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Archiv "Experimentelle Untersuchungen zur quarzinduzierten Sklerodermie" (01.05.1998)

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ine berufliche Quarzstaubexpo- sition erhöht das Risiko, an ei- ner systemischen Sklerodermie zu erkranken, um mehr als das Fünf- fache. Die quarzinduzierte Sklero- dermie wurde innerhalb Deutschlands in Sachsen sowie international vor al- lem bei Bergarbeitern, welche unter schlechten Arbeitsschutzbedingungen beschäftigt waren, festgestellt. Eine Lungenbeteiligung in Form einer Sili- kose wurde oft beobachtet, ist aber nicht zwingend. In eigenen epidemio- logischen Studien hatten wir unter 137 männlichen Sklerodermiepatienten 111 mit Langzeit-Quarzstaubexpositi- on gefunden, 57 davon mit Silikose.

Von den pathophysiologischen Merk- malen her, wie Beteiligung der Kapil- largefäße, dem Auftreten von Auto- antikörpern, veränderten CD4/CD8- T-Zell-Verhältnissen und der Ablage- rung von Proteinen der extrazel- lulären Matrix ist die quarzinduzierte Sklerodermie nicht von der idiopathi- schen Sklerodermie zu unterscheiden (6). Da bei Patienten mit quarzindu-

zierter Sklerodermie Quarzkristalle ebenfalls in der Dermis nachgewiesen werden konnten (9, 11), stellten wir uns folgende Ausgangsfragen für die experimentellen Untersuchungen mit Quarz:

Besitzt die Quarzeinwirkung auf dermale Zellen eine Relevanz für die Pathogenese der quarzinduzierten Sklerodermie? Wirkt Quarz modu- lierend auf den Stoffwechsel und die Zell-Zell-Interaktionen dermaler Zellen und peripherer Blutzellen?

Material und Methoden

SiO2(Charge: DQ12 vom Institut für Arbeitsmedizin, Universität Düs- seldorf) mit einer Kristallgröße < 5 µm wurde für alle Untersuchungen ge- nutzt. In den Untersuchungen mit Leukozyten und Monozyten wurde TiO2 als inerte Negativkontrolle ge-

nutzt. Folgende Antikörper wurden in den FACS-Analysen verwendet: anti- CD14, anti-CD31, anti-CD54, Kul- turüberstand mit monoklonalem anti- Fibroblasten-Antikörper (4). Alle ge- nutzten Enzyme und Biochemikalien entsprachen dem Reinheitsgrad für molekularbiologische Untersuchun- gen, soweit nicht anders dargestellt.

Kultur dermaler Fibroblasten Humane dermale Fibroblasten wurden aus Hautbioptaten aus unse- rer Klinik durch Auswachsen in Dul- beccos Modified Eagle Medium ge- wonnen und nach bereits beschrie- benen Standardmethoden kultiviert (1, 3). Diese Zellen wurden zwischen der dritten und achten Kulturpassage für die Untersuchungen eingesetzt.

Leukozyten/Monozyten

Die Präparation von Leukozyten erfolgte über eine Ficoll-Dichtegra- dientenzentrifugation. Dafür wurde

Experimentelle Untersuchungen zur quarzinduzierten Sklerodermie

Ulf Anderegg, Uwe-Frithjof Haustein

E

Hautklinik (Direktor: Prof. Dr. med. Uwe- Frithjof Haustein), Universität Leipzig Stichwörter: Quarzinduzierte Sklerodermie,

Endothelzellen, Monozyten, Fibroblasten

Vorausgehende Expositionen mit anorganischen Stäuben können bei empfänglichen Personen zur Ausbildung von Staublungen und auch von systemischen fibrotischen Erkran- kungen wie der systemischen Sklerodermie (PSS) führen.

Quarz induziert dosisabhängig mRNA- und Proteinexpres- sion von ICAM 1 in mikrovaskulären dermalen Endothelzel- len. Monozyten- oder Leukozytenpräparate sezernieren kon- zentrationsabhängig erhöhte Mengen von Interleukin-1a, IL-1ß und TNFa. Dermale Fibroblasten werden in der

Monolayerkultur zu einer Induktion der interstitiellen Kollagenase stimuliert,

was sich in einem zeitweilig reduzierten Kontraktionsver- mögen von Kollagengelen äußert. Dagegen wird die Expressi- on von Kollagen-I-(a1-)mRNA in quarzbehandelten Fibro- blasten nach Kultur im Kollagengel verstärkt, was mit einer Reduktion der Synthese für die interstitielle Kollagenase I ein- hergeht. Somit kann Quarz trotz seiner chemisch inerten Eigen- schaften eine Anzahl von für die PSS pathogenetisch relevan- ten Zelltypen in einer für die Pathophysiologie adäquaten Art und Weise stimulieren.

