• Keine Ergebnisse gefunden

Mehr Vorbereitung, mehr Sicherheit

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Mehr Vorbereitung, mehr Sicherheit"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Bayerisches Ärzteblatt 3/2018

119 Meinungsseite | Varia

Anmerkung der Redaktion: Gastkommen- tare geben die Meinung des Autors und nicht grundsätzlich die Meinung der Redaktion oder der Bayerischen Landes- ärztekammer wieder.

Es wäre sinnvoll, solche Elemente schon in die medizinische Aus- und Weiterbildung zu inte- grieren. Zudem lohnt es sich, das Thema auf Ein- richtungsebene anzugehen. Nicht ohne Grund haben sich Anbieter wie etwa das Institut für Professionelles Deeskalationsmanagement auf das Sozial- und Gesundheitswesen spezialisiert.

Denn es geht nicht nur um Notarzteinsatz oder Bereitschaftsdienst. Viele Situationen, die sich täglich in Klinik, Praxis oder Heim abspielen, ha- ben Eskalationspotenzial. Es geht um Krankheit, Schmerzen und negative Nachrichten. Oft resultie- ren daraus Sorgen und Ängste, die zu aggressivem Verhalten führen können. Bei einigen Patienten tun bewusstseinsverändernde Substanzen wie Alkohol, Medikamente oder Drogen ihr übriges.

Neurologische Krankheiten, Demenz, Psychosen, Persönlichkeitsstörungen oder andere psychische Krankheiten können manchmal ebenfalls zu ag- gressivem Verhalten führen. All das ist Teil der Versorgungsrealität. Für die dort Tätigen ist es wichtig, damit umgehen zu können.

Notärzte, Rettungskräfte, Feuerwehrleute, Polizisten – in letzter Zeit wird immer wieder von Angriffen auf sie berichtet. Das führte zu vielen Diskussionen, und 2017 zu einer Geset- zesverschärfung. Aber sind „nur“ diese Berufe betroffen? Wie steht es im Gesundheitssystem mit dem Thema Aggression? Ärzte, Kranken- schwestern, Pfleger – tatsächlich erleben die meisten im Lauf ihres Lebens Konflikte mit Patienten. Darauf vorbereitet sind aber längst nicht alle. Es scheint, als käme noch heute in manchem Ausbildungsverlauf diese Möglichkeit gar nicht vor. Wie oft aber verbale und sogar körperliche Aggression auch in der ganz nor- malen Arztpraxis auftreten, darauf weist eine Befragung hin, die schon 2015 veröffentlicht wurde. Sie wurde an der Technischen Universität München von einer Arbeitsgruppe um Dr. Flo- rian Vorderwülbecke erstellt. Mehr als 800 der angeschriebenen Ärzte hatten teilgenommen.

Es zeigte sich, dass zumindest von ihnen jeder Fünfte im Lauf des Berufslebens schwerere Ag- ressionsformen von Patienten erlebt hatte. Mit Beschimpfungen oder Wortgefechten sahen sich so gut wie alle schon konfrontiert. Besonders für Ärztinnen war zudem nicht selten sexuelle Belästigung ein Thema.

Die Autoren resümierten, dass es relativ gesehen besonders im Bereitschaftsdienst oft Schwierig- keiten gab. Da Ärzte dort nur einen kleinen Anteil ihrer Arbeitszeit verbringen, verzeichneten sie eine relative Häufung von Vorfällen. Tatsächlich benannten besonders Ärztinnen auf die ent- sprechende Frage hin, dass sie sich bei Fahrten im Bereitschaftsdienst nicht sicher fühlten. So sahen das immerhin zwei von drei Medizinerin- nen. Aber auch bei den männlichen Ärzten fühl- te sich längst nicht jeder sicher, wenn er einmal mehr allein mitten in der Nacht zu einem ihm unbekannten Patienten gerufen wurde. Im Be- reitschaftsdienst sind solche Termine aber weit verbreitet. So stellt diese Aufgabe noch einmal andere Anforderungen als die gewohnte Praxis, mit oft schon bekannten Patienten und dem ei- genen Team in der Nähe.

Nicht zuletzt aufgrund der TU-Ergebnisse wer- den in Bayern erste Lösungsoptionen erprobt.

