Intensivmedizin
Umfassend, aktuell und kritisch
Karl Werdan, Hans-Peter Schuster, Ursula Müller-Werdan (Hrsg.):
Sepsis und MODS. 4., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auf- lage. Springer Medizin Verlag, Hei- delberg, 2005, XII, 628 Seiten, 140 Abbildungen, gebunden, 79,95 A
Sepsis, schwere Sepsis und septischer Schock nehmen unter prognostischen, aber auch zunehmend unter so- zioökonomischen Gesichts- punkten eine herausragende Rolle in der Intensivbehand- lung kritischer Patienten ein.
Das Multiorgan-Dysfunk- tionssyndrom und das konse- kutive Multiorgan-Versagen sind bei diesen Krankheitsbil- dern immer wieder und im- mer häufiger anzutreffen. Die Patienten sind zunehmend äl-
ter und weisen schon bei Ein- tritt in die Intensivmedizin ei- ne hohe Komorbidität auf. Es ist bekannt, dass das Multior- ganversagen nicht nur sehr häufig ist, sondern für bis zu 80 Prozent aller Intensiv- todesfälle verantwortlich ist und natürlich eine hohe öko- nomische Bedeutung besitzt.
Insofern ist es erfreulich, dass das deutsche Standard- werk „Sepsis und MODS“
nunmehr in der vierten Aufla- ge vorliegt. Die Herausgeber haben dieses Werk über die Jahre konsequent weiterent- wickelt und mit der aktuellen Auflage gründlich überarbei- tet und an die aktuelle Daten- lage angepasst.
Das Werk ist übersichtlich und didaktisch gut aufgebaut, die sehr ausführlichen patho- physiologischen Grundlagen werden durch Themen zur an- timikrobiellen Therapie, Pro- phylaxe und Therapie der Or- gandysfunktion, Sepsis und Gerinnung und Sepsis bei speziellen Patientengruppen vervollständigt.
Der Leser kann sich einen sehr gründlichen Überblick über aktuelle Therapiestrate- gien verschaffen, auch neue und experimentelle Therapie- verfahren werden umfassend dargestellt und kritisch be- wertet. Dabei wird er durch übersichtliche Tabellen und
Darstellungen unterstützt. Je- des Kapitel wird durch ein
„Fazit für die Praxis“ abge- rundet. Sehr erfreulich ist die klare Darstellung der aktuel- len Therapieempfehlungen (basierend auf der „Surviving Sepsis Campaign“), zu Fragen der Antibiotikatherapie, aber auch zur Prävention der no- sokomialen Sepsis. Die enge Zusammenarbeit der Heraus- geber und Autoren mit der Deutschen Sepsis-Gesellschaft schafft hier einen zusätzlich hohen Evidenzgrad.
Uwe Janssens
Gynäkologie
Von Frauen für Frauen
Maria J. Beckermann, Friede- rike M. Perl (Hrsg.): Frauen- Heilkunde und Geburts-Hilfe.
Integration von Evidence-Based- Medicine in eine frauenzentrierte Gynäkologie. 2 Bände mit Regi- sterband. Schwabe Verlag, Basel, 2004, Bände 1/2: 2104 Seiten, Regi- sterband: 89 Seiten, 245 A
Im ersten Band werden Grundlagen, Lebensphasen der Frau, Endokrinologie des Zyklus, menopausale Adapta- tion, Psychoneuroendokrino- logie, Immunologie und gynä- kologische Infektionen, Se-
xualität von Frauen sowie selbstbestimmte Fruchtbarkeit behandelt. Es folgt der zweite Band mit den Themengebie- ten diagnostischer Maßnah- men und Probleme in der Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett, gynäkologische Organerkrankungen, Sinn und Unsinn der Krebsvorsorge, all- gemeine und spezielle Onko- logie, Rehabilitation, ganzheit- liche Behandlungsmethoden und Psychotherapie.
Ein dritter Band stellt die 75 Autorinnen vor. Sie kom- men aus unterschiedlichen Fachbereichen, wie Frauen- heilkunde, Onkologie, Patho- logie, Innere Medizin, Sozio- logie, Psychiatrie, Psycholo- gie, Physiotherapie, Theolo- gie, Rechtswissenschaft und Journalistik. Alle Autorinnen haben ein gemeinsames An- sinnen: Sie streben ein Be- handlungskonzept an, wel- ches sie sich selbst als poten-
A
A38 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 1–2⏐⏐9. Januar 2006
B Ü C H E R
Neueingänge
Medizin/Naturwissenschaft Rainer Thomasius, Udo J. Küst- ner (Hrsg.): Familie und Sucht.
