wurde (CILULKO et al. 2013).

Die Schwachstellen der Scheinwerfertaxation können aber weitgehend kompensiert werden, um wissenschaftlich aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten. Da es sich um ein Stichprobenverfahren handelt, wird die Annahme einer Gleichverteilung der Feldhasen im Raum getroffen (STRAUß &POHLMEYER 1997). Die Verteilung der Tiere im abgeleuchteten Bereich entspricht also derer des nicht abgeleuchteten Bereichs. Dies trifft unter Freilandbedingungen jedoch nicht vollständig zu (STRAUß &POHLMEYER 1997). Sowohl die landwirtschaftliche Bearbeitung als auch das Individual- und Gruppenverhalten der Hasen führen zu einer Ungleichverteilung (STRAUß & POHLMEYER 1997). Das Zählergebnis ist demnach davon abhängig, ob die Hasengruppen bei der Taxation vom Scheinwerfer erfasst und gezählt werden. Aus diesem Grund wird bei Wiederholungszählungen der Mittelwert gebildet (STRAUß &POHLMEYER 1997). Durch die potenziell hohen Veränderungen der Hasenverteilung werden zwei bis drei Scheinwerferzählungen in einem Intervall von sieben bis zehn Tagen empfohlen (WILD 2003). Allerdings sind trotz Wiederholungszählungen große Abweichungen

(17)

Aktueller Kenntnisstand

11 möglich (PIELOWSKI 1969). Die hohe Mobilität von Hasen verursacht vermutlich ebenfalls einen Bias (BROEKHUIZEN &MAASKAMP 1981, HOMOLKA 1985).

Für wald- und heckenreiche Habitate, in denen das Ableuchten von Linientransketen nicht möglich ist, eignet sich die Punkttaxation nach VERHEYDEN (1991), die ursprünglich für die Erfassung von Vögeln im Wald entwickelt wurde (EMLEN 1971, REYNOLDS et al. 1980). Die einzelnen anzufahrenden Punkte werden mit einem systematischen Raser auf das Untersuchungsgebiet projiziert, mit einer Entfernung von 600 m (VERHEYDEN 1991).

Die Genauigkeit der Scheinwerfertaxation kann durch Wiederholungszählungen überprüft werden. Beispielsweise wurden in zwei Untersuchungsgebieten im Nordwesten Frankreichs vier bis fünf Punkttaxationen am Feldhasen innerhalb von 15 Tagen im Frühjahr von 1989 - 1990 untersucht (VERHEYDEN 1991). Der Variationskoeffizient der Zählungen betrug 32,6 % für 26 Frühjahrszählungen (VERHEYDEN 1991). Vergleichsweise wurde bei BARNES &TAPPER

(1985) ein Variationskoeffizient von 26,8 % bei 25 Streifentaxationen im Frühjahr und bei FRYLESTAM (1981) ein Variationskoeffizient von 13,3% bei 27 Streifentaxationen im Frühjahr berechnet. Eine Validierung der Streifentaxation in Form von zahlreichen Wiederholungszählungen innerhalb eines kurzen Zeitabschnitts wurde am Kaphasen (L.

capensis) durchgeführt und zeigte einen Variationskoeffizient von 15,5% (SCOTT et al. 2005).

Die Zuverlässigkeit der Scheinwerfertaxation wird durch diverse Faktoren beeinflusst, die nur durch Wiederholungszählungen aufgedeckt werden können (FRYLESTAM 1981, MCCULLOUGH

1982, BARNES &TAPPER 1985, VERHEYDEN 1991, BALLINGER &MORGAN 2002, STUHR 2003, KLAGES 2004, LEGIT 2008, ROEDENBECK &VOSER 2008, SUNDE &JESSEN 2013, TIZZANI et al. 2013, SOKOS et al. 2015). Witterungsbedingungen wirken sich sowohl auf die Hasenverteilung als auch auf die Sichtbarkeit der einzelnen Tiere aus (BARNES &TAPPER 1985, KLAGES 2004, SOKOS et al. 2015). Aus Veränderungen im Luftdruck können geringere Zählergebnisse resultieren (BARNES & TAPPER 1985). Sowohl starker Wind als auch die Windrichtung beeinflussen das Zählergebnis (VERHEYDEN 1991, SOKOS et al. 2015).

Einflussfaktoren wie die durchschnittliche Windgeschwindigkeit, die Niederschlagsrate, die Temperatur, Luftdruckveränderungen oder die Mondphase führten in heckenreichen Habitaten jedoch zu keinen Auswirkungen auf das Zählergebnis (VERHEYDEN 1991). Innerhalb einer zweijährigen Untersuchung von 2007-2008 in Nordgriechenland wurden insgesamt 30 Scheinwerfertaxationen (ein bis zweimal monatlich) durchgeführt, ohne einen Effekt der Mondphase oder der Temperatur auf die Zählergebnisse festzustellen (SOKOS et al. 2015).

