• Keine Ergebnisse gefunden

Schiess, Patricia (2020): 24-Stunden-Betreuung für Betagte. Gastkommentar. Lie-Zeit Nr. 89, Oktober 2020.

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Schiess, Patricia (2020): 24-Stunden-Betreuung für Betagte. Gastkommentar. Lie-Zeit Nr. 89, Oktober 2020."

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

4

lie:zeit

08/2020

Unverzichtbar, aber vom Gesetzgeber bisher wenig beachtet

Können gebrechliche oder de- mente ältere Menschen nicht von Angehörigen betreut werden, be- steht für sie die Möglichkeit, in ein Heim einzutreten oder sich in ihren eigenen vier Wänden von einer aussenstehenden Person betreuen zu lassen. Diese Be- treuung zuhause wird durch das Betreuungs- und Pfl egegeld mit- fi nanziert. Es kann für Leistungen der Familienhilfe Liechtenstein oder einer privaten Agentur ein- gesetzt werden. Betagte können sich auch durch eine Agentur Ar- beitskräfte vermitteln lassen, sel- ber rekrutieren oder mit einem Fa- milienmitglied einen Vertrag über die Betreuung schliessen.

Die von Linda Märk-Rohrer und Patricia Schiess am Liechten- stein-Institut verfasste Studie

„24-Stunden-Betreuung durch Care-Migrantinnen und -Migran- ten in Liechtenstein“ konzentriert sich auf die Fälle, in denen zwei Betreuungspersonen abwech- selnd bei der betreuten Person wohnen und danach wieder für ein paar Wochen in ihre Heimat zurückkehren. Abgesehen davon, dass es sich grösstenteils um Frauen aus Osteuropa handelt, ist wenig bekannt. Es gibt keine Sta- tistiken, wie viele Care-Migran- tinnen und -Migranten in Privat- haushalten angestellt sind, was

sie verdienen oder welche Aus- bildung sie mitbringen. Auch ist nicht bekannt, ob sie Kinder oder pfl egebedürftige Eltern in der Hei- mat zurücklassen. Unbestritten ist hingegen, dass es sich bei der Be- treuung hochbetagter Menschen um eine physisch und psychisch anstrengende Arbeit handelt und die Betreuungskräfte im Haushalt der betreuten Person lange Prä- senzzeiten haben.

Oft hört man, die 24-Stunden-Be- treuung sei nicht geregelt. Dem ist nicht so, im Gegenteil. Auf kaum eine andere Beschäftigung fi nden so viele Gesetze Anwendung: das ABGB, dessen arbeitsrechtlichen Bestimmungen aus dem Schwei- zer Obligationenrecht stammen, das Arbeiterschutzgesetz von 1945, der Normalarbeitsvertrag für hauswirtschaftliche Arbeit- nehmerinnen von 1997 sowie verschiedene EU-Richtlinien und -Verordnungen – aber nicht das Arbeitsgesetz von 1966. Die Stu- die analysiert das Zusammenwir- ken der Gesetzesbestimmungen.

Sie zeigt, dass erstaunlich viele Fragen bezüglich Arbeitnehmen- den, die sich eine Stelle teilen sowie vom Arbeitgeber Kost und Logis erhalten, noch nicht geklärt sind. An einer befriedigenden Ant- wort fehlt es auch bezüglich des nächtlichen Bereitschaftsdiens- tes.

Der Schweizer Bundesrat erliess 2010 den Normalarbeitsvertrag

für Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer in der Hauswirtschaft. Er statuiert in der ganzen Schweiz zwingend zu respektierende Min- destlöhne für Hausangestellte, die Betagte, Kinder und Kranke in der Alltagsbewältigung unterstüt- zen und/oder bei Privaten putzen, waschen etc. Zusätzlich haben die Kantone ihre Normalarbeits- verträge für Arbeitnehmende in Privathaushalten mit Vorschriften für die 24-Stunden-Betreuung ergänzt (z.B. Entschädigung des Bereitschaftsdienstes, Internetzu- gang, Bezahlung der Anreise aus dem Ausland).

All dies lässt der liechtensteini- sche Normalarbeitsvertrag von 1997 ausser Betracht. Er geht nicht auf Situationen ein, in de- nen ein betagter Mensch rund um die Uhr Unterstützung braucht.

Dazu kommt, dass das Arbeits- gesetz von 1966 – wie bereits ge- sagt – auf Hausangestellte nicht anwendbar ist. Privat angestellte Betagten- und Kinderbetreue-

rinnen und -betreuer, aber auch Reinigungskräfte, können sich deshalb nicht auf die im Arbeits- gesetz enthaltenen Bestimmun- gen zu Höchstarbeitszeit, Nacht- arbeit und Gesundheitsschutz berufen. Hausangestellte stellen die einzige Beschäftigtenkate- gorie dar, die dem Arbeitsgesetz nicht unterstellt ist. Gleichzeitig steigt ihre Anzahl seit Jahren. Weil die Zahl der hochbetagten Men- schen in Liechtenstein wächst, wird wohl auch die Nachfrage nach 24-Stunden-Betreuerinnen und -Betreuern weiter steigen.

Umso mehr ist Liechtenstein in der Pfl icht, für ihre Arbeitsverhält- nisse eine angemessene Rege- lung zu treff en.

24-Stunden-Betreuung für Betagte

Anzeige

Inserat 206x63mm

PROF. DR. IUR.

PATRICIA SCHIESS Forschungsleiterin Recht am Liechtenstein-Institut

GASTKOMMENTAR

nen ein betagter Mensch rund um die Uhr Unterstützung braucht.

Dazu kommt, dass das Arbeits- gesetz von 1966 – wie bereits ge- sagt – auf Hausangestellte nicht anwendbar ist. Privat angestellte Betagten- und Kinderbetreue-

PATRICIA SCHIESS Forschungsleiterin Recht am Liechtenstein-Institut

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Zwar wird in Liechten- stein nicht sofort alles umgesetzt, aber wenn man die Länderbe- richte Liechtensteins betrach- tet, stellt man fest, dass immer wieder Bezug auf frühere

Oder wenn ich es juris- tisch auf den Punkt bringen soll: Es gibt kein Recht auf Shopping und Skifahren, aber sehr wohl ein Recht auf Leben und auf die körperliche und

von 2019 geht hervor, dass die Hälfte der europäischen Länder einen mehrheitlich kostenlosen Platz bereits Kindern ab dem Alter von drei Jahren garantiert, wobei?. Angebote wie

Für eine Rekonstruktion der Geschichte der Fürsorge in Liechtenstein bedeutet dies, dass neben schriftlichen Akten aus staatlichen und privaten Archiven auch

Ähnlich tönt es jenseits des Rheins, wenn die Kündigung des Abkommens zwischen der Schweiz und der EU über den Freien Personenverkehr propa- giert wird: Mehr Arbeitsplätze für

Diese Beispiele zeigen deut- lich, dass eine datengestützte Bildungsberichterstattung zur Steigerung der Effi zienz, der Ef- fektivität und der Equity im Bil- dungswesen

Während Erleichterungen nach der Geburt eines Kindes alle jun- gen Familien interessieren, be- treffen die Arbeitsbedingungen von ausländischen Frauen, die in

Zahlte früher der inter- essierte Leser oder die Leserin für den Text, zahlt heute oftmals der oder die Forschende bzw.. die Institution dafür, in renommierten Journalen open