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Reliabilität und Validität der OPD-KJ-Achsen Struktur und Konflikt

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Benecke, Cord / Bock, Astrid / Wieser, Elke / Tschiesner, Reinhard /

Lochmann, Martha / Küspert,Felicia / Schorn, Robert / Viertler, Bernhard

und Steinmayr-Gensluckner, Maria

Reliabilität und Validität der OPD-KJ-Achsen Struktur und Konflikt

Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie 60 (2011) 1, S. 60-73

urn:nbn:de:bsz-psydok-51799

Erstveröffentlichung bei:

http://www.v-r.de/de/

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Struktur und Konflikt

1

Cord Benecke, Astrid Bock, Elke Wieser, Reinhard Tschiesner, Martha Lochmann, Felicia Küspert, Robert Schorn, Bernhard Viertler und Maria Steinmayr-Gensluckner

Summary

Inter-Rater Reliability and Validity of the OPD-CA Axes Structure and Conflict

The manual of the Operationalized Psychodynamic Diagnostics in childhood and adolescence (OPD-CA) is an instrument meanwhile widespread in the clinical practice to assess psychody-namic dimensions. Publications of inter-rater agreement and validity are still outstanding. This study assessed the interrater-reliability and validity for the axis structure and the axis conflict. 60 adolescents between 14 and 17 years, with and without psychic disorders, were diagnosed with the Operationalized Psychodynamic Diagnostics in childhood and adolescence (Arbeitskreis OPD-KJ, 2007) and SCID-II-interviews and questionnaires. A partial sample of 36 OPD-CA-in-terviews was the data basis for the assessment of inter-rater agreement. Calculations of validity for axis structure and axis conflict were made with the whole sample. Inter-rater agreement for the axis structure and the axis conflict showed good to very good weighted Kappa coefficients among the trained raters. Validity of the axis structure showed good results. The Operation-alized Psychodynamic Diagnostics in childhood and adolescence (OPD-CA) allows a reliable diagnostic of axis structure and axis conflict, if the ratings are done on the basis of semistruc-tured videotaped interviews by trained raters. The axis structure shows validity, while the results concerning the validity of the axis conflict remain unclear.

Prax. Kinderpsychol. Kinderpsychiat. 60/2011, 60-73

Keywords

Operationalized Psychodynamic Diagnostics in childhood and adolescence (OPD-CA) – adole-scents – inter-rater reliability – validity

Zusammenfassung

Die OPD-KJ ist ein in der klinischen Praxis mittlerweile verbreitetes Instrument zur Erfas-sung von psychodynamischen Dimensionen. Veröffentlichungen zur Prüfungen von Relia-bilität und Validität liegen bis dato nicht vor. 60 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren, mit und ohne psychische Störungen, wurden mit der Operationalisierten Psychodynamischen

1 Die vorliegenden Ergebnisse sind im Projekt „Emotionale und strukturelle Indikatoren in der

Ado-leszenz für die Entwicklung schwerer psychischer Störungen” entstanden, das vom Tiroler

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Diagnostik im Kindes- und Jugendalter (Arbeitskreis OPD-KJ, 2007) diagnostiziert sowie mit weiteren klinischen Erhebungsinstrumenten untersucht. Die Interrater-Reliabilität der OPD-KJ-Achsen Konflikt und Struktur wurde anhand einer Teilstichprobe von 36 OPD-KJ-Inter-views überprüft; die Überprüfung der Validität der Konflikt- und der Strukturachse erfolgte an der Gesamtstichprobe. Es zeigen sich bei beiden OPD-KJ-Achsen Konflikt und Struktur gute bis sehr gute Kappa-Werte zwischen den geschulten Ratern. Während die Überprüfung der Validität der Strukturachse gute Ergebnisse erbrachte, zeigt sich für die Konfliktachse ein gemischtes Bild bei den einzelnen Konflikten. Die Operationalisierte Psychodynamische Di-agnostik im Kindes- und Jugendalter (OPD-KJ) ermöglicht eine reliable DiDi-agnostik der Ach-sen Konflikt und Struktur von geschulten Ratern anhand von videographierten semistruktu-rierten Interviews. Es finden sich klare Hinweise auf die Validität der OPD-KJ-Strukturachse; die Ergebnisse der Validitätsüberprüfung der Konfliktachse sind hingegen uneindeutig.

Schlagwörter

Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik im Kindes- und Jugendalter (OPD-KJ) – Ju-gendliche – Interrater-Reliabilität – Validität

1 Hintergrund

Psychoanalytische Diagnostik gilt vielfach als nicht besonders reliabel, was mit dem hohen Abstraktionsniveau psychoanalytischer Konzepte sowie mit deren Mehrdeu-tigkeit erklärt wird (Arbeitskreis OPD, 1996). So zeigten verschiedene ältere Stu-dien, dass die Indikationsstellungen entweder starken Stereotypen folgen (Blaser, 1977), von der Therapeutenpersönlichkeit abhängen (Rudolf u. Stille, 1985), oder dass je nach gegebenen Zusatzinformationen die Einschätzungen einer Person stark variierten (z. B. Langer u. Abelson, 1974). Zwar wurde und wird dies für die kli-nische Praxis nicht unbedingt als Nachteil gesehen, da hier individualisierte Erfas-sung von Übertragung/Gegenübertragung, Konflikt- und Strukturmerkmalen im Vordergrund steht, die für die differentielle Indikation und Behandlungsplanung als prioritär erachtet wird (Rudolf, Grande, Oberbracht, Jakobsen, 1996; Schüßler, 2002), wobei sich auch die Indikationsstellung als ein hochgradig intersubjektiver Prozess herausgestellt hat (Döll-Hentschker, Reerink, Schlierf, Wildberger, 2006).

