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Montag (Vormittag), 4. Dezember 2017

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Sitzungstitel7 2016.RRGR.942 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Montag (Vormittag), 4. Dezember 2017

Finanzdirektion

66 2016.RRGR.942 Bericht RR Entlastungspaket 2018 (EP 2018)

Gemeinsame Beratung der Geschäfte 2017.STA.358 (VA), 2017.STA.358 (AFP) und 2016.RRGR.942 (EP).

Präsidentin. Herzlich guten Morgen. Wir haben noch kurz gewartet, bis wir 80 Personen im Saal haben und somit verhandlungsfähig sind. Ich begrüsse Sie herzlich zu dieser dritten Sessionswo- che, die früher beginnt als sonst. Bevor wir mit den Themen der JGK starten, möchte ich zum Ein- stieg kurz auf zwei Anlässe zurückblicken, die ich als Grossratspräsidentin besuchen durfte. Ich nehme an, Sie alle haben die E-Mail erhalten, in welcher geschrieben steht, dass wir heute mit den Themen der JGK beginnen. Anschliessend behandeln wir die Themen der ERZ.

Als Grossratspräsidentin war ich an diesem Wochenende am 183. Dies academicus. Der Dies academicus war sehr stark geprägt von Reden unseres Regierungspräsidenten Bernhard Pulver, des Rektors der Universität, Christian Leumann, und auch von Peter Maurer, Präsident des Interna- tionalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), der ebenfalls eine beeindruckende und bewegende Rede hielt. Es wurden Ehrendoktorate vergeben. Welche Ehrendoktorate die Basler vergaben, wis- sen Sie vielleicht. Aber die Vergabe der Berner war auch herausragend. Für den Empfang der Eh- rendoktorate reisten Persönlichkeiten aus Toronto, Edinburgh und Gerzensee an. Gibt es bei Ihnen eine Assoziation, wer aus Gerzensee infrage kommt? – Es war wirklich Uwe Jocham, der den Eh- rendoktortitel der Medizinischen Fakultät erhielt. Ich möchte kurz etwas aus der Laudatio herau s- greifen. Uwe Jocham wurde mit dem Ehrendoktor geehrt: «[…] dem Förderer der Universität Bern, der mit ausserordentlich grossem Engagement die Medizinische Fakultät unterstützt und aktiv an deren Weiterentwicklung teilnimmt». Ich gratuliere ihm an dieser Stelle sehr herzlich zu diesem Eh- rendoktortitel. Ich denke, dieser passt zu seiner neuen Aufgabe als Präsident des Inselspitals. Ich wünsche ihm in seiner neuen Funktion viel Freude und Erfolg.

Einen anderen Anlass durfte ich am Freitag im Rathaus besuchen. Es war der letzte Anlass im Rahmen der 600-Jahr-Feierlichkeiten des Rathauses, ein Anlass der Jugendkonferenz unter Mitwir- kung des Jugendparlaments. Es fanden Workshops statt wie zum Beispiel ein Speed-Debating, an welchem verschiedene Grossrätinnen und Grossräten teilnahmen. Es gab auch einen historischen Rückblick und ein gemeinsames Nachtessen. Anschliessend fand in diesem Saal etwas statt, das ich mir jetzt schon fast nicht mehr vorstellen kann, wenn ich zurückdenke, und zwar ein Poetry Slam. Es war spannend, weil sensationelle Texte vorgetragen wurden. Alle hatten einen Bezug zur Politik und zum Teil sogar zu unmittelbarer Politik der letzten Woche. Das andere, das ich mir fast nicht vorstellen kann: Die Leute standen mitten im Saal ohne Mikrofon. Es befanden sich etwa 60 Leute im Saal, und man hat die Vortragenden einfach verstanden. Der Moderator sagte zu Be- ginn des Anlasses, man sei aus Respekt gegenüber den Künstlerinnen und Künstlern einfach still.

Das fand ich wunderschön. Der Poetry Slam dauerte fast zwei Stunden, und es war einfach still, ausser dass man den sensationellen Reden applaudierte. Das war mein Rückblick auf zwei span- nende Anlässe.

Inzwischen sind wir mehr als verhandlungsfähig. Ich begrüsse noch die Grossrätinnen und Grossrä- te, die etwas zu spät gekommen sind. Wir fahren weiter mit der Haushaltsdebatte. Wir haben in den Unterlagen die Version 7 der Anträge und Planungserklärungen. Wir starten mit der JGK. Bevor wir starten, möchte ich Ihnen noch einen grossen Wunsch der Simultandolmetschenden mitteilen. Die Simultandolmetscherinnen bitten Sie, geschriebene Voten beim Guichet abzugeben, damit sie Ihre Voten vor sich haben, wenn sie Sie im schnellen oder langsamen Tempo übersetzen sollen. Bitte liefern Sie Ihre Texte ab. Selbstverständlich merken die Dolmetscherinnen, wenn Sie nicht genau das sagen, was geschrieben steht. Sie übersetzen nicht stur, was Sie abgegeben haben.

