• Keine Ergebnisse gefunden

Die doppelte Staatsgründung 1945-1949

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Die doppelte Staatsgründung 1945-1949"

Copied!
7
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Die doppelte Staatsgründung 1945–1949

von Ulrich Winkler

© picture-alliance/dpa

Mit Ende des Zweiten Weltkrieges übernahmen die Alliierten die militärische Befehls- gewalt in Deutschland. Die Besatzer konnten sich aber auf den Konferenzen von Teheran und Jalta nur bedingt auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Die Differenzen zwischen den westlichen Besatzern und der UdSSR traten rasch zutage.

Diesen Prozess untersuchen die Schüler in dieser Einheit mit zahlreichen Primärquellen, um zu verstehen, wie sich die Trennung Deutschlands mit der Konsolidierung der beiden Regierungen von BRD und DDR allmählich abzeichnete.

zur Vollversion

VORSC

HAU

(2)

© RAABE 2020

RAABE UNTERRICHTS-MATERIALIEN Geschichte Sek. II

genommen, eine Bodenreform gab es nicht. Aus dem besiegten Feindstaat wurde in Westdeutschland langsam ein ungeliebter, aber unverzichtbarer Partner im Wettbe- werb der politischen Systeme.

1.2 Entwicklung der politischen Parteien

Da sich die Kommunistischen Parteien nirgendwo im Einflussbereich der UdSSR bei Wahlen als stärkste Kraft etablieren konnten und weit hinter den Sozialdemokraten ran- gierten, wurden diese auch in der SBZ nach alter kommunistischer Taktik gezwungen, mit der KPD zu fusionieren. Einerseits wurde zwar eine breite Einheit der Arbeiterklas- se begrüßt, andererseits aber die KPD, die sich von allen Parteien als erste selbstständig etabliert hatte, durch die SMAD deutlich bevorzugt und galt bald als ihr verlängerter Arm. SPD-Funktionäre, die diesen Vorschlag unterstützten, wurden wie Otto Grotewohl (später 1. Ministerpräsident der DDR) belohnt, Gegner der Fusion hingegen kaltgestellt oder verfolgt. In Westdeutschland agitierte daher von Anfang an Kurt Schumacher gegen ein Zusammengehen mit der KPD. Mit der SED-Gründung in der SBZ war die SPD als stärkste politische Kraft gespalten. Derart geschwächt spielte sie als potenzielle gesamtdeutsche Klammer keine Rolle (M 9–M 12). Eine weitere Wirkung der Fusion von SPD und KPD war, dass vor allem die Briten ein Übergreifen der Kommunisten in ihrer Zone, besonders im Ruhrgebiet befürchteten und daher bald auf die Schaffung der Bi- zone hinsteuerten.

Während in der SBZ bürgerliche Parteien sich nur schwer gegenüber der SED behaupten konnten und bald im Demokratischen Block vereinnahmt wurden, gelang es der CDU im Westen, eine Vielzahl politischer und sozialer Elemente zu vereinigen und die Idee der „Sozialen Marktwirtschaft“ zur Basis ihres Erfolges zu machen (M 8, M 13). Der ehemalige Oberbürgermeister von Köln, Konrad Adenauer, stieg zur führenden Per- sönlichkeit der Partei auf und prägte mit der Formel: „Alles wird aus der Freiheit der menschlichen Persönlichkeit entwickelt: Staat, soziales Leben, Wirtschaft, Kultur“ die Partei nachhaltig. Schon früh sah er die Unmöglichkeit einer gelingenden Kooperation von Westalliierten und Sowjetunion in Deutschland und war seither von der Notwendig- keit einer Integration Deutschlands in Westeuropa überzeugt, auch wenn dies eine Teilung Deutschlands bedeutete. Der CDU-Vorsitzende der Britischen Zone wurde 1948

zur Vollversion

VORSC

HAU

(3)

© RAABE 2020

RAABE UNTERRICHTS-MATERIALIEN Geschichte Sek. II

M.20 Deutschlandpolitik nach 1945 Staatsgründung 5 von 94

kaltgestellt. Der 2. Volkskongress trat mit der Bekanntgabe des „Brüsseler Abkom- mens“ der Westmächte zusammen, bezeichnete sich als einzig legitime Vertretung des deutschen Volkes, erkannte die Oder-Neiße-Grenze gegenüber Polen an, stimmte für ein Volksbegehren zur deutschen Einheit und wählte einen „Deutschen Volksrat“

als Exekutivorgan. Der billigte die von der SED ausgearbeitete Verfassung für die DDR und damit auch das System des Demokratischen Blocks (ab 1950 „Nationale Front“).