Allerdings erschwert dies insbesondere eine wissenschaftliche Auseinandersetzung ebenso wie die systematische Weiterentwicklung klinischer Konzepte. Aus diesem Grunde wurden in den letzten Jahren verschiedene Instrumente entwickelt, um psy-choanalytische Konzepte in operationalisierter Weise zu erfassen (z. B: KAPP: Wein-ryb, Rössel, Schauenburg, 1999; STIPO: Clarkin, Caligor, Stern, Kernberg, 2004; SPC: Huber, Klug, Wallerstein, 2006). Seit 1996 liegt das Manual zur Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD: Arbeitskreis OPD, 1996; in zweiter Version OPD-2: Arbeitskreis OPD, 2006) für Erwachsene vor, mit den zentralen psychodyna-mischen Achsen Beziehung, Konflikt und Struktur.

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Das Manual zur Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik für Kinder und Jugendliche (OPD-KJ) wurde 2003 veröffentlicht (Arbeitskreis OPD-KJ, 2003; eine überarbeitete Neuauflage folgte 2007).

Für die OPD-E (Erwachsenenversion) liegen mittlerweile einige Studien zur Reli-abilität und Validität für die psychodynamischen Kern-Achsen Konflikt und Struk-tur vor: Die Einschätzungen mittels OPD-E auf der Basis semistrukStruk-turierter video-graphierter Interviews zeigen insgesamt befriedigende Gütekriterien (Cierpka et al., 2001; Arbeitskreis OPD, 2006; Benecke et al., 2009). Für die OPD-KJ liegen bisher keine entsprechenden Untersuchungen vor. Ob sich ähnlich gute Ergebnisse in Bezug auf die Gütekriterien erbringen lassen, ist fraglich, da erstens die Achsen-Operationa-lisierungen des OPD-KJ sich von denen des OPD-E in mancher Hinsicht unterschei-den und zudem für verschieunterschei-dene Altersstufen separat formuliert werunterschei-den mussten.

2 Fragestellung

In der hier vorliegenden Arbeit soll erstens die Interrater-Reliabilität der OPD-KJ-Achsen Konflikt und Struktur überprüft werden. Zweitens sollen die Zusammen-hänge der Konflikt- und Struktureinschätzungen mit weiteren klinischen Instru-menten als Maße für die Validität untersucht werden.

Die Konstruktvalidität der OPD-KJ-Strukturachse wird anhand der Zusammen-hänge der Struktureinschätzungen mit den konstruktnahen Instrumenten IPO sowie Empathie-Skala des FEPAA (s. u.) überprüft. Die Kriteriumsvalidität (auch „Über-einstimmungsvalidität“, Bortz u. Doering 2002, S. 200) wird anhand der Zusammen-hänge der OPD-Struktureinschätzungen mit der Schwere der psychischen Störungen, operationalisiert durch den Global Severity Index (GSI) des BSI (s. u.) sowie durch die Anzahl der Diagnosen auf der Achse II nach DSM-IV überprüft.

Für die Konfliktachse kann die Konstruktvalidität in dieser Studie nicht überprüft werden, da keine dem Konfliktkonzept konstruktnahen Instrumente in der Studie eingesetzt wurden. Die Kriteriumsvalidität wird anhand der Zusammenhänge der Be-deutsamkeit der einzelnen OPD-Konflikte mit den Skalen des PSSI sowie des IIP (s. u.) überprüft. Die Untersuchung beschränkt sich auf die Altersstufe 3: die Stichprobe beinhaltet Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren.

3 Methode

3.1 Stichprobe

Die Gesamtstichprobe im Projekt „Emotionale und strukturelle Indikatoren in der Adoleszenz für die Entwicklung schwerer psychischer Störungen“ umfasst 60 Jugend-liche zwischen 14 und 17 Jahren. Die Rekrutierung der JugendJugend-lichen erfolgte über

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die Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik der Universität Innsbruck (n = 33), über eine betreute Wohngruppe (n = 2), sowie über Schulen und persönliche Kontakte für die Kontrollgruppe (n = 25). Der Altersdurchschnitt liegt bei 15,65 Jahren (SD = 0,94; Spanne 14-17); die Stichprobe enthält 32 weibliche und 28 männliche Jugendliche.

Die Stichprobe zur Untersuchung der Interrater-Reliabilität besteht aus 36 OPD-KJ-Interviews (18 Patienten aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie, 11 weiblich, 7 männlich; und 18 Kontrollprobanden, 8 weiblich, 10 männlich). Diese Teilstichprobe unterscheidet sich von der Gesamtstichprobe bezüglich Alter und Geschlecht nicht (M = 15,58 Jahre alt; SD = 0,87; 14-17). Die OPD-KJ-Ratings für diese Jugendlichen wurden jeweils von mehreren Ratern unabhängig voneinander durchgeführt. Erst im Anschluss daran wurde sich auf ein Konsensrating geeinigt.