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Wir beginnen mit der JGK. Ich begrüsse herzlich Regierungsrätin Simon und Regierungsrat Neu- haus. Wir starten mit der Haushaltsdebatte und dem Themenblock 7.a Ergänzungsleistungen. Es liegen zwei Abänderungsanträge und eine Planungserklärung vor.

7.a Ergänzungsleistungen

Abänderungsantrag VA 2018 / Planungserklärung EP 2018 / AFP 2019–2021 FiKo – Nr. 1

Reduktion der Höhe der höchstmöglich anrechenbaren Heimkosten (Massnahme 45.10.1): Bei der Berechnung des Entlastungseffekts der Massnahme Nr. 45.10.1 «Reduktion der Höhe der höchst- möglich anrechenbaren Heimkosten» wurden irrtümlicherweise sämtliche Heimarten in die Berech- nung des Entlastungseffektes einberechnet und nicht nur diejenigen gemäss Art. 3 Abs. 1 EV ELG.

Deshalb ergibt sich bei korrekter Berechnungsart eine finanzielle Entlastung beim Kanton im Um- fang von jährlich CHF 4,25 Mio. anstatt den CHF 5.5 Mio., die im EP 2018 ausgewiesen wurden.

D. h. der Entlastungseffekt im VA 2018 / AFP 2019–2021 reduziert sich um jährlich CHF 1,25 Mio.

und damit erhöhen sich die Saldobeträge in der Produktegruppe «Vollzug der Sozialversicherun- gen» um diesen Betrag.

Im Voranschlag 2018 ist der Saldo der Produktgruppe 6.7.9 «Vollzug der Sozialversicherungen» um CHF 1,25 Millionen zu erhöhen.

Abänderungsantrag VA 2018 / Planungserklärung EP 2018 / AFP 2019–2021 FiKo-Mehrheit / Grüne (Boss, Saxeten) / SP-JUSO-PSA – Nr. 2

Reduktion der Höhe der höchstmöglich anrechenbaren Heimkosten (Massnahme 45.10.1): Auf die Massnahme ist zu verzichten.

Im Voranschlag 2018 ist der Saldo der Produktgruppe 6.7.9 «Vollzug der Sozialversicherungen» um CHF 4,25 Millionen zu erhöhen.

Planungserklärung EP 2018 / AFP 2019–2021 FiKo-Mehrheit – Nr. 3

Durchführungs-/Verwaltungskosten EL nach Abzug des Bundesbeitrages dem Lastenausgleich EL unterstellen (Massnahme 45.10.2): Auf die Umsetzung der Massnahme ist zu verzichten (unechte Sparmassnahme; Lastenverschiebung zu den Gemeinden; Verletzung Aufgabenteilungsgrundsätze [FILAG]).

Eventualiter: Der Ausgleich dieser Lastenverschiebung aufgrund der Wirkung dieser Massnahme erfolgt gemäss Artikel 29b FILAG.

Präsidentin. Der Abänderungsantrag 1 kommt von der FiKo. Hier geht es nur darum, eine irrtümli- che Berechnung zu korrigieren. Kann ich von Ihrem Einverständnis ausgehen, dass die Korrektur durch den Abänderungsantrag 1 stillschweigend erfolgt? – Ich sehe keinen Widerstand. Somit ist der Antrag angenommen.

Wir kommen zum Abänderungsantrag 2 und zur Planungserklärung 3. Dazu erteile ich zuerst Grossrat Bichsel für die FiKo das Wort.

Daniel Bichsel, Zollikofen (SVP), Kommissionspräsident der FiKo. Nachdem wir der buchhalteri- schen Korrekturmassnahme stillschweigend zugestimmt haben, geht es um den zweiten Antrag in diesem Block, der die Massnahme 45.10.1 betrifft. Nach einstimmiger Auffassung der FiKo soll auf diese Massnahme verzichtet werden. Die Massnahme, die den Kantonshaushalt um 4,25 Mio. Franken entlasten würde, führt bei den Heimen zu einem Tarifausfall von insgesamt über 10 Mio. Franken. Der Antrag der FiKo, diese Massnahmen im Alters- und Behindertenbereich zu streichen, wurde bewusst gewählt, weil diese Massnahme eine grosse Hebelwirkung bei den be- troffenen Institutionen entfaltet. Es entfallen nicht nur die 4,25 Mio. Franken des Kantons, sondern, gestützt auf die Aufgabenteilung, ebenso 4,25 Mio. Franken bei den Gemeinden. Weil viele Heime betreffend die Position für die Hotellerie nicht zwischen Bezügern und Bezügerinnen von Ergän- zungsleistungen (EL) und Nicht-EL-Bezügerinnen und -Bezügern unterscheiden, kann es zu einem weiteren Tarifausfall kommen. Dies kann zumindest nicht ausgeschlossen werden. Zusammenge- fasst beantragt Ihnen die FiKo die Planungserklärung 2 einstimmig zur Annahme.

