SCHWEINEHALTUNG
• · • · · · • • · • • • • • • • • • · · • • • • · • • • · · · • · · · • · · · • · · • · · • • · · · • • · • · · • · · • · • • • • • · · · • · · • • · · • · • • · · · •
Werner Frosch und Wolfga ng Büscher, Halle
Stallklima in Mastschweineställen auf Tiefstreu
Mastschweineställe auf Tiefstreu werden häufig als positives Beispiel für eine artgerechte Tierhaltung vorgestellt.
Auftretende Probleme in der Stallkli
maführung bleiben dabei allzu oft un
berücksichtigt. Daher wurden i n zwei gleichartig gebauten Stallanlagen um
fangreiche Untersuchungen zur Stallkli
maführung und Schadgasbelastung durchgeführt. Es zeigte sich, dass beson
ders in den Wintermonaten bei geringen Luftwechselraten Grenzwerte der Schad
gasbelastung (verfahrenstechnische Ammoniakkonzentrationen durch Freiset
zung aus der Tiefstreu im Tierbereich) nicht eingehalten werden können.
Bild 1 : Mastschweine auf Tiefstreu; der etwa 80 cm höhergelegene Fressbereich bietet den Tieren ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von 10:1
Fig. 1 : Fattening pigs an deep bedding; the feeding area 80 cm higher has an animal
feeding place ratio of 1 0 : 1
D
Tiefstreu stellt eine kostengünstige Alie Haltung von Mastschweinen auf ternative beim Umbau von Altgebäuden, aber auch bei Neubauten dar [ 1 ] . Vergleichsweise groß ist jedoch die Za hl der Lungen- und Lebererkrankungen der Tie
re, die am Schlachtba nd von den a uf Tief
streu gemästeten Schweinen festgestellt wurden (2]. Die Ursachen dafür liegen zum einen in der Tierzahl pro Flächenein
heit zum anderen in der Stroh matte, die
Prof. Dr. Wolfgang Büseher ist Leiter des Fachgebiets für Verfahrenstechnik in der Tierproduktion und Bauwesen der Landwirt
schaft, Institut für Agrartechnik und Landes
kultur der Universität Ha//e-Wittenberg, Ludwig- Wucherer-Str. 81, 061 08 Halle, e-mail: B U ESCHER@mluagrs1 . landw. uni
halle. de. Or. Werner Frosch ist dort wissen
schaftlicher Assistent.
320
auch bei ständiger Neuzugabe von Stroh eine kontinuierliche Freisetzung von Schadgasen aufweist.
Da aus ökonomischer und verfahrens
technischer Sicht ein Wechsel der ge
samten Ei nstreu n u r nach dem Rein
Raus-Prinzip sinnvoll erscheint, ergeben sich Fragen hinsichtlich der Lüftungsan
lage, d ie auch in kritischen Situationen (bei geringen Luftwechselraten) die Tier
gesundheit und die Gesu ndheit des be
wirtschaftenden Landwirts garantieren sollte.
Bauliche und
verfahrenstechnische Aspekte
Die untersuchten Stallanlagen sind in Großrau ma bteile zu etwa je 100 Tieren aufgeteilt, wofür rund 750 m2 insgesa mt zur Verfügung stehen. 75 % dieser Fläche entfallen auf die Lauf- und Liegeflächen im Tiefstreubereich . Die Deckenhöhe be
trägt hier 3,50 m, im Bereich des Kon
trollgangs und der Futterautomaten 2,60 m. Der Fressbereich ka nn über 10 cm ho
he Stufen von den Tieren erreicht werden.
Das Luftvolumen liegt bei etwa 3,2 m3 Luftraum je Tier platz. Bild 2 zeigt den Auf
ba u der An lage im G rundriss.
Die Ei nstallung erfolgt ab etwa 30 kg Le
bendmasse, wobei Lauf- und Liegebe
reich dick eingestreut werden (rund 1 kg/Tier und Tag). Trockenfutterautoma
ten , die von einer Futterschnecke befüllt werden und parallel zum Kontrollgang am Laufgitter installiert sind, garantieren eine ad libitum Versorgung. Daneben sind die
Schalentränken für die Wasserversor
gung a ngebracht.