Für die Untersuchung der Validität wurde auf die Daten der Gesamtstichprobe zu-rückgegriffen. Für alle diese Probanden liegt ein Konsensrating vor, mit dem die Be-rechnungen durchgeführt wurden.

3.2 OPD-KJ-Rating Achse Struktur und Achse Konflikt

Die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik für Kinder und Jugendliche (Arbeitskreis OPD-KJ, 2007) ist ein System zur Einschätzung klinisch relevanter Merkmale auf den Achsen Krankheitserleben, Konflikt, Beziehung und Struktur. Je nach Altersstufe sind unterschiedliche Quellen für die Ratings zu empfehlen. In der Altersstufe 3 (ab 13 Jahren) können, wie beim OPD-E, halbstrukturierte Interviews durchgeführt werden – für das Forschungsprojekt wurde ein entsprechender Inter-viewleitfaden entwickelt. Die Interviews wurden von sieben verschiedenen Intervie-wern geführt und dauerten ca. 90 Minuten.

Die Konfliktachse beschreibt sieben Konfliktthemen: Abhängigkeit vs. Autonomie (K1), Unterwerfung vs. Kontrolle (K2), Versorgung vs. Autarkie (K3), Selbstwertkon-flikte (K4), LoyalitätskonSelbstwertkon-flikte (K5), ödipale KonSelbstwertkon-flikte (K6) und IdentitätskonSelbstwertkon-flikte (K7), sowie darüber hinaus konflikthafte Lebensbelastungen (K8). Jedes Konfliktthema wird auf einer 4-stufigen Skala eingeschätzt (0 = nicht sichtbar; 1 = vorhanden und wenig bedeutsam; 2 = vorhanden und bedeutsam; 3 = vorhanden und sehr bedeutsam). Für die wichtigsten Konflikte wird zudem der Modus der Verarbeitung angegeben (vorwiegend aktiv; gemischt eher aktiv; gemischt eher passiv; vorwiegend passiv).

Die Strukturachse des OPD-KJ beschreibt auf drei Dimensionen (Steuerung; Selbst- und Objekterleben; Kommunikative Fähigkeiten) sowie einer Gesamteinschätzung jeweils vier Integrationsniveaus der psychischen Struktur (1: gut integriert, 2: mäßig integriert, 3: gering integriert, 4: desintegriert). Das Strukturrating im Forschungspro-jekt weicht in einigen Punkten vom Manual ab. Der Strukturaspekt „Selbsterleben“ enthält in seiner manualisierten Formulierung drei verschiedene Aspekte: Selbstwahr-nehmung, Affektdifferenzierung und Identität, die aber alle unter „Selbsterleben“ sub-summiert werden. Wir haben daher diesen Strukturaspekt weiter unterteilt, indem zwischen „Selbst/Affektdifferenzierung“ und „Identität“ unterschieden wurde; im

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Ge-samtrating unterscheiden wir dann zwischen Selbsterleben und Objekterleben, da das bei vielen Probanden deutlich auseinander fällt (vgl. Tab. 1).

Bei der Ratingskala haben wir Zwischenstufen eingeführt (1 / 1,5 / 2 / 2,5 / 3 / 3,5 / 4, analog dem OPD-E) – die Feinkategorien. Wenn ein Zwischenwert geratet wurde, musste zusätzlich die Grobkategorie eingeschätzt werden (nur 1, 2, 3 oder 4), d. h. es musste entschieden werden, ob es eher in die eine oder eher in die andere Richtung geht. Dieses Vorgehen erlaubt einerseits korrelative Berechnungen (Feinkategorien) und andererseits die Berechnung von Gruppenunterschieden (Grobkategorien). 3.3 Interrater-Reliabilität

Nach einer entsprechenden Schulung, Training und Zertifizierung in der Anwen-dung der OPD-KJ (Training durch Dr. E. Koch, Heidelberg) wurde in Innsbruck eine wöchentlich stattfindende Rating-Runde eingeführt, in der alle OPD-KJ-Vi-deos im Rahmen der Studie im Konsens geratet wurden (n = 60).

Bei einer Teilstichprobe (n = 36) wurden jeweils vorab die Einzel-Ratings durchge-führt, und anschließend ein in der Gruppe erzielter Konsens getroffen. Die Gruppe von acht Ratern (allesamt zertifiziert) blieb konstant2, wobei durch Abwesenheit einzelner

Rater zu jedem Probanden eine unterschiedliche Anzahl von Einzelratings vorhanden ist, demnach auch eine unterschiedliche Anzahl an gemeinsamen Fällen der 28 mög-lichen Rater-Paare vorliegt: Im Mittel wurden 12,9 gemeinsame Fälle pro Rater-Paar ein-geschätzt. Tabelle 1 enthält die Mittelwerte der gewichteten Kappas aller Rater-Paare. 3.4 Erfassung psychischer Störungsdimensionen

Bei allen Probanden (auch den Kontrollprobanden) wurden klinisch-diagnostische Instrumente eingesetzt. Die folgenden Instrumente finden in der vorliegenden Ar-beit Berücksichtigung:

SKID-II – Die Persönlichkeitsstörungen wurden mit dem Strukturierten Klinischen In-terview für DSM-IV SKID-II (Fydrich, Renneberg, Schmitz, Wittchen, 1997) erhoben.