Innerhalb von Scheinwerfertaxationen am Weißwedelhirsch im Sommer 1958 in South Dakota konnte festgestellt werden, dass die Zählergebnisse mit der Temperatur, der Wolkenbedeckung,

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Aktueller Kenntnisstand

dem Niederschlag, der Luftfeuchtigkeit und dem Zählzeitpunkt korrelieren (PROGULSKE &

DUERRE 1964).

Die Einschränkung der Sichtbarkeit durch dichte Vegetation oder topographische Eigenschaften (z.B. Bodenwellen, Hügel) begrenzen die Anwendung der Scheinwerfertaxation und führen zu einem Bias in den Populationsdichten (VERHEYDEN 1991, GORTAZAR et al. 2007, TIZZANI et al. 2013). Die Ergebnisse der Scheinwerfertaxtion hängen unmittelbar mit der Vegetationshöhe zusammen und sind daher nur aussagekräftig, wenn Habitate optimale Detektionen ermöglichen (VERHEYDEN 1991). Innerhalb von 4 bzw. 5 Jahren wurden Scheinwerfertaxationen am Feldhasen in den westlichen Alpen durchgeführt mit dem Ergebnis, dass die Methode für diese Habitate aufgrund der Landschaft, die sich durch heckenreiches, wellenförmiges Terrain, Wälder und zahlreiche tote Winkel auszeichnet, ungeeignet ist (TIZZANI et al. 2013).

1969 wurden anhand von wöchentlich durchgeführten Scheinwerfertaxationen am Weißwedelhirsch im Südwesten von Michigan Einflussfaktoren für zu geringe Dichteschätzungen bestimmt (MCCULLOUGH 1982). Hierzu zählen schlechte Sichtbarkeit innerhalb des Habitats durch dichte, buschige Strukturen und Schneebedeckung (MCCULLOUGH 1982).

Innerhalb einer methodischen Studie zu potenziellen Fehlerquellen der Scheinwerfertaxation wurden 2003 in unterschiedlichen Revieren Niedersachsens die Einflussfaktoren durch Untergrund, Sichtverhältnisse, Bewegungsform der Hasen zum Zeitpunkt der Detektion und Sehvermögen der Zähler analysiert (KLAGES 2004). Die untersuchten Faktoren weisen keinen konstanten Fehler auf, sondern variieren stark zwischen den Untersuchungsgebieten und stehen in Wechselwirkung zueinander (KLAGES 2004). Untergründe, die einen hohen Kontrast zum Tier darstellen, erhöhen die Detektionswahrscheinlichkeit. Schlechte Wetterverhältnisse wie Nebel reduzieren die Sichtweite und damit das Entdecken von Hasen (KLAGES 2004).

Bei Scheinwerferzählungen in 60 Untersuchungsgebieten, die über 10 Jahre von 1992 bis 2002 in Spanien an Feldhasen durchgeführt wurden, waren die wichtigsten Einflussfaktoren für unterschiedliche Erkennungswahrscheinlichkeiten verschiedene Zähler und die Sichtbarkeit innerhalb der Habitate (GORTAZAR et al. 2007). Die höchsten Feldhasenabundanzen traten in offenen Agrarlandschaften, die nicht intensiv bewirtschaftet wurden, auf (GORTAZAR et al.

2007). In Wäldern und bergigen Habitaten wurden im Gegensatz dazu geringere Hasenpopulationen erfasst (GORTAZAR et al. 2007).

Ein weiterer Faktor, der sich auf die Zählergebnisse der Scheinwerfertaxation auswirkt, stellt die Verteilung der Feldhase im Raum dar (STRAUß &POHLMEYER 1997). Über eine Studie vom Raumverhalten des Feldhasen im Kanton Aargau aus der Schweiz wurde gezeigt, dass die Tiere

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Aktueller Kenntnisstand

13 die Nähe von Hauptstraßen meiden und große nicht fragmentierte Gebiete bevorzugen (ROEDENBECK &VOSER 2008). Die Dichte von Haupt- und Bundestraßen hatte einen negativen, unbefestigte Feldwege hingegen einen positiven Effekt auf die Hasenabundanz (ROEDENBECK

&VOSER 2008).

