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Ruben Zimmermann

Zur Behandlungspraxis bei schwerstgeschädigten Neugeborenen an deutschen Kinderkliniken.

Konzeption, Ergebnisse und ethische Implikationen einer empirischen Umfrage

SoSe 1996, Beiträge zur Diakoniewissenschaft N.F. 62, 89 Seiten

Die medizinisch-technischen Behandlungsmöglichkeiten im Perinatalbereich sind in den letzten Jahren stark ausdifferenziert und erweitert worden, so daß heute auch schwerstgeschädigte Neugeborene und ultrakleine Frühgeborene intensivmedizinisch versorgt und damit am Leben erhalten werden können.

Dauerhafte Abhängigkeit von technischen Maßnahmen (z.B. Beatmung), mangelnde Therapieziele bei infauster Prognose oder nicht therapierbarer Grunderkrankung, bleibende starke zerebrale Schädigungen, sowie die z.T. leidvolle Sterbensverlängerung beim schließlich doch unvermeidlichen Tod stellen jedoch die vermeintlichen Behandlungserfolge in Frage und führen die ethischen Probleme hinsichtlich von Sinn und Zweck, aber auch bezüglich der leitenden Maximen und Grundlagen der jeweiligen Behandlungsentscheidung drastisch vor Augen.

Medizinische Ethik ist eine in hohem Maße anwendungsorientierte Ethik, d.h. Ausgangs- und Zielpunkt moralphilosophischen Fragens und Nachdenkens soll die konkrete klinische Praxis sein. Diese wird jedoch im genannten Problemfeld äußerst kontrovers beurteilt. Dabei findet man Positionen, nach denen die Operationsfrage bezüglich Sekundärschädigungen bei Kindern mit „Down-Syndrom“ im klinischen Alltag völlig offen ist, andere beziehen sich auf eine gängige Praxis des Sterbenlassens von geschädigten Neugeborenen an deutschen Kinderkliniken, Behindertenverbände befürchten sogar ein leichtfertiges Sterbenlassen von behinderten Kindern auch aufgrund von weniger schwerwiegenden Defekten wie einer leichten Spina bifida oder eines ausgeprägten Wolfsrachens. Wieder andere dagegen behaupten, daß immer ein weitestmöglicher Therapieversuch durchgeführt werde, bei bestimmten Krankheitsbildern wie bei der früher häufig diskutierten Spina bifida stehe derzeit eine unbedingte Behandlung außer jedem Zweifel.

Die markant uneinheitliche Einschätzung stellt die Frage nach der faktischen Praxis der Behandlung von schwerstgeschädigten Neugeborenen. Welche der Versionen entspricht nun der 'Wahrheit', kann man überhaupt von einer überwiegenden Meinung sprechen, gibt es eine geregelte, mehr oder weniger eindeutige Behandlungspraxis? Welche Aspekte der Behandlungsentscheidung werden besonders problematisch wahrgenommen, in welchen Fragen herrscht klarer Dissens, in welchen besteht Konsens?

Mit einer im Dezember 1995 bis Februar 1996 durchgeführten Umfrage über den ärztlichen Umgang mit schwerstbehinderten Neugeborenen an deutschen und einzelnen ausländischen Kliniken sollte versucht werden, Antworten auf diese Fragen zu finden und Licht auf das undeutliche Geflecht der Meinungen zu werfen, um damit gleichsam die empirische Grundlage für die weitere ethische Diskussion zu schaffen.

Zusammenfassend geht es neben Angaben zur Person des/der Auszufüllenden um die faktische Situation der Behandlungsentscheidung bei schwerstgeschädigten Neugeborenen und ultrakleinen Frühgeborenen an deutschen Kinderkliniken. Neben Grundfragen zur Entscheidungssituation (Instanz, Kompetenz, Kriterien) wird auch die Einschätzung der Ärzte zur Kindstötung und die Abgrenzung zum Schwangerschaftsabbruch sowie die Bedeutung des sozialen Umfelds innerhalb der Entscheidungsbegründung ermittelt, um abschließend auf vorhandene bzw. nicht vorhandene ethische Richtlinien, Aus- bzw. Fortbildung in ethischer Theorie und auf persönliche Probleme im Umgang mit praktisch durchgeführten Entscheidungen einzugehen.

Die vorliegende Arbeit ist nun eine Darstellung dieser empirischen Untersuchung. Zunächst wird dabei die Konzeption und Durchführung der Umfrage reflektiert, im Hauptteil werden die Ergebnisse der einzelnen Fragen dargestellt werden, wobei der Autor sich dabei um eine möglichst wertfreie Darlegung bemüht. Erst in einem abschließenden Teil folgen ethische Schlüsse, die sich jedoch auf den Bereich der Anfragen und auf das Abstecken von Fragehorizonten beschränken.

Als Ergebnis ist zusammenfassend eine sehr uneinheitliche Behandlungspraxis an den verschiedenen deutschen Kinderkliniken festzustellen. Eine Auswahlpraxis bei ultrakleinen Frühgeborenen und schwerstgeschädigten Neugeborenen hinsichtlich einer lebenserhaltenden Intensivbehandlung findet statt. Soziale Kriterien werden ebensowenig wie ökonomische oder rechtliche in den Behandlungsentscheidungen kaum berücksichtigt. Im Blickpunkt stehen medizinische Auswahlkriterien (voraussichtliche Lebensdauer, infauste Prognose, u.a.) und Erwägungen bezüglich der Lebensqualität.

Aktive Kindstötung wird weitgehend abgelehnt, der Unterschied in der ethischen Bewertung eines Spätabbruchs und einer Kindstötung betont.

Diplomarbeit am Diakoniewissenschaftlichen Institut

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