773
l'ber einige Arten hebräischer Eigennamen.
\on Franz Praetorius.
('ber die zuerst von Wetzstein mitgeteilte arabisehe Caritativ¬
form fa"rd, durch welche dann Socin hebräische Kurznamen gleicher
Gestalt erläutert hat, ist zuletzt gesprochen worden in dieser Zeit¬
schrift oben S. 527 und in Lidzbarski's Ephemeris Bd. 2, S. 20fi'.
Ich vermute, dass diese Bildung sich lediglich von dem ge¬
wöhnlichen Particip pass, fa'ül abgezweigt hat. Und wie dieses
letztere in die Kurznamenbildung hat eintreten können , ist leicht
ei'sichtlich. So wie niinilich zu Vollnamen, in denen der Benannte
Subjekt ist, Kurznaraen aktivischer Form gebildet werden konnten,
deren Subjekt der Benannte blieb (z. B. 'bbn zu bs'pbn'; , bN'^br;":) :
so konnten zu den weit häufigeren , meist oder immer theophoren
Vollnamen, in denen der Benannte .ils Objekt zu denken ist, Kurz¬
naraen passivischer Form gebildet werden, deren (grammatisches]
Subjekt nunmehr der Benannte wurde. In diesem Verhältnis steht
z. 15. der Kurznamen er"" zu dem Vollnamen bNjpn^^ ferner cb'i";
und P7^b'i7p zu n^rb"^;?:; und entsprechend wird sicher auch ^'.Z'^
(vgl. palmyr. ■'rcrs) zu deuten sein. Es ist begreiflich, wenn bei
der Bildung derartiger Kurznamen das Particip. pass. Qal , fa'ül.
eine hervorragende Bolle spielte. Mochte bsr'C'i'; , in^:"):'i auf¬
gefasst werden als ,Gott hat den Benannten erhört', oder als
„Gott bat die Eltern durch die Geburt des Benannten erhört" —
gleichviel , der Name konnte verkürzt werden in samü' „der Er¬
hörte" bez. „der durch den erhört worden ist". -iiy'bN, in^"!!:;
komiten sehr wohl in '<tzür „der dem geholfen worden' verkürzt
werden; l^nbN u. a. sehr wohl in hanun „der Begnadete'; bsc"^ u.a.
sehr wohl in rafü^ u. a. m. Und es ist weiter begreiflich , dass
fa'ül, nachdem es einmal auf breiter Grundlage in die Namen¬
bildung eingeführt veorden , nachdem es als Form für Kurznamen
^ in lebendigen Wechsel mit Vollnamen getreten war, «ich allmählich
über das Gebiet seiner ursprünglichen Anwendung hinaus aus¬
dehnen konnte, dass es dem Sprachgefühl nicht mehr durchaus
lediglieh Particip. pass, blieb, dass es auch kleinen lautlichen
S k *
774 Praetorius, Über einige Arten hebräischer Eigennamen.
Abweichungen zugänglich wurde, die das Particip. pass, fiir ge¬
wöhnlich nicht kennt. Nahüm, rahüm wären als Participia pass,
von vornherein schwer verständlich, da ihr Qal sonst nicht ge¬
bräuchlich ist ; und kalüb (aibs) ?
Zu den gedachten lautlichen Abweichungen würde in erster
Linie gehören die äusserst häufige Doppelung des mittleren Radi¬
kals: fa"ül ist gi-adezu Normalform dieser Sippe geworden. Also
hebräisch y^i2, Dibä, yiMiä, -113T, ':jib?:, aiffin, -ii-ry u. a. m.
Arabisch z. B. K>y4S>- von j^Xi von ^oLäJ! iX^^ von
Xxc- Landberg, Proverbes et dictons de la provinee de Syrie
S. 127 f.; in Wright's Catal. of Syr. manuscripts ist S. 1153 eine im
J. d. H. 221 gestorbene '&.ijx»- erwähnt. — Hier schliesst sich das
verlängerte , eigentümliche fa"üll im Dialekt von Bagdad an ;
s. Oriental Studies . . . read by members of the Oriental Seminary
of the Johns Hopkins University (New Haven 1901), S. 100 f.;
z. B. ^jy^ fius jsM! yaij aus dJ! ^Jui. .A.uch der alte
hebräische Namen Jot^xs- hat bier ^^yj^. erzeugt, JJLs^o ebenso
^^y^ ; hei Landberg dagegen bloss jyf>- i iy-^ .