Wildtierzählungen, die durch mehrere Zählpersonen durchgeführt werden, weisen einen Zählerbias auf (GARNER et al. 1995, COLLIER et al. 2007, GORTAZAR et al. 2007, SUNDE &

JESSEN 2013). Die Variabilität zwischen Beobachtern wurde an Dichteschätzungen des Weißwedelhirsches auf Basis von Scheinwerfertaxationen auf 30 % geschätzt (COLLIER et al.

2007). Innerhalb einer methodischen Felduntersuchung wurde im Herbst 2010 und Frühjahr 2011 auf offenen Agrarflächen in Dänemark die Wildtierdetektionsfähigkeit unter Scheinwerfertaxationsbedingungen von 88 Teilnehmern untersucht (SUNDE &JESSEN 2013).

Für die Nachstellung von echten Feldbedingungen wurden Wildtierattrappen auf unterschiedlichen Entfernungen platziert (SUNDE &JESSEN 2013). Die Resultate zeigten, dass erfahrene Beobachter häufiger Wildtierattrappen detektierten, als unerfahrene Studienteilnehmer (SUNDE & JESSEN 2013). Beobachter mit einem jagdlichen Hintergrund konnten ebenfalls häufiger Wildtierattrappen detektieren (SUNDE &JESSEN 2013).

Die Methode der Scheinwerfertaxation ist durch das kostengünstige Equipment und die praktikable Anwendung einfach in ihrer Umsetzung, jedoch komplex in ihrer Interpretation, durch das hohe Potenzial an Fehlerquellen und kann zu fehlerhaften Schlussfolgerungen führen, weshalb weitere intensive Forschung benötigt wird (WINCENTZ 2009, TIZZANI et al. 2013).

2.3.2 Thermographie

Die Thermographie findet in diversen Bereichen Anwendung, wie der Industrie, dem Militär, der Human- und Veterinärmedizin, der Biologie und Ökologie (MCCAFFREY 2005, CILULKO et al. 2013). Sie ist ein bildgebendes Verfahren bei dem mittlere Infrarotwellen eines Objekts sichtbar gemacht werden und stellt ein nützliches Hilfsmittel im Bereich der Nutztierhaltung, der Wildtierforschung und Zootierhaltung dar (LAVERS et al. 2005).

In den ersten Einsätzen der Thermographie innerhalb der Wildtierforschung wurde die Effektivität der Technik sowohl vom Boden als auch von der Luft aus an Weißwedelhirschen in unterschiedlichen Saisons und Höhenlagen untersucht (GRAVES et al. 1972). Die Detektionswahrscheinlichkeit war abhängig von der Tageszeit, der Saison, der Höhenlage und der Wellenlängeneinstellung der Thermographietechnik (GRAVES et al. 1972). Die zuverlässigsten Zählungen wurden während der Nacht in offenen, flachen Landschaften erzielt, da dichte Vegetationsstrukturen die Methode limitieren und Solareinstrahlung die Detektion mindert (GRAVES et al. 1972).

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Aktueller Kenntnisstand

Seit den 1990er Jahren wird die Thermographietechnik auch für kleine bis mittelgroße Säugetiere im terrestrischen Bereich eingesetzt, um das Gemeine Rothörnchen Tamiasciurus hudsonicus, das Arktische Ziesel Spermophilus parryii, den Schneeschuhhasen Lepus americanus und die Wiesenhüpfmaus Zapus hudsonius bzw. ihre Nester und Höhlen zu detektieren (BOONSTRA et al. 1995). Die Untersuchungen fanden im Yukon, Kanada, 1992 unter natürlichen Bedingungen im Frühjahr und Winter statt. Das Vorkommen der Tiere konnte mit der Thermographie bestätigt werden, während das Auffinden von Rothörnchennestern aufgrund ihrer wärmeisolierenden Eigenschaften nicht möglich war (BOONSTRA et al. 1995).

Weitere Untersuchungen zur Eignung der Thermographie in der Wildtierforschung zeigten, dass schlechte Wetterkonditionen und dichte Vegetation Grenzen der Technik darstellen (GARNER et al. 1995). 1997 wurden jeweils im Frühjahr, Sommer und Winter in Norditalien zwei Zählungen am Rotwild, Damhirsch, Schwarzwild, Füchsen, Kaninchen und Hasen sowohl mithilfe der Thermographie als auch mit der Scheinwerfertaxation durchgeführt (FOCARDI et al. 2001). Die Thermographietechnik detektierte signifikant mehr Individuen als die Scheinwerfermethode, die nur 53,8 % der Tiere entdecke, die von der Thermographietechnik erfasst wurden (FOCARDI et al. 2001). Erkennbar war, dass die Detektionswahrscheinlichkeit von der jeweiligen Spezies abhängig ist, da Füchse und Damwild zu vergleichbaren Anteilen detektiert wurden, Rotwild, Feldhase und Kaninchen dagegen mit der Thermographie signifikant häufiger detektiert wurden (FOCARDI et al. 2001). Die stärkste Diskrepanz zwischen beiden Methoden wurde beim Schwarzwild beobachtet, bei dem die Scheinwerfertaxation nur 7,9 % der Individuen erfasste (FOCARDI et al. 2001).