ZUSAMMENFASSUNG

Key words: Silica-induced scleroderma, endothelium, monocytes, fibroblasts

Individuals exposed to mineral dust can develop silicosis in combination with systemic fibrotic diseases such as progres- sive systemic sclerosis (PSS). Silica induces the mRNA and protein expression of ICAM 1 in microvascular dermal endothelial cells in a dose-dependent fashion.

Monocytes or mixed leucocyte preparations release elevated amounts of interleukins IL-1a, IL-1ß and TNFa after incubation with silica. Dermal fibroblasts are induced

by silica to produce increased amounts of interstitial collagenase in monolayer cultures,

whereas the ability of those cells to contract collagen gels is periodically decreased. In addition, the expression of colla- gen-I-(a1-)mRNA from silica-treated fibroblasts cultured in gels was increased, with a parallel decrease in mRNA expres- sion for interstitial collagenase I. Thus, despite its chemical inertia, silica is able to stimulate cells involved in the development of PSS in a way that is similar to pathophysio- logical mechanisms known from PSS.

SUMMARY

(2)

humanes EDTA-Blut mit dem glei- chen Volumen PBS verdünnt. Ficoll PaqueETwurde anschließend vorsich- tig mit dem Blut überschichtet und 20 Minuten bei 800 xg bei Raumtempe- ratur zentrifugiert. Der Interphase- ring wurde abgenommen und dreimal mit PBS gewaschen. Zur Präparation angereicherter Monozyten wurde ei- ne kombinierte Reinigungsmethode mit Vorseparation über 6 Prozent (w:v) Dextran 550T und Nycoprep (p

= 1,068 g x cm-3), Dichtezentrifugation wie in (3) beschrieben, genutzt. Rein- heit und Ausbeute wurde durch spe- zifische a-Naphtylazetatesterase-Fär- bung oder Bestimmung der Zellzahl analysiert. Die Zellkultur erfolgte se- rumfrei über 24 bis 96 Stunden in RPMI 1640 mit verschiedenen Kon- zentrationen von SiO2 oder TiO2 als Kontrollsubstanz.

Humane dermale

mikrovaskuläre Endothelzellen Die mikrovaskulären dermalen Endothelzellen und die dazugehörige EGM-MV Bulletkit wurden zur Her- stellung des Kulturmediums nach Ori- ginalprotokoll genutzt. Zu den Versu- chen mit Quarz wurde hydrokortison- freies Medium eingesetzt. Zuzüglich wurde die Reinheit der Kulturen durch FACS-Analyse mit anti-CD31- Antikörpern als positive und mit dem fibroblastenspezifischen Antikörper AS02 (10) als negative Kontrolle überprüft. Die Zellen wurden zwi- schen den vierten und sechsten Passa- gen in mindestens drei parallelen Ex- perimenten genutzt.

FACS-Analysen

Die Zellsuspension (zweimal 105 Zellen bei adhärent wachsenden Zel- len nach dem Trypsinieren und Wa- schen mit PBS) wurde aliquotiert und mit 20 µl (200 µg/ml) Primärantikör- per für eine Stunde bei 4° Celsius in- kubiert. Anschließend wurde der un- gebundene Antikörper mit PBS, 10 Prozent (v:v) Gelafusal gewaschen und mit 10 µl (200 µg/ml) FITC-mar- kiertem Sekundärantikörper versetzt.

Nach 45 Minuten Inkubationszeit wurden die Zellen zweimal mit PBS- Gelafusal gewaschen und an einem EPICS-II-Durchflußzytometer analy-

siert. In einem Parallelansatz wurde nach mechanischem Ablösen der Zel- len überprüft, daß die Trypsin-Be- handlung keinen Einfluß auf die Mes- sung von zellständigem ICAM-1 hat.

