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In der Frage nach der Datierung seiner Lebenszeit gehen die Ansichten der Gelehrten weit auseinander

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ABHIDHARMAKOSABHÄS YA

AUS CHINESISCH-TURKISTAN

Von Klaus T. Schmidt, Saarbrücken

Über das Leben Vasubandhus, des berühmten buddhistischen Kirchenleh¬

rers, sind wir nur unzureichend unterrichtet. In der Frage nach der Datierung

seiner Lebenszeit gehen die Ansichten der Gelehrten weit auseinander. Sie

lassen sich jedoch im wesentlichen zu zwei Grundanschauungen zusammen¬

fassen: Nach der einen, von N. Peri' begründeten Anschauung fällt seine

Lebenszeit in das 4. nachchristhche Jahrhundert, nach der anderen, auf J.

Takakusu^ zurückgehenden, heute wohl verbreitetet en' Auffassung ist Va¬

subandhu in das 5. Jahrhundert zu datieren.

Vasubandhu ist vor allem durch sein Hauptwerk, den Abhidharmakosa

(,, Schatzkammer der Dogmatik'"*), zu großer Berühmtheit gelangt. In die¬

sem Werk hat die Dogmatik des Sarvästiväda ihre klassische Ausprägung er¬

halten. In ihm ,,ist das gesamte System d[ies]er Schule mit unübertreffli¬

cher Genauigkeit und Übersichtlichkeit in knapp sechshundert Strophen

(Kardias) zusammengefaßt"'.

Der Abhidharmaliosa ist in zweifacher Form überliefert: als reine Kärilcä-

Sammlung — auch Abhidharmalcosalcäri/cä genannt — und als kommentier¬

te Ausgabe, d. h. mit einem Kommentar, dem Bhäsya, versehen, der eben¬

falls von Vasubandhu verfaßt worden ist — daher ihr Name Abhidharma-

liosabhäsya.

Vasubandhus Abhidharmakosa ist in den letzten 75 Jahren wiederhoh Ge¬

genstand eingehender üntersuchungen gewesen. Bemerkenswert ist nun, daß

den Gelehrten im ersten Drittel dieses Jahrhunderts nicht das Sanskrit-

Original dieses Werkes zur Verfügung stand. Es gak als unwiederbringlich

verloren. In Ermangelung des Sanskrit-Originals waren sie auf sekundäre

Quellen wie die chinesischen und tibetischen Versionen und die Sphutärthä

' A propos de la date de Vasubandhu. In: Bulletin de l'Ecole Franfaise d'Extreme Orient II (1911), Nos. 3—4.

2 A Study of Paramärtha's Life of Vasubandhu and the Date of Vasu¬

bandhu. In: Journal of the Royal Asiatic Society 1905, S. 1 ff.

3 Vgl. auch E. Frauwallner: On the Date of the Buddhist Master of the

Law Vasubandhu. Serie Orientale Roma III, Rom 1951; A. Hirakawa:

Index to the Abhidharmakosabhäsya I. Tokyo 1973, S. II ff. (mit weite¬

ren Literaturangaben).

" So hat E. Frauwallner: Die Philosophie des Buddhismus. Berlin

21958, S. 76, den Titel dieses Werkes übersetzt.

5 E. Frauwallner: a. a. O.

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472 Klaus T. Schmidt

Abhidharmakosavyäkhyä des Yasomitra angewiesen. So ist z. B. Louis de

LA Vallee Poussins sechsbändiges Werk L'Abhidharmakosa de Vasuban¬

dhu^ eine kommentierte Übersetzung der tibetischen Version und der chine¬

sischen Versionen von Paramärtha und Hsüan-Tsang unter Berücksichti¬

gung von Yasomitras Abhidharmakosavyäkhyä.

Es war RÄHULA Sämkrtyäyana, der wenige Jahre später, 1935, das San¬

skrit-Original der Kärikäs und des Bhäsya in dem tibetischen Kloster von

Ngor entdeckte und fotografische Aufnahmen der Handschriften nach In¬

dien brachte. Diese Fotos werden heute im Kashi Prasad Jayaswal Research

Institute in Patna aufbewahrt.