Neben der Schätzung von Wildtierdichten eignet sich die Thermographie in der Wildbiologie für das Auffinden von Kitzen, um einen vorzeitigen Mähtod zu verhindern oder anderweitige Mortalitätsursachen zu untersuchen (DITCHKOFF et al. 2005, ISRAEL 2011, HOLLAND &

DITCHKOFF 2013). Die nachts angewandte Thermographie ist gleichwertig bzw. effizienter als andere Methoden, da sie zeitsparend ist, büßt allerdings an Wirksamkeit in dichter Vegetation ein (DITCHKOFF et al. 2005). Auch kleinere Wildtierarten, wie das Rebhuhn und der Feldhase können durch den Einsatz der Thermographie vor dem Mähtod bewahrt werden, wenn die Vegetation eine freie Sicht ermöglicht (STEEN et al. 2012).

Eine Vergleichsstudie zwischen der Scheinwerfertaxation und der Thermographie wurde 2005 in South Carolina, USA am Weißwedelhirsch durchgeführt (COLLIER et al. 2007). Die Scheinwerferzählung konnte nur 50,6 % der Individuen erfassen, die durch die Thermographie detektiert wurden (COLLIER et al. 2007). Die Detektions-wahrscheinlichkeit variierte zudem zwischen den jeweiligen Beobachtern (COLLIER et al. 2007). Für die Klassifizierung der Altersstruktur und Geschlechter erzielte die Scheinwerfertaxation unter der Zuhilfenahme von Ferngläsern effizientere Ergebnisse, da eine Differenzierung zwischen Hirschkühen,

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Aktueller Kenntnisstand

15 Hirschkälbern und jungen männlichen Hirschen durch die Thermographie erschwert wird (COLLIER et al. 2007).

Neben einem hohen Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten hat die Thermographie auch ihre Grenzen, die durch externe Faktoren und das Tierverhalten resultieren (BOONSTRA et al. 1995, COLLIER et al. 2007, STEEN et al. 2012). Niederschlag, eine hohe Luftfeuchtigkeit, Staub und Schneefall verringern die Sichtbarkeit, da sie den Transmissionsfaktor der Luft senken und sich die angezeigte Temperatur kaum noch auf die Oberflächen des Objekts hinter den Staub- oder Wasserpartikeln in der Luft bezieht (BOONSTRA et al. 1995, KISSELL &TAPPE 2004). Eine hohe Sonneneinstrahlung erhitzt die Oberflächentemperatur und kann dadurch unberechenbare Ergebnisse in Dichtezählungen erzeugen (BOONSTRA et al. 1995, GARNER et al. 1995, MCCAFFREY 2005, BUTLER et al. 2006). Habitate mit einer hohen und dichten Vegetation und einem hohen Heckenanteil erschweren ebenfalls die Detektion, wodurch sich die Methode eher für offene Landschaften eignet (BUTLER et al. 2006).

Durch die nächtliche Abkühlung und die Dämmerungs- und Nachtaktivität der Feldhasen ist eine Detektion mithilfe einer Wärmebildkamera zu diesem Zeitpunkt am effizientesten (BOONSTRA et al. 1995, GARNER et al. 1995, FOCARDI et al. 2001, ALLISON &DESTEFANO

2006). Die Fahrtgeschwindigkeit sollte durch die höhere Sichtweite der Kamera entsprechend reduziert werden (ALLISON &DESTEFANO 2006).

2.3.3 Distance sampling

Eine weitere Methode der Dichtebestimmung von Wildtieren stellt „Distance sampling“ dar (BUCKLAND et al. 2001, BUCKLAND et al. 2004). Dabei wird die Häufigkeit von beobachteten Wildtieren und die Entfernung des Wildtieres zum Beobachter für eine Dichteschätzung genutzt (BUCKLAND et al. 2001, BUCKLAND et al. 2004). Die Methode wurde bereits an Lagomorphen angewandt und erzielte valide Ergebnisse (WYWIALOWSKI &STODDART 1988, HUTCHINGS &

HARRIS 1996, HEYDON et al. 2000, NEWEY et al. 2003, REID et al. 2007, PETROVAN 2011).