Zytokinbestimmungen im Überstand von Zellkulturen Freigesetzte Zytokine wurden in den serumfreien Überständen von quarzexponierten Leukozyten, Mo- nozyten und mikrovaskulären Endo- thelzellen (sICAM-1) bestimmt. Hier- zu wurden die Überstände von 1 x 107 Zellen vor der Bestimmung durch Zentrifugation (15 000 xg) von Zellen und Zellbruchstücken befreit und anschließend laut Herstellervor- schrift eingesetzt. Folgende ELISA- Kits wurden genutzt: Interleukin-1b, Interleukin-1a: Quantikine (je 3,9–

250 pg/ml), TNFa(15,6–1 000 pg/ml).

Die Bestimmung des löslichen ICAM-1 in Überständen quarzexpo- nierter mikrovaskulärer Endothelzel- len erfolgte mit Hilfe eines Parame- ter-ELISA (2,1–50 ng/ml).

Bestimmung von relativen mRNA-Expressionsniveaus

Kultivierte Zellen wurden in der Kulturflasche mit PBS gewaschen und anschließend sofort mit Extraktions- puffer (µicro spin mRNA purification kit) lysiert. Die mRNA wurde nach Herstellervorschrift präpariert und photometrisch quantifiziert. Die RNA wurde wie beschrieben aufge- trennt und geblottet (1).

Wenn Fibroblasten in Kollagen- gelen kultiviert wurden (siehe 1), er- folgte die Präparation der Gesamt- RNA mit Hilfe von UltraspecTM. Die Gele wurden mit 0,5 ml UltraspecTM pro Gel für 10 Minuten auf Eis gelöst.

Durch Zugabe von 0,1 Volumen Chlo- roform und Zentrifugation bei 3 000

xg wurden die Phasen separiert. Aus der wäßrigen Phase wurde die RNA mittels Fällung durch Zugabe von ei- nem Volumen Isopropanol und Zen- trifugation bei 12 000 xg für 10 Minu- ten isoliert. Das Pellet wurde mit 70 Prozent Ethanol gewaschen, getrock- net und in Wasser gelöst.

Zur Hybridisierung wurden fol- gende, mittels In-vitro-Transkription mit Digoxigenin markierte Antisense- Sonden genutzt: Kollagen I (Klon Hf677, durch freundliche Überlas- sung von Prof. T. Krieg, Köln), ein 1,2 kb Eco RI-Pst I-Fragment der cDNA für interstitielle Kollagenase I, eine über RT-PCR generierte cDNA- Sonde für den spezifischen Kollagen- aseinhibitor TIMP-1 und ein in pBlue- scriptSK+ kloniertes PCR-Fragment humaner cDNA für GAP-DH (2) oder eine b-Aktin-Sonde als mRNA- Mengenstandard. Die Hybridisierung und der Nachweis der Digoxygenin- markierten Hybride erfolgte wie kürzlich beschrieben (1, 2). Die Inten- sität der Signale wurde über das GAP- DH oder das b-Aktin-Signal nor- miert. In der statistischen Auswertung wurde der Mittelwert der Abweichun- gen der Daten vom Durchschnitt für einen Versuchswert angegeben.

Ergebnisse und Diskussion

Als erstes Zellkompartiment, welches sowohl bei der idiopathischen als auch bei der quarzinduzierten Sklerodermie involviert ist, unter- suchten wir die mikrovaskulären Endothelzellen. In vivo wurde zum Beispiel von Gruschwitz und Koauto- ren eine Aktivierung der Endothel- zellen mikrovaskulärer Kapillaren an- hand erhöhter Expressionen von ICAM 1 (CD54) nachgewiesen (5).

Zudem konnte um diese Gefäße her- um ein entzündliches Infiltrat gezeigt

M E D I Z I N KURZBERICHT

Tabelle

ICAM-1-Protein-Induktion auf humane mikrovaskuläre Endothelzellen nach Quarzinkubation

SiO2-Konzentration % pos. Zellen lösliches ICAM-1 (µg/ml) für ICAM-1 (nach 16 h) in ng/ml (nach 48 h)

0 37,1 63,8 0,60 60,09

50 72,3 66,3 0,83 60,10

100 75,1 66,9 0,90 60,13

TiO2 100 44,0 62,8 0,68 60,11

(3)

werden. Weiterhin ist bei der systemi- schen Sklerodermie ebenfalls perivas- kulär eine erhöhte Expression von transforming growth factor b(TGFb) nachweisbar, die mit der gesteigerten Expression von mRNA für Kollagen (a1)I co-lokalisiert ist (7).