Der 3. Volkskongress bestätigte die neue Verfassung und wählte einen „2. Deutschen Volksrat“ ohne Delegierte aus Westdeutschland. Dieser konstituierte sich am 7. Okto- ber zur „Provisorischen Volkskammer der DDR“. Die ostdeutsche Staatsgründung war nicht nur eine Reaktion auf die Gründung der Bundesrepublik (M 23); bereits 1948 hatte die SED einen 2-Jahres-Wirtschaftsplan verabschiedet und sich in die Linie der „Volks- demokratien“ gestellt. Anfang 1949 beschloss die SED, sich zu einer „Partei neuen Typs“, zu einer marxistisch-leninistischen Kaderpartei zu wandeln, die sich ideologisch völlig dem sowjetrussischen Vorbild unterwarf (M 21, M 22). Die mangelnde demokratische Legitimation des neuen Staates wurde überspielt durch die Übertragung von Ämtern an Funktionäre der bürgerlichen Parteien bei gleichzeitiger Einbindung in den Demo- kratischen Block, inszenierte Massenauftritte und die Schuldzuweisung für das rasante Tempo der Staatswerdung an die Adresse des Westens.

Die anlaufende Marshallplanhilfe erforderte im Westen den Ausbau bizonaler Einrich- tungen. So spiegelte der Wirtschaftsrat die politischen Kräfteverhältnisse, sodass sich zum ersten Male parteipolitische Gliederungen gegenüber den föderalen durchsetzen.

Damit ähnelte er den späteren Verfassungsorganen der Bundesrepublik. In der Lon- doner Sechs-Mächte-Konferenz war Frankreich endlich bereit, einer westdeutschen Staatsgründung zuzustimmen. Als Ausgleich wurde das Saargebiet in das französi- sche Wirtschaftssystem einbezogen. Mit den „Londoner Empfehlungen“ wurden die deutschen Ministerpräsidenten ermächtigt, eine verfassungsgebende Versammlung ein- zuberufen. In der Trizone wurden mit der Währungsreform (20.6.1948) und dem Abbau der Bewirtschaftungsvorschriften Weichenstellungen für das künftige Wirtschaftssystem vorgenommen, wenngleich die westdeutschen Ministerpräsidenten nur auf Druck der Alliierten die Schritte zur Bildung eines westdeutschen Staates in Angriff nahmen. Der Parlamentarische Rat erarbeitete vom 1.9.1948 bis zum 8.5.1949 das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Die Landtage nahmen es bis auf Bayern an und

zur Vollversion

VORSC

HAU

(4)

© RAABE 2020

RAABE UNTERRICHTS-MATERIALIEN Geschichte Sek. II

Enteignungen der Betriebe der Kriegs- und Naziverbrecher

Um die insgesamt 7000 Enteignungen (Sequestrierungen) von Betrieben, davon allein 4000 in Sachsen, infolge dieses Befehls zu legitimieren, wurde ein Volksentscheid in Sach- sen initiiert, der über 77 % Zustimmung fand.

Stiftung Haus der Geschichte; EB-Nr. H 1997/12/0124

M 4b

zur Vollversion

VORSC

HAU

(5)

© RAABE 2020

RAABE UNTERRICHTS-MATERIALIEN Geschichte Sek. II

20 von 94 M.20 Deutschlandpolitik nach 1945 Staatsgründung

Plan der Umsiedlung: ehemals deutsche Gebiete östlich von Oder und Neiße, Ost- und Südosteuropa (Stand 1950, in ‘000)

Ost- deutsch- land

davon aus Ost- preußen

Pommern Schlesien Ost- und Südost- europa

Ansiedlung bzw. Wohnung in Schleswig-

Holstein 688 301 307 60 169

Niedersachsen 1.443 408 265 722 409

Nordrhein-

Westfalen 1.040 326 161 526 292

Bayern 594 87 35 459 1.335

Bundesgebiet

insg. 4.423 1.348 891 1.053 3.454

Berlin (West) 118 30

Berlin (Ost) 57 13

DDR insg. 2.900 600 700 1.300 1.600

Vertriebene

insg. 7.500 2.000 1.600 3.400 5.100

R. Rytlewski, M. Opp de Hipt: Die Bundesrepublik Deutschland in Zahlen 1945/49–1980. München 1987, S. 31 f.

M 7b

zur Vollversion

VORSC

HAU

(6)

© RAABE 2020

RAABE UNTERRICHTS-MATERIALIEN Geschichte Sek. II

Lage in Deutschland, die mit der Zerbrechung des reaktionären staatlichen Ge- waltapparates und dem Aufbau eines demokratischen Staates auf neuer wirt- schaftlicher Grundlage entstanden ist, schließt die Möglichkeit ein, die reaktionä- ren Kräfte daran zu hindern, mit den Mitteln der Gewalt und des Bürgerkrieges der endgültigen Befreiung der Arbeiterklasse in den Weg zu treten. Die Sozialisti- sche Einheitspartei Deutschlands erstrebt den demokratischen Weg zum Sozialis- mus; sie wird aber zu revolutionären Mitteln greifen, wenn die kapitalistische Klasse den Boden der Demokratie verläßt. […]