Präsidentin. Wir sind bei den Co-Antragstellern der Grünen und der SP. Wünscht jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Somit kommen wir zu den Fraktionen. Wer möchte das Wort zu

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7.a Ergänzungsleistungen ergreifen? Ich erteile zuerst Grossrätin Striffeler das Wort für die SP- JUSO-PSA-Fraktion.

Elisabeth Striffeler-Mürset, Münsingen (SP). Die Reduktion der Höhe der höchstmöglich anre- chenbaren Heimkosten um 2,5 Franken pro Tag kann praktisch nur mit Personalabbau aufgefangen werden. Das heisst, pro Tag kann noch weniger Zeit für die Betreuung betagter Menschen abge- rechnet werden. Können Sie sich vorstellen, den ganzen Tag im Rollstuhl oder im Bett zu verbrin- gen, wobei das Personal nur noch 9 Minuten im Tag mit Ihnen sprechen kann? Ist das Lebensquali- tät? – Wenn Sie meinen, dass Gespräche während der Pflege nachgeholt werden können, täu- schen Sie sich gewaltig. Denn es muss auf die Minute genau gepflegt werden. Die EL-Bezüge lie- gen im Kanton Bern bereits heute tiefer als in anderen Kantonen. 85 Prozent der Kosten in einem Heim sind Personalkosten. Wenn die EL-Bezüge gekürzt werden, muss notgedrungen beim Perso- nal gespart werden. Dies führt unweigerlich zum Verlust von Arbeitsplätzen und einer Verschlechte- rung der Betreuung von betagten und hilfsbedürftigen Menschen. Nach der Kürzung des Pflegeta- rifs um 2,4 Prozent gemäss der Aufgaben- und Strukturüberprüfung (ASP) 2013 und den immer tiefer sinkenden Infrastrukturbeiträgen von 34,5 Franken zu Beginn auf 29,5 Franken im Jahr 2018 und den Abbaumassnahmen im EL-Bereich müssen die Institutionen noch mehr Stellen abbauen.

Dies geschieht zulasten der Pflegebedürftigen, einem grossen Teil der Schwächsten in unserer Ge- sellschaft. Ich bitte Sie, die Planungserklärung 2 anzunehmen.

Präsidentin. Als Nächster spricht als Co-Antragssteller und Fraktionssprecher der Grünen Grossrat Boss.

Martin Boss, Saxeten (Grüne). Im letzten Sparpaket 2013 hat der Kanton die Pflegetarife bereits um 2,5 Prozent gesenkt. Somit kam es schon damals zu Ertragsausfällen von 12,2 Mio. Franken.

Wie der Verband der Pflege- und Betreuungszentren schreibt, sind auch die Infrastrukturbeiträge infolge der Indexierung seit dem Jahr 2011 von 34,55 Franken pro Aufenthaltstag auf 29,5 Franken gegenüber dem Jahr 2018 gesunken. Das bedeutet einen weiteren Ertragsausfall von 25 Mio. Fran- ken. Rechnen wir die Ertragsausfälle von 2,5 Franken pro Person und Tag in der Hotellerie dazu, müssen die Heime Ertragsausfälle von 50 Mio. Franken verkraften.

Gemäss Verband wird die Betreuung pro Bewohner und Tag von 11 Minuten auf 9 Minuten sinken.

Diese Sparmassnahme hätte somit eine Auswirkung auf die Qualität der Betreuung und könnte nur mit dem Abbau von circa 200 Stellen bei den Heimen kompensiert werden.

Wir Grünen lehnen diese Sparmassnahme im Bereich Hotellerie entschieden ab. Eine Massnahme auf Kosten der Betreuungsqualität und -quantität in Heimen geht nicht an und provoziert einen Stel- lenabbau. Die FiKo-Mehrheit verzichtet auf eine Reduktion der anrechenbaren Heimkosten. Es kann auch zu Debitorenverlusten führen. Wir nehmen die Planungserklärung 2 an.

Zur Massnahme 45.10.2: Die FiKo-Mehrheit verzichtet auch auf die Umsetzung der Massnahme, die Durchführungs- und Verwaltungskosten nach Abzug des Bundesbeitrags dem Lastenausgleich der EL zu unterstellen, da es eine unechte Sparmassnahme zulasten der Gemeinden ist. Zudem würde dadurch die Aufgabenteilung des Finanz- und Lastenausgleichgesetzes (FILAG) verletzt.