Die Luftzuführung erfolgt ü ber Decken
zuluftverteiler, Abluftventilatoren saugen die verbrauchte Rauml uft aus dem Tier
bereich und befördern sie ins Freie. Im Sommer können Fenster und Tore zur U nterstützung des Luftwechsels geöffnet werden.
Beurteilung des Sta llklimas
Für die Beurteilung des Stallklimas wur
den folgende Parameter erfasst:
• Ammoniakkonzentrationen im Ein- atembereich der Tiere
• Rau mtem peraturen
• Luftfeuchten und Luftdurchsätze
• Rau mströmu ngen und
• Tiefstreuzusammensetzung
Für die kontinuierliche Erfassung der Am
moniakkonzentrationen stand ein Multi
gasmon itor der Firma B rühl & Kjaer zur Verfügung, der parallel zur Ammoniaker
fassung auch d ie Konzentrationen von Lachgas, Kohlendioxyd , Methan und Luftfeuchte a ufzeich nete. Die Messhöhen der externen Fi lter betrugen 30 und 90 cm, wobei im nied rigen Messbereich ein Sch utzgitter um den Messpunkt herum i nstalliert werden musste.
Zur Ü berprüfu ng der Homogenität der Atemluftq ualität (U ntersch iede zwischen den Buchten u nd den Messhöhen) wur
den Dräger-La ngzeit -Diffusionsröh rchen eingesetzt. Die Lufttemperaturen im Stall und im Freien wurden mit Messgeräten der Firma Ahlborn erfasst. Der Erm ittlung
Bild 2: Grundriss einer Schweinemastanlage auf Tiefstreu; Lauf- und Liegebereich, 2 Fressbe
reich, 3 Stufen zum Fressbereich, 4 Kontrollgang, 5 Zuluftkanal, 6 Mischluftklappe, 7 Abluft
schacht, 8 Futtervorratsbehälter und Lüftungssteuerung
Fig. 2: Cross sectional and ground view of a deep bedding system for fattening pigs
53. Jahrgang LANDTEC H N I K 5/98
eo .----�---��---�---1
I
55
50 Gtonzv.�ll �Odl <Uir VeronlntJng zum Sollu!t V Scfw.,�lnon btl SlaiiMI!UflD v. 19ll4 45
i 40
�
g 35":' 30
1
25�
20 15Bild 3: Verlauf der Ammoniakkonzentrationen in einem Tiefstreustall im Frühjahr Fig. 3: Course of ammonia concentration in a deep bedding system in the spring
des Luftd urchsatzes d ienten tra nsporta
ble Messventilatoren, wobei die Höhe des a bsoluten Luftdurchsatzes als auch d ie Homogen ität der Luftströmu ngen von I n
teresse wa ren.
Zur Beurteilung der Tiefstreu wurden Misch proben aus den einzelnen B uchten gebildet, wonach Konzentration und ho
mogene Verteilung des Gesa mtstickstoff
und des Ammoniumstickstoffgehaltes be
stimmt wurden.
Ergebnisse
schiedlichen Messpunkten überdecken.
Bild 4 zeigt d ie typische Luftschichtenbil
dung im Winter, d ie bei relativ hohen Räu
men immer dann auftritt, wen n der Luft
wechsel gering ( Luftwechselrate unter 3 Rau mvolu men/Stu nde) und wenn Am
moniak und Wasserdampf eine schwere Luft im Bodenbereich entstehen lassen [4] . ln einem Tiefstreustall sind d ie Vor
aussetzu ngen für diese Klimaverhältnisse gegeben . Demzufolge sind niedrig i nsta l
l ierte Abluftschächte über der Mistmatte im Winter von Bedeutung.
vz
Lr
...---
Bild 4: Luftschichten-
. . .
für Atemwegsreizungen der Tiere nicht u nerheblich sein .
Fazit
Tiefstreuställe für die Schwei nemast kön
nen a ufgrund ihrer wärmetechnischen Mä ngel als a uch ihrer Schadgasbela
stung nur bed ingt für die Praxis em pfoh
len werden. N ied rige I nvestitionskosten werden dabei allzu häufig von Lungen
u nd Lebererkrankungen der Tiere beglei
tet. Hauptursache sind hohe Ammoniak
konzentrationen, d ie m it i h ren Maximal
werten bei weitem den Schwellenwert von 20 ppm nach der Schweinehaltungsver
ordnung von 1994 überschreiten [5]. Die
sem M issstand kann offensichtlich nur mit niedrigeren Rau mtem peraturen und höheren Luftwechselraten weit über den DI N-Vorga ben in den Wintermonaten be
gegnet werden ( D I N 189 10). l n d iesem Zusammenhang erscheint eine Zusatz
heizung, die den Umstallu ngsstress min
dern hilft, sinnvol l . Im Sommer sollten Fenster und Tore zur Steigeru ng des Luft
durchsatzes gen utzt werden.
