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90 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Februar 2021 | www.diepta.de

PRAXIS

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erzeit sind in Deutsch- land 32 000 Kinder und Jugendliche von einem Diabetes Typ 1 betroffen - mit steigender Tendenz. Die genaue Ursache für die stetige Zunahme der Erkrankungszahlen ist nicht vollstän- dig geklärt. Da Diabetes ein multifak- torielles Geschehen ist, müssen meh- rere Faktoren zusammentreffen, damit sich die Erkrankung manifes- tiert. Als gesichert gilt eine genetische Komponente. 10 bis 15 Prozent aller Kinder und Jugendlichen mit Diabe- tes unter 15 Jahren haben Verwandte

ersten Grades, die an der Zucker- krankheit leiden. Diskutiert werden zudem weitere Faktoren, wie bei- spielsweise eine frühe Kuhmilchexpo- sition oder bestimmte virale Infekti- onskrankheiten.

Intensivierte Insulintherapie Da bei einem Diabetes Typ 1 allmählich die Beta-Zellen der Bauchspeichel- drüse durch einen Autoimmunpro- zess zerstört werden, geht die Erkran- kung anfangs mit einem relativen, später mit einem totalen Insulinman- gel einher. Somit gehört eine lebens-

lang notwendige Insulintherapie für die betroffenen Kinder schnell zu ihrem Alltag. Der Erfolg der Therapie hängt wesentlich davon ab, inwieweit es gelingt, eine physiologische Insu- linsekretion zu imitieren. Wie bei Er- wachsenen ist daher auch bei Kindern die intensivierte Insulintherapie, also eine mahlzeiten- und blutzuckeradap- tierte Insulintherapie nach dem Ba- sis-Bolus-Prinzip Behandlungsstan- dard. Dabei werden sowohl schnell wirksame Insuline (Normalinsulin oder Insulinanaloga) als auch Verzö- gerungs- beziehugnsweise Basalinsu- line gespritzt. Während das Verzöge- rungsinsulin die kontinuierliche minimale Insulinabgabe der Bauch- speicheldrüse imitiert (Basalbedarf), fangen die schnell wirksamen Insu- line den Blutzuckeranstieg nach einer Mahlzeit ab (Bolus). Die richtige Dosis wird dem vorher bestimmten Blutzuckerwert sowie der Nahrungs- menge und -art angepasst.

Individualisierte Therapie Die Insulintherapie im Kindes- und Ju- gendalter muss Besonderheiten be- rücksichtigen, die ein Diabetes in jungen Jahren mit sich bringt. So wird in der Pubertät ein stark erhöh- ter Blutzuckeranstieg in den frühen Morgenstunden aufgrund einer vermehrten Hormonausschüttung (Cortisol, Glukagon) beobachtet (Dawn-Phänomen), die mit einer Überzuckerung (Hyperglykämie) einhergehen kann. Zudem stellen veränderte Lebensgewohnheiten wie langes Ausschlafen, Übernachten bei Freunden oder abendliches Ausge- hen bei den Jugendlichen Herausfor- derungen an die Insulintherapie.

Aber auch in anderen Altersstufen ist der Blutzuckerspiegel durch hormo- nelle Veränderungen (z. B. Wachs- tumshormone), unvorhergesehene Aktivitäten und unregelmäßigem Essen hohen Schwankungen ausge- setzt. Vor allem neigen Kinder unter vier Jahren zur Unterzuckerung (Hy- poglykämie), da es in diesem Alter besonders schwer ist, vor dem Essen abzuschätzen, wie viel die Kleinen wirklich von der Mahlzeit essen.

KRANKHEITEN BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN

Bereits unter Kindern finden sich Diabetes-Patienten. Diabetes mellitus ist die häufigste pädiatrische Stoffwechselerkrankung in Deutschland, wobei fast immer ein Diabetes Typ 1 vorliegt.

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© PavlovskiJenya / iStock / Getty Images

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Zudem ist ihr Bewegungsdrang groß, aber nicht immer gleich und nur be- grenzt planbar. Daher sollten Diabe- tes-Kinder immer Traubenzucker mit sich führen.

Pens und Pumpen Die Applikation des Insulins kann ebenso wie bei Er- wachsenen mit Pens erfolgen. Da bei den Kleinen nur sehr geringe Men- gen an Insulin gespritzt werden, gibt es spezielle Pens für Kinder, mit denen die Insulineinheiten in 0,5er-Schritten dosiert werden.

Bei sehr jungen Patienten kommen aber vorrangig Insulinpumpen zum Einsatz, die in regelmäßigen Zeitab- ständen subkutan Insulin abgeben. In Anlehnung an die physiologische In- sulinsekretion wird bei der kontinu- ierlichen subkutanen Insulininfusion der Basalbedarf mit einem Normal- insulin oder einem schnell wirksamen Insulinanalogon als Dauerinfusion verabreicht. Zusätzlich ruft der Pati- ent zu den Mahlzeiten variable Ein- zeldosen (ebenfalls ein schnell wirk- sames Insulin) per Knopfdruck ab.