BSI – Brief Symptom Inventory (Franke, 2000) stellt eine Kurzform der Symptom-Checkliste-90-R (SCL-90-R; Franke, 1995) zur Erfassung subjektiver Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome dar. Der Global Severity Index (GSI) gilt als allgemeines symptombezogenes Schweremaß.

IPO – Inventory of Personality Organisation (Clarkin, Foelsch, Kernberg, 2000; Dam-mann, Hepp, Smole, Buchheim, 2000); erfasst die Persönlichkeitsorganisation der Selbst-beurteilungsfragebögen in enger Anlehnung an das Konzept von Kernberg (1977, 1981). Die so genannten „strukturellen“ Skalen Identitätsdiffusion, Realitätsprüfung und Abwehr

2 Die zertifizierten OPD-KJ-Rater waren: Cord Benecke, Astrid Bock, Felicia Küspert, Martha Lochmann, Robert Schorn, Reinhard Tschiesner, Bernhard Viertler und Elke Wieser. Gedankt sei auch Simone Wieser und Tanja Wallner, die bei der Dateneingabe behilflich waren.

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wurden von uns durch Mittelung der drei Skalenwerte zu einer Gesamtstruktur-Skala zu-sammengefasst. Diese Gesamtstruktur-Skala kann als allgemeines Maß für die strukturelle Integration entsprechend der Kernberg’schen Strukturkonzeption betrachtet werden.

FEPAA – Fragebogen zur Erfassung von Empathie, Prosozialität, Aggressionsbereit-schaft und aggressivem Verhalten (Lukesch, 2006); Anwendungsbereich 12-16 Jahre. In diesem Forschungsprojekt wurde nur die Empathie-Skala eingesetzt.

IIP – Inventar zur Erfassung interpersoneller Probleme (Horowitz, Strauß, Kordy, 2000). Das IIP ist ein verbreitetes Instrument zur Selbsteinschätzung interpersoneller Probleme. Die Kurzversion enthält 64 fünffach gestufte Items, die acht faktorenanaly-tisch bestätigte Skalen beschreiben, die sich auf zwei orthogonalen Achsen (Interde-pendenz und Affiliation) anordnen.

PSSI – Persönlichkeits-Stil- und Störungs-Inventar (Kuhl u. Kazén, 1997). Das PSSI bildet Persönlichkeitsstile ab, deren nicht-pathologische Entsprechungen sich an den DSM Persönlichkeitsstörungen orientieren. Das PSSI ist ab einem Alter von 14 Jahren einsetzbar. 140 Items bilden 14 Skalen welche Persönlichkeits-Traits erfassen, die in überzeichnetem Ausmaß auch im Sinne von einem Verdacht in Richtung Persönlich-keitsstörung interpretierbar sind.

Validierung der Strukturachse: In der hier vorliegenden Arbeit wurden die Anzahl der laut SKID-II-Interview gleichzeitig vorhandenen Persönlichkeitsstörungen (Komorbidi-tät) als Operationalisierung der Schwere der psychischen Störung verwendet, der Global Severity Index (GSI) des BSI als globales Maß für die Schwere der Symptombelastung. Die Gesamtstruktur-Skala des IPO sowie die Empathie-Skala des FEPAA wurden als Außenkriterien für die Beeinträchtigung der psychischen Struktur herangezogen.

Validierung der Konfliktachse: Die Kriteriumsvalidität wird anhand der Zusam-menhänge der Bedeutsamkeit der einzelnen OPD-Konflikte mit den Skalen des PSSI sowie des IIP überprüft. Diese beiden Instrumente (PSSI und IIP) wurden gewählt, da sie relativ stabile und inhaltlich qualifizierte Formen bzw. Stile des Beziehungser-lebens, der Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie der Affektivität erfassen. Gemäß OPD-KJ-Manual manifestieren sich die zeitlich überdauernde Konfliktthemen, sofern für das Individuum bedeutsam, ebenfalls in relativ stabilen Formen des Verhaltens und Erlebens in eben diesen Bereichen.

Bei einigen Versuchspersonen liegen die Fragebogendaten zum Teil unvollständig vor; bedingt durch Ausfälle unterscheiden sich die Anzahl der vollständigen Fra-gebögen und sind in den entsprechenden Tabellen mit der Fallanzahl vermerkt. SKID-II Interviews konnten bei 56 der Probanden durchgeführt werden.

4 Statistische Analysen

Die Interrater-Reliabilität der OPD-KJ-Ratings zur Struktur- und Konflikt-Achse wurden mit dem gewichteten Kappa (Cohen, 1968) bestimmt, wobei die Gewichte mit gleichen Abständen zwischen den Ratingstufen festgelegt wurden; ein einfach zu

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handhabendes Programm liefern Robinson und Bakeman (1998). Kappa-Werte bis .39 werden als „schlecht“, Werte zwischen .40 und .59 als „annehmbar“, Werte zwi-schen .60 und .74 als „gut“ und darüber liegende Werte als „sehr gut“ interpretiert (vgl. Cicchetti, 1994; Wirtz u. Caspar, 2002; Arbeitskreis OPD, 2006). Zur Prüfung der Validität von Struktur- und Konfliktachse wurden Spearman-Rho-Korrelationen mit den klinischen Skalen (Fragebögen, Anzahl SKID-II-Diagnosen) berechnet.

