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Archiv "Gutes Schachspiel und billiges Schmierentheater" (08.03.1979)

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Gutes Schachspiel

und billiges Schmierentheater

Die menschliche Seite der Schlacht von Baguio City auf den Philippinen: Rückblicke auf die Schachweltmeisterschaft 1978

Helmut Pfleger

Vom 25. Februar bis zum 15. März 1979 wird in München die Interna- tionale Deutsche Meisterschaft im Schachspiel ausgetragen. Einer der führenden Schachspieler der Bundesrepublik und einer der besten Amateure der Welt, der Münchner Internist und Wissenschaftliche Assistent Dr. med. Helmut Pfleger, wird dann als Lokalmatador sowohl auf den amtierenden Weltmeister Karpov als auch auf Exweltmeister Spasski stoßen, der 1972 in Reykjavik gegen den legendären Bobby Fischer (USA) den Weltmeistertitel verlor. (Bobby Fischer, über des- sen Comeback in einem Kampf mit Karpov gemunkelt wird, hat seither völlig von der Schachbühne Abstand genommen.) Während des Tur- niers will Dr. Pfleger Kreislaufmessungen durchführen und verschie- dene Blutparameter dieser „Hochleistungs-Geistessportler" über- prüfen.

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

FEUILLETON

Am 17. Juli 1978 begann der Wett- streit um die Weltmeisterschaft im Schachspiel im ewig verregneten Baguio auf den Philippinen, mehr als drei Monate später sollte er erst enden, der längste in der Geschichte des Schachspiels. Und diese Länge war nicht nur ein Ärgernis für die gesamte Schachweit, sondern auch eine ungeheure Belastung für beide Kontrahenten.

Kortschnoj hatte vor dem Wettkampf erklärt: „Dauert er mehr als zwei Monate, wird der schwächliche Kar- pov noch mehr abmagern und zu- sammenbrechen." Als der amerika- nische Großmeister und Bericht- erstatter der „New York Times", R.

Byrne, nach dem siebten Remis am Telefon von seiner Frau gefragt wur- de, ob er Weihnachten wieder zu Hause sei, fragte er zurück: "Wel- ches Weihnachten?"

Hochgelobt — noch öfter verdammt Die Güte des Spiels wurde teilweise hochgelobt, noch öfter aber gerade-

zu verdammt — neben ernsthaftem, gutem Schach sahen wir billiges Schmierentheater. Was geschah nun hinter den Kulissen, wie sah es um die beiden Hauptakteure aus?

Zur Eröffnung die Internationale Es begann mit einem Eklat — und so sollte es auch enden. Bei der feierli- chen Eröffnung, an der auch der philippinische Staatspräsident Mar- cos teilnahm, wurde statt der sowje- tischen Nationalhymne die „Interna- tionale" gespielt. Kortschnoj blieb grinsend sitzen, versuchte seine Schadenfreude gar nicht zu ver- bergen.

Salomonisches Urteil im Flaggenkampf

Schon vor dem Wettkampf hatte der psychologische Krieg mit dem Tau- ziehen um die Flagge begonnen:

Kortschnoj wollte unbedingt unter der Flagge seiner neuen Heimat, der Schweiz, spielen. Als Alternative bot

er die sowjetische Flagge mit der Aufschrift „Ich entkam" bzw. eine Seeräuberflagge mit Totenkopf an.

Lothar Schmid, Jurist und Haupt- schiedsrichter aus Bamberg, prüfte die Sachlage eingehend und ent- schied salomonisch, beide müßten nackt und bloß ohne Flagge spielen.

Es fanden sich nur drei tote Fliegen Daß der psychologische Graben- krieg durchaus nicht einseitig (sprich von Kortschnojs Seite) ent- facht wurde, die Russen in diesem Metier auch keine unbedarften Wai- senknaben sind, zeigte sich späte- stens in ihrer Forderung, den einge- flogenen Stuhl Kortschnojs (wie weiland schon beim guten Bobby Fi- scher) genauestens auf verderben- bringende Kräfte zu untersuchen.