Auch diesen Abänderungsantrag nehmen wir an.

Raphael Lanz, Thun (SVP). Wir sind der Auffassung, dass die Mehrheit der FiKo einen guten Vor- schlag macht und stimmen der Planungserklärung 2 zu. Wie ich bereits ausgeführt habe, ist die Planungserklärung 2 mit der Massnahme unter 6.c in Verbindung zu bringen. Das Gesamtpaket scheint für uns vertretbar. Ich möchte auch noch sagen, dass wir in diesem Themenblock 7 den übrigen Anträgen der FiKo-Mehrheit zustimmen werden. Vielleicht dient es der Verschlankung der Debatte, wenn ich das jetzt in globo sage: Wir werden im Themenblock 7 der FiKo-Mehrheit zu- stimmen, und den anderen Anträgen können wir nicht folgen.

Präsidentin. Als Nächste spricht Grossrätin Stucki für die FiKo.

Béatrice Stucki, Bern (SP), Kommissionssprecherin der FiKo. Ich spreche als FiKo-Mitglied zur Planungserklärung 3 zum Themenblock 7.a. Es geht um einen der anfangs erwähnten, klassischen FILAG-Artikel, von denen wir insgesamt fünf haben. Die FiKo Sie bittet, diese nicht so umzusetzen, wie dies der Regierungsrat will. Hier geht es darum, dass der Kanton den Gemeinden Abgeltungen für Verwaltungskosten und Durchführungskosten beim Vollzug der EL-Massnahmen entrichtet. Das

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ist eine klassische FILAG-Aufgabe und gehört deshalb nicht in dieses Sparpaket. Wir bitten Sie, diese Planungserklärung so zu genehmigen.

Adrian Haas, Bern (FDP). Auch die FDP steht hinter dem Mehrheitsentscheid der FiKo, weil die Massnahme eine unzumutbare Hebelwirkung hätte. Deshalb lehnen wir sie ab.

Präsidentin. Es melden sich keine weiteren Fraktionen. Somit sind wir bei den Einzelsprechern.

Daniel Schwaar, Wileroltigen (BDP). Es ist für mich nicht verständlich, weshalb dieses Geschäft in der JGK angesiedelt ist. Ich glaube, es wäre besser der GEF zugeteilt. Wer eine solche Massnah- me präsentiert, hat aus meiner Sicht die Systematik nicht zu Ende gedacht. Ich nenne Ihnen zwei Gründe dafür: Erstens ist es eine Kostenersparnis für den Kanton von 5,5 Mio. Franken, die aber viele weitreichende Konsequenzen von grosser Tragweite hat. Wir können diese Massnahme ei- gentlich gar nicht beschliessen, weil wir am Schluss bei etwa 12 Mio. Franken ankommen, die feh- len. Das führt zu nachhaltigen Folgen. Wir haben es gehört: Ein Teil ist der Personalabbau. Damit wird die Pflege alter Menschen eingeschränkt. Weiter kann es zu Quersubventionierungen führen, wenn man aus Infrastrukturbeiträgen plötzlich Gelder transferiert, die für das Personal gebraucht werden. Dann stehen diese Gelder möglicherweise gar nicht mehr zur Verfügung, wenn man die Heiminfrastruktur optimieren will.

Was mir viel wichtiger ist: Pflegeheime sind nicht nur Pflegeheime. Sie sind ein Teil des Gesund- heitssystems und bieten eine grosse Verfügbarkeit von Pflegeplätzen für die Akutspitäler, die näm- lich ihre sogenannten Pflegenotfälle, die nicht mehr akutspitalbedürftig sind, in geeignete Institutio- nen überführen möchten. Werden diese Plätze abgebaut, führt dies dazu, dass die Spitäler mehr Pflegefälle haben. Natürlich sind die Spitäler froh: Sie haben die DRG-Pauschale, die sie verrech- nen können. Aber der Kanton wird 55 Prozent dieser Kosten tragen. Das ist ein klassischer Bume- rang-Effekt. Man sollte diese Entlastungsmassnahme definitiv nicht beschliessen.

Präsidentin. Ich sehe keine weiteren Rednerinnen und Redner und erteile somit Regierungsrat Neuhaus das Wort.

Christoph Neuhaus, Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor. Ich erlaube mir vorweg einige grundlegende Bemerkungen. Bei der Erarbeitung des Sparpakets hat man das Sparpotenzial der verschiedenen Produktegruppen auf der Basis der sogenannten anrechenbaren Kosten festgelegt.