In unseren Versuchen konnten wir an Kulturen von mikrovaskulären dermalen Endothelzellen (HDMEC) zeigen, daß Quarz dosisabhängig die mRNA- und Proteinsynthese für ICAM 1 steigert (Tabelle). Weiterhin wird in vitro die Expression der mRNA für die interstitielle Kollagen- ase I induziert und durch diese Zellen vermehrt IL-6 an das Medium abge- geben (2).

Die Induktion von ICAM 1 auf der Oberfläche von Endothelzellen kann in vivo eine verstärkte Adhäsion von peripheren Blutzellen an die Ge- fäßwand und eine nachfolgende Aus- wanderung aus dem Gefäß in das um- liegende Gewebe begünstigen. Aus diesen Gründen und der Tatsache heraus, daß Monozyten/Makropha- gen bei der quarzinduzierten intersti- titiellen Lungenfibrose eine primäre Rolle spielen, untersuchten wir die Einflüsse von Quarz auf mononukleä- re Zellen aus peripherem Spender- blut. Hierbei konnten wir folgende Merkmale der Zellaktivierung nach- weisen:

¿ Quarz induziert dosisabhängig die Freisetzung von inflammatorischen Zytokinen, wie Tumor-Nekrose-Fak- tor a(TNFa), Interleukin-1aund -1b sowie Interleukin-6 durch periphere mononukleäre Blutzellen (Grafik 1).

À Die Kinetik der Aktivierung hängt dabei von der Zusammenset- zung der untersuchten Zellfraktion ab. So zeigten gemischte Leukozyten- präparate erst nach 48 Stunden eine Induktion der Zytokinfreisetzung, die jedoch auch nach zehntägiger Kultur noch nachweisbar war. In gereinigten Monozytenfraktionen war die quarz- spezifische Induktion dagegen bereits nach 24 Stunden nachweisbar (Daten nicht gezeigt).

Á Bei diesen Versuchen sind kei- ne toxischen Effekte des Quarz fest- zustellen. Nach sechstägiger Kultur wurden auch in der höchsten Konzen- tration von 250 µg Quarz/ml Medium noch über 80 Prozent lebende Zellen bestimmt (3, 4).

Dermale Fibroblasten sind die Hauptproduzenten der extrazellulären Matrix (ECM) und somit für das phä- notypische Erscheinungsbild der Skle- rodermie verantwortlich. Die Dysre- gulation der Kollagensynthese wird in

vivo mit der erhöhten Expression von TGFb, der verringerten Expression von interstitieller Kollagenase I und der erhöhten Kollagensynthese in Ver- bindung gebracht. Allerdings sind die Fibroblasten nicht homogen, und aus 1 800

1 600 1 400 1 200 1 000 800 600 400 200 0 TNFα (pg/ml)

IL-1α (pg/ml)

0 50 100 250 Noxe (µg/ml)

Titandioxid Siliziumdioxid

IL-1-alpha IL1-beta

0 50 100 250 500 SiO2 (µg/ml)

250

200

150

100

50

0

IL-1β (pg/ml) 2 500

2 000

1 500

1 000

500

0 Grafik 1

Grafik 1: Die Zytokine TNFa(1A) sowie IL-1aund IL-1b(1B) wurden in zellfreien Überständen von quarzin- kubierten Monozyten (24 h Inkubationszeit) bestimmt. Die Vergleichswerte für TiO2belegen die Spezifität der gemessenen Effekte. Die Resultate von fünf Parallelversuchen sind dargestellt.

(4)

den verschiedenen Schichten der Der- mis können Fibroblasten mit unter- schiedlichen Syntheseraten für Kolla- gene und auch für die interstitielle Kol- lagenase isoliert werden.

In unseren Untersuchungen kon- zentrierten wir uns auf den Einfluß von Quarz auf die Expression von Proteinen der ECM durch Fibrobla- sten in Abhängigkeit von den gewähl-

ten Kulturbedingungen. Werden der- male Fibroblasten im Monolayer kul- tiviert, kommt es durch Quarz nicht zu einer Veränderung der Expression von Kollagen I und III, wohl aber zu einer Induktion der mRNA für die interstitielle Kollagenase I (Abbil- dung 1) (1). Dermale Fibroblasten sind in vivo jedoch dreidimensional von einer extrazellulären Matrix um- geben und kommunizieren zum Bei- spiel über Adhäsionsmoleküle mit dieser. Es ist bekannt, daß die Synthe- se von Proteinen der extrazellulären Matrix von den Kulturbedingungen abhängig ist und daß zum Beispiel die Kollagensynthese bei Kultivierung im dreidimensionalen Kollagengel dra- stisch herabreguliert wird (8).