Zu dieser Konsonantenverdoppelung hat bereits Lidzbarski
a. a. 0. S. 11 auf Konsonantenverdoppelungen in germanischen und
griechischen Kurznamen verwiesen. Vgl. Stark, Kosenamen der
Germanen S. 19 £F., 40, 115 ff.; Pick, Griechische Personennamen'
S. LIX; Zimmer in Kuhn's Zeitschrift Bd. 32, S. 172 ff., 194;
Nöldeke , Persische Studien I S. 24. Wahrscheinlich ist diese
Konsonantenverdoppelung manchmal bloss zufällig (vgl. Stark a. a. 0.
S. 20 u. 115); meist aber wird sie in unmittelbarem Zusammen¬
hange mit dem Wesen des Kurznamens stehen. Und da lassen sich
mehrere Gründe für ihre Entstehung denken : Es scheint möglich,
dass die Konsonantenverdoppelung emphatischer vokativischer Be¬
tonung entsprungen ist, d. h. dass man einen fa'ül Genannten mit
fd"ül anrief, und dass von da aus die Verdoppelung auch in die
nichtvokativisch gebrauchte Namensform eindrang. Sodann liesse
sich annehmen, dass durch längeres Verweilen auf dem Konsonanten
die caritative Gesinnung angedeutet werden sollte ; die Konsonanten¬
dehnung wäre dann ein Seitenstück zu der „Pluti des Vokals",
Zimmer a. a. 0. S. 197. Diese zweite Erklärung würde natürlich
nicht bei Kurznamen schlechthin, sondern nur bei solchen carita¬
tiven Charakters denkbar sein. Endlich meint Fick a. a. 0., man
habe der Kurzform durch die Konsonantenverdoppelung dem Voll¬
namen gegenüber einen gewissen Halt geben wollen.
1) Vgl. Baedeker, Palästina und Syrien« C.XXXVII.
5 4*
Praetorius, Über einige Arten hebräischer Eigennamen.
Eine andere lautliche Abweichung möchte ich annehmen in
seltneren Namen wie Din"!, bibs, Das lange betonte u der
Form ist vielleicht von Anfang an besonders geeignet erschienen,
Träger der caritativen Gesinnung zu sein und je nach dem Grade
der letzteren noch weiter verlängert zu werden. In diesem Falle
war es nahliegend, dass sich das « der Paenultima reduzierte;
Aussprachen dieser Art sind vielleicht in niiTi u. s. w. festgehalten worden.
Die unveränderte Form fa'ül liegt im Hebräischen z. B. vor
in iun, blira, TQT; wohl auch in dem unklaren Nibo und in dem
unten näher zu erörternden binn. "nS, blN'i könnten natürlich
auch als "l'^2, biNUä aufgefasst werden.
Im Schriftarabischen sind diese Garitativa von dem jüngeren
fu'ail ganz überwuchert worden (diese Zeitschrift oben S. 529);
aber man erkennt doch noch die deutlichen Spuren der alten Bil¬
dung , und zwar von fa'ül ohne Doppelung. Ich meine etwa
folgendes: Ibn Duraid bringt S. 315, 3 einen alten Stammesnamen
O^! Q^«-« ™d 221, 11 einen anderen, auch sonst bekannten,
^.,jJC.IJ!- Ein Wort ^ji^^ ist, so viel ich sehe, sonst nicht über¬
liefert. Was könnte der Stammesname nun wohl anders
sein, als caritative Verkürzung von oliU! »Li/« '^^^^
ähnlichen ? — Bekaunt ist ferner der zusammengesetzte Vollname
lX^c Dass wirklich ein Gott ist, steht durch die
sabäischen Inschriften fest; vgl. diese Zeitschrift Bd. 30, 27 ; Bd. 31,
86 f.; Mordtmann und Müller, Sab. Denkmäler S. 3 u. 15. Wenn
nun aus älterer Zeit mehrfach der Name überliefert wird
(z. B. Ibn Duraid 218, 19; 283, 9; s. auch Hamdäni, Geographie,
Index bistoricus S. 138), so wird kaum ein Zweifel bestehen können,
dass eine auf das theophore Glied zurückgeführte Verkürzung
des Vollnamens Xxc ist. Nun bringt Ibn Duraid S. 250, 8
> ~ ' .
auch einen alten Stammesnamen j-iJ- ''"ch ^j^, soviel
ich sehe, sonst in der Sprache nicht vorkommt, so wird auch hier
nichts anderes übrigbleiben, als in die Caritativform von yS-
zu sehen (vgl. Landberg a. a. 0. ä^y^ petite pierre). — So gehört
wobl auch der alte Name Ihn Duraid 319, 5 zu dem Gottes¬
namen Dass auch theophore Namen mit J.j^' vorhanden ge¬
wesen sind, ist an sich wahrscheinlich und geht überdies hervor
aus ^Ll> yji Ibn Duraid 316, 7, wo J^aJi aus J.*? Xxc
Praetorius, Über einige Arten hehräisclier Eigennamen.
oder älinlichem verkürzt sein wird, wie aus tXxc oder
ähnlichem. — Bei (j*^*^; Ibn Badrün 54, 3 liegen äbniiche Be¬
merkungen nah. Aber wer könnte behaupten , dass c^Js , y\
oy.'.^ Ibn Duraid 245 , 1 und manche andere hierber gehören !')