Die Voraussetzung des klassischen „Distance Sampling“ ist eine zufällige, systematische und repräsentative Verteilung von Transekten im jeweiligen Untersuchungsgebiet (BUCKLAND et al. 2001, BORCHERS et al. 2002). Diese Anforderungen können jedoch selten in der terrestrischen Feldforschung erfüllt werden (REID et al. 2007). Durch die vorwiegend agrarwirtschaftlich geprägten Untersuchungsflächen erfolgt die Erfassung der Feldhasen von Feldwegen aus, was zu einem Bias führen kann (REID et al. 2007). Andrerseits können Straßen das Verhalten und die Raumverteilung von Tieren beeinflussen (ROEDENBECK &VOSER 2008).

Es kann daher dazu führen, dass die Annahme der gleichmäßigen Raumverteilung von Tieren nicht erfüllt wird (BUCKLAND et al. 2001). Die Nutzung eines Fahrzeugs während der Zählung

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Aktueller Kenntnisstand

ermöglicht, dass ein wesentlich größeres Gebiet in kurzer Zeit erfasst werden kann (BUTLER et al. 2007). Zusätzlich verursacht ein Fahrzeug weniger Störungen bei Tieren als das Ablaufen eines Transekts zu Fuß (HEYDON et al. 2000).

Eine wichtige Annahme des Distance Sampling ist, dass alle Individuen auf dem Transekt entdeckt werden und am Entdeckungsort eine fehlerfreie Distanz gemessen wird (BUCKLAND

et al. 2001). Bei flüchtenden Tieren wird die Entfernung zum ursprünglichen Ort gemessen, an dem sich das Tier zum Zeitpunkt der Detektion befand (BUCKLAND et al. 2001).

Eine weitere Annahme des „Distance sampling“ ist, dass mit zunehmender Distanz mehr Tiere übersehen werden (BUCKLAND et al. 2001, BUCKLAND et al. 2004). Mithilfe der Entfernung der entdeckten Tiere wird eine sogenannte „detection function“ errechnet, die eine Wahrscheinlichkeit, ein Tier zu entdecken, schätzt und darüber die Wilddichte und deren Genauigkeit ermittelt (BUCKLAND et al. 2001). Für ein robustes Modell werden mindestens 60 bis 80 Detektionen benötigt (BUCKLAND et al. 2001, BUCKLAND et al. 2004).

Innerhalb einer großräumigen Studie mit 550 freiwilligen Zählern in Großbritannien und den umliegenden Inseln wurden während des Tages Feldhasenpopulationen im Winter zwischen 1991 bis 1993 mit „Distance sampling“ geschätzt (HUTCHINGS &HARRIS 1996). Es wurde eine Abundanz von 817.520 Individuen mit einem 95 % Konfidenzintervall von +/- 137.251 geschätzt, wobei die höchsten Dichten auf Ackerflächen und die geringsten auf Grünland festgestellt wurden (HUTCHINGS &HARRIS 1996).

Ein zu Fuß durchgeführtes „Distance sampling“ wurde im Frühjahr und Winter 2006 in Südwestengland und Wales durchgeführt, um Populationsdichten von Dachsen Meles meles, Füchsen Vulpes vulpes und Feldhasen zu ermitteln und einen Ausgangswert für zukünftige Studien zu schaffen (PARROTT et al. 2012). Die Methode wurde in jeder Region auf einer Fläche von 19,6 km2 nachts mithilfe eines Scheinwerfers durchgeführt (PARROTT et al. 2012). Es wurden erhebliche Varianzen in den Dichteschätzungen festgestellt, die die Ergebnisse von (HUTCHINGS &HARRIS 1996) stützen.

Für die zuvor benannten methodischen Probleme der Scheinwerfertaxation am Feldhasen durch topographische Sichteinschränkungen in alpinen, unübersichtlichen Habitaten stellt „Distance sampling“ ein unterstützendes Werkzeug dar, da die übersehenen Feldhasen in das Modell einfließen und die Präzision der Ergebnisse erhöhen (TIZZANI et al. 2013).

In den schottischen Highlands wurden Schneehasenpopulationen mit „Distance sampling“ zu Fuß und der capture mark recapture Methode geschätzt (NEWEY et al. 2003). Beide Methoden erzielten vergleichbare Ergebnisse, bei geringen bis mittleren Populationsdichten (NEWEY et al.

2003). Jedoch wurden bei hohen Hasenvorkommen sowohl höhere Dichten, als auch weitere

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Aktueller Kenntnisstand

17 Konfidenzintervalle durch das „Distance sampling“ verglichen mit der Rückfangmethode erzielt (NEWEY et al. 2003). Die Schwierigkeit in der Anwendung des „Distance sampling“

bestand in Gebieten mit hohen Hasenvorkommen darin, die Distanzen der einzelnen Individuen zu messen, wenn diese gleichzeitig begannen zu flüchten (NEWEY et al. 2003). Andrerseits bestand als Schwierigkeit in Gebieten mit einem zu geringen Hasenvorkommen, die notwendige Anzahl an Beobachtungen zu erfüllen (NEWEY et al. 2003).