Von einer Etablierung oder weiten Verbreitung im Gesundheitswesen kann aber keine Rede sein. Es handelt sich mehr um modellhafte, re- gionale Ansätze. Ein aktuelles Beispiel ist der Fahrservice, den die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) als Teil der Neustrukturierung des Bereitschaftsdienstes einrichtet. Bisher wurde er in einigen Modellregionen ausprobiert. Dieses Jahr soll er nun auf das gesamte Bundesland aus- geweitet werden. Wer „dran“ ist mit dem Dienst, muss also nicht mehr selbst fahren, sondern wird gefahren. Das ist komfortabler – und sicherer.

Die Fahrer haben medizinische Kenntnisse, sind beispielsweise als Sanitäter ausgebildet. So kön- nen sie den Ärzten bei Bedarf fachlich helfen, oder eben dann, wenn es Schwierigkeiten gibt.

Ein Vorgehen, das bei Einsätzen von Notärzten und Rettungsdiensten schon seit Langem üb- lich ist. Es scheint, als käme das neue Konzept bei den bayerischen Bereitschaftsdienstärzten gut an. Jedenfalls berichtete die KVB Ende 2017 von einer eigenen Umfrage in den bisherigen Modellregionen. Zumindest zwei von drei Ärz- ten zeigten sich mit dem Fahrdienst zufrieden.

Ein Modell, das sich möglicherweise in anderen Bundesländern genauso gut anwenden ließe.

Gleichzeitig lässt sich auf der Verhaltensebene des Einzelnen etwas erreichen. Vorderwülbecke selbst hat in Bayern inzwischen über die KV eine Fortbildungsreihe etabliert, in Kooperati- on mit der bayerischen Polizei. Einige hundert Ärzte haben daran bisher teilgenommen, mit positivem Feedback. Die Inhalte haben über das spezifische Format hinaus Aussagekraft.

Dazu gehört, mögliche Risiken vorherzusehen und einzuschätzen. So wird Ärzten beispiels- weise empfohlen, sich kurz vor einem Bereit- schaftsdienstbesuch nochmals telefonisch beim Patienten voranzumelden. Für Fälle, in denen vor Ort Schwierigkeiten auftreten, werden De- eskalationsstrategien geübt. Für den Fall eines Angriffs werden einfache Selbstverteidigungs- techniken trainiert.

Mehr Vorbereitung, mehr Sicherheit

Autorin

Christina Bauer

Freie Journalistin, Autorin, München

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Die Auslegung des Jahresabschlusses erfolgt in der Zeit vom 15.09.2021 bis 29.09.2021 in den Geschäftsräumen der Stadtwerke Heidelberg GmbH, Zimmer 262, Kurfürsten-Anlage 42 -

Endlich wieder erholsam schla- fen Patienten mit Ein- und Durch- schlafstörungen wünschen sich, endlich einmal wieder eine Nacht richtig schlafen zu können.. Eventuell

Wer also nachts, am Wochenende, an Feierta- gen oder Mittwochnachmittagen die Hilfe ei- nes Haus- oder Facharztes oder eine Medika- mentenberatung benötigt, braucht nur noch eine

Es ist eine Initiative von Agro Eco, Niederlande; FiBL, Schweiz; GfRS, Deutschland; International Organic Accreditation Service (IOAS), USA sowie dem europäischen. Zusammenschluss

Mit der Abwertung des EDF ma- chen die Mitgliedstaaten deutlich, dass sie nicht gewillt sind, mutige Schritte hin zu einer Europäisierung der Rüstungspla- nung und -beschaffung

Ein formelles Abkommen über eine solche Zusammenarbeit der Län- der eines Intermariums würde dem Kreml und der Bevölkerung Russ- lands verdeutlichen: Mit einem An- griff auf einen

Mehr Schutz für Beschäftigte, Verbraucher und Umwelt 1 Mehr Sicherheit durch REACH 2 REACH-Helpdesk nimmt Arbeit auf 3 Erste Schritte im neuen.. europäischen Chemikalienrecht

Kleine Unternehmen können damit überfordert sein, für sie bieten sich die oben beschriebenen Verfahren an, die dennoch mehr als nur eine grobe Schät- zung über Erfolg oder