V. V. Gokhale hat den Kärikä-Text 1946 in einem Aufsatz The Text of

the Abhidharmakosakärikä of Vasubandhu im Journal of the Bombay

Branch, Royal Asiatic Society, NS. 22, S. 73—102, veröffentlicht. Der Text

des Abhidharmakosa-Bhäsya ist von Prahlad Pradhan im Jahre 1967 un¬

ter dem Titel Abhidharmakosabhäsyam of Vasubandhu als Vol. 8 der Tibe¬

tan Sanskrit Works Series herausgegeben worden. Eine zweite Auflage des

Werkes, die von Mrs. Aruna Haldar besorgt ist, ist im Jahre 1975 erschie¬

nen. In ihr sind Druckfehler berichtigt sowie eine ausführliche Einleitung

und Appendizes dem Werk hinzugefügt worden.

Ein wichtiges Hilfsmittel stellt AKIRA Hirakawas Index to the Abhi¬

dharmakosabhäsya (P. Pradhan Edition). Part One: Sanskrit — Tibetan —

Chinese. Tokyo 1973, dar. Dieser Index basiert zwar auf der ersten Auflage

von Pradhans Textausgabe, läßt sich aber auch bequem für die zweite Auf¬

lage benutzen, da die Abweichungen bei den Stellenangaben nur geringfügig

sind.

Bruchstücke von Vasubandhus Abhidharmakos'a sind nun auch, wie nicht

anders zu erwarten, unter den Sanskrithandschriften der Berliner Turfan-

Sammlung entdeckt worden; dazu zählen auch einige sanskrit-tocharische

Bilinguen.

Zweisprachige Abhidharma-Texte sind von Sieg und Siegling in den

Tocharischen Sprachresten. Sprache B. Heft 2. Göttingen 1953, unter den

Nummern 170—202 veröffentlicht worden. Diese Texte sind von den Heraus¬

gebern sämtlich dem Abhidharmakosa zugewiesen worden. Die Annahme der

Herausgeber, daß alle diese Texte zum Abhidharmakosa gehören, hat sich,

wie die jüngere Forschung gezeigt hat, nicht bewahrheitet. Nur die Textfrag¬

mente Nr. 170—177 sowie die Nummern 188 und 198 gehören ihm an.

Die Nummern 170—177, acht fortlaufend erhaltene Blätter einer Hand¬

schrift, enthalten den Sanskrittext der Kärikäs 3.30—42, eine sanskrit-tocha¬

rische Wort-für-Wort-Übersetzung des Kärikä-Texles sowie einen tochari¬

schen Kommentar, der indes nicht mit dem Bhäsya-Text des Abhidharmako¬

s'a identisch ist.

* Paris 1923—31.

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Die Nummern 188 und 198 enthalten Vasubandhus Bhäsya-Text mit to¬

charischer Übersetzung, die im Falle von Nr. 198 z. T. freier ausfällt und ge¬

legentlich kommentierende Zusätze enthält.

Unter den Sanskrittexten, die in den ersten fünf Bänden des Katalogs

Sanskrhhandschriften aus den Turfanfunden herausgegeben worden sind,''

findet sich — erstaunlich genug — nur ein einziges Blatt, das zum Abhidhar¬

makosa des Vasubandhu gehört. Es handelt sich um die Kat.-Nr. 624, ein

vollständig erhaltenes Blatt, das, wie E. Waldschmidt erkannt hat, den

Text der Kärikäs 2.16—25 enthält.

Alle übrigen Texte, die in den SHT-Bänden als Abhidharma-Texte be¬

stimmt werden, gehören sämtlich nicht dem Abhidharmakos'a an.

Dieser erstaunliche Befund, der besagt, daß sich unter den reinen Sanskrit¬

handschriften der Berliner Sammlung kein einziges Zeugnis von Vasu¬

bandhus Abhidharmakosabhäsya befindet, läßt sich nun — glücklicherweise

— korrigieren. So konnten unter den in den SHT-Bänden bereits publizier¬

ten und noch zu publizierenden Sanskrithandschriften insgesamt sechs Text¬

fragmente des Abhidharmakosabhäsya identifiziert werden. Es handelt sich

um die folgenden Texte:

1. Kat.-Nr. 1709. Enthält Abhidharmakosabhäsya A.9 —11 und entspricht

dem PRADHANschen Text p. 203.

2. Kat.-Nr. 1704, Blatt 194. Enthäh Abhidharmakosabhäsya 4.34—35

und entspricht dem PRADHANschen Text p. 218—219.

3. Kat.-Nr. 1704, Blatt 195. Enthält Abhidharmakosabhäsya 4.35—36

und entspricht dem Pradh Arischen Text p. 219—220.

4. Kat.-Nr. 1109. Enthält Abhidharmakosabhäsya 6.22—23 und ent¬

spricht dem PRADHANschen Text p. 347—348.