Beim Vollzug von Sozialversicherungen sind dies aufgrund der Auszahlung von Sozialbeiträgen fast ausschliesslich anrechenbare Kosten. Entsprechend hoch ist der Sparbeitrag. Grossrat Schwaar hat an und für sich recht. Das Geschäft kommt via GEF. Aber wir zahlen vonseiten der JGK das Geld aus, und deshalb ist das Geschäft bei uns.

Gemäss dem Benchmarking der BAK Basel beteiligt sich der Kanton Bern im Bereich Alter – der Bereich EL gehört zu diesem Bereich – mit durchschnittlich 84 Prozent an den Kosten. In den ande- ren Kantonen beträgt der Anteil durchschnittlich 60 Prozent. Deshalb hat man diesen Bereich näher betrachtet. Wir haben verschiedene Alternativen in Erwägung gezogen, wie zum Beispiel die Prä- mienverbilligung, welche aber auch entsprechend ausgeglichen wurde. Nicht sparen wollten wir bei den persönlichen Ausgaben von Bezügerinnen und Bezügern von EL im Heim oder im Spital, weil das entsprechende Härten zur Folge hätte.

Damit komme ich zum konkreten Sparantrag vonseiten der Regierung. Im Bereich der EL sind die meisten Ausgaben gebunden. Sie sind auf Bundesebene geregelt, und daher werden Kürzungen schwierig. Wir geben in diesem Jahr etwa 840 Mio. Franken aus. Einzelne Bereiche liegen in der Kompetenz der Kantone, und die Höhe der höchstmöglichen anrechenbaren Heimkosten ist einer der wenigen Bereiche, in denen der Kanton Bern Einflussmöglichkeiten hat.

Der Regierungsrat berechnet die höchstmöglichen anrechenbaren Heimkosten mit vier Kostenele- menten. Diese Kostenelemente sind die Pflege, die Hotellerie, die Betreuung und die Infrastruktur.

Diese werden jährlich gemäss der Teuerung, dem Lohnsummenwachstum und dem Hochbauindex respektive dem hypothekarischen Referenzzinssatz aktualisiert.

Im Bereich Betreuung, Pflege und Infrastruktur wollen wir alles beim Alten belassen und wie ge- wohnt jährlich anpassen. Die Einsparungen will man im Kostenelement Hotellerie vornehmen. Dort muss man nachher beim Haushalt, beim Essen oder beim Sachaufwand entsprechend sparen, oh- ne dass zu grosse individuelle Einschränkungen in Kauf genommen werden müssen. Der Regie- rungsrat ist überzeugt, dass man in diesem Bereich sparen kann. Angesichts des Budgets von circa

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10,5 Mrd. Franken werden hier jährlich etwa 850 Mio. Franken ausgegeben. Die Tendenz ist stei- gend. In den letzten Jahren habe ich Steigerungen von 10 Mio. bis 40 Mio. Franken erlebt. Diese Ausgaben steigen ungebremst. Vor diesem Hintergrund bitte ich Sie, dem Regierungsrat zu folgen.

Präsidentin. Wünscht der Antragsteller der FiKo noch einmal das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Dann gehen wir direkt zur Abstimmung über. Wer dem Abänderungsantrag 2 der FiKo-Mehrheit zustimmt, stimmt Ja, wer diesen ablehnt, stimmt Nein.

Abstimmung (7.a Ergänzungsleistungen; Abänderungsantrag/Planungserklärung FiKo-Mehrheit / Grüne [Boss, Saxeten] / SP-JUSO-PSA – Nr. 2)

Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 140

Nein 0

Enthalten 0

Präsidentin. Sie haben den Abänderungsantrag angenommen.

Wir kommen zur Planungserklärung 3. Wer der Planungserklärung 3 der FiKo-Mehrheit zustimmen möchte, stimmt Ja, wer diese ablehnt, stimmt Nein.

Abstimmung (7.a Ergänzungsleistungen; Planungserklärung FiKo-Mehrheit – Nr. 3)

Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 137

Nein 2

Enthalten 1

Präsidentin. Sie haben die Planungserklärung angenommen. Bevor wir zu 7.b wechseln möchte ich nochmals kurz darauf hinweisen: Wir haben am Donnerstag die Sprechzeiten eingeschränkt.

Wir haben vier Minuten für Sprecherinnen und Sprecher der Kommissionsminderheit. Wir haben vier Minuten für Antragsteller, vier Minuten für Fraktionssprecher, zwei Minuten für Einzelsprecher und zwei Minuten für zweite Voten von Co-Antragstellern.

7.b Gemeinden

Abänderungsantrag VA 2018 / Planungserklärung EP 2018 / AFP 2019–2021 FiKo-Mehrheit – Nr. 1.

Kürzung Fusionsbeiträge (Massnahme 45.4.1): Es sind zusätzliche Kürzungen im Umfang von CHF 700 000 vorzunehmen.

