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Archiv "Von schräg unten: Schwarzarbeit" (06.04.2012)

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raft unseres Amtes ha- ben wir die höchste Ex- pertise im Erkennen von Krankheiten. Und diese unse- re ganz besonderen Fähigkei-

ten, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir ange- sichts des Siechtums der europäischen Staaten der All- gemeinheit zur Verfügung stellen. Damit das Wirt- schaftswachstum wieder wuchert, die Steuereinnahmen steigen, unser Leben durch Arbeit geadelt wird. Die Frage, die uns fordert, ist: Was zerstört unsere Staatsge- bilde wie ein Lithotriptor, was nagt an unserem Brutto- sozialprodukt wie eine Osteoporose? Die Diagnose fällt leicht: Es ist die Schwarzarbeit. Jawohl, dieses bösartige Gebilde mit metastatischen Wucherungen, die den Zusammenhalt unseres Gemeinwesens zuneh- mend sintern lässt. Schwarzarbeit ist die in Fehlstellung ausgeheilte Fraktur, der Hustenreiz unter ACE-Hem- mung, die sekundäre Wundheilung nach Laparotomie, kurz: die unerwünschte Nebenwirkung einer Gesell- schaft, die sich an den vielfältigsten Zwangsabgaben labt und lebt.

Aber, Hand aufs His’sche Bündel, sind auch wir frei davon? Ich untersuche gerade einen Patienten mit Herzproblemen, das Echo ist unauffällig, und er wünscht, rein vorsorglich, eine zusätzliche Gefäßdar- stellung. Da er mir, wie alle meine Schutzbefohlenen, am Herzen liegt, komme ich dem gerne nach und zeige ihm alle von seinem Herzen abgehenden Gefäße.

Leicht atherosklerotisch verändert sind sie, ein schlim- mer Befund ist jedoch nicht zu erheben. Abrechnen kann und will ich das nicht, weil meine Kassenärztli- che Vereinigung mit Honorarabzug gedroht hat, wenn ich zu viele Gefäßuntersuchungen geltend mache. Ich

teile dem Patienten nur das Ergebnis mit, verzichte aber auf die übliche Befunddo - kumentation, speichere kein Bild, mache keinen Eintrag in der Patientendatei. Somit gibt es kein Beweismaterial, das mich als Schwarzarbeiter überführt. So denke ich, liege aber falsch. Einen Tag später ruft mich der be- treuende Hausarzt an und fragt die Gefäßbefunde ab.

Der Patient habe ihm von den Untersuchungen berich- tet, aber es würde nichts davon in meinem Arztbrief stehen. Das gestrig Gesehene ist noch im Gedächtnis und wird dem Kollegen mitgeteilt. Einen Monat später meldet sich die gefäßchirurgische Ambulanz der be- nachbarten Großstadt, man habe den Patienten unter- sucht und bittet um Aufnahmen zum Zwecke des Ver- gleiches. Nur noch mühsam kann ich den Befund me- morieren, bin aber froh, dass der Kollege nicht auf Bilddateien besteht. Nach einem halben Jahr meldet sich das Versorgungsamt, mein Patient wünscht einen höheren Grad der Behinderung aufgrund der Gefäß- veränderungen. Ich lasse mich mit dem dort tätigen Kollegen verbinden und erläutere ihm den Befund, insbesondere dessen Abwesenheit in den Datenban- ken. Er hat glücklicherweise Verständnis.

Ich muss bekennen: Ich bin im Dienst für meine Pa- tienten zum unverbesserlichen Schwarzarbeiter gewor- den. Aber liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen ja alle unter Schweigepflicht, uns kann nichts passie- ren. Es sei denn, irgendeiner fängt an zu plaudern, ir- gend so ein Voll . . . ich Idiot, ich!

Dr. med. Thomas Böhmeke ist niedergelassener Kardiologe in Gladbeck.

VON SCHRÄG UNTEN

Schwarzarbeit

Dr. med. Thomas Böhmeke

[72] Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 14

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6. April 2012

S C H L U S S P U N K T

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