So wurde der Stuhl denn auseinan- dergenommen, in der Röntgenabtei- lung des Krankenhauses sein Innen- leben genauestens erforscht. Die Beute war indes mager, es fanden sich nur drei tote Fliegen.

Blauer oder roter Joghurt

Nachdem der schachliche Auftakt dann doch einigermaßen farblos blieb, man sich mit Samthandschu- hen vorsichtig abtastete, hauchte ein ursprünglich scherzhaft gemein- ter Protest Keenes, eines der Sekun- danten Kortschnojs, dem Gesche- hen neues Leben ein. Mit dem be- rühmten englischen Humor bean- standete er, daß Karpov während der

680 Heft 10 vom 8. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Schachweltmeisterschaft 1978: Kortschnoj überlegt seinen ersten Zug Foto: Weber Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen

Schachweltmeisterschaft

Partie Joghurt gereicht wurde. Wel- che Unzahl von Codes konnten sich doch dahinter verbergen? Zum Bei- spiel könnte blauer Joghurt bedeu- ten: Greife die gegnerische Dame energisch an, roter Joghurt: Hüpfe mit dem Gaul zurück. Kurzum, man sieht, wie unschuldig erscheinende Molkereiprodukte eine Weltmeister- schaft entscheiden können.

Belastend:

Titel und System verteidigen Es zeigte sich schon bald, daß all dieses Drumherum nicht nur als Klingeln zum Gewerbe gehört, son- dern beide Kontrahenten in ihrer Spielweise nachdrücklich beeinfluß- te. Während Kortschnoj bald stets die Initiative suchte, oft überwälti- genden Vorteil errang, um dann doch nicht den entscheidenden und manchmal auf der Hand liegenden Dolchstoß geben zu können, spielte Karpov merkwürdig zögernd-zau- dernd, ließ sich in mühsame Stellun- gen bringen. Vor allem nach seiner 4:1-Führung wurde dies als ge- lungene Taktik beschrieben.

Mir erscheint aber vielmehr, daß Karpov unter großem Druck spielte.

Er schnitt dies selbst in einem Inter- view an, daß ein Weltmeister bei der Verteidigung seines Titels sehr bela- stet sei und seine Bestleistung nicht bringen könne.

Wesentlicher ist aber wohl die Bela- stung, als Sportler des Jahres in der Sowjetunion, als mit Breschnew persönlich gut Bekannter und dem System zumindest nach außen hin treu Ergebener, die Vorherrschaft des sowjetischen Schachs gegen den abtrünnigen und weitgehend totgeschwiegenen Volksfeind Kort- schnoj verteidigen zu müssen. Und hierbei war die vierzehnköpfige so- wjetische Delegation (vom Koch über Leibwächter bis zum Psycholo- gen und Arzt) eher Last als Hilfe.

Spasski, der ein geschicktes Wech- selspiel zwischen Frankreich, der Heimat seiner Frau, und Rußland be- treibt, meinte, Karpov könnte ohne all die KGB-Leute viel befreiter spie- len — ein Urteil aus berufenem Munde.

Parapsychologische Kriegsführung Noch bemerkenswerter erscheint mir seine Ansicht zum Dauerzankap-

fel dieser Weltmeisterschaft, Dr. Su- char, dem persönlichen Psycholo- gen Karpovs. Spasski glaubt, daß die Sowjets diesen gezielt mit der Auf- gabe betrauten, Kortschnoj aus den vordersten Reihen unverwandt an- zustarren und so zu verunsichern. Er glaubt auch fest an die parapsycho- logische Wirkung des Ganzen.

Man mag nun dazu stehen, wie man will (ich selbst bin eher skeptisch), unzweifelhaft ist es nicht angenehm, von einem feindlich Gesonnenen stundenlang fix angestarrt zu wer- den. Gesellt sich hierzu, wie bei Kortschnoj, noch eine besondere Empfänglichkeit, so ist die halbe Miete schon drin: In der Tat ging Karpov nach teilweise haarsträuben- den Fehlern Kortschnojs (so über- sah dieser ein vierzügiges Matt, ba- stelte ein dreizügiges Selbstmatt) mit 4:1 in Führung.