Um die Fehleranfälligkeit und die methodischen Schwierigkeiten von Dichteschätzungen darzustellen, wurde das „Distance sampling“ zu unterschiedlichen Tageszeiten in Großbritannien am Feldhasen durchgeführt, mit dem Ziel die Relevanz eines durchdachten Studiendesigns zu demonstrieren (PETROVAN 2011). „Distance sampling“, in der Nacht angewandt, führte zu signifikant höheren Detektionen, besseren Detektionsfunktionen und produzierte robustere Modelle als eine Datenerhebung während des Tages (PETROVAN 2011).

Dichteschätzungen auf Basis von „Distance sampling“ wurden am Kaphasen Lepus capensis, Springhasen Pedetes capensis und an Steinböckchen Raphicerus campestris 2007 und 2008 in offenen und homogenen Habitaten in Südafrika durchgeführt (STENKEWITZ et al. 2010). Die Methode wurde nachts, vom fahrenden Fahrzeug, mit Scheinwerfern durchgeführt und erzielte robuste Modelle mit geringen 95 % Konfidenzintervallen, bei einem gleichzeitig geringen Zeitaufwand (STENKEWITZ et al. 2010).

Innerhalb einer Studie am Schneehasen auf Irland wurde „Distance sampling“ von kleinen Straßen bzw. Feldwegen durchgeführt (REID et al. 2007). Bei den Untersuchungen wurde eine Dichte von 4,03 Hasen pro km² errechnet, mit einem Konfidenzintervall von 2,81-5,79 Hasen pro km2 (REID et al. 2007). Die Methode wurde durch eine Ungleichverteilung der Hasen im Raum negativ beeinflusst, wodurch eine Unterschätzung von 50 % erfolgte (REID et al. 2007).

2.4 Habitatansprüche

Der Feldhase kann aufgrund seiner breiten ökologischen Potenz vielseitige Lebensräume besiedeln (HACKLÄNDER &SCHAI-BRAUN 2018). Strukturreiche, diverse Habitate, mit kleinen Feldern, begünstigen das Hasenvorkommen, wohingegen Monokulturen negativ mit dem Hasenvorkommen korrelieren (BARNES &TAPPER 1986, PANEK &KAMIENIARZ 1999, SMITH

et al. 2005, PÉPIN &ANGIBAULT 2007). Der Aktionsraum des Feldhasen wird maßgeblich von der Habitatdiversität beeinflusst (REITZ &LÉONARD 1994). Dieser wird größer, je homogener die Agrarflächen bewirtschaftet werden (REITZ &LÉONARD 1994). Im direkten Zusammenhang zum Habitat stehen die Überlebensraten der Junghasen (BROEKHUIZEN &MAASKAMP 1980).

Die Habitatpräferenzen des Feldhasen sind abhängig von der jeweiligen Region, der Bewirtschaftungsform, des Lebensraums und der Jahreszeit, aber auch Temperatur und

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Aktueller Kenntnisstand

Niederschlag können die Habitatwahl beeinflussen (BARNES &TAPPER 1986, HUTCHINGS &

HARRIS 1996, SMITH et al. 2004, PAVLISKA et al. 2018). Darüber hinaus sind die Habitatpräferenzen abhängig von der eigentlichen Hasendichte (SCHAI-BRAUN 2013). Während der nächtlichen Aktivitätsphase suchen Feldhasen zur Nahrungsaufnahme offene Felder, mit geringer Vegetationsdichte (BARNES &TAPPER 1986). Hasen können ein und das selbe Habitat sowohl für ihre aktive als auch inaktive Phase (REITZ &LÉONARD 1994), aber unterschiedliche Gebiete zur Nahrungsaufnahme und Ruhephase nutzen und folglich ihr Habitat täglich wechseln (BARNES & TAPPER 1986). Eine hohe Vegetation ist im Frühjahr und Sommer förderlich, während sich eine kurze homogene Vegetation zu dieser Zeit negativ auswirkt (SMITH et al. 2004).

Gerade Stilllegungsflächen, Brachen und Blühstreifen werden gerne von Feldhasen genutzt (HUTCHINGS & HARRIS 1996, VAUGHAN et al. 2003, SCHAI-BRAUN et al. 2013). Weitere bevorzugte Strukturen stellen Waldränder, Gehölze und Hecken dar (BARNES &TAPPER 1986, PANEK & KAMIENIARZ 1999). Neben einem positiven Effekt von Stilllegungsflächen und Brachen hängen die Auswirkungen stark von der Vegetationsstruktur ab (NEUMANN et al.

