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Archiv "Cottbus: Von Pückler und einer beschaulichen Altstadt" (28.05.1999)

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och immer dreht zu festlichen An- lässen der Post- kutscher in bunt- historischer Uni- form in Cottbus seine Run- den durch die Altstadt mal mit fröhlichen Hochzeitspaa- ren, mal mit Präsenten für Ju- bilare. In Cottbus hat auch der Zungenbrecher „Der Cottbuser Postkutscher putzt den Cottbuser Postkutschka- sten“ seinen Ursprung. Zwar ist von der königlich-preußi- schen Poststation in der Spremberger Straße, der heu- tigen Einkaufsmeile, nicht einmal eine Gedenktafel übriggeblieben, doch der trutzig-runde Spremberger

Turm an ihrem Ende, das Wahrzeichen der Stadt mit seinem Kern wohl aus dem 15. Jahrhundert, an dem einst die Karossen in Richtung Dresden und Bautzen vor- beirumpelten, kann noch heute viele Geschichten er- zählen. In diesem Jahr findet in der Stadt der 102. Deutsche Ärztetag statt.

Slawische Vergangenheit Im 12. Jahrhundert als Chotibuz (später als Chose- buz) erstmals urkundlich er- wähnt, weist schon der Name der Stadt auf ihre slawische Vergangenheit hin. Die Nie-

derlausitz mit Cottbus ist schon seit altersher Siedlungs- gebiet der wendisch-sorbi- schen Minderheit. Lange Zeit jedoch mußte sie außen vor bleiben. Ihr war allein schon der Gang durch die Stadttore versperrt. In einer alten Chro- nik heißt es dazu: „Dieben, Gaunern . . ., Zigeunern und Wenden ist der Zutritt in die Stadt untersagt.“

Später aber forderten die Wenden erfolgreich ihre Rechte ein, und ihre seit Ge- nerationen überlieferten Er- zeugnisse waren gerade auf den Cottbuser Märkten ge- fragt – Töpferwaren, Webar- beiten, Korbflechtereien und alles, was der benachbarte

Spreewald hergab, angefan- gen beim wohlschmeckenden Aal über den begehrten Meerrettich bis hin zur be- liebten Spreewälder Gewürz- gurke. Heute ist der alte Zwist längst vergessen.

Eine weitere Episode der Stadtgeschichte begann nach dem Dreißigjährigen Krieg, als die Einwohnerzahl auf 150 Bürger sank. Kriegswirren, Brände und Epidemien hat- ten dazu beigetragen. König und Stadtobere sandten dar- aufhin Werber in die weite Welt hinaus, um neues Leben in die alten Mauern zu brin- gen. Recht erfolgreich kehr- ten sie zurück. Hugenotten, in Frankreich nicht mehr er- A-1428 (60) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 21, 28. Mai 1999

V A R I A FEUILLETON

Cottbus

Von Pückler und einer

beschaulichen Altstadt

Ausblick vom Schwarzen See auf Schloß Branitz, den ehemaligen Wohnsitz von Hermann Fürst von Pückler-Muskau

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wünscht, und Pfälzer wurden 1701 in einer „französischen Kolonie“ angesiedelt, und noch heute ist manch huge- nottischer Name im örtlichen Adreßbuch zu finden.

Die Einwanderer brach- ten ertragversprechendes Ge- werbe in die Stadt – Strumpf- wirkerei, Tabakanbau, Ger- berei, Seidenraupenzucht und Konditorei. Besonders die Webereien florierten. Um 1765 waren immerhin 107 Meister und 36 Gesellen in der Tuchmacherei beschäf- tigt. Noch heute kündet da- von am Gerichtsplatz der hi- storische Tuchmacherbrun- nen.

Cottbus, noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine ge- ruhsame Provinzstadt mit 40 000 Einwohnern, hat sich unterdessen zur modernen, pulsierenden Universitäts- stadt mit über 110 000 Be- wohnern gemausert. Die un- ansehnlichen Plattenbauten der DDR-Zeit – sie machen weit über die Hälfte des Woh- nungsbestandes aus – haben teilweise schon ein freundli- ches Gesicht bekommen und wurden abwechslungsreich umgestaltet, und die Häuser in den Altstadtzeilen und rund um den Altmarkt mit ihren barocken und klassizi- stischen Giebelfassaden er- strahlen wieder in ihrem früheren Glanz.

Beschaulich-winklige Alt- stadtgäßchen laden heute ge- nauso zum Bummeln ein wie der neuerrichtete Lausitzer Hof oder die Schloßkirch- Passagen zum gemütlichen Einkauf.

Ein Kleinod:

Apothekenmuseum Sehenswert am Altmarkt ist das Niederlausitzer Apo- thekenmuseum. Hier befand sich seit 1568 die Löwen- Apotheke. Neben Apothe- keneinrichtungen aus der Zeit um 1830 sind die „Knül- ler“ aller Rundgänge Kräu- terkammer, Galenisches La- bor und erst recht die Gift- kammer mit dem Giftschrank von 1813, auf dem die origina- le Aufschrift „Mementum

mori“ (Bedenke den Tod) Unbedachte warnt. Nur weni- ge Schritte entfernt gibt es entlang der mittelalterlichen Stadtmauer mit Wieckhäu- sern, Toren und Türmen so- wie Kloster-, Schloß- und Oberkirche vielfältige Ent- deckungen. Es lohnt sich, den massigen Turm der Oberkir- che St. Nikolai auf engen Stie- gen, vorbei an den mächtigen Glocken, zu erklimmen, denn oben winkt ein beein- druckender Rundblick auf Altstadt und Cottbu- ser Umland.