5 Ergebnisse

5.1 Interrater-Reliabilität

Die gewichteten Kappa-Koeffizienten sind sowohl für das Strukturniveau-Gesamt (mittleres κw = .811) als auch für die einzelnen Subdimensionen der Strukturachse als gut bis sehr gut zu werten und liegen in ihrer mittleren Ausprägung in einer Spanne von κw = .620 (Reziprozität) bis κw = .833 (Konfliktbewältigung). Von 20 der erfassten Struktur-Dimensionen fallen 12 im Mittel κw > .70 aus (s. Tab. 1).

Tabelle 1: Deskriptive Werte der Struktur-Achse (n = 60, Konsens-Ratings). Mittlere gewichtete Kappa-Koeffizienten, Standardabweichung und Median (Interrater-Reliabilität, n = 36)

Gesamtstichprobe (n = 60) Interrater-Reliabilität (n = 36)

Feinkategoriales Struktur-Rating MW SD Min Max w-Kappa MW SD Median

St

eu

er

un

g negativer AffektSelbstgefühl 2,12 0,65 12,02 0,71 1 3,53,5 .747.647 .232 .803.162 .646

Impulssteuerung 2,16 0,76 1 3,5 .690 .184 .750 Steuerungsinstanz 1,95 0,67 1 3,5 .658 .201 .692 Konfliktbewältigung 2,13 0,69 1 3,5 .833 .094 .830 STEUERUNG 2,13 0,70 1 3,5 .781 .160 .835 Se lbs te rle be n Ob je kt erl eb en Selbst-Affektdifferenzierung* 2,01 0,64 1 3,5 .670 .109 .658 Identität* 1,98 0,62 1 3,5 .716 .138 .723 Selbst-Objektdifferenzierung 2,02 0,71 1 3,5 .709 .147 .714 Objekterleben 2,09 0,65 1 3,5 .679 .141 .695

Empathie u. objektb. Affekte 2,13 0,65 1 3,5 .709 .126 .688

SELBSTERLEBEN* 1,99 0,65 1 3,5 .787 .128 .818 OBJEKTERLEBEN* 2,11 0,69 1 3,5 .741 .167 .760 Ko mm uni k. hig ke it Kontakt 1,94 0,66 1 3,5 .726 .148 .738

Entschlüsselung fremder Affekte 1,94 0,66 1 3,5 .736 .141 .759

Komm. Funktion eigener Affekte 2,13 0,64 1 3,5 .718 .155 .727

Reziprozität 2,02 0,64 1 3,5 .620 .207 .627

Internalisierte Kommunikation 2,05 0,65 1 3,5 .650 .199 .652

KOMM. FÄHIGKEITEN 1,96 0,57 1 3,5 .698 .128 .692

STRUKTUR Gesamt 2,07 0,63 1 3,5 .811 .114 .792

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In Tabelle 2 sind die deskriptiven Werte der Konflikt-Ratings der Gesamtstichprobe sowie die Interrater-Reliabilität angegeben. Die mittleren Ratings der Bedeutsam-keit der Loyalitätskonflikte, Ödipale Konflikte und Identitätskonflikte (K5-K7) sind im Vergleich zu den Ausprägungen von K1-K4 sehr gering. Aktuelle Konflikthafte Lebensbelastung war bei keinem der Probanden gegeben.

Die gewichteten Kappa-Werte der Konfliktachse sind ebenso durchgängig als gut bis sehr gut zu werten, liegen für K1-K4 in einer Spanne von κw = .613 (K4: Selbstwert) bis κw = .845 (K3: Versorgung vs. Autarkie). Die Konfliktthemen K5-K7 sind in Ta-belle 2 kursiv gestellt; aufgrund ihres seltenen Vorkommens und geringen Ausma-ßen an Bedeutsamkeit sind diese Kappa-Werte als eine Übereinstimmung der Rater in der Einschätzung des Nichtvorhandensein dieser Konfliktthemen zu interpretie-ren. Aufgrund ihres seltenen Vorkommens werden K5-K7 aus den Berechnungen zur Validität ausgeschlossen.

5.2 Validierung

Tabelle 3 zeigt hochsignifikante Zusammenhänge aller Strukturdimensionen mit der Anzahl der gleichzeitig vorliegenden DSM-IV-Diagnosen auf Achse-II: schlech-teres Strukturniveau geht mit einem Anstieg der Komorbidität im Bereich der Per-sönlichkeitsstörungen gemäß DSM-IV einher.