Russisches Seelenleben

Im Umfeld von Dr. Suchar fuhren Kortschnoj und seine Sekretärin (so der offizielle Sprachgebrauch) und Delegationsleiterin Petra Leeuwerik Geschütze weit unter der Gürtellinie auf. Sprach Kortschnoj mit Karpov selbst kein einziges Wort mehr, ließ selbst Remisangebote durch Lothar Schmid übermitteln — die ehemals in Leningrad Befreundeten waren zu erbitterten Feinden geworden —, so äußerte er sich um so mehr über diesen! Karpov sei ein schlecht erzo- gener Junge (nach der „respektlo- sen" 4:1-Führung hatte er auch al- len Grund zu dieser Bemerkung), in seinen Taschen höre er die Ketten rasseln, die seine Frau und seinen Sohn im sowjetischen Gefängnis ge- fangenhalten.

Und die um eine giftige Bemerkung nie verlegene Petra schürte das Feu- er noch mit der Bemerkung an, der sowjetische Delegationsleiter Batu- rinski, ein Hauptankläger der Stalin- zeit, gehörte gestreckt, gehängt und gevierteilt.

Als Karpov daraufhin sich weigerte, Kortschnoj vor der Partie weiterhin die Hand zu geben, veranlaßte dies

682 Heft 10 vom 8. März 1979 DEUTSCHES ARZIEBLATT

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Schachweltmeisterschaft 1978 in Baguio City (Philippinen) (von links nach rechts):

Weltmeister Anatoly Karpov, sein Psychologe Dr. Suchar, der internationale Meister Cardoso von den Philippinen und ein philippinischer Tänzer Foto: privat

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Schachweltmeisterschaft

zwar Keene zur Bemerkung, jetzt müsse sich Viktor wenigstens da- nach nicht mehr die Hände wa- schen, Kortschnoj selbst war aber davon (glaubhaft) so betroffen, daß er diese achte Partie schrecklich verlor. Der Haß gegen das Sowjet- regime war sicher eine wichtige Triebfeder Kortschnojs, raubte ihm aber oft auch die nötige kühle Umsicht.

Von vornherein war abzusehen, daß bei der Gleichwertigkeit der beiden die psychologische Seite ausschlag- gebend sein werde.

Die Kraft der Gurus

Nach der 4:1-Führung Karpovs woll- te Kortschnoj schon entmutigt auf- geben, bis ihm das Schicksal eine Gegenwaffe bescherte, zwei Ange- hörige der meditierenden Ananda- Marga-Sekte. Allerdings waren die- se noch nicht vollkommen im Zu- stand himmlischer Verklärtheit — im- merhin waren beide rechtskräftig wegen eines Mordversuchs zu 17 Jahren Gefängnis verurteilt und nur gegen Kaution auf freiem Fuß. Wie auch immer, das Abhalten vegetari- scher Gastmähler, Kopfstehen und Singen von Mantras machte sich be- zahlt: Kortschnojs Psyche stabili- sierte sich wieder, einen beinahe ausweglosen Rückstand von 4:1 beziehungsweise 5:2 machte er bis zum 5:5-Gleichstand wett.

Dabei half ihm sicher auch, daß Dr.

Suchar in die hinteren Reihen ver- bannt wurde (in der Annahme, daß seine Hypnosekraft mit wachsender Entfernung abnähme), und vor al- lem, daß sich Kortschnojs neue Gu- ru-Freunde im Lotussitz um Dr. Su- char scharten, um so dessen verder- benbringenden Blick zu neutralisie- ren. Jeder mag sich dazu seinen Teil denken, Kortschnojs schwanken- dem Nervenkostüm tat's sicherlich gut. Kommentarlos sei bei dieser Gelegenheit hinzugefügt, daß Kar- pov eine Partie verschob, als sich Dr.

Suchar bei einem Fest mit den Schönen des Landes vergnügte und ganz menschlich betrank und so sei- nem Blick wohl die nötige Durch- dringungskraft abhanden kam.

Weltmeistertitel für Karpov

Vielleicht oder wahrscheinlich ist Dr.