5. Kat.-Nr. 1738. Enthält Abhidharmakosabhäsya 6.33—34 und ent¬

spricht dem PRADHANschen Text p. 355—356.

6. Kat.-Nr. 1708. Enthält Abhidharmakosabhäsya 7.50—51 und 54 und

entspricht dem PRADHANschen Text p. 426—429.

Es fällt auf, daß sämtliche bisher identifizierten Abhidharma-Texte aus

der Turfan-Oase stammen, und zwar fast ausschließlich aus Murtuq. Ausge¬

nommen ist nur die Kat.-Nr. 1709, die aus Sängim stammt.

Der in diesen Fragmenten überlieferte Sanskrit-Text entspricht im allge¬

meinen recht genau dem Text der PRADHANschen Ausgabe. Textabweichun¬

gen sind meist rein graphischer Natur. Sie betreffen vor allem die Befolgung

der Sandhi-Regeln. Sie werden in den Berliner Handschriften großenteils ge¬

nauer befolgt als im PRADHANschen Text.

^ Sanskrithandschriften aus den Turfanfunden. Teil 1— IV. Wiesbaden

1965—1980; Teil V. Stuttgart 1985. Im folgenden als SHT abgekürzt.

(4)

474 Klaus T. Schmidt

Bisweilen sind in den Berliner Texten Partikeln wie eva, hi hinzugefügt, bisweilen fehlen sie auch. Einmal findet sich ein zum Text einer Kärikä uhtv-

leitendes j'fl5mä/^, das im PRADHANschen Text keine Entsprechung hat.

Pradhan hat nicht selten Textstellen, die ihm fehlerhaft erschienen, ver¬

ändert. Eine kritische Überprüfung solcher Stellen zeigt jedoch häufig, daß

der handschriftlich überlieferte Text als korrekt anzusehen und somit die

Textänderung von Pradhan ohne zwingenden Grund vorgenommen wor¬

den ist. Bemerkenswert ist nun, daß der Text der Berliner Handschriften in

solchen Fällen grundsätzlich mit dem Wortlaut der von Pradhan benützten

Handschrift übereinstimmt, d. h. ihn als authentisch erweist. So wird z. B.

Pradhans Veränderung eines im Kommentar zu Kärikä 4.34 handschrift¬

lich überlieferten "aniyamät (in madaniyamäträniyamät ,,aus dem Nicht-Be¬

stimmtsein des Quantums, das einen Rausch hervorruft") zu "aniyamanät durch den Berliner Text' widerraten: Auch hier steht ''(aniya)mät.

In zwei Fällen sind in den Berliner Handschriften größere Textstücke aus¬

gelassen. So fehlt in der Kat.-Nr. 1704, Bl. 195 V 6, ein Textstück, das bei

Pradhan etwa zwei Zeilen umfaßt und auch in der chinesischen Überset¬

zung vorhanden ist. In der Kat.-Nr. 1708 ist zwischen V 5 und R 1 mitten

im fortlaufenden Text ohne ersichtlichen Grund ein Textstück, das in

Pradhans Textausgabe 35 Zeilen umfaßt, ausgelassen.

Zwischen den Zeilen, seltener über der ersten Zeile einer Blattseite, aber

auch vor oder hinter den Zeilen — im letzteren Falle um 90" gedreht — fin¬

den sich Glossen, die in feiner, z. T. sehr schwer lesbarer Pinselschrift ge¬

schrieben sind. Bei diesen Glossen, die in Sanskrit, Westtocharisch oder

Uigurisch abgefaßt sind, handelt es sich um einzelne Silben oder Wörter, oft

aber auch um ganze Sätze; im Falle des Uigurischen sogar um längere Text¬

abschnitte.

Da die Kärikäs in den Berliner Handschriften ohne Strophenzäblung zi¬

tiert werden, ist es nicht immer leicht zu ersehen, wo eine Kärikä endet und

wo der Kommentar beginnt. Hier ist nun als Lesehilfe das Kürzel vr (für vrtti

,, Kommentar") unter der Zeile eingefügt, um den Beginn des Kommentar¬

teils anzuzeigen.

Bisweilen findet sich das Kürzel co (für codaka ,, einer, der einen Einwand

erhebt, Opponent"), um darauf hinzuweisen, daß jetzt ein Einwand folgt.