— Vgl. Lidzbarski a. a. 0. S. 21 f.
In den heute lebenden arabischen Dialekten scheint fa'ul.
wenn überhaupt, nur vereinzelt vorzukonnuen. Zwar bringt Wetz¬
stein in dieser Zeitschrift Bd. 11, S. 500 diese Form aus Damaskus:
aber ihm widerspricht ausdrücklich Landberg a. a. 0. S. 128, ebenso
Hartmann, Das Muwassali S. 41 Nr. 63. Und wenn Wetzstein iu
den ausgewäblten griecbischen und lateinischen Inschriften S. 344
für das hauranische Caritativ jy" selbst hervorhebt: ,aber stets
mit Verdopplung des zweiten Radicals", so ist nicht klar ersicbtlich ob Wetzstein hierdurch etwa seine frühere Mitteilung genauer stellen
will. Vgl. auch Socin, diese Zeitschr., Bd. 53, S. 482, g 18 a. A.
Jedenfalls bringt aber auch Spitta g 45 e für das Ägj'ptische
Caritativformen ohne Doppelung: 'qjuiä schmeichelndes Diminutiv
zu 'aim: ebenso amüne zu äminä oder amine u. n. m.
Hier möchte ich nun aber eine Gattung hebräischer Eigen¬
namen ansehliessen , die bisher ganz anders erklärt worden ist.
Neben den erörterten Namen "iiTr, Cin"^, in denen das eine,
nämlich das theophore , Glied vollständig aufgegeben , der Stamm
1) Das Gewicht der über aurgostelltcii
Vermutungen wird durcli don Umstand vermehrt, dass es zum Teil alte
Stammesnamen sind. Stammesnaincn sind starrer, nnvoränderlichor als Personen¬
namen. Wio die Stammesnamen auch im Islam vielfach ihre heidnische Art erhalten haben (VVellhauson, Koste- Ü), so ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Stammfsiiamon iifters auch dann noch ihre alto grammatische Form bei- b' hielten, als der Sinn derselben anliug nicht mehr recht verstanden zu werden.
Manchmal wird ja freilicb aucb wohl oin alter Stammesnamen vom neuen Zuge ergrilfen und umgoforint worden sciu, und zwar, je nachdem er eine Koseform
'j ^ 3 O
oder ein Passivparticip zu sein schien, in J...OI! bez. in v^j-xa/: . — So möchte ü - >
ich dem Stammesnamen ^.^^X.» den moderneren Personennamen »,x^Sm>
(Kämil 307, 15; 38G, 12; Durra od. Thorb. III, 13) parallelisieren; uud dem von Landberg a. a. 0. S. 128 gebrachten, ^^ijj möcbte icb ^sjj''
Seite setzen. So mag manches alte, nicht mehr n.icbweisbare jj*^,
u. a. zu jy^xA , C>yX.A*>^ geworden sein.
Praetorius, Uber einige Arten hehräisclier Eigennamen. III
des anderen Gliedes aber als Particip. pass. Qal vollständig erhalten
ist, — neben diesen einstämmigen Kurznamen wurden m. E. seit alter
Zeit auch zweistämmige Kurznamen in der Weise gebildet, dass
der Gottesnamen unversehrt an das Ende , das Particip. pass. Qal
aber verkürzt an den Anfang gesetzt wurde, ünd zwar wurde
das Particip zu fa'd verkürzt, verlor also den letzten Konsonanten.
Verdoppelung des ' wurde hier nicht beliebt . oder kommt wenig¬
stens nur einmal vor: die Länge der Porm wird einer Verdoppelung
des ' wenig günstig gewesen sein.
Ich rede von ;t<n:ä und seinen Geno.ssen. Wie man diese
Namen im allgemeinen bisher aufgefasst hat, ist bekannt; s. zuletzt
Barth in dieser Zeitschrift Bd. 53, S. •')93 tf.'). Ich meine nun:
der VoUnamen b{*j;7:ia^ wurde sowohl in den einstämmigen Caritativ¬
namen wie in den zweistämmigen Caritativnamen bsTOi'
verkürzt. Die Herleitung von bSD^p aus bs yir-.i ist nun aller¬
dings nicht neu, s. Nestle, Israelit. Eigennamen S.'lG4f; Ewald.