Im Voranschlag 2018 ist der Saldo der Produktgruppe 6.7.5 «Unterstützung und Aufsicht Gemein- den» um CHF 700 000 zu reduzieren.

Präsidentin. Wir sind beim Themenblock 7.b Gemeinden angelangt. Es gibt einen Abänderungsan- trag der FiKo-Mehrheit. Ich erteile gerne Grossrat Bichsel das Wort.

Daniel Bichsel, Zollikofen (SVP), Kommissionspräsident der FiKo. Bei 7.b ist die FiKo-Mehrheit der Meinung, dass die Massnahme 45.4.1, Kürzung der Fusionsbeiträge, gegenüber dem regie- rungsrätlichen Vorschlag sogar verstärkt werden kann. Der Regierungsrat sieht eine Kürzung von 300 000 Franken pro Jahr vor. Die FiKo-Mehrheit ist der Meinung, dass man diesen Betrag um 700 000 Franken auf 1 Mio. Franken pro Jahr erhöhen könnte. Die FiKo-Mehrheit ist der Auffas- sung, dass gestützt auf die Realitäten bezüglich der tatsächlich zustande gekommenen Fusionen oder bezüglich der Fusionsabsichten die Budgetbeträge für die Jahre 2018 bis 2021 nicht in diesem Umfang beansprucht werden. Die Kürzung erfolgt, ohne den Rahmenkredit oder die gesetzlichen

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Ansprüche an diese Beiträge zu tangieren. Die Kürzung erfolgt ausschliesslich aufgrund einer ande- ren Einschätzung der Beanspruchung dieser Mittel. Der Vorschlag der FiKo-Mehrheit führt zu einer jährlichen Haushaltsverbesserung von 700 000 Franken.

Sie können sich erinnern: Wir hatten einen Rahmenkredit für die Jahre 2018 bis 2021 im Grossen Rat bewilligt. Der Rahmenkredit sieht durchschnittlich 3,1 Mio. Franken zur Förderung von Gemein- dezusammenschlüssen mittels Finanzhilfen oder sogenannt projektbezogener Zuschüsse vor. Allei- ne für das Grossprojekt Oberaargau Nord mit 11 Gemeinden wurden über 5 Mio. Franken einge- stellt. Das Projekt wird gemäss Medienmitteilung vom 24. September 2017 nicht weitergeführt, da die zustimmenden Gemeinden die nötige neue Einwohnerzahl – die sie sich selbst gesetzt haben – von mindestens 11 000 neuen Einwohnern nicht erreicht haben. Das Quorum wurde bei Weitem nicht erreicht. Die FiKo-Mehrheit beantragt Ihnen bei einem Kommissionsentscheid von 9 Ja- gegen 4 Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen, diese Planungserklärung anzunehmen.

Präsidentin. Wir kommen zu den Fraktionen. Für die SP-JUSO-PSA-Fraktion spricht Grossrätin Marti.

Ursula Marti, Bern (SP). Die SP-JUSO-PSA-Fraktion hat sich immer sehr für die Förderung von Gemeindefusionen eingesetzt. Wir haben noch immer viel zu viele Kleinstgemeinden. Es gibt zu wenig Fusionsprojekte und von jenen, die es gibt, werden viele am Schluss an der Urne abgelehnt.

Wir finden, der Kanton müsste sich noch viel mehr um Fusionen kümmern und sich aktiv dafür ein- setzen. Einfach zuschauen, zuwarten und hoffen, es käme dann schon gut, reicht nicht. Es braucht Aufklärung, Motivation und aktive Unterstützung. Es wäre für uns ein schlechtes Zeichen, wenn die Fusionsbeiträge noch stärker als von der Regierung gefordert gekürzt würden. Deshalb unterstüt- zen die Planungserklärung nicht.

Die Beiträge werden ohnehin nur bei konkreten Projekten ausgerichtet. Sind diese nicht vorhanden, wird der Budgetposten auch nicht ausgeschöpft. Es geht also nichts verloren. Aber es wäre ein fa l- sches Zeichen, noch mehr zu sparen, als es die Regierung will. Unsere Haltung zu diesem Antrag ist auch ein Signal an die Regierung. Wir erwarten, dass man die Aktivität im Bereich Fusionen noch verstärkt.

Antonio Bauen, Münsingen (Grüne). Wir wissen, dass der Kanton Bern kein Ausgaben-, sondern ein Einnahmenproblem hat. Ich sage es noch einmal: Der Kanton Bern hat ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem. Einer der Gründe dafür sind die schwerfälligen Strukturen. Der Kanton hat auf dem Niveau der Gemeinden noch immer 350 Kunden, mit denen er umgehen darf oder muss. Das macht das Ganze schwerfällig und ineffizient. Der Kanton ist also dringend gefordert, die Strukturen zu verbessern. Aber was tun wir in dieser Debatte? – Wir schwächen vielerorts unsere Strukturen.