Suchar ein ganz harmloser Mensch, dennoch bleibt er auch über das En- de des Wettkampfes hinaus ein Ca- sus belli. In der alles entscheiden- den 32. Partie nämlich, die Karpov gewann und so insgesamt mit 6:5 siegreich blieb, saß Dr. Suchar wie- der entgegen einer schriftlichen Vereinbarung in der vierten Reihe.

Der Protest Kortschnojs und des Schweizer Schachbundes hat eine gewisse Berechtigung, aber die

„normative Kraft des Faktischen", vor allem des Finanziellen, wird am Weltmeistertitel Karpovs nicht rütteln.

Die stärksten Spieler der Welt Gerade zum Abschluß eines solchen Wettstreits stellt sich aber die Frage:

Wer sind, wer waren die beiden?

Ohne Zweifel standen sich die bei- den derzeit stärksten Spieler der Welt gegenüber. Karpov hatte sich in den letzten vier Jahren als würdi- ger und spielender Weltmeister er- wiesen, ist gerade auch den deut- schen Schachfreunden durch seine Fernsehpartie, Si multanvorstel I u n-

gen und sein Mitwirken bei der deut- schen Meisterschaft 1976 in Bad Lauterberg bekannt.

Kortschnoj „brennt sich aus"

Und Kortschnoj spielte — obwohl er zwanzig Jahre mehr auf dem Buckel hat — gerade nach seiner Flucht aus der UdSSR 1976 besser und befrei- ter denn je, erlebte einen zweiten Frühling, war in seinem erneuten Ansturm auf den Schachgipfel zum Leidwesen der Russen von deren Paradepferden Petrosjan, Poluga- jewski und Spasski nicht zu stoppen.

Aber schon im Belgrader Halbfinal- Match gegen Spasski zeigte sich seine Anfälligkeit gegenüber ver- meintlich parapsychologischen Ein- flüssen. Nach imposanter Siegesse- rie verlor er vier Partien hintereinan- der, teilweise mit hanebüchenen Fehlern. Er fühlte sein Denken von sowjetischen Strahlen beeinträch- tigt, war außer sich, wollte schon aufgeben.

Schon wiederholt fiel mir auf, daß der Verlust der Heimat gerade bei russischen Schachspielern diese besonders belastet, ihnen ein Stück

DEUTSCHES ÄRZ ILBLATT Heft 10 vom 8. März 1979 683

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Der Autor unseres Beitrags, Dr.

med. Helmut Pfleger, ist als Inter- nist und Wissenschaftlicher Assi- stent an der Psychosomatischen Beratungsstelle der Medizini- schen Universitäts-Poliklinik München (Vorstand: Prof. Dr. N.

Zöllner) tätig.

Als Internationaler Großmeister im Schach ist er einer der führen- den Spieler in der Bundesrepu- blik und einer der besten Ama- teure in der Welt. (Im Turnier- schach gibt es keine Trennung von Amateuren und Professio-

nals.) Bei der Schach-Mannschafts-Weltmeisterschaft in Argentinien trug er kürzlich wesentlich zum vierten Platz der Bundesrepublik bei, die damit das weitaus beste Amateur-Team unter insgesamt siebzig Ländern stellte. Darunter waren viele Länder ausschließlich durch Berufsspieler vertreten. Von Bundespräsident Scheel erhielt Dr. Pfle- ger für seine sportlichen Verdienste das Silberne Lorbeerblatt.

Am 11. Februar 1979 hat er im Fernsehen in der Wissenschaftsreihe

„Querschnitt" den Kampf eines Menschen, des Internationalen Mei- sters Levy (Schottland), gegen „Chess 4,8", das derzeit beste Schach- Computer-Programm der Welt, als Schachexperte kommentiert.

Den vierzehn Wochen dauernden Weltmeisterschaftskampf 1978 auf den Philippinen zwischen Weltmeister Anatoly Karpov (UdSSR) und seinem Herausforderer Viktor Kortschnoj (staatenlos), dessen menschliche Hintergründe er auf diesen Seiten schildert, kommen- tierte er wöchentlich in den dritten Fernsehprogrammen. Wegen des großen Anklangs wurden die spannendsten Momente und Sendungen um die Weihnachtszeit wiederholt.