Hebr. Spi-.^ S. 682 Anm. 3; Schwally in Theol. Literaturzeitung
1898, S. 76. Meist aber ist sie abgelehnt worden (s. z. B. Kerber.
Hebr. Eigennamen S. 94; Driver, Books of Samuel S. 14 f.); denn
die Annahme eines Schwundes von y erseheint in der That zu¬
nächst recht bedenklich. Sobald wir aber in bNi"';: nicht sowohl
einen selbständigen Vollnamen, denn vielmehr eine Caritativform aus
bNj;7;'J" erkannt haben, so erscheint . der Sehwund des y in ganz
anderem Liebte. Vgl. Wechssler, Giebt es Lautgesotze? i; 19, 2
(in Forschungen zur Roman. Philologie , Festgabe für H. Suchier).
Fa'ül -h el ist aber auch gebildet worden rait Erhaltimg des
dritten Radikals von fa'ül. Um auch das ü unverändert zu ei'-
halten, das sich bei der folgenden Doppelkonsonanz hätte verkürzen
müssen, trennte die Spraehe die beiden Glieder dieser Bildung
durch t oder «, hierin der Analogie anderer zusammengesetzter
Namen folgend. Ich kenne so bN-'^pb'i, bNpn??, bs^nip^ (Be¬
deutung?; vgl. Olshausen S. 624, Z. Ass. XI S. 249), bwXni'-i, das
Sept. meist mit i ausspricht: Zovßu]X, 2(oßujX. aber auch iiovßatjl.
Sehr alt scheinen diese Namen freilich nicht zu sein.
So ergäbe sich denn das ü von bNi""i; und Genossen als zur
inneren Wortbildung gehörig; nicht als uralte, einem Biliterum an¬
gehängte Kasusendung, auch nicht als letzter Radikal einer Wurzel
ult. w. In mehreren negativen Momenten sehe ich eine Stütze
meiner Erklärung. Zunächst darin, dass das vermeintliche Biliterum
1) Über bN173",^ im besonderen vgl. nocb dieso Zeitscbrift Bd. 41, S. 635. — Erkennen'd , dass „Namen Gottes'' als Uezeichnung fiir einen Jlonschen keinen guten Sinn giobt (Giesebrecht, Die alttestamentliche Schätzung des Gottesnamens S. 108), hat man in dem li von bSTO".^ aucb das Sufti.'i
„sein' finden wollen; s. Giesebrecht a.a.O.; Hommel, Aufs. u. Abh. S. 2ü2.
Altisr. ilberlief S. 99; auch Schräder, KAT.^ S. 225. Altorient. Forsch. II S. 85 übersetzt Winckler „Sem ist Gott".
778 Praetorius, Über einige Arten hebräischer Eigennamen.
meist ganz unbekannt und unverständlich sein würde. Sodann,
dass die (im Hebräischen sonst übrigens nirgends vorkommende)
Kasusendung ü öfters nicht recht passen würde, teils der Form
nach, teils der Bedeutung nach (s. die obige Fussnote). — Anderer¬
seits aber wird auch durch meine Auffassung durchaus nicht etwa
jeder einzelne Namen dieser Namensgattung sofort und zweifellos
klar hinsichtlich seiner Bedeutung. Denn thatsächlich fehlt ja
eben der dritte Radikal des ersten Gliedes; und nicht immer
deuten die beiden ersten Radikale mit solcher Entschiedenheit auf
einen bestimmten dritten , wie in bsinä. Meist kann man viel¬
mehr verschiedene Ergänzungen vornehmen. So liegt nun aber
grade in dieser charakteristischen Bildungsweise
der Namen der unmittelbare Grund für das Halb¬
oder Ganzdunkel ihres Verständnisses (und nach einem
solchen Grunde suchen wir bei der früheren Auffassung ver¬
geblich!). Und es scheint, als sei diese Dunkelheit nicht etwa
nur für uns hereingebrochen, sondern als habe sie auch schon für
die hebräische Sprachgemeinschaft selbst bestanden. Dadurch wird
es dann weiter begreiflich, dass die Sprache anscheinend manchmal
schon nicht mehr auf die Radikale zurückgegangen ist, sondern