Strukturen können wir sicher verbessern, wenn wir bei den Gemeinden «mehr Dampf» geben.

Wenn sich Gemeinden zusammenschliessen, wird der Kanton leistungsfähiger und somit auch ei- genständiger. Dadurch kann der Kanton auch entlastet werden. Das Volk hat dem Ziel, Gemein- defusionen zu fördern, vor nicht langer Zeit klar zugestimmt.

In den letzten Jahren ist es gelungen, im Kanton Bern die Anzahl der Gemeinden von 400 auf 351 zu reduzieren. Das ist sicher eine gute Leistung. Aber das reicht noch nicht. Zurzeit begleitet der Kanton 43 Gemeinden in Fusionsfragen. Das ist äusserst wichtig. Aber auch diesbezüglich geht nichts ohne Geld. Die etwas mehr als ein Dutzend Millionen, die in der Periode von vier Jahren für die Förderung und Umsetzung von Gemeindefusionen vorgesehen sind, sollte man nicht schmä- lern. Jetzt sollen neben den vorgesehenen 300 000 Franken zusätzlich 700 000 Franken oder ins- gesamt 1 Mio. Franken gespart werden. Das ergibt 4 Mio. Franken in diesen vier Jahren.

Einverstanden, auch wenn man das Budget im Moment nicht vollumfänglich gebraucht hat, wird am falschen Ort gespart. Vielleicht ist das auch ein Indiz dafür, dass der Kanton zu wenig Engagement zeigt, sprich er kann zu wenig Personalressourcen auf diesem Gebiet einsetzen. Also sollte man mehr Gas geben. Es kann uns nichts Besseres geschehen, als in die Verbesserung dieser Struktu- ren zu investieren. An dieser Stelle zu sparen, ist am falschen Ort gespart. Statt Strukturen zu stär- ken, fördern wir das Bewahren in alten Korsetts und schlussendlich auch für den Bürger das Bewah- ren nicht effizienter Strukturen und Organisationen. Wir sind der Auffassung, dies sei komplett falsch.

Deshalb lehnen die Grünen den Abänderungsantrag und die Planungserklärung der FiKo klar ab.

Jakob Etter, Treiten (BDP). Dass ich mit meinem Vorredner nicht ganz einverstanden bin, liegt auf der Hand. Man sagt im Volksmund, die einen würden reich durch viele Einnahmen, und die anderen

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würden reich durch wenige Ausgaben. Wir können selber entscheiden, wo der Kanton Bern steht.

Ich glaube, wir sind uns einig und müssen uns nicht vormachen, dass es sich bei der Massnahme zu 7.b nicht um eine echte Sparmassnahme handelt. Wir sahen aufgrund der letzten Rechnungen, dass nicht alles ausgegeben wurde, was für die Gemeindefusionen zuvor an Beiträgen eingestellt worden war. Deshalb sind wir der Meinung, man könne dem Antrag auf den Betrag, der nicht aus- gegeben wurde und nicht weh tut, zustimmen.

Ich gebe kurz zu den nächsten Punkten die Meinung der BDP-Fraktion bekannt. Dem Abände- rungsantrag zu 7.b stimmen wir zu, 7.c lehnen wir mehrheitlich ab, und 7.d nehmen wir wiederum an. Bei 7.e Prämienverbilligungen lehnen wir alle drei Planungserklärungen ab.

Adrian Haas, Bern (FDP). Zur Aussage mit den Ausgaben und Einnahmen: Wenn ich ein Auto fahre, das ich mir nicht leisten kann, dann kann ich natürlich sagen, ich hätte ein Einnahmenprob- lem, weil ich zu wenig Lohn erhalten würde. Aber das ist wahrscheinlich eine merkwürdige Art, die Sache zu sehen. Tatsache ist, dass wir im Kanton Bern trotz Sparpaket immer noch ein Ausgabe n- wachstum haben. Dieses liegt wesentlich – wesentlich! – über der Teuerung.

Zur Massnahme 7.b: Wir sind der Auffassung, dass man der Massnahme zustimmen kann. Es geht dabei vor allem darum, Luft rauszulassen, und wir zweifeln daran, dass dies irgendwie eine negati- ve Auswirkung auf die Frage haben könnte, ob Fusionen stattfinden oder nicht. Fusionen scheitern meistens an den Personen, die solche nicht wollen, oder an ihrem Amt festhalten. Es entspricht der geltenden Verfassung, dass wir die Gemeinden nur sehr bedingt zwingen und Druck ausüben kön- nen. Also, Luft rauslassen, Ja zu 7.b.! 7.c stimmen wir ebenfalls zu, weil wir nicht zuletzt mitschuldig waren, dass ein solches Gesetz erlassen wurde. Das heisst, wir folgen der FiKo-Mehrheit. Den wei- teren Anträgen unter 7.d stimmen wir ebenfalls zu, weil die Massnahme wieder eine solche FILAG- Bestimmung betrifft und man eine Aufgabenverschiebung vornimmt. Die Anträge zu 7.e lehnen wir ab, und bei 7.f folgen wir der FiKo-Mehrheit.