Grundlagen – Therapiepraxis – Prävention. Schattauer GmbH, Stuttgart, 2005, 296 Seiten, 8 Ab- bildungen, 13 Tabellen, 44,95 A Jochen M. Gleditsch: Reflexzonen und Somatotopien. Vom Mikro- system zu einer Gesamtschau des Menschen. 9., vollständig überar- beitete Auflage, Urban & Fischer Verlag, Elsevier GmbH, München, 2005, X, 246 Seiten, gebunden, 42 A Markus Haass, Hugo Katus:
Diagnostischer Marker in der Kardiologie. UNI-MED Science, UNI-MED Verlag, Bremen, 2005, 92 Seiten, 68 Abbildungen, 44,80A F. Horn, I. Moc, N. Schneider, Ch. Grillhösl, S. Berghold, G.
Lindenmeier: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. 3., grundlegend überarbeitete und erweiterte Auf- lage, Georg Thieme Verlag, Stutt- gart, New York, 2005, XVIII, 624 Seiten, 1180 Abbildungen, 39,95 A Regina Bannert, Ulrich Fink, Günter Heimermann, Gabi Lätzsch (Hrsg.): Werkbuch Me- dizinethik I. Reihe: Ethik in der Praxis/Practical Ethics – Studi- en/Studies, Band 8, Lit Verlag, Münster, 2005, 484 Seiten, 24,90 A Hermann Manzke: Sanitätsrat Dr. August Steffen (1825–1910).
Nestor und Spiritus rector der Kinderheilkunde in Deutschland und Mitteleuropa.Verlag Ludwig, Kiel, 2005, 240 Seiten, 33 SW-Ab- bildungen,Broschur,Format 14,8 × 21 cm, 19,90 A
Helmut Erbersdobler, Helmut Heseker, Günther Wolfram (Hg.):
Adipositas. Eine Herausforderung
für’s Leben? Wissenschaftliche Schriftenreihe der Ernährungsge- sellschaften Deutschland, Öster- reich, Schweiz. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stutt- gart, 2005, IX, 202 Seiten, 42 Ab- bildungen, 29 Tabellen, 35,20 A Alfred E. Chang, Patricia A.
Ganz, Daniel F. Hayes et al.
(Editors): Oncology. An Evi- dence-Based Approach. Springer Science+Business Media, Inc., New York, 2006, XLII, 2005 Sei- ten, 200 Abbildungen, Hardcover, 199,95 A
Dorothea Terhorst: Basics Der- matologie. Urban & Fischer Ver- lag, München, Jena, 2005, IX, 166 Seiten, 300 farbige Abbildungen, kartoniert, 14,95 A
P. L. Janssen, P. Joraschky, W.
Tress (Hrsg.): Leitfaden Psycho- somatische Medizin und Psycho- therapie. Orientiert an den Weiter- bildungsrichtlinien der Bundes-
ärztekammer. Deutscher Ärzte- Verlag, Köln, 2006, XIII, 567 Sei- ten, 27 Abbildungen, 31 Tabellen, 11 × 19 cm, broschiert, 39,95A Karl-Friedrich Lindenau: Un- gebührliche Betrachtungen eines Mediziners. Eine Rückblende.
Verlag am Park, ein Imprint der edition ost GbR, Berlin, 2005, 268 Seiten, kartoniert, 14,90 A Volker Tschuschke: Psychoon- kologie. Psychologische Aspekte der Entstehung und Bewältigung von Krebs. 2., vollständig überar- beitete und erweiterte Auflage, Schattauer GmbH, Stuttgart, 2006, 328 Seiten, 15 Abbildungen, 20 Ta- bellen, gebunden, 39,95 A J. Fraser McCord, Philip Smith, Nicholas Grey: Die Behandlung zahnloser Patienten. Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, München, 2005, X, 134 Seiten, 203 farbige Abbildungen, 49,95A
zielle Patientinnen wünschen würden. Die Frau steht als Ganzes im Mittelpunkt. Kom- munikation, Wertschätzung, Eigenverantwortung und Ent- scheidungsfreiheit im Rah- men der Arzt-Patienten-Be- ziehung sind immer wieder- kehrende Bestandteile in den unterschiedlichen Themen- bereichen.