2011). Brachflächen können im Winter allerdings auch gemieden werden (SMITH et al. 2004).

Hasen bevorzugen nicht bewirtschaftete Felder vom Frühjahr bis Herbst sowie eine hohe Vegetation im Frühjahr und Sommer (SMITH et al. 2004, NEUMANN et al. 2011, SANCHEZ- GARCIA et al. 2012). Der Verlust an Deckungsflächen stellt die größten Probleme in vielen Landschaften dar (NEUMANN et al. 2011). Eine Modellrechnung aus der Schweiz zeigt, dass Hasenpopulationen nur dann steigen, wenn wertvolle Biodiversitätsförderflächen ca. 10 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausmachen (MEICHTRY-STIER et al. 2014). Feldränder werden ebenfalls häufig von Feldhasen sowohl zur Nahrungsaufnahme als auch zur Ruhephase aufgesucht (PÉPIN 1989, GOSZCZYŃSKI & WASILEWSKI 1992, REYNOLDS & TAPPER 1995, ROEDENBECK & VOSER 2008, TAPPER & YALDEN 2010). Darüber hinaus werden Waldfragmente und Linienstrukturen mit Bäumen zum Ausruhen genutzt (MARSHALL 2004).

Diese vielseitigen Habitatstrukturen bieten dem Feldhasen ganzjährige Deckung, die vor Prädatoren und schlechten Wetterbedingungen sowie vor landwirtschaftlicher Bearbeitung schützen, aber auch hochwertige Nahrung liefern (SMITH et al. 2004, JENNINGS et al. 2006, SCHAI-BRAUN et al. 2015).

Innerhalb einer Telemetriestudie wurden die Habitatpräferenzen von Feldhasen auf landwirtschaftlich unterschiedlich bewirtschafteten Feldern in England untersucht (BARNES &

TAPPER 1986). Die Autoren stellten fest, dass Feldhasen die Nahrungsaufnahme auf Feldern mit kurzen Getreidepflanzen bevorzugen (BARNES &TAPPER 1986). Die Präferenz für Getreide sank zur Phase der Bestockung und Halmbildung (BARNES & TAPPER 1986). Demnach verschieben Feldhasen ihre Aktivitäten je nach Entwicklungsstadium des Getreides. Grünland

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Aktueller Kenntnisstand

19 hingegen stellt eine ganzjährige Nahrungsgrundlage dar (BARNES & TAPPER 1986).

Insbesondere wirkt sich extensiv genutztes Grünland, mit einer heterogenen Struktur, positiv auf das Hasenvorkommen aus (HUTCHINGS &HARRIS 1996). Grünland wirkt sich zu geringen Anteilen positiv auf Feldhasen aus, hohe Anteile weisen hingegen negative Effekte auf (SMITH

et al. 2005). Ein positiver Effekt in grünlanddominierten Landschaften kann durch Waldanteile erhöht werden (SMITH et al. 2005).

Viele Untersuchungen konnten einen positiven Effekt von Ackerflächen mit verschiedenen Getreideanteilen bestätigen (SMITH et al. 2005, PAVLISKA et al. 2018). Ackerflächen stellen gute Habitate während der Jungenaufzucht dar, da sie ausreichend Deckung bieten und stellen im Winter die hauptsächliche Nahrungsgrundlage des Feldhasen dar (SMITH et al. 2004, REICHLIN et al. 2006)

Die Daten aus der Wildtiererfassung Niedersachsen sowie der Scheinwerferzählungen im Rahmen von WILD weisen dagegen teils andere Ergebnisse auf. Die höchsten Hasenpopulationen in Deutschland treten einerseits auf den hochproduktiven Böden und intensiv genutzten landwirtschaftlichen Ackerflächen auf. Zum anderen sind in Niedersachsen auf intensiv genutzten und großflächigen Grünlandbereiche an der Küste ebenfalls sehr hohe Hasenbesätze festzustellen.

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Zielsetzung

3 Zielsetzung

Diese Doktorarbeit beschäftigt sich mit zwei Schwerpunkten des Monitorings. Da der Feldhase eine breite ökologische Potenz aufweist und in nahezu allen Agrarräumen auftritt, ist der Zusammenhang zwischen dem Habitat in Form der landwirtschaftlichen Nutzung im Zusammenhang mit den Populationsdichten zu untersuchen. Bislang wurde dieser Zusammenhang in einer flächendeckenden Analyse wurden noch nicht umgesetzt. Aber gerade Populationsdaten mit einer breiten geographischen Reichweite ermöglichen es ökologische Muster aufzudecken, da sie komplementär zu lokalen Untersuchungen wirken können.