In dieser Arbeit zeigen wir, daß dermale Fibroblasten, welche mit Quarz vorinkubiert waren, in Kolla- gengelen verstärkt Kollagen I expri- mierten und die Kollagenase-I-Ex- pression im Einklang mit dem spezifi- schen Inhibitor, TIMP-1, reduziert wird (Abbildung 1).

Phänotypisch kann man dabei ein reduziertes Vermögen der Fibrobla- sten zur Kontraktion von Kollagenge- len nachweisen (1). Die Fähigkeit zur Gelkontraktion nahm dabei mit stei- gender Quarzkonzentration bei glei- cher eingesetzter Zellzahl ab. Mikro- skopische Untersuchungen zeigten ei- ne deutliche Reduktion der Zell-Zell- Interaktionen nach Preinkubation der Zellen mit Quarz. Da alle Kollagenge- le nach 96 Stunden den gleichen End- durchmesser erreichten (1), scheint eine vorübergehende Induktion oder Inhibierung eines Struktur- oder regu- latorischen Proteins für dieses Phäno- men verantwortlich zu sein.

Schlußfolgerungen

Generell kann konstatiert wer- den, daß Quarz trotz seiner chemisch inerten Eigenschaften eine Anzahl von für die systemische Sklerodermie pathogenetisch relevanten Zelltypen stimulieren kann (Grafik 2). Infolge dieser oder anderer Zellstimulatio- nen, welche sich in erhöhten Zytokin- spiegeln, Expression von Adhäsions- molekülen oder auch erhöhter pro- teolytischer Aktivität äußern können, kommt es zu entzündlichen und fibro-

M E D I Z I N KURZBERICHT

IL-1, IL-6

IL-6

IL-6 ICAM-1, IL-6

PDGF, TGF-β

TGF-β TNF-a

IL-1, IL-6 MAF IL-2 IL-1IL-6

bFGF

IL-1IL-6 Makrophagen Gefäße Haut Lunge

Kollagensynthese Fibrose Prostazyklin

Endothelin

Silikose Lungenfibrose Gefäß-

schädigung

TH-Zellen

Endothelzellen B-Zellen

Autoantikörper

Sklerodermie Fibroblasten Kollagenase, Gelkontraktion Siliziumdioxid

Grafik 2

Grafik 2: Schematische Darstellung der an der Pathogenese der quarzinduzierten Sklerodermie beteiligten Zellarten und deren Interaktionen über lösliche Mediatoren (nach 6). Die in unserer Arbeitsgruppe nach- gewiesenen Effekte einer Quarzinkubation wurden in blauer Farbe integriert.

MMP I

Kollagen I

Kollagen III

β-Aktin

Kollagen I

MMP I

TIMP-1

GAP-DH

Monolayer Kollagengel

1 2 3 4 5 1 2 3 4

Abbildung 1: Vergleich der Regulation bestimmter mRNA für Proteine der extrazellulären Matrix durch Silizi- umdioxid in Abhängigkeit von den gewählten Kulturbedingungen. Humane dermale Fibroblasten wurden mit SiO2im Monolayer inkubiert oder nach Vorinkubation im Monolayer in ein Kollagengel wie beschrieben (1) eingesät. Nach 48 Stunden wurde die mRNA präpariert und mittels Northern-Blot-Hybridisierung analysiert.

Die Signalstärken für die stabil exprimierten mRNA von b-Aktin und GAP-DH wurden zur Normierung der aufgetragenen mRNA-Menge genutzt. Spur 1: Kontrolle ohne SiO2, Spur 2: 50 µg/ml SiO2, Spur 3: 100 µg/ml SiO2, Spur 4: 250 µg/ml SiO2, Spur 5: 500 µg/ml SiO2. Abkürzungen: MMPI: Matrix Metalloproteinase I (interstitielle Kollagenase I), TIMP-1: Tissue inhibitor of Matrix Metalloproteinase (spez. Inhibitor für MMPI).

(5)

tischen Prozessen, welche unter be- stimmten, bislang nicht bekannten Voraussetzungen zur Ausprägung der systemischen Sklerodermie führen können. Die untersuchten Effekte sind quarzspezifisch, da Titandioxid als inerte Kontrolle diese Wirkungen nicht zeigt und Quarz nicht toxisch auf die untersuchten Zellen wirkt.