Dr. Pfleger kennt beide Spieler sehr gut, saß ihnen schon öfter am Schachbrett gegenüber. Gegen Kortschnoj gewann und verlor er je einmal bei vier Unentschieden, gegen Karpov lautet die Bilanz zwei Verluste und zwei Unentschieden. DÄ

Großmeister Dr. Helmut Pfleger Spektrum der Woche

Aufsätze • Notizen

Schachweltmeisterschaft

ihrer Identität nimmt und ohnehin Sensible zu Verfolgungsideen nei- gen läßt. Kortschnoj war von jeher auf die Führung und den Beistand durch andere angewiesen, kann mit diesem Stück Sicherheit kindhaft gewinnend, aber ebenso auch sprunghaft und unberechenbar sein.

In seinem Bedürfnis nach anderen, nach Geselligkeit wirkt er umgäng- lich und jovial, seine Gefühle äußert er frei, oft eruptiv, macht aus seinem Herzen keine Mördergrube. Im Spiel indes will er um jeden Preis gewin- nen, verzehrt sich förmlich, lotet alle Tiefen aus, berechnet tief, kommt aber bei diesem Aufwand oft auch in haarsträubende Zeitnot.

V. Wasiliew schreibt im „Leben ei- nes Schachspielers", „Kortschnoj

muß sich ausbrennen. Kein Mensch kann ständig solch gewaltige Men- gen physischer und psychischer Energie in jede Partie stecken." Und Kortschnoj über sich selbst 1974:

„Ich möchte nicht Karpovs pragma- tischen Stil haben."

Pragmatischer Spieler

Ja, Karpov spielt pragmatisch, wägt nüchtern seine Möglichkeiten ab, verzettelt und verausgabt sich nicht.

Aber auch hinter dieser kühl-be- herrschten Oberfläche, die ihn ver- schlossen und oft nur allzu vernünf- tig wirken läßt, ist vieles an wider- sprüchlichen Gefühlen verborgen — er trägt seine inneren Kämpfe und Konflikte mit sich selbst aus. Wenn

Spasski meint, daß hier Karpovs Stärke und Schwäche liege, so stim- me ich vollkommen mit ihm überein.

Immerhin ließ Karpov in diesem Wettkampf doch deutlich Nerven er- kennen. Es wurde auch berichtet, daß der sich rapide verschlechtern- de Gesundheitszustand seines Va- ters, von dem er erst nach der 5:2- Führung erfuhr, zu seiner Niederla- genserie beigetragen habe.

Daß der unscheinbar wirkende Kar- pov den Marschallstab nicht im Tor- nister trug, mögen zwei Aussprüche beleuchten:

M. Botwinnik, 1963: „Er versteht überhaupt nichts vom Schach". Und E. Gufeld, 1968: „Dieser kleine Jun- ge wird nie Großmeister: Er ist zu dünn." Nicht verschwiegen sei hier- bei, daß Großmeister Gufeld recht beleibt ist.

Es gibt aber auch eine Bemer- kung Spasskis 1978: „Trotz seiner schwächlichen Erscheinung ist er innerlich ein Tiger."

Beide innerlich wie Tiger

Und dieses letzte Attribut trifft sicher auf beide zu, nie hätten sie sonst den mühevollen und dornenreichen Weg zur Weltspitze erklommen. So gibt es bei beiden auch eine Ge- meinsamkeit: Trotz des Unter- schieds im Alter, im Auftreten, in ih- ren Ansichten sind sie in ihrer völli- gen Hingabe an das Schachspiel auch vereint.

So bleibt diese Schlacht von Baguio trotz aller Ungereimtheiten, wesent- lichen Versehen und das gute Maß oft übersteigenden Kriegereien rings um das Schachbrett ein gewal- tiges Ringen zweier gleichwertiger Schachmeister, die einen Meilen- stein der Schachgeschichte gesetzt haben.

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Helmut Pfleger Stollstraße 8

8000 München 83

684 Heft 10 vom 8. März 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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