Innerhalb der ersten Untersuchung werden flächendeckende Wildtiereinschätzungen mit Landnutzungsdaten auf Gemeindeebene modelliert (Studie I). Die daraus resultierenden Ergebnisse geben Aufschluss über den Zusammenhang zwischen der jeweiligen Landnutzungsform und dem Hasenvorkommen. Daraus können Rückschlüsse über geeignete Managementmaßnahmen erfolgen. Auf Grundlage der bisherigen Literatur wird die Hypothese aufgestellt, dass der Feldhase auf unterschiedlichen Kulturformen in hohen Anzahlen vorkommen kann.

In einem weiteren Schritt werden die methodischen Grundlagen der Scheinwerfertaxation in Bezug auf Monitoringprogramme analysiert. Die in Niedersachsen und anderen Bundesländern angewandte Scheinwerfertaxation wird hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit und Validität überprüft. Unklar ist bislang wie aussagekräftig Citizen Science Feldhasenmonitoringdaten sind, die von örtlichen Jägern nach fachlicher Einweisung erhoben werden. Durch die potenziellen Fehlerquellen in der Methode resultiert die Grundsatzfrage, ob Scheinwerfertaxationen, die durch unterschiedliche Bürger innerhalb eines Monitoringprogramms erhoben werden, valide Daten generieren. Der Fokus des zweiten Teils dieser Arbeit (Studie II) ist eine Evaluierung der Scheinwerfertaxation in drei Bundesländern (Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen). Basierend auf den bisherigen methodischen Untersuchungen wird die Hypothese aufgestellt, dass die Scheinwerfertaxation, unter Umsetzung des Zählstandards, zuverlässige Feldhasenpopulationsdichteschätzungen generiert.

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21

4 Studie I

Habitat requirements of the European brown hare (Lepus europaeus PALLAS 1778) in an intensively used agriculture region (Lower Saxony, Germany).

Katharina Sliwinski

1

, Katrin Ronnenberg

1

, Klaus Jung

2

, Egbert Strauß

1

, Ursula Siebert

1

1Institute for Terrestrial and Aquatic Wildlife Research

2Institute for Animal Breeding and Genetics

University of Veterinary Medicine Hannover Foundation, Hannover, Germany

Veröffentlicht:

08.08.2019, BMC Ecology 19(31):

https://doi.org/10.1186/s12898-019-0247-7

to: U. Voigt

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Studie I

4.1 Abstract

Background: The European brown hare (Lepus europaeus) typically resides in open habitats in agriculturally dominated landscapes in Europe. Over recent decades, a widely observed population decline occurred, which was attributed to agricultural intensification. However, with political incentives for specific crops, especially maize for energy production, the habitat went through massive changes. Thus, there is the need to identify parameters that characterize a suitable habitat for the brown hare in today’s agricultural lands.

Results: We modelled European brown hare densities spatially and temporally explicit over ten years (2005-2014) across an entire federal state. The generalized additive mixed model confirms a constant decline of the European brown hare population in Lower Saxony.

Municipalities with a high proportion of grassland and precipitation totaling up to 900 mm are more favoured. Woodland showed an approximately linear negative effect. The most important agricultural crop groups such as winter grains and winter oilseed rape showed overall positive effects on hare densities. However, the effect of maize was unimodal, with a positive effect of medium proportions, but a negative effect of very high proportions. The effect of sugar beet was relatively weak but negative. Brown hares were also more abundant in municipalities with a higher density of vixen with litter and municipalities with a high proportion of wildflower strips showed higher brown hare abundance.

Conclusion: Lower Saxony is a diverse federal state with grassland dominated areas in the northwest, more woodland in the east, but intensive arable land in most remaining areas. The European brown hare – a species with a wide ecological potency – shows preferences to both grassland and the most typical arable crop groups such as winter grains and winter oilseed rape.

The substantial increase in maize production within the time frame was likely unfavourable and may be one reason for the decline. Nonetheless, political tools such as the agri-environmental scheme “wildflower strips” were beneficial for the brown hare abundance and may be an option to reverse the decline seen over the ten years.

4.2 Keywords

wildlife estimation, citizen science, monitoring, hunting bags, land use data, small game, habitat modelling, IACS data

4.3 Background

Some wildlife species (i.e. farmland birds, small games) in agricultural landscapes are negatively influenced by intensification of agriculture (KLEIJN et al. 2009, STOATE et al. 2009).

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