das Schema afixuel mechanisch auch mit Benutzung nichtradikaler
Bestandteile (z. B. des Imperfektpräformativs _?/), oder mit Über¬
gehung radikaler Bestandteile (z. B. des mittleren Elementes der
Verba med. w) vom Vollnamen aus gebildet hat. Dazu kommt
noch die Möglichkeit, dass nach dieser altertümlich aussehenden
und gewiss auch in Wirklichkeit altertümlichen Schablone Namen
frei erfunden sein könnten, die nie vorbanden gewesen sind und
die v.on Anfang an sinnlos waren (vgl. Wellhausen, Prolegomena-
S. 372). So verzichte ich von vornherein auf eine Diskussion über
bNina, bNlu:, bNTOb (das mit bNTOb wechselt; vgl. Wellhausen,
Reste 2 S."7). '
bNTOH 1 Chr. 4, 26 ist der einzige Namen dieser Gattung, der
mit verdoppeltem 2. Radikal überliefert ist; aber Sept. A^ovril,
wie bNli:n aussehend. Gesenius' Erklärung „aestas Dei" wird
heut kaum' noch beachtet werden. Winckler, Altorient. Forsch. II
S. 85 erklärt „Schwiegervater ist Gott", wenn ich recht verstehe;
aber dann wäre doch bN-'Kn zu erwarten, wie in bN-as. — Es
ist möglich, dass die im Hebräischen lebendig nicht vorkommende
Wurzel nwn schützen vorliegt; an sie denkt auch Wellhausen,
De gentibus S. 22 („quem defendit inviolatumque vult Deus") und
vergleicht den anscheinend gleichwurzligen Namen ^7;n;. Aber
das M würde sich auch bei dieser Annahme als Kasusendung wie
als Radikal nur sehr schwierig erklären lassen ; völlig ungezwungen
dagegen als Element der inneren Wortbildung, aus (^)ii:n, (•')i':n.
Wahrscheinlicher aber ist , dass die Wurzel b'rn zu Grunde liegt.
Aus dem inschriftlich (bei Clermont-Ganneau , Rev. arch., ser. III,
t. 28, S. 349) überlieferten Namen nrT'b?3ni darf man auf bsb^an''
Praetorius, tlber einige Arten hebräischer Eigennamen. 779
sehliessen ; von diesem aus konnte sovrohl der einstämmige Caritativ¬
namen biwn , wie der zweistämmige bNl72n (bNiiJn) abgeleitet
werden. Der ümstand, dass der an drei Stellen des MT. genannte
bian beim Syrer teils ^oja-, teils '^^Jqjq.,« lautet, könnte eben¬
falls zu Gunsten der Annahme angeführt werden , dass binn
und bNi7:r! lediglich verschiedene Caritativformen desselben Voll¬
namens sind
Falls in Sept. nicht irgendwelcher Irrtum vorliegt, so ist von
bNbttrr' noch ein anderer zweistämmiger Caritativnamen ausgegangen,
nämlich lefiovi^k, la^ovijl (= masor. bTOn), also mit Benutzung des
Präformativs an Stelle des 1. Eadikals. Die Bedeutungen „dies Dei*
(Gesen., Thes.) oder Q-alaaea Qeov (Lagarde, Onomastiea) sind nicht
ernst zu nehmen. Mehr Anspruch auf Berücksichtigung hätte die
Deutung öc^ia iaxvQov (Lag., Onomast. 178,88). Denn da Gen. 46,10
und Ex. 6, 15 ein Sohn Simeons, bNTO^ , unmittelbar vor seinem
Bruder "j^?;^ genannt ist, so liegt es nah, mit der Etymologie hier
anzuknüpfen. Aber ein theophorer Name mit der Wurzel "p:"! ist
nicht bekannt.
Der Name bxins Joel 1, 1 gehört weder zu nns einfältig
sein, noch zu nno weit sein, noch zu einem unbekannten Bi¬
literum , wohl aber zu den zahlreichen , mit der Wurzel nns ge¬
bildeten Eigennamen, = bN nin?. Also zweistämmiges Caritativum,
zunächst zu dem als Personen namou nur zufällig nicht über¬
lieferten bN-nns';-). — Die Übersetzungen haben dies an. Isyö-
(isvov leider mit dem häufiger vorkommenden bNina vertauscht:
Ba&ovril, ^>jo&0.