Auch die korrelativen Zusammenhänge zwischen Gesamt-Struktur-Niveau und Selbsteinschätzungen in Bezug auf die Symptombelastung (BSI-GSI) sind tendenziell signifikant; allerdings zeigen nicht alle Strukturdimensionen mit dem GSI signifikante Zusammenhänge – insbesondere die Kommunikativen Fähigkeiten laut OPD-KJ sind nicht mit dem Ausmaß der subjektiven Symptombelastung korreliert. Für die Selbstein-schätzung bezüglich struktureller Aspekte (IPO) ergibt sich ein tendenziell signifikanter Zusammenhang für das Gesamt-Strukturniveau; auch hier weisen nicht alle Subdimen-sionen signifikante Zusammenhänge auf, wobei wiederum im Bereich Kommunikative

Tabelle 2: Deskriptive Werte der Konflikt-Bedeutsamkeits-Ratings (n = 60; Konsens-Rating). Mittlere gewichtete Kappa-Koeffizienten, Standardabweichung und Median (Interrater-Reliabilität, n = 36)

Bedeutsamkeits-Rating

(n = 60) Interrater-Reliabilität (n = 36)

Konflikt-Achse MW SD Min Max w-Kappa MW SD Median

Abhängigkeit vs. Autonomie 1,34 1,37 0 3 .762 .199 .765 Unterwerfung vs. Kontrolle 0,84 1,07 0 3 .642 .187 .636 Versorgung vs. Autarkie 0,73 1,13 0 3 .845 .099 .852 Selbstwertkonflikt 1,07 1,02 0 3 .613 .293 .634 Loyalitätskonflikte 0,12 0,42 0 2 .929 .182 1 Ödipale Konflikte 0,19 0,60 0 3 .745 .171 .724 Indentitätskonflikte 0,08 0,43 0 3 .751 .253 .788

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Fähigkeiten laut OPD-KJ wenig Zusammenhang mit dem IPO-Wert auffällt. Betrachtet man die drei Skalen des IPO einzeln (nicht in der Tabelle), zeigt sich die Skala primitive Abwehr hauptverantwortlich für die signifikanten Korrelationen, während sich für die Skalen Identitätsdiffusion und Realitätsprüfung kaum Zusammenhängen mit den OPD-KJ-Strukturdimensionen ergeben. Negative Zusammenhänge zeigen sich durchgängig auf allen Dimensionen der Strukturachse für die Skala Empathie (FEPAA): Je schlechter das Strukturniveau, umso niederer ist die erfaßte Empathiefähigkeit.

Da sich das subjektive Erleben laut OPD-KJ-Operationalisierung bei Vorhanden-sein der jeweiligen Konfliktthemen auch in Abhängigkeit vom Verarbeitungsmodus stark unterscheidet, wurden die Berechnungen zur Validierung getrennt nach ak-tivem bzw. passivem Modus durchgeführt. Dazu wurden die Probenden anhand des Modus der Verarbeitung des Hauptkonfliktes in zwei Gruppen unterteilt3, und die

3 Die vier Modi der Verarbeitungen wurden in aktiv und passiver Modus unterteilt, d.h. die Gruppe

aktiver Modus, bildet sich aus vorwiegend aktiv und gemischt eher aktiv; für den passiven Modus

wurde die Gruppe in gleicher Weise gebildet.

Tabelle 3: Validierungen Struktur-Achse: Korrelationen der Struktur-Ratings mit klinischen Maßen

OPD-KJ Struktur Anzahl DSM-IV Diagnosen Achse II (n = 56) BSI GSI (n = 57) IPO Gesamt (n = 51) FEPAA Empathie (n = 54) St eu er un

g negativer AffektSelbstgefühl .755***.805*** .354**.335* .286*.352* -.283*-.280*

Impulssteuerung .766*** .254+ .361** -.389** Steuerungsinstanz .674*** .155 .202 -.315* Konfliktbewältigung .764*** .278* .298* -.336* STEUERUNG .761*** .258 .248+ -.308* Se lbs te rle be n Ob je kt erl eb en Selbst-Affektdifferenzierung .585*** .133 .202 -.318* Identität .699*** .254+ .203 -.248+ Selbst-Objektdifferenzierung .661*** .283* .281* -.256+ Objekterleben .716*** .268* .318* -.255+

Empathie u. objektb. Affekte .655*** .261* .286* -.300*

SELBSTERLEBEN .675*** .177 .228 -.332* OBJEKTERLEBEN .676*** .206 .239+ -.329* Ko mm uni k. hig ke it Kontakt .637*** .173 .192 -.278*

Entschlüsselung fremder Affekte .648*** .173 .166 -.295*

Komm. Funktion eigener Affekte .651*** .186 .270+ -.282*

Reziprozität .626*** .152 .175 -.298*

Internalisierte Kommunikation .696*** .286* .349* -.368**

KOMM. FÄHIGKEITEN .591*** .096 .196 -.309*

STRUKTUR Gesamt .732*** .224+ .249+ -.317*

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Bedeutsamkeitsratings der einzelnen Konflikte für diese Gruppen getrennt mit den PSSI- und IIP-Skalen korreliert (s. Tab. 4).

In Tabelle 4 wird deutlich, dass die Ausprägungen des K1-aktiv (bei aktivem Verar-beitungsmodus des Hauptkonflikts) mit 8 der 14 Skalen aus dem PSSI in Zusammen-hang stehen. Auch für die Selbsteinschätzung zum problematischen Beziehungser-leben (IIP) zeigen sich, bis auf zwei Skalen (zu selbstunsicher/unterwürfig und zu ausnutzbar/nachgiebig), signifikante Zusammenhänge; nicht aber für K1-passiv.

