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Archiv "Interview – Sprachen lernen im Alter: Anknüpfen an das Lebenswissen" (23.04.2004)

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DÄ: Warum hat das Spra- chenlernen im Alter zugenom- men?

Prof. Albert Raasch: Es gibt immer mehr Senioren, und es gibt immer mehr Lernbedürf- nisse. Die Bedürf-

nisse sind sehr un- terschiedlich. Das hängt auch davon ab, was man unter Älteren versteht, und darüber gibt es keine Überein-

stimmung in der Literatur. Ei- nige rechnen das ab 50, also auch bei Personen, die noch im Beruf sind, andere ab 60 oder 65 Jahren. Es gibt auch die Meinung, den Begriff Ältere oder Senioren erst für über 70- Jährige anzuwenden.

DÄ: Lernt ein 50-Jähriger denn ganz anders als ein 70- Jähriger?

Raasch:Ja. Wenn man die Al- tersgruppe derjenigen nimmt, die noch beruflich tätig sind – dazu zählen auch Menschen, die ihren Beruf nicht ausüben können, weil sie arbeitslos geworden sind, die aber fit bleiben wollen. Diejenigen benötigen eine Einführung auch in Sprachen, die ihnen helfen, ihren Beruf nach Mög- lichkeit doch noch einmal aus- zuüben. Das ist eine Motivati- on. Die andere sind Reisen und Tourismus – und damit sind ganz andere Zielsetzun- gen verbunden.

Dann gibt es ein zunehmen- des Bedürfnis der immer älter werdenden Menschen, sich mit anderen zusammen einen Zeitvertreib – im positiven Sinne – zu schaffen. Sprache ist ein Mittel der Kom- munikation, und Kommunikation ist das, was Ältere in Phasen der Verein- samung brauchen.

Sprachkurse haben damit auch eine therapeutische Funktion.

DÄ:Sprache lernen als The- rapie?

Raasch:Ja, für diejenigen, die zum Beispiel in Heimen leben oder auch allein zu Hause und zunehmend Kontakte verlie- ren, weil sie älter werden und die Freunde und Altersgenos- sen vielleicht nicht mehr leben, kann ein Sprachkurs durchaus eine therapeutische Funktion übernehmen.

DÄ:Haben Ältere ein ande- res Lernverhalten?

Raasch:Ja, Ältere haben auch ein anderes Sprachverhalten als Jüngere in Bezug auf das Sprechtempo oder die Häufig- keit des Wiederholens. Damit beschäftigt sich vor allem die Geronto-Linguistik.

DÄ:Wenn man diese beson- dere Art zu lernen berücksich- tigt, wie müsste dann ein idealer Senioren-Sprachkurs aussehen?

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1723. April 2004 AA1189

V A R I A

Prof. Dr. phil. Albert Raasch, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Linguistik und Sprachlehr- forschung am Romanisti- schen Institut der Univer- sität des Saarlandes, be- fasst sich in verschiedenen Projekten mit dem Thema Fremdsprachenlernen im Alter.

„Sprachkurse haben für Äl- tere auch eine therapeutische

Funktion.“

Interview: Sprachen lernen im Alter

Anknüpfen an das

Lebenswissen

Foto:privat

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Raasch: Die Kurse sollten nicht defizitär definiert wer- den, wie man es in den Pro- grammankündigungen für Se- niorensprachkurse häufig fin- det. Dort steht beispielsweise:

„In diesem Kurs wird weniger schnell gearbeitet, hier wird weniger von Ihnen verlangt.“

Davon müsste man wegkom- men. Besser ist es, mit Ver- knüpfungen und Assoziatio- nen zu arbeiten. Das heißt: an- zuknüpfen an die Freude über das Entdecken einer Vokabel oder eines kulturellen Phäno- mens – an das Affektive und Emotionale. Man kann auch anknüpfen an das Lebenswis- sen der Älteren in der anderen Sprache oder an die eigene Geschichte.

