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Archiv "Zur Lage der Sexualmedizin" (25.10.1990)

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Zur Lage der Sexualmedizin

Patienten mit normaler Nierenfunk- tion unter Amantadinsulfat verzö- gerte und niedrigere Gipfelpunkte der Plasmaspiegel auftreten, bedeu- tet dies keineswegs, daß bei Patien- ten mit Niereninsuffizienz die Plas- maspiegel wesentlich niedriger sind.

Nur wenn die Bioverfügbarkeit für Amantadinsulfat verringert wäre, könnte man davon ausgehen, daß diese Substanz bei Patienten mit Niereninsuffizienz aufgrund ihrer Pharmakokinetik weniger toxisch sein könnte. Das Argument verzö- gerter Resorption entfällt aber auch schon deshalb, weil bei einer unserer Patientinnen (wie in der Arbeit an- gegeben) eine intravenöse Therapie durchgeführt worden war. Insgesamt wurde hinsichtlich der Pharmakoki- netik hier ein unzulässiger Schluß von den Verhältnissen bei normaler Nierenfunktion auf die Situation bei Dialysepatienten gemacht.

Auch das „pharmakodynami- sche" Argument — bessere Verträg- lichkeit und geringere Toxizität von Amantadinsulfat — ist nicht stichhal- tig. Amantadin hat einen pKa-Wert von 10,1 (Aoki, F.Y. und Sitar, D. S.:

Clin. Pharmacokinetics 14: 35-51, 1989) und liegt damit im Plasma und intrazellulär praktisch vollständig als ionisierte Substanz ohne Bindung an ein bestimmtes Anion vor, so daß die Frage, als welches Salz die Substanz in den Organismus gelangt ist, für ih- re Wirkung ohne Bedeutung ist.

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Aus den genannten Gründen müssen wir die in unserem Artikel gemachte Aussage über die Gefähr- lichkeit einer nicht dosisangepaßten Therapie mit Amantadin (unabhän- gig davon, ob das Sulfat oder das Hy- drochlorid gegeben wird) aufrechter- halten. Möglicherweise vorhandene geringfügige Unterschiede in der Pharmakokinetik sind offenbar für die Toxizität beider Substanzen bei Niereninsuffizienz nicht von aus- schlaggebender Bedeutung.

Dr. med. Karl Wolfgang Rumpf Dr. med. Jutta Meinhold Dr. med. Christian Clemens Abteilung für Nephrologie und Rheumatologie der Medizinischen Universitätsklinik

Robert-Koch-Straße 40 W-3400 Göttingen

V

or 20 Jahren reflektierte der Au- tor das Verhältnis von sexueller Sphäre und Medizin in Vorträgen und Abhandlungen äußerst kritisch.

Seine empirischen Studien zum Kenntnisstand und zur ärztlichen Se- xualberatung begründeten damals die Notwendigkeit, den sexualmedi- zinischen Aspekt in die medizinische Lehre, Forschung und Praxis einzu- führen. Im Verlauf der 70er Jahre wurden tatsächlich an den Universi- tätskliniken in Frankfurt am Main und Hamburg Abteilungen für Sexu- alforschung eingerichtet, Fortbil- dungsveranstaltungen für Arzte eta- bliert, Lehr- und Handbücher vorge- legt sowie sehr differente Behand- lungsverfahren entwickelt. Von den vielen sogenannten Sexualtherapien hat sich aber nur die Paartherapie nach Masters und Johnson bewährt, die von hiesigen Sexualforschern er- weitert und verbessert worden ist.

Alle anderen sogenannten Sexual- therapien greifen viel zu kurz_ , weil sie das Sexuelle als Funktion isolie- ren, folglich tiefreichende psychoso- ziale Sexualstörungen nicht beseiti- gen können.

Obgleich sich viele Ärzte und Ärztinnen in den zwei Jahrzehnten für sexualmedizinische Fragestellun- gen interessiert haben, nahmen doch nur wenige die Strapaze auf sich, ei- ne Weiterbildung in Psychotherapie zu absolvieren, um Patienten mit se- xuellen Störungen selbständig be- handeln zu können. Jene Ärzte aber, die über das sexualmedizinische In- teresse zur psychotherapeutischen Ausbildung kamen, wandten sich da- nach oft der Behandlung allgemeiner seelischer Störungen zu und nur ge- legentlich der Behandlung impoten- ter Männer oder transsexueller Pa- tienten oder perverser Delinquen- ten. Und jene Arzte, die sich einer Selbsterfahrung, einer Psychoanaly- se oder einer mehrjährigen psycho- therapeutischen Ausbildung nicht unterziehen wollten, richteten ihr In-

teresse wieder verstärkt auf somati- sche Fragestellungen und Behand- lungsverfahren. So hat sich im Ver-

lauf der 80er Jahre die beklagens- werte Aufteilung der Ärzteschaft in Somatiker einerseits und Psychiker andererseits im großen und ganzen wieder hergestellt.

Heute gibt es sehr viel mehr Ärzte als vor 20 Jahren, die für die sexuellen Nöte ihrer Patienten auf- geschlossen sind, und es gibt heute einige Kollegen, die über die Sexual- medizin zu Psychotherapie und Psy- chosomatik gekommen sind. Darin besteht der Gewinn, den die Idee der Sexualmedizin der Medizin ins- gesamt gebracht hat. Nicht gelungen ist es aber, wie neuere empirische Studien belegen, die Fachkenntnisse der Medizinstudenten und die ärztli- che Versorgung sexuell gestörter Pa- tienten allgemein zu verbessern.

Hinzu kommt, daß die gegenwärtige Sexualmedizin somatische Untersu- chungs- und Behandlungsverfahren noch stärker betont als vor zwei Jahrzehnten. Beispielsweise wird jetzt angenommen, 70 bis 90 Prozent der impotenten Männer seien orga- nisch krank und müßten körperlich behandelt werden. Solche Annah- men werden in die Praxis umgesetzt, ohne das bisher ein einziges Mal in einer kontrollierten Studie überprüft worden wäre, wie viele Männer glei- chen Alters ohne sexuelle Funktions- störungen gerade jene organischen Veränderungen zeigen, die die Im- potenz verursacht haben sollen. Weil in unserer Medizin immer wieder das somatische Denken dominiert, ist es offenbar nicht möglich, eine Sexualmedizin allgemein zu etablie- ren, die psychosomatisches Denken mit einer psychosozialen Praxis ver- bindet. sgs

Sigusch, V.: 20 Jahre Sexualmedizin und Sexualberatung. Eine Bestandsaufnahme.

Med. Welt 41: 206-211, 1990.

Prof. Dr. Volkmar Sigusch, Leiter der Ab- teilung für Sexualwissenschaft, Klinikum der Universität Frankfurt am Main, Theo- dor-Stern-Kai 7, W-6000 Frankfurt am Main 70.

A-3338 (74) Dt. Ärztebl. 87, Heft 43, 25. Oktober 1990

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