In jedes der interessanten, gut lesbaren Kapitel sind auch psychosomatische Aspekte integriert. Themen, die in den meisten Lehrbüchern nur kurz abgehandelt werden, wie zum Beispiel Screening, Dys- menorrhö, prämenstruelles Syndrom sowie die Frau im Alter, finden hier eine aus- führliche Behandlung. Mam- mographie- und Zervix-Scree- ning werden einer kritischen Betrachtung unterzogen. Sehr hilfreich sind die zahlreichen Beispiele aus Erfahrungen in der Frauenarzt-Praxis. Die all- tägliche Praxis- und Kranken- hausroutine wird neu be- leuchtet. Es ergeben sich an- dere Sichtweisen, die zum Nachdenken anregen und da- zu einladen, sie in den Alltag zu integrieren. Den Autorin- nen ist es gelungen, die The- men kompetent, multidiszi- plinär und undogmatisch dar- zulegen.
Dieses Buch ist kein klassi- sches Lehrbuch oder Nach- schlagewerk, sondern viel- mehr ein Buch, welches das Wissen über eine moderne, frauenzentrierte Gynäkolo- gie und Geburtshilfe erwei- tert. Kurzum: ein Buch von Frauen für Frauen, das emp- fohlen werden kann.
Anastasia Fleuster Stefanie Weiß
Medizingeschichte
Bewegende Einzelschicksale
Margret Hamm: Lebensunwert zerstörte Leben. Zwangssterili- sation und „Euthanasie“. VAS – Verlag für akademische Schriften, Frankfurt /Main, 2005, 256 Seiten, zahlreiche Abbildungen, gebun- den, 19,80 A
Vor knapp einem Jahr wurde wieder ein „Euthanasie“-Pro- zess gegen eine der letzten noch beteiligten Ärztinnen eingestellt. Pressereaktionen zeigten ein immer noch vor- handenes erstaunliches Maß an Unkenntnis. Grundlegende Einzelheiten und die Bezie- hung der damaligen zu heute aktuellen medizinethischen Fragen sind selbst Kollegen in
der Hochschule häufig ebenso unbekannt wie der Umfang der Mittäterschaft von Ärz- ten, Pflegern und Behörden an den Mord- und Verstümme- lungsaktionen. Deshalb ist dem Geleitwort Hans-Jochen Vogels zuzustimmen, wenn er die „nicht genügend präsente Erinnerung“ beklagt.
Von ausgewiesenen Exper- ten werden in 13, mit Bildern und Dokumenten versehenen Aufsätzen alle wichtigen Fra- gen behandelt: Gesetz und Führererlass als „rechtliche“
Grundlage von Zwangssterili- sation und „Euthanasie“ so- wie die Rechtsentwicklung in der Bundesrepublik (Scheu- len), die Rolle der Amtsärzte (Vossen) und der Fürsorge- behörden (Sandner), der Um- gang mit sozialen Außensei- tern (Ayass), die Sonder- pädagogik (Fuchs), die Einbe- ziehung der Minderjährigen (Beddies), die Bürokratie der T4-Aktion (Lilienthal), die Aktion 14f13 am Beispiel Bernburg (Hoffmann), die Haltung der Kirchen (Hinz- Wessels), Zeugenschaft und
„historische Wahrheit“ (Roer), die Verweigerung der Ent- schädigung bis heute (Sur- mann) und, besonders ver- dienstvoll, der aktuelle Bezug zum Thema einer genetischen
Verbesserung des Menschen (Wunder) und zur Sterbehil- fe-Debatte (Feyerabend).
Die knappe Form der Dar- stellung, ohne Verzicht auf weiterführende Literatur, ins- besondere aber der erste Teil
des Werkes mit auf Dokumen- ten beruhenden Nachzeich- nungen bewegender Ein- zelschicksale von Zwangs- sterilisierten und „Euthana- sie“-Geschädigten machen das Buch zu einem Standard- werk – vor allem für den Ein- satz im schulischen und akade- mischen Unterricht. Nicht zu- letzt der günstige Preis und die sorgfältige Edition lassen hof- fen, dass das Buch auch viele Ärzte zur intensiven Ausein- andersetzung mit der Verant- wortlichkeit ärztlichen Han- delns anregt. Udo Schagen
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 1–2⏐⏐9. Januar 2006 AA39
B Ü C H E R