Worterklärungen sind unter den Sanskritglossen seltener: So wird z. B.

einmal dosänäm (Gen. PI.) durch rogänäm ,,der Krankheiten" erläutert,'"

und vibhäsä ,, Unterschied" durch vividhä bhäsä ,, verschiedenartige Rede"

erklärt."

8 Kat.-Nr. 1109 R 4.

« Kat.-Nr. 1704, Bl. 194 R 1.

'0 Kat.-Nr. 1738 R 1.

" Kat.-Nr. 1704, Bl. 195 V 6.

(5)

Die Mehrzahl der Glossen ist jedoch in westtocharischer Sprache abge¬

faßt. Sie sind entweder reine Worterklärungen oder erklärende bzw. erläu¬

ternde Zusätze, z. T. in Form von ganzen Sätzen. Die tocharischen Entspre¬

chungen zeigen in der Regel den gleichen Numerus und Kasus wie die Wort¬

formen des Sanskrittextes; Kompositionsglieder erscheinen in der Kasus-und

Numerusform, die ihnen nach der grammatischen Auflösung zukommen

würde.

Die Identifizierung des Sanskrittextes ist nun für das Verständnis der to¬

charischen Glossen von ganz erheblicher Bedeutung. Die Auswertung der

Glossen liefert neues Material für Grammatik und Lexikon des Tochari¬

schen.

Ein Teil der Glossen war bereits von E. Sieg und W. Thomas gelesen und

für Grammatik und Lexikon ausgewertet worden. Die folgende Auswahl

von Glossen soll einen Eindruck von der Verschiedenartigkeit des Materials

geben:

Skt. präpinam ,,den Erlangenden" wird durch toch. kälwässehcai ,,ds."

wiedergegeben; '2 samäpannasya ,, dessen, der etwas erreicht hat" wird mit ynesyamosepi ,, dessen, der etwas verwirklicht hat" übersetzt;" als Entspre¬

chung von vibhränta, hier substantivisch im Sinne eines Abstraktums aufzu¬

fassen: ,,das Schielen", erscheint yuromhe;^* sahitatvät (Abi.) ,,das Ver¬

bundensein mit" wird mit sem(e)tshemetn (Abi.) ,,das Eins-Sein mit";"

amyamät (Abl.),,das Nicht-Beschränktsein" wird mit mä-putkahemem

(Abi.) ,,die Nicht-Zuteilung" übersetzt;'* ksanika- ,,nur einen Augenblick während" wird durch seme ksarnne^'' yayaukas (Obl. Sg. mask.) ,,nur einen Augenblick gebrauchend" wiedergegeben;'* "chid (in mülacchid ,,die Wur¬

zeln abschneidend") wird mit rwätär ,,er reißt heraus" (Wurzel ru-) glos¬

siert;" unter änejya- ,, unbeweglich, unerschütterlich" finden sich Reste

eines Privativums, die sich nach dem bisher bekanntgewordenen tochari¬

schen Sprachmaterial sinnvoll nur zu a\s\(p)ä(watte) vervollständigen

lassen.^" Damit ließe sich erstmals die Bedeutung der Wurzel späw- genauer bestimmen.

12 Kat.-Nr. 1738 R 5.

'3 Kat.-Nr. 1708 R 2.

Kat.-Nr. 1708 R 4.

'5 Kat.-Nr. 1708 R 4.- '6 Kat.-Nr. 1704, Bl. 194 R I.

" Sic! Für k^amne bzw. ksanne.

18 Kat.-Nr. 1738 V 5.

19 Kat.-Nr. 1109 V 2.

20 Kat.-Nr. 1109 R 5.

(6)

476 Klaus T. Schmidt

Im Kommentar zu Kärikä 4.34,2' die das Verbot des Genusses von Alko¬

hol behandelt, wird die Frage gestellt: katharn bhadanta gläna upasthä-

tavyafi" ,, Ehrwürdiger, wie ist ein Kranker zu behandeln?", ohne daß der

Fragesteller genannt wird. Die tocharische Glosse gibt Antwort darauf, wer

diese Frage gestellt hat: upälipanikt\i\'^^^ kässirn preksa^^^ ,, Upäli hat den Buddha, den Lehrer, gefragt." Die chinesische Übersetzung fügt ebenfalls

einen entsprechenden Hinweis ein: La Vallee Poussin übersetzt^^: ,,A

Upäli qui lui demandait: , Comment faut-il soigner les malades?', Bhagavat

a repondu: ..."