Trotz vergleichsweise guter Leistungen ist die Schweinemast a uf Tiefstreu nicht wirtschaftlicher als andere Verfahren. Die Kosten blöcke ., Fiächen bedarf je Tier"
und .,Strohbedarf/Entmistung" werden häufig unterschätzt.
VR
. . . . Sc�lchtu�g. . .
U nter typischen Winterbedingungen konnten Ammoniakkonzentrationen zwi
schen 34 und 44 ppm nachgewiesen werden. Bild 3 hingegen spiegelt den ty
pischen Verla uf von Ammoniakfreiset
zu ngen in der Ü bergangszeit, also im Frühjahr, wider. Es zeigte sich , dass hier im Wesentlichen vier Faktoren den Ver
lauf der Ammoniakfreisetzu ng bestim
men:
• Ammoniakbild ung in der Tiefstreu
bildung bei starken Luftdichteunterschie
den im Raum, hohen Räumen und geringer Injektionswirkung der Zuluft (geändert nach
\_� � � _____. '---- .
• der Luftdurchsatz
• d ie Probenahmesteile und
• d ie Tieraktivität
Weiterhin erga b sich bei der ka lkulatori
schen Besti mmung der Ammoniakfrei
setzu ng, dass bei einer Tiefstreutem pera
tur von 30 bis 40 oc rund 0,4 gl m2 u nd Stunde Ammoniak in d ie Stallluft entwei
chen . Dieser Betrag ist damit etwa dop
pelt so hoch wie bisher ermittelte Werte aus Flüssigmistoberflächen in einstreulo
sen Haltungssystemen für Mastschweine.
Wäh rend unter Winterbedingungen die Raumtem peraturen nach DIN 18910 [3]
kau m gehalten werden konnten, wurden im Sommer Fenster und Tore geöffnet, was den Luftdu rchsatz und die Am moni
akverd ünnung zusätzlich förderte. Erst dann waren Ammonikkonzentrationen kleiner 10 ppm nachweisbar. Hinzu kommt, dass bei Sommerbedi ngungen intensive Luftverwirbelungen Am moniak
Konzentrationsunterschiede a n u nter-
53. Jahrgang LANDTECHNIK 5/98
SEUFERT [4])
�
Fig. 4: Formation of air layers with significant differences in atmospheric density within the room, in high rooms and with small injecting effects of the inlet air (changed acc. to SEUFERTJ
Tem peraturmessu ngen der Tiefstreu in 10 bis 15 cm und 15 bis 25 cm Tiefe er
ga ben Durchschnittswerte von 35 und 40 °C, wora us auf eine hohe biologische Aktivität in der Mistmatte geschlossen werden kan n . Bezüglich der Zusammen
setzung der Tiefstreu zwischen und innerhal b der Buchten waren Gesamt
stickstoffgehalte als auch Ammonium
stickstoffgehalte äu ßerst i n homogen. Al
lerd ings lagen d ie Konzentrationen in ei
nem Bereich, der für Stallm ist als norma l anzusehen ist.
Mit durchschn ittlich 50 % Luftfeuch
tigkeit im Wi nter und während der Ü ber
gangszeit wurden auffallend nied rige Werte festgestel lt. Diese Tatsache dürfte in Verbindung m it der Trockenfütterung
Erhebliche Einsparu ngsmöglichkeiten bestehen hi nsichtlich der Bauhülle, die oft trotz sachgerechter Beratung n icht ausgeschöpft werden.
Literaturhinweise sind vom Verlag unter LT 98 503 erhältlich.
Schlüsselwörter
Schweinemast, Tiefstreu , N H3-Emissio
nen , Luftd urchsatz, Tiergesund heit
Keywords
Pig fattening, deep bedd ing, N H3- em issi
on, animal health, air passage rate 321