Für K2-passiv (bei passivem Verarbeitungsmodus des Hauptkonflikts) finden sich Zusammenhänge zur PSSI Skala ahnungsvoll-schizotypisch und den Skalen zu selbs-tunsicher/unterwürfig und zu ausnutzbar/nachgiebig aus dem IIP.

Die Versorgungs- vs. Autonomie-Konfliktthemen (K3) zeigen in der Gruppe mit passivem Verarbeitungsmodus des Hauptkonflikts einen negativen Zusammenhang zur IIP Skala zu expressiv/nachgiebig.

Die Bedeutsamkeit der Selbstwertkonflikte (K4) lassen sich sowohl für die Gruppe passiver als auch aktiver Verarbeitungsmodus des Hauptkonflikts gut abbilden.

K4-Tabelle 4: Validierung Konfliktachse: signifikante Korrelationen der Konflikt-Bedeutsamkeitsratings mit Skalen des PSSI und IIP

K1 K2 K3 K4 PSSI A P A P A P A P selbstbestimmt-antisozial .459* -.423* eigenwillig-paranoid .542** selbstkritisch-selbstunsicher .429* .416* ahnungsvoll-schizotypisch .542** .458* optimistisch-rhapsodisch .358+ -.393* ehrgeizig-narzißtisch .463* kritisch-negativistisch .592** loyal-abhängig .417* spontan-borderline .655** liebenswürdig-histrionisch .408* -.517** hilfsbereit-selbstlos .400+ IIP PA autokratisch/dominant .456* BC streitsüchtig/konkurrierend .556** DE abweisend/kalt .482* FG introvertiert/sozial vermeidend .461* HI selbstunsicher/unterwürfig .411* JK ausnutzbar/nachgiebig .347+ .376* LM fürsorglich/freundlich .465* NO expressiv/aufdringlich .450* -.342+

Anmerkungen: A = Aktiver Verarbeitungsmodus (n = 24); P = Passiver Verarbeitungsmodus (n = 28);

Spearman-Rho 2-seitige Prüfung; ** p < .01; *p < .05; +p < .10, 3 Skalen (zurückhaltend-schizoid /

still-depressiv / sorgfältig-zwanghaft) des PSSI wurden aus der Tabelle genommen, da sie keine sign. Korr. zu K1-K4 aufweisen.

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aktiv steht in Zusammenhang mit hohen Ausprägungen auf den Skalen optimistisch/ rhapsodisch, ehrgeizig/narzißtisch und liebenswürdig/histrionisch des PSSI. Auch in der Gruppe mit passiven Modi der Verarbeitung zeigen die konflikthaften Ausprägungen der Selbstwertthematik sinnvolle Zusammenhänge: negative Korrelationen mit den Skalen selbstbestimmt/antisozial, optimistisch/rhapsodisch und liebenswürdig/histrio-nisch des PSSI und positive Zusammenhänge mit den Skalen selbstkritisch/unsicher (PSSI) und ausnutzbar/nachgiebig (IIP).

6 Diskussion

Insgesamt zeigen sich bei beiden OPD-KJ-Achsen Konflikt und Struktur gute bis sehr gute Übereinstimmungen zwischen den geschulten Ratern. Sowohl die gewichteten Kappa-Werte bei der Strukturachse als auch besonders bei der Konfliktachse sind höher, als dies für die OPD-E berichtet wird (Arbeitskreis OPD, 2006). Dies dürfte darin begründet sein, dass die Rater auch nach ihrer Schulung und Zertifizierung in regelmäßigem und engem Austausch blieben und ihre jeweiligen Einzel-Ratings in der wöchentlichen Teambesprechung diskutierten und schließlich zu einem Konsens finden mussten. Dadurch wird ein Einschleichen von individuellen Biases wenn auch nicht gänzlich verhindert, so doch gemildert, da jeder Rater sich immer wieder an die Gesamtgruppe justiert. Bei einem weniger intensiven Austausch zwischen Ratern sind wahrscheinlich niedrigere Übereinstimmungswerte zu erwarten. Insgesamt zei-gen die Ergebnisse aber, dass das OPD-KJ-Manual eine reliable Diagnostik psychody-namischer Kern-Dimensionen in der untersuchten Altersgruppe ermöglicht.

Die korrelativen Zusammenhänge der OPD-KJ-Strukturratings mit der Gesamtstruk-tur-Skala des IPO sowie mit der Empathie-Skala des FEPAA (beide Fragebögen erfassen wesentliche Aspekte von psychischer Struktur) sprechen für eine befriedigende Kon-struktvalidität der Strukturachse, wenngleich die mittels IPO erfassten Skalen Identitäts-diffusion und Realitätsprüfung kaum mit den OPD-KJ-Strukturdimensionen zusam-menhängen, was möglicherweise ein Spezifikum der Altersperiode darstellt, da hier per Selbstauskunft insbesondere die Identität noch nicht als stabil erwartet werden kann.