Möglich ist auch, den Bolus per Fern- steuerung (von den Eltern) zu initiali- sieren. Derzeit nutzen etwa 90 Pro- zent aller Kinder unter sechs Jahren eine Insulinpumpe. Bei den älteren Kindern und Jugendlichen setzen mehr als die Hälfte der Betroffenen eine Pumpe ein.

Vorteile einer Pumpentherapie Gerade kleine Kinder profitieren von der Pumpentherapie. Mit der Pumpe lässt sich die Therapie erheblich ver- einfachen. Es wird nicht nur der Auf- wand für die betreuenden Eltern re- duziert, auch für die Kinder wird es leichter. Anstelle mehrmals täglich notwendiger Insulin-Applikationen mittels Pen, ist lediglich alle ein bis drei Tage ein Wechsel der Nadel nötig.

Vor allem hilft sie, Hyper- und Hypo- glykämien zu vermeiden, was bei den häufigen Stoffwechselschwankungen in jungen Jahren eine erhöhte Thera- piesicherheit bedeutet. Zudem lassen sich mit einer kontinuierlichen In- sulininjektion niedrige Langzeit-Blut- zuckerwerte (HbA1c) erzielen.

Regelmäßige Kontrolluntersu- chungen Grundsätzlich ist gleich mit Beginn der Diagnosestellung, für eine gute langfristige Blutzuckerein- stellung zu sorgen, um das Risiko für diabetische Folgeerkrankungen (z. B.

Blindheit, Nierenversagen, Herzin- farkt) zu minimieren. Da diese Kom- plikationen bereits ab der Pubertät auftreten können, sind von Anfang an regelmäßig die Blutzuckerwerte zu überprüfen. Ebenso müssen jähr- liche Kontrolluntersuchungen statt- finden (z. B. Augenuntersuchungen mit Augenhintergrundbetrachtung, Bestimmung der Blutfette, des Blut- drucks, des Mikroalbumingehaltes im Urin).

Keine Diabetes-Diät Da sich die intensivierte Insulintherapie der Nahrungsaufnahme anpasst, ist es heutzutage möglich, auf eine kon- ventionelle Diabetes-Diät beim zu- ckerkranken Kind zu verzichten. Er- nährungswissenschaftler empfehlen für Diabetes-Patienten eine vollwer- tige Ernährung, die sich in der Art, Zusammensetzung und Menge nicht von einer Nahrung stoffwechselge- sunder Gleichaltriger unterscheidet.

Sogar Vorlieben des Kindes und eine moderate Zuckerzufuhr (Kuchen und Fruchtsäfte) können unter Be- achtung einer darauf abgestimmten Insulingabe in den Speiseplan mit aufgenommen werden.

Pädiatrische Diabetes-Schu- lungen Patienten und Eltern müssen für eine erfolgreiche Insulintherapie lernen, wie viele Insulineinheiten der Körper abhängig von der Lebensmit- telwahl benötigt. Grundlage dafür ist die Kenntnis der unterschiedlichen Resorptionsgeschwindigkeiten von

Kohlenhydraten und deren Blutzu- ckerwirksamkeit. Somit bleiben Koh- lenhydrat-Austauschtabellen für die Schätzung des Kohlenhydratgehaltes der Nahrungsmittel weiterhin unver- zichtbar. Darüber hinaus hilft der Gly- kämische Index, die blutzuckererhö- hende Wirkung kohlenhydratreicher Nahrung abzuschätzen.

Das Wissen darüber wird in einer Ernährungsberatung vermittelt, die Teil spezieller Diabetes-Schulungen ist. Optimal sind nach Altersgruppen differenzierte Schulungsangebote.

Dort wird auch über die Erkrankung und ihre Therapie, erforderliche Blutzuckermessungen und ihre Do- kumentation, Symptome von Unter-

und Überzuckerung sowie über akute und langfristige Komplikatio- nen kindgerecht informiert.

Kasten - Therapie des Diabetes Typ 2 Kinder können auch schon unter einem Diabetes Typ 2 leiden.

Jährlich erkranken daran in Deutsch- land etwa 200 Kinder. Die Therapie der Stoffwechselerkrankung erfolgt in der Regel wie bei den an „Altersdia- betes“ erkrankten Erwachsenen mit Metformin. Reicht dies nicht aus, wird zusätzlich Insulin gespritzt. Al- ternativ kann gleich eine orale Gabe mit einer Injektionstherapie kombi- niert werden. Zudem ist eine Ge- wichtsreduktion sowie die Normali- sierung einer Hyperlipidämie oder eines Bluthochdruckes essenziell, da ein Diabetes Typ 2 im Kindesalter neben genetischen Faktoren eng mit Übergewicht und Fettleibigkeit in Zu- sammenhang steht.  n

Gode Chlond, Apothekerin

Bei einer intensivierten Insulin-

therapie müssen zuckerkranke Kinder

keine strenge Diabetes-Diät einhalten.

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