Wolfgang Treuer: Deutsche Parteiprogramme seit 1861. Göttingen: Musterschmidt-Verlag 1968 (= Quellensammlung zur Kulturgeschichte; Bd. 3). S. 177–182; zu finden unter: https://www.cvce.

eu/de/obj/politisches_programm_der_sed_berlin_21_und_22_april_1946-de-d9c5faf7-5c39-43fa- aa3f-88d5431e3746.html [alte Rechtschreibung beibehalten]

25

26 27 28 29 30

31 32

zur Vollversion

VORSC

HAU

(7)

© RAABE 2020

RAABE UNTERRICHTS-MATERIALIEN Geschichte Sek. II

M.20 Deutschlandpolitik nach 1945 Staatsgründung 35 von 94

Der Marshallplan Arbeitsaufträge

1. Bestimmen Sie Hintergründe und Zielsetzungen der US-amerikanischen Marshall- planhilfe.

2. Informieren Sie sich über die Funktionsweise und Höhe der Marshallplanhilfe.

(z. B. https://www.george-marshall-gesellschaft.org/george-c-marshall/der-marshall- plan-und-die-folgen/ und https://www.bpb.de/geschichte/zeitgeschichte/marshallplan/

40036/in-europa)

3. Skizzieren Sie die Haltung der SED zur Marshallplanhilfe.

4. Formulieren Sie Entgegnungen jeweils aus der Sicht der französischen Regierung, der US-amerikanischen Regierung und der deutschen Zivilverwaltung des Landes Nord- rhein-Westfalen.

Luxemburger Wort. Für Wahrheit und Recht, 06.06.1947

In diplomatischen Kreisen Washingtons erwägt man die Möglichkeit, daß der kommunistische Staatsstreich in Ungarn Maßnahmen zur Errichtung einer Bal- kan-Föderation sowjetrussisch beherrschter Staaten in Südost-Europa zur Folge haben könne. […] Ebenso wie den Regierungswechsel in Ungarn würde man dies als eine russische Erwiderung auf das amerikanische Hilfsprogramm für Grie- chenland und die Türkei auffassen müssen und gleichzeitig als Schritt zur Festi- gung eines sowjetrussischen Blocks, bevor die endgültige Ratifikation der Frie- densverträge mit den Satellitenstaaten Rußland zur Rücknahme seiner Beset- zungstruppen zwinge. Man sagt in diplomatischen Kreisen außerdem als nächs- ten sowjetischen Schritt in Osteuropa den Versuch einer kommunistischen Be- herrschung der Tschechoslowakei voraus. Demgegenüber plant Amerika die Aufstellung einer Übersicht der wirtschaftlichen Verhältnisse der Welt, um die Höhe weiterer finanzieller Unterstützungen für fremde Staaten bestimmen zu können. […] General Marshall hat gelegentlich seiner Ernennung zum „Doctor honoris causa“ an der Universität Harvard eine Rede gehalten, in der er an Euro- pa die Aufforderung richtete, ein umfassendes Wiederaufbauprogramm zu ent- wickeln. Er läßt sich dabei von dem Gedanken leiten, daß die europäischen Län- der dazu überredet werden müssen, ein aktiveres Interesse für den Wiederaufbau ihres Kontinents im Ganzen zu entwickeln und einen Aktionsplan auszuarbeiten, dessen Hauptpunkt die Steigerung der Lebensmittel und Kohlenproduktion sein muß. Denjenigen Staaten, die sich zur Mitarbeit an einem gemeinsamen Pro- gramm bereit erklärten, sagte Marshall wirtschaftliche Unterstützung seitens der

M 17

M 17a

1 2 3 4 5

6 7 8 9 10

11 12 13 14 15

16 17 18 19 20

21 22

zur Vollversion

VORSC

HAU

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

10 Und man wird auf diesen Grundsatz auch bei dieser Form des dog- matischen Arbeitens wohl vor allem dann verweisen, wenn man die Einheit der Rechtsordnung in Gefahr oder

2. Renaissance der Legitimation durch regionale Vielfalt Als spezifische Legitimationsgrundlage gerade des grundgesetzlichen Bun- desstaats wird neuerdings auch wieder seine

"Gesetz zu dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Albanien andererseits

Schwellung oder Rötung. Eine Abrechnung der Pos. 7a für denselben Hausbesuch ist nicht möglich.. Anleitung bei Leistung EURO- Beträge.

In ei- ner solchen Situation wird das verfassungsrechtlich gebotene Schutzniveau unter- schritten, wenn die Gerichte den Versicherungsvertrag so auslegen, dass die Versicherten

Das Interesse der beitrittswilligen politischen Parteien an einer längeren Vorberei- tungszeit für die nächste Bundestagswahl ist anders gelagert als das verfassungs-

Die Verteilung findet deshalb vor der Entscheidung über die Aussetzung der Abschiebung oder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis statt (§ 15a Abs. Erteilt die Ausländerbe-

Sanger wünschte sich ein Präparat, so einfach einzunehmen wie eine Kopfschmerz tablette.. Glücklicher Zufall Sanger gründete die