Im gleichen Abschnitt heißt es weiter unten^' über die berauschende Wir¬

kung alkoholischer Getränke:

surä annäsavah / maireyarn dravyäsavah / te ca kadäcid apräplapracyu- tamadyabhäve bhavata iti .../

,,surä listl Reisbranntwein: rnaireya list! Zuckerrohrbranntwein. Diese bei¬

den haben zu einem bestimmten Zeitpunkt jihrel berauschende Wirkung

noch nicht entwickelt [apräpta ,,noch nicht erreicht"! loder schon! abgebaut

\pracyuta ,, entfernt, herabgefallen"!."

Zu diesem Passus liegen nun zwei tocharische Schreiberzusätze vor: Unter

apräpta" ,,noch nicht entwickelt", d. h. ,, dessen berauschende Wirkung noch nicht entwickelt ist", findet sich yoksi yätam ,,sie können getrunken

werden"; und zu apräptapracyutamadyabhäve bhavata/j ,,sie sind noch

nicht entwickelte loderj Ischon! abgebaute berauschende Wirkung habend"

gehört die tocharische Interpretationshilfe

mäylArfl! pepyutkuwa lalaitauwa wal sikse mä mäsketär

,,Sie Iscü. surä und maireya\ Isindl noch nicht zustande gekommen^"* oder Ischon! vergangen Iwrtl. herabgefallenp''. Es ist kein Branntwein."

W. Thomas, der sich als einziger bisher mit dieser Glosse beschäftigt

hat,25 hat den tocharischen Text gründlich mißverstanden. Nach ihm wäre zu

lesen:

21 Kat.-Nr. 1704, Bl. 194 V 4.

21" Sic! Für panikle.

211' Sehr fehlerhafte Wiedergabe dieses Satzes bei W. Thomas, Die Sprache 15 (1969), S. 58, Anm. 24: upäli pahikti kässi pritsa (sie!).

22 L'Abhidharmakosa de Vasubandhu. Quatrieme chapUre. S. 83.

23 Pradhan2 S. 219. Der Schluß des Textes (ab (aprä)pta°) ist auch Kat.- Nr. 1704, Bl. 194 R 4 enthalten.

2'' Im Westtocharischen sind keine Dualformen zu Partizipia Präteriti be¬

zeugt; es treten — wie hier im Falle von pepyutkuwa und lalaitauwa —

die entsprechenden Pluralformen ein. Zur Sache vgl. auch W. Krause:

Das Numerussystem des Tocharischen. Nachrichten der Akademie der

Wissenschaften in Göttingen. Philologisch-historische Klasse. Jg. 1954, Nr. 1, S. 10.

25 Zum Gebrauch des prohibitiven mar bzw. mä im Tocharischen. In: Cen¬

tral Asiatic Journal 3 (1958), S. 306.

(7)

mä (twe) pepputkuwa lalahau (wa) s'uwal sikse mä mäsketär

Das in der Handsclirift überlieferte und deutlich lesbare Aksara ^lA^öl (in

mäjkäl „noch nicht") war Thomas offensichthch unbekannt; jedenfalls er¬

gänzt er stattdessen eine — jeder handschriftlichen Grundlage entbehrende

— Pronominalform twe „du", merkt jedoch an, daß das Aksara auch no ge¬

lautet haben könnte. 2* pepyutkuwa (zu pyutk- ,, zustande kommen"), das

auch bedeutungsmäßig zum Sanskrittext stimmt, ist von Thomas als pep¬

putkuwa (von putk- ,, zuteilen") verlesen worden. Das wortschließende wa

von lalaitauwa ist von Thomas als s'u verlesen, von lalaitau abgetrennt und

mit der folgenden Konjunktion wat ,,oder" zu einer 2. Sg.Konj.Akt. s'uwat ,,du sollst essen" (Wurzel s'u-) vereinigt worden; da aber der Kontext eine partizipiale Pluralform auf -wa erfordert, ,, verbessert" Thomas lalaitau

wiederum zu lalaitau(wa)^^ .

Für die auffällige Verwendung des Plurals der Ptz. Prt. pepyutku und la¬

laitau gibt Thomas keine Erklärung. Er bezieht lalaitauwa attributiv auf pe¬

pyutkuwa; letzteres gibt er durch ein kollektives Neutrum (,, Zugeteiltes")

wieder. Thomas' Übersetzung lautet:

,, Nicht sollst du Zugeteiltes, IdasI herabgefallen |ist|, essen! Es ist nicht sikse. '

Zum Schluß noch eine kurze Bemerkung zu den uigurischen Glossen!