Die für bNl2E angenommene Bedeutung „Angesicht Gottes'
ist für eine Kultstätte jedenfalls gut denkbar, aber ein Personen¬
namen dieser Bedeutung wäre doch befremdlich. Dazu kommen
wieder die allgemeinen grammatischen Bedenken, wenn man in
dem ü Kasusendung oder Eadikal sehen will. Ich erkläre den
Namen = bN ■'i:e, Caritativ eines nicht überlieferten bN-n:E^
od. ähnl., welches anzusetzen wir durch das bereits gekürzte nSE^
berechtigt sind. Von einer Person oder einer Pamilie des Namens
bNi:E, die in der Gegend ihren Sitz gehabt, wird der Name dann
auf den Ort übertragen worden sein. — Für bNirs findet sich
zweimal auch bN^ic geschrieben, und den gleichen Wechsel werden
wir noch einige Mal sehen. Ich gehe auf diese Erscheinung, die
verschiedene Erklärungen zulässt, nicht näher ein.
1) Freilich ist diese Thatsache auch anders dahin ausgelegt worden, dass man masoretisches biun lediglich als Verkürzung, Schreibfehler oder un¬
gewöhnliche Schreibung für bN1?2n angesehen hat; s. namentlich Wellhausen, Text d. Bücher Samuelis S. 19.
2) Vgl. beiläufig Holzhausen, Die Weiss, des Propheten Joel S. 3G.
7S0 Praetorius, Üher einige ^\rten hehräisclier Eigennamen.
Als Name verschiedener Persönlichkeiten der iilteren Zeit wird
"tnii;!; überliefert. Bei Lagarde, Onomastiea, uvaarceGig ®eov. Dass
irgend ein Neuerer eine Etymologie dieses Namens gewagt hiitte,
ist mir nicht bekannt ; Gesenius stellt ihn im Thesaurus zu einer
ungebräuchlichen Wurzel r.iz-p. Ich glaube, jene alten Erklärer
hatten blind die richtige Spur gefunden : die Wurzel cip liegt zu
Grunde. Ich denke an die alten Nanien ci-i'-N, nipiirr;, verkürzt
weiter an r.;7;];7 , arrp:, denn auch in diesen dürfte die
genannte Wurzel stecken, nur verkürzt aus lautlichem Bedürfnis.
Auch im Phönizischen kommen Namen von dieser Wurzel vor;
besonders häufig aber sind sie im Aramäischen : unzählige Jlale
im Palmyrenischen I7:ip73, wovon ■'•piz verkürzt, b^ic^p?: bei Euting, Nabat. Inschr. S. 24, Tib^ipi: bei Euting, Sinait. Inschi-. Nr. 608 u. a.
Ist es Zufall, dass bNi?:]; Gen. 22. 21 als Vater der Aramäer ge¬
nannt ist? — Hätte man nun die Form bNTC'C von dieser schwachen
Wui-zel nach der ihr eigentümlichen Bildungsweise gebildet (also
Part. pass. Qal mit Verlust des letzten Radikals) , so hätte *bNip
entstehen müssen. Aber das starke Schema hat sich durchgesetzt,
so dass bNl7:p entstand.
Den in 1. Chron. mehrmals vorkommenden Namen bNl3"i
möchte man zunächst geneigt sein, aus bi* riap zu erklären, also
mit "ac^bN. ;'3'iiri7 und ähnlichen alten Namen in Verbindung
zu setzen, ^lan könnte auch wohl an das nicht recht klare srac.
T : •■■■
—irau; denken. Die grösste Wahrscheinlichkeit — freilich auch
T : - :
keine (icwissheit — scheint mir aber die -\nnahme zu haben, dass
ai^ibs, araui" und andere mit der Wurzel aiw zusammengesetzte
• T : .-■' T ; T IT *->
Eigennamen zur Erklärung von bNiatt! herbeizuziehen sind : wie
bsnrp zu cip , so kann auch bNiac zu arc gehören. Ah Grund
für diese Annabme kann die Thatsache in Anspruch genommen
werden, ' dass im MT. selbst für btiiac" ; zweimal bsaiö■■T steht, ' und
dass Sept. beständig Zovßaiß , I^ovßujl , Zcoßujk schreibt. Beide
Namen scheinen also als gleichwertig angesehen worden zu sein
— falls der Wechsel nicht lediglich einem Schreibfehler ent¬
sprungen ist.
Der Num. 13, 15 überlieferte Namen bsiNi (den Sept. wohl
nur nach dem vorhergehenden verschrieben hat) scheint durch die
Wurzel bs; erläutert zu werden. Wir finden mehrmals den Namen
bN".'; mit Unterdrückung des subjektischen Gottesnamens (*bNbN3"');
davon wird bsiN.I Caritativ sein. -\uf die Wurzel nNJ deutet nichts.