Als alleiniger Auslöser der Krankheit kann Quarz sicher nicht gesehen wer- den, aber aufgrund seiner langen Aufenthaltsdauer im Gewebe, die viele Zellgenerationen überdauert, kann sich seine Wirkung potenzieren und im Wechselspiel mit löslichen Mediatoren und individueller Prädis- position unbekannter Natur zur Ent- wicklung dieser systemischen Er- krankung beitragen. Trotz der Pro- blematik der Zuordnung der ge- zeigten In-vitro-Daten zu In-vivo-Be- funden ist die quarzinduzierte Zell- aktivierung ein wichtiges Modell für die Untersuchung der Modulation von Zell-Zell- und Zell-Matrix-Inter- aktionen durch exogene Faktoren, insbesondere im Hinblick auf Fibro- sierungsprozesse und die Pathoge- nese der progressiven systemischen Sklerodermie.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1998; 95: A-1099–1103 [Heft 18]

Literatur

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174: 688–689.

Anschrift für die Verfasser

Prof. Dr. med. Uwe-Frithjof Haustein Hautklinik der Universität Leipzig Liebigstraße 21

04103 Leipzig Danksagung

Die Autoren danken Frau Sibylle Vorberg für die fachkundige und engagierte Assistenz bei der Durchführung der Arbeiten. Die Untersuchungen wurden mit Un- terstützung der Sächsischen Aka- demie der Wissenschaften zu Leip- zig und der Deutschen Forschungs- gemeinschaft (DFG Ha2052) durchgeführt.

Kosten-Nutzen-Analyse der Ösophagusvarizen- Blutungsprophylaxe

Prophylaktische Maßnahmen vor Auftreten der ersten Varizenblutung werden im allgemeinen skeptisch be- urteilt, auch wenn vereinzelt Studien über Sklerotherapie, Gummibandli- gatur und Pharmakotherapie vorlie- gen. Die Autoren führten anhand ei- nes Markov-Modells eine Kosten- Nutzen-Analyse verschiedener The- rapiemodalitäten durch. Sowohl die Sklerotherapie wie die Shunt-Chirur- gie hielten einer kritischen Überprü- fung zur Frage der Prophylaxe der Erstblutung nicht stand, wohl aber ei- ne Propranolol-Behandlung, die eine Kostenersparnis zwischen 450 und 14 600 Dollar während eines fünf- jährigen Beobachtungszeitraumes er-

gab. w

Teran JC, Imperiale TF, Mullen KD, Ta- vill AS, McCullough AJ: Primary pro- phylaxis of variceal bleeding in cirrhosis:

a cost-effectiveness analysis. Gastroente- rologie 1997; 112: 473–482.

Division of Gastroenterology, Depart- ment of Medicine, MetroHealth Medical Center, Cleveland, and Division of Ga- stroenterology, Department of Medicine, Mount Sinai Medical Center, Case Western Reserve University, Cleveland, Ohio, USA.

H.-pylori-Genom sequenziert

Die vollständige Genomsequenz der Keime Haemophilus influenzae, Mycoplasma genitalium, Methanococ- cus jannaschii, Mycoplasma pneumo- niae, Synechocystis sp. sowie Sacha- romyces cereviseae ist bekannt. Jetzt ist in einer Arbeit von 42 Autoren die vollständige Genomsequenz von Heli- cobacter pylori vorgestellt worden.

Der Stamm 26 695 besteht aus 1 667 867 Basenpaaren, die 1 590 mög- liche Gene kodieren. Die Sequenzana- lyse ergab eine Reihe von Membran- proteinen, die bei der Interaktion mit dem Wirt eine Rolle spielen könnten.

H. pylori als säureresistenter Keim zeichnet sich durch ein elektro- positives inneres Milieu aus und ent- hält doppelt soviel basische Ami- nosäuren Arginin und Lysin wie ande- re Organismen. Damit besteht zumin- dest theoretisch die Möglichkeit, durch Modifikation des Genoms the- rapeutisch aktiv zu werden oder einen Impfstoff zu entwickeln, der dann die bislang übliche antibiotische Therapie

ablösen dürfte. w

Tomb JF, White O, Kervalage AR et al.:

The Complete genome sequence of the gastric pathogen Helicobacter pylori.

Nature 1997; 388: 539–547.

Institut für Genomic Research, 9712 Medical Center Drive, Rockville, Mary- land 20850, USA.

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