üigurische Randglossen finden sich nur auf dem Textfragment Kat.-Nr.

1708, und zwar auf dem rechten Blattrand und unter der letzten Zeile der

Vorder- und Rückseite. Herr Dr. DIETER Maue, der sich liebenswürdiger¬

weise der uigurischen Glossen angenommen hat, schreibt mir dazu: ,,Die

uigurischen Marginalglossen sind die Bemerkungen eines Bibliothekars, der

dem Leser den Hinweis gibt, wie die durcheinander geratenen Seiten der

Handschrift in der richtigen Reihenfolge zu lesen sind. Die Einzelheiten sind

noch nicht so ganz klar, aber wohl herauszubekommen."

2<' A. a. O., Anm. 57.

2' A. a. O., Anm. 58.

28 Damit soll nach Thomas: a. a. O., Anm. 59, wohl skt. madya wiederge¬

geben werden.

(8)

DIE KRIEGERMÖNCHE RAJASTHANS

JAI SINGH II. UND DAS BÄLÄNAND-PROBLEM

Von Monika Thiel-Horstmann, Bonn

1. Jai Singh II. und die Nägäs'

Im Dezember 1699 starb der Kachavähä-Rajpute Visnu Singh, der Mahärä¬

ja von Ämer in Ost-Rajasthan. Seine Nachfolge trat mit formeller Inthroni¬

sierung im Januar 1700 sein erst elfjähriger Sohn an, der als Mahäräja Saväi

Jai Singh (Jai Singh II.) in seiner langen, bis zu seinem Tode im Jahre 1743

währenden Regierungszeit die Kultur und Politik Nordindiens weit über die

Grenzen seines rajputischen Stammlandes hinaus prägen sollte. Sein militäri¬

sches und politisches Wirken als Hindu-Fürst auf der Seite der Moguln und

seine kulturellen Leistungen sind inzwischen ausführlich dokumentiert wor-

den.2 Weithin bekannt wurde Jai Singh unter anderem als Gründer von Jai¬

pur, als passionierter Astronom und Wiedererwecker der vedischen Opfer¬

praxis. Weit weniger bekannt ist sein Beitrag zur Theologie seiner Zeit, der

vor allem darin besteht, daß er Anstoß zur theologischen Reflexion und zur

revidierten Definition der visnuitischen Orthodoxie, des sogenannten catuh-

sampradäya, des Ymtx-sampradäya, gab.' Die Motive für die Religionspoli-

' Der vorliegende Beitrag enthält Teilergebnisse von Forschungen zu dem von mir gegenwärtig verfolgten Projekt ,,Die Religionspolitik Jai Singhs II. und die Neuorganisation des Vaismva-catuhsampradäya" . Im Zu¬

sammenhang dieses Beitrages habe ich vor allem S. H. Col. Maharaja Sa¬

wai Bhavani Singh von Jaipur für die Überlassung von Materialien aus

dem Privatarchiv der Kachavähäs (Kapardvärä) zu danken, Herrn Dr.

A. S. Das, Direktor des City Palace Museums, Jaipur, und Herrn G. N.

Bahura, Deputy Director des Rajasthan Oriental Research Institute i. R.

und Bibliothekar der Bibliothek des City Palace, Jaipur, letzterem insbe¬

sondere für die Vermittlung meiner Anliegen und seine grenzenlose Hilfsbereitschaft. Dem Generalabt des Rämänandi-Laskarl-Mwprarfö>'a, Sv. Lakjmänandji, Jaipur, habe ich für seine Geduld und Großzügigkeit zu danken. Herr Dr. J. K. Jain, Director, Räjasthän Räjya Abhilekhägär, Bikaner, und seine Mitarbeiter haben mir in den Landesarchiven von Ra¬

jasthan ideale Arbeitsmöglichkeiten geboten. Der Deutschen For¬

schungsgemeinschaft habe ich für finanzielle Unterstützung zu danken.

2 Siehe vor allem V. S. Bhatnägar: Live and Times of Sawai Jai Singh,

1688—1743. Delhi: Impex India 1974.

3 Der catuhsampradäya umfaßt die vier alten orthodoxen Vaisriava-Grup- pierungen, denen in Jai Singhs Zeit im Mittelalter neu entstandene reli¬

giöse Gruppierungen zugeordnet wurden, die dadurch orthodoxe Appro¬

bation erhielten. Das Ergebnis der Neuordnung läßt sich folgender¬

maßen zusammenfassen:

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