Wenn bNWn echt ist, so liegt es jedenfalls am näcbsten, den
Namen zu den zahlreichen, uralten Vollnamen mit rni zu ziehen,
ihn also als Caritativ mit j;ni zu jiarallelisieren. Preilich sollte
man zunächst bNn' erwarten; aber andererseits wäre es doch auch
nicht wunderbar, wenn ' Bildungen wie bx;;-'-;';, rr""!'; , ihr wurzel-
Praetorius, Uber einige Arten hebräischer Kigennamen.
haftes y wie ein präformativisches ablegend, bNiyi erzeugt hätten.
— An nribN möchte ich nicht gern denken. (Vgl.' schon Buchanan
Gray, Studies in Hebrew Proper Names S. 202).
In den jüngsten Quellen kommen so viele Leute des Namens
bNiyi vor, und zwar meist auch Leute jüngerer Zeit, dass es
schwer ist an der Thatsächlichkeit dieses Namens zu zweifeln,
wenn das Qere denselben auch öfters in bN'~7 abändert (vgl. oben
bNi:? und bNi;?). Zur Erklärung des Namens bieten sich ver¬
schiedene Möglichkeiten, von denen indes keine die andere an Wahr¬
scheinlichkeit erheblich überragt. Da in jüngerer Zeit die mit -it;'
zusammengesetzten Namen gleichfalls sehr häufig werden, so würde
es naheliegen bNW^ an ein Imperfektum von anzuknüpfen
(*bt*nTy). Oder lieber an iiy^ ?
bNir, wofür Qere blS"'T': , 1 Chr. 12,3 deutet auf b^y'^T^ ,
riTnTiT : - : • und wohl noch andere Namen mit T als erstem Radikal,
ohne dass irgendwelche besondere Wahrscheinlichkeit hervorträte ')•
Es ist von vornherein wahrscheinlich , dass diese Caritativ¬
bildung nicht bloss auf die bN-haltigen Eigennamen beschränkt
gewesen ist. Und es finden sich m. E. auch wirklich noch Spuren
von ihr bei Eigennamen , die einen anderen Gottesnamen in sich
scbliessen.
Dahin möchte ich vermutungsweise ziehen den Namen Jcelovia
2 Sam. 3, 3 Sept. Dürfen wir für denselben /laöovia einsetzen
(vgl. Winckler, KAT.-' 224), und dieses JaSovuc mit ni^l"'"]7 2 Sam.
12, 25 identifizieren, so ist es klar, dass wir in hebräischer Schrift
fri"!" vor uns haben würden. Aber auch Aakovia würde so er¬
klärt werden können : n^lb"T :, Caritativ zu ii^blTT : ', inibTT :".
Die Analogie spricht nun auch dafür, dass nicht die im MT.
überlieferte Form "niN"] die ursprüngliche ist, sondern die ander¬
weitig überlieferte mit b : bniN'i . Denn ein Gottesname "[^ ist
doch wohl nicht nachweisbar (trotz Nestle a. a. 0. S. 110). So
wird denn an den Gott bg zu denken sein , der vielleicht auch in
dem Eigennamen bs'iN enthalten ist (vgl. diese Zeitschrift Bd. 42,
S. 479). baiN"; wird Caritativ sein von einem ba-haltigen Namen,
der nach Weise von n'N")',T • ; • —"N"!T T : gebildet gewesen^ sein wird.
Dass man in jüdischen Kreisen an dem Götzen bs im Namen des
Stammvaters ernstlichen Anstoss nahm, ist ja begreiflich genug;
und so wird die Namensform mit n statt l entstanden sein.
Der gleiche Anstoss scheint der im MT. vorliegenden Form
bj'a'ii Entstehung gegeben zu haben. Bereits Wellbausen hat
Bücber Samuelis S. 31 — wenn ich seine Worte richtig verstehe
1) bNiy*^ scheint nur äusserlich mit dieser Klasse zusammenzufallen.
782 Praetorius, Über einige Arten hebräischer Eigennamen.
— Jerubaal als ursprünglicbe Form jenes Namens erkannt und mit
Hildungen wie bsn: gleichgesetzt. Der Mann dürfte also eigent¬
lich byani gehiesseii haben. Aber indem man an dem mit bya
zusammengesetzten Personennamen Anstoss nahm, wurde byai"|i
,den Sinn von Jarebbaal zu tragen gezwungen" und, um diesem
Sinne näher zu kommen, wenigstens in bysl^ verändert'). — Was
byaiT; eigentlich bedeutet, wird freilich kaum zu ermitteln sein.