Ein weiter Grüngür- tel umfaßt die Stadt an der Spree. Da folgt in- nerstädtischen Parkan- lagen der buntblühende Spreeauenpark, verbun- den durch die nostal- gisch dampfende Schmal- spurbahn mit einer der ältesten Schlepptender- loks Europas. Daran schließt sich, eingebet- tet in alten Baumbe- stand, Brandenburgs größter Tierpark an.

Fürst-Pückler- Park

Gleich gegenüber be- findet sich der Fürst- Pückler-Park mit Schloß Branitz. Vor 150 Jahren schuf hier der auch als Schriftsteller und Wel- tenbummler bekannte Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785- 1871) einen der schönsten deutschen Landschaftsgärten – nach Muskau sein zweites bedeutendes Lebenswerk.

Von welcher Sicht aus der Besucher die Parklandschaft auch betreten mag, überall bieten sich Aus- und Ein- blicke zum Schloß, auf Baum- gruppen und Gewässer.

Zwölf Kilometer Parkwege schlängeln sich durch das Gelände, führen vorbei an den zwei Erdpyramiden, die Ausdruck der ungewöhnli- chen Ideen aus den Orientrei- sen des fürstlichen Land- schaftsarchitekten sind. Der Tumulus, eine in einem künstlich geschaffenen See aufgeschüttete Pyramide von

13 Meter Höhe, wurde später zur letzten Ruhestätte Pück- lers. Erstaunlich und seiner Zeit weit voraus die gärtneri- sche Umsetzung der Parkge- staltung. Hunderte großer Bäume wurden aus der Um- gebung auf manchmal recht abenteuerliche Weise heran- geschafft und gepflanzt.

Pückler wollte sein Werk noch vollendet sehen. Eines Tages mußte sogar ein Cott-

buser Stadttor abgerissen werden, um freie Fahrt zu si- chern. Gar mancher Schaden war mit einem Beutel voll Ta- lern und Silbergroschen gut- zumachen. Die kurioseste Verpflanzung ist wohl der Kauf einer ausgewachsenen, blühenden Kastanie gewe- sen, die der Fürst, so ganz im Vorbeigehen, einer Cottbu- ser Gastwirtin abhandelte.

Wissenswertes über Le- bensauffassung und Schaffen Pücklers ist in den Museums- räumen von Schloß Branitz zu erkunden. Die orientali- schen Räume vermitteln ei- nen Einblick in die mitunter eigenwilligen Kunstauffas- sungen des Schloßbesitzers.

Ein besonderer Genuß – Konzerte und Theatervor- stellungen in den Sommer- monaten vor fürstlicher Ku- lisse.

Ganz andere Erlebnisse stehen 20 Kilometer nördlich von Cottbus im idyllischen Spreewald auf dem Pro- gramm. Ob von Wegen oder vom Spreewaldkahn aus ge- schaut – überall wechseln sich Wald und Wasser, kleine Felder und Wiesen, Baumgruppen und ein- zeln stehende Gehöfte ab. Stundenlang läßt sich auf engen Pfaden zwischen Erlenbäumen hindurch, immer wieder über kleine hölzerne Brücken, von einem Spreewalddorf zum an- deren wandern. Noch immer spielt sich wie in alten Zeiten ein Teil des Lebens auf den Kanälen ab. Nicht nur Urlauber werden durch die abwechslungsreiche Natur gestakt. Oft auch sind noch die Bauern auf herkömmliche Wei- se unterwegs, um so ihre Schafe auf die Weide oder das Heu nach Hause zu befördern.

Schließlich hat fast je- des der vielfach schilf- gedeckten Spreewald- gehöfte seinen eigenen

„Hafen“ vor der Tür.

Da nimmt es nicht wunder, wenn noch heute bei so viel enger Bindung an die Spree an manch warmen Sommera- benden unter der Dorfeiche von alten wendisch-sorbi- schen Sagen getuschelt wird.

Es geht um Wassermann und Schlangenkönig, um Lutki und den guten Zauberer Krabat, der den Armen im Spreewald aus ihrer Not half und den Reichen gar man- chen Streich spielte.

Viele dieser wendischen Sagen und Legenden, Bräu- che und Sitten werden bei den jährlichen Dorffesten zu Ostern, zur Fastnacht oder zur Erntezeit wieder leben- dig und ziehen Tausende Schaulustige aus nah und fern an. Ulrich Uhlmann A-1429 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 21, 28. Mai 1999 (61)

V A R I A FEUILLETON

In dem historischen Apothekengebäude von 1568 wurde 1989 das erste Apotheken-

museum Ostdeutschlands eröffnet.

Fotos: Ulrich Uhlmann

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