DÄ: Also, die Ressourcen des gesammelten Lebenswis- sens nutzen.

Raasch:Ja, da ist eine Menge vorhanden, und dieses zum Er- blühen zu bringen, das ist die eigentliche Aufgabe. Das be- dingt auch eine ganz besonde- re Haltung und damit eine be- sondere Ausbildung der Sprach- kursleiter.

DÄ:Werden solche beson- deren Ausbildungsgänge ange- boten?

Raasch:Es gibt Ansätze dafür in der Ausbildung von Kurslei- tern in der Erwachsenenbil- dung. Solche Angebote findet man in den Universitäten Gießen, Trier, Mainz und auch in Kassel. Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Es gibt einen großen Bedarf in der Gesellschaft, der in Anbe-

tracht der demographischen Entwicklung immer größer werden wird.

DÄ:Gibt es Initiativen, die- sem Bedarf nachzukommen?

Raasch: Ja, es gibt beispiels- weise das europäische Spra- chensiegel, das im Jahr 2002

„Sprachenlernen ab 50“ als Ausschreibungsthema hatte.

Den ersten Preis – ich hatte den Vorsitz der Jury – verga- ben wir an „Diên Hông – Ge- meinsam unter einem Dach e. V.“ in Rostock für ein Pro- jekt, dessen Thema Deutsch für ältere und berufsunfähige Migranten lautet.*

DÄ:Sind besondere Lehr- bücher für den Unterricht mit Älteren notwendig?

Raasch:Zunächst einmal sind besondere Lehrer nötig. Man muss erst Methoden und Ein- stellungen entwickeln und sich dann über Handreichungen und kleine Module daran her- antasten, dass man vielleicht eines Tages spezielle Lehr- bücher entwickelt. Aber ich halte das nicht für das Vor- dringliche. Für das Englische gibt es eine erste geeignete Lehrwerkgeneration – aber leider nur dafür.

DÄ-Fragen: Petra Bühring

A

A1190 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1723. April 2004

V A R I A

Fußball-Camp

Kick it like Ronaldo

Sportferien im brasi- lianischen Fußball-Camp

Gute Nachwuchsspie- ler werden im deut- schen Fußball dringend gesucht. Unter kritischem Blick steht jedoch nicht nur der Mangel an neu- en Talenten, sondern auch die Spiel- weise der Fußball-Profis. Mit „Fuß- ball fürs Auge“ glänzen in erster Li- nie die Brasilianer.

Deutsche Jugendliche im Alter von 15 bis 18 Jahren erhalten nun die Gelegenheit, brasilianische Fuß- ballkünste aus erster Hand zu erler- nen. Das Programm „Brazil Football Camp“ der Bonner Austauschorga- nisation Step in bietet fußballbegei- sterten Jugendlichen die Chance, vier Wochen lang gemeinsam mit brasilianischen Fußballstars wie An- tonio de Oliveira Filho („Careca“) und Edmar Bernardes dos Santos („Edmar“) zu trainieren. Die Jugend- lichen leben in einem Sportcamp in Campinas unweit von São Paulo. Das Fußballcamp zählt jährlich über 1 500 Sportschüler aus aller Welt.

Die Campsprache ist Englisch.

Eintrittskarten zu brasilianischen Profi-Spielen, optionale Ausflugs- möglichkeiten, Hin- und Rückflug sowie Vollverpflegung sind Be- standteil des Rundumpaketes.

Informationen zu dem Programm

„Brazil Football Camp“ bei Step in Student Travel Education Pro- grammes International, Beethoven- allee 21, 53173 Bonn, Telefon:

02 28/9 56 95-0, E-Mail: info@step- in.de, www.step-in.de. EB

* Weitere Informationen zum Eu- ropäischen Sprachensiegel im Inter- net unter: www.nabibb.de/home/

index.php

Zum Sprachensiegel 2002 „Spra- chenlernen ab 50“ unter: www.na bibb.de/downloads/veroeffentlichun gen/Wettbewerb.pdf

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