Jede glaubwürdige Überlieferung fehlt auch hier, und das nach der
Schablone verkürzte Anfangsglied verträgt an sich allerlei Ergän¬
zungen. Wir können an XT' denken, auch an nT' (vgl. palm. biami.
auch als Personennamen) und vielleicht noch an andere mit be¬
ginnende Wurzeln; aber auch an allerlei mit Ii beginnende Im¬
perfekta, etwa bya7?ni7 , byaE"!^ , byatjfii u. a., ja selbst an bya-a^i;
(mit bya als Subjekt), da auch ai^^i-i überliefert wird. Auf
die Wurzel mi ist aus nicht zu sehliessen (wie Wellhausen zu
thun scheint, indem er denNamen auch mit Jirmejahu gleichsetzt:
mi und rra-i sind ungefähr synonym).
Dasselbe unklare Iii Hegt vor in dem Namen abulli, Ieqov-
Galrifi. Hier lag kein Anlass zu künstlicher Änderung vor, denn
der Götze nbä oder yab-a scheint in späterer Zeit vergessen worden
zu sein; und ich glaube kaum, dass die Zerrung in tbuilli ,
Dibölli etwa den Grund gehabt haben könnte, diesem Götzen aüs
dem Wege zu gehen. Ich glaube, dass Zimmern Recht hat (KAT.'^
475), wenn er in dem Namen Jerusalem diesen Gottesnamen ver¬
mutet. Freilich wird der Namen nböiii ursprünglich kaum als
Stadtnamen geprägt sein ; er wird vielmehr ursprünglich Name
einer Person gewesen sein, nach der die Stadt benannt worden ist.
Zuerst vielleicht obtli: liy »Stadt des Jerusalem", so wie sie
auch l-'i liy heisst, dann einfacher mit Weglassung von iiy. Der
weibliche Personennamen NäiiiT : ^, näniT : hat mit der Wurzel läli sicher nichts zu thun, sondern ist Verkürzung jenes alten Personen¬
namens cbäili (oder -^7:0111?).
Noch einmal kommt Ii-; vor, nämlich in dem bN-haltigen
Namen bNIli 2 Chr. 20, 16, Sept. l£Qir]l, Name einer Steppe süd¬
östlich von Jerusalem. Dieser Name ist sicher identisch mit Jem
Personennamen bNili 1 Chr. 7, 2, für den bei Lagarde laQovrjX
(vgl. Gunkel, Genesis' S. 219).
bNCin?? und nbiDin) sind aus fremden Sprachen in eine
möglichst hebräisch-artige Gestalt übergeführt worden (vgl. Hommel,
Aufs. u. Abh. 222).
1) Ebenso das zufällig ähnlich klingende Zern Bäbili in ZerubbäbSl, um einen gegen Babel feindlichen Sinn anzunehmen.
783
Zu „Berichtigung einer Etymologie K. Völlers'"
(oben S. 576).
I.
Von Heinrich Snter.
Herr Prof. K. Völlers teilt mir mit, dass erstens die Ableitung des arabischen Wortes sifr von ijjtjcpoipoQia nicht von ihm, sondern
von Krumbacher herstamme (vergl. diese Zeitschrift 51, S. 298),
und dass zweitens die von mir genannte, als den meisten Orienta¬
listen schon längst bekannt vorausgesetzte Herkunft des Wortes bereits
von Karabacek (Führer durch die Ausstellung der Papyrus Erz¬
herzog Rainer, S. 217) ausgesprochen worden sei. Die erste Stelle
war mir leider entgangen, die zweite ist mir ganz unbekannt.
IL Von A. Fischer.
Die Priorität für die von Suter gegebene Herleitung von
kommt natürlich, wie übrigens auch Völlers bekannt gewesen sein
dürfte, auch Karabacek nicht zu. Vgl. schon Woepcke , der sich
in seinem „Memoire sur la propagation des chiffres Indiens' (Journ.
asiat., VI^ serie, tome I, 1863), p. 522 folgendermaassen äussert:
„ J'appellerai ensuite l'attention du lecteur sur la transcription C-t,
„zephirum" du mot ai'abe cifron ^sl^s „vide' lequel est, ä son
tour, la traduction du mot sanserif <^oünya.*) Je dois dire que
je vois dans cette transcription ,zephirum', dont la forme italienne etait „zefiro". l'origine du mot zero, que nous trouvons sous cette
dernifere forme da, is le traits de Calandri, imprime ä Florence en
1491' etc. und p. 524 folgendermaassen:
1) Karabacek an der von Suter nambaft gemachten Stelle hat dieses Wort (j<I«lj) schiinj)! transkribiert, üie herkömmliche Schreibung rünia oder sfinni ist besser, denn ^J, das palatale s, deckt sich bekanntlich keineswegs mit deutschem sch.
Bd. LVII. Sl