Da eine eingeschränkte Verfügbarkeit über die in der OPD-KJ beschriebenen struk-turellen Funktionen konzeptuell als Vulnerabilität für psychische Störungen und gleich-zeitig als relativ stabile Persönlichkeitseigenschaft verstanden werden kann, sprechen die hohen korrelativen Zusammenhänge des OPD-KJ-Strukturratings mit dem Ausmaß der Komorbidität laut SKID-II-Diagnose für eine befriedigende Kriteriumsvalidität der Struktureinschätzungen nach OPD-KJ. Die nur tendenziell signifikante Korrelation mit dem Global Severity Index des BSI (Selbsteinschätzung der Schwere der aktuellen Sym-ptombelastung) macht insofern Sinn, als dass ein niedriges Strukturniveau sich nicht not-wendigerweise in einem subjektiv erlebten hohen Symptomdruck niederschlagen muss. Bei der Validierung der Konfliktachse stellte sich das Problem, geeignete Maße aus den anderen eingesetzten Instrumenten zu verwenden. Die Konstruktvalidität konnte

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in dieser Studie nicht überprüft werden, da keine dem Konfliktkonzept konstruktnahen Instrumente verwendet wurden. Die Kriteriumsvalidität wird anhand der Zusammen-hänge der Bedeutsamkeit der einzelnen OPD-Konflikte mit den Skalen des PSSI sowie des IIP überprüft, da die beiden Instrumente relativ stabile und inhaltlich qualifizierte Formen bzw. Stile des Beziehungserlebens, der Selbst- und Fremdwahrnehmung so-wie der Affektivität erfassen. Aufgrund ihrer insgesamt geringen Bedeutsamkeit wur-den K5-K7 nicht mit in die Validierungsberechnungen einbezogen. Die gefunwur-denen Zusammenhänge zwischen der Bedeutsamkeit der einzelnen Konfliktthemen (K1-K4, getrennt nach aktivem und passivem Verarbeitungsmodus des Hauptkonflikts) und den als Außenkriterium gewählten Skalen (PSSI und IIP) geben zumindest Hinweise auf eine Validität der OPD-KJ-Konfliktachse. Allerdings sind die Ergebnisse für die vier Konflikte sehr unterschiedlich. Während die Bedeutsamkeitsratings des K1 (bei aktiver Verarbeitung des Hauptkonflikts) fast mit allen PSSI- und IIP-Skalen positiv korreliert, finden sich mit dem K1 bei passivem Modus keinerlei signifikante Zusammenhänge. Dies könnte daran liegen, dass viele der klinisch stark beeinträchtigten Patienten hoch im K1 und eher im aktiven Modus geratet wurden, während der K1 im passiven Modus häufig auch bei den gesunden Kontrollen als unterschwelliges Thema gesehen wurde, was sich aber noch nicht in einem klaren Erlebens- und Verhaltensmuster niederschlägt. Die Korrelationen der Bedeutsamkeit des K2 (bei passiver Verarbeitung des Hauptkon-flikts) machen Sinn: die Probanden erleben sich selbst verstärkt als zu selbstunsicher/ unterwürfig und tendenziell als zu ausnutzbar/nachgiebig, was gut mit der Beschreibung des K2 im passiven Modus korrespondiert.

Mit dem Bedeutsamkeitsrating des K3 findet sich nur eine tendenzielle Korrelati-on, sodass hier davon ausgegangen werden kann, dass das Vorhandensein des Ver-sorgungs-Autarkie-Themas sich (noch) nicht in der Selbstwahrnehmung bezüglich Persönlichkeitsstile und Beziehungsproblemen niederschlägt. Die eindeutigsten Zu-sammenhänge finden mit dem K4 (Selbstwertkonflikt, passiver und aktiver Modus). Hier finden sich sinnvolle und bei den beiden Verarbeitungsmodi sogar gegenläufige Korrelationen, die auf eine hohe Kriteriumsvalidität der K4-Ratings verweisen.

Bei der Validitätsüberprüfung der Konfliktachse wird deutlich, dass die im OPD-KJ-Manual vorgesehene Beschränkung der Angabe des Verarbeitungsmodus nur für den Hauptkonflikt einen Mangel des Instruments darstellt. Günstiger wäre die Anga-be des VerarAnga-beitungsmodus Anga-bei jedem als vorhanden eingeschätztem Konfliktthema. Erstens ließen sich dadurch differenzierte Auswertungen der Einzelkonflikte durch-führen, und zweitens würde dies die Erstellung von individuellen Konfliktthemen-Verarbeitungs-Profilen ermöglichen, die u. E. den klinischen Nutzen der Konfliktein-schätzungen noch erhöhen würde.

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Korrespondenzanschrift: Prof. Dr. Cord Benecke, Universität Kassel, Institut für Psycho-logie, Holländische Str. 36-38, 34127 Kassel; E-Mail: benecke@uni-kassel.de

Cord Benecke, Universität Kassel, Institut für Psychologie; Astrid Bock, Reinhard Tschiesner, Martha Loch-mann, Felicia Küspert, Robert Schorn und Bernhard Viertler, Institut für Psychologie, Universität

Inns-bruck; Elke Wieser und Maria Steinmayr-Gensluckner, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Medizinische Universität Innsbruck.

Referenzen

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