Franziska Schöni-Affolter, Bremgarten (glp). Wir folgen dem Mehrheitsantrag der FiKo aus fol- genden Gründen: Die Gemeindezusammenlegungen promoviert man seit bald 15 Jahren. Wir star- teten bei 450 Gemeinden, sind jetzt bei 350 Gemeinden, und das Ziel wäre es, glaube ich, bei etwa 300 Gemeinden zu landen. Wir sind der Überzeugung, dass wahrscheinlich nicht der Kantonsbei- trag den Anreiz bildet, weshalb sich Gemeinden zusammentun. Es gibt heute andere Anreize wie Raumentwicklungsstrategien, bei denen Gemeinden plötzlich merken: Achtung, wir müssen grösser werden, damit wir überhaupt etwas bewirken können. Wir haben sogar das Gefühl, dass die Min- destausstattungen, die die Gemeinden heute noch erhalten, viele Kleinstgemeinden am Leben er- halten, die eigentlich schon längst zusammenlegen müssten. Aber der Antrag der FiKo für Fusions- beiträge nützt offensichtlich nichts. Wir haben auch das Gefühl, es sei noch Luft im System. Die Beiträge werden offensichtlich nicht nachgefragt. Ich kann Ihnen nur etwas sagen: St. Gallen hat es geschafft, von 400 auf 300 Gemeinden zu reduzieren und zwar in der Zeit, in der wir es noch nicht geschafft haben. Die Mehrheit der Fraktion hilft, den Antrag der FiKo zu unterstützen.

Ich komme noch gleich zu 7.c. Das Gesetz über das Prostitutionsgewerbe (PGG) liegt mir ein biss- chen am Herzen. Wir hatten am Freitag den Welt-AIDS-Tag. Ich weiss, für die Schweiz hat dieses Thema nicht mehr oberste Priorität. Aber vergessen Sie nicht: Wir haben noch nicht alle Probleme gelöst. Jetzt kommt der Kirchendirektor, der eine Betriebsbewilligung verlangt, wenn jemand im Sexgewerbe einsteigen will. Dort muss man weitergehen. Man darf dies nicht fallen lassen und denken, dies sei bei uns nicht mehr wichtig. Ich habe vor einem Jahr eine Motion eingereicht, wo- nach diesbezüglich gemäss dem Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, EpG) bessere Kontrollen einzuführen sind. Kondome, Information und wasserlösliches Gleitmittel müssen vorhanden sein. Das wurde sogleich in die Verordnung auf- genommen. Und jetzt will man alles wieder über Bord werfen. Ich bitte Sie inständig, dem FiKo- Mehrheitsantrag zu folgen. So können wir in dem sensiblen Gebiet der sexuell übertragbaren Krankheiten nicht haushalten.

Ich komme noch zu 7.b. Das ist für uns klar, das ist gegen die Abmachung gemäss FILAG. Wir stimmen dem Antrag der FiKo-Mehrheit zu.

Thomas Knutti, Weissenburg (SVP). Mich hat das Votum von Grossrat Bauen etwas gestört. Er hat sich ein bisschen so ausgedrückt, als würden die kleinen Gemeinden nur schlechte Arbeit leisten.

Wie Sie alle wissen, bin ich natürlich ein Verfechter der Strukturen, wie man sie in den kleineren Gemeinden hat. Ich muss Ihnen einmal Folgendes in Erinnerung rufen: Ich denke gerade an meine

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Gemeinde, die Gemeinde Därstetten, die einen sehr kleinen Verwaltungsapparat hat. Ich gehe da- von aus, dass es nicht viele Gemeinden im Kanton Bern gibt, die einen so kleinen Verwaltungsap- parat haben wie die Gemeinde Därstetten. Wir haben einen Gemeindeschreiber mit einem 80 Prozent-Pensum. Wir haben eine Finanzverwalterin mit einem 50 Prozent-Pensum, und wir ha- ben noch eine Administrativverwalterin mit einem 60 Prozent-Pensum. So bewältigen wir unsere Arbeiten. Ich kann nicht verstehen, dass man in ein System eingreifen will, das effizient ist, eine sehr gute Bürgernähe sowie kurze Wege hat und gut funktioniert. Ich denke, wir haben auch den Tatbeweis dafür, dass je grösser ein Apparat ist, er desto schwerfälliger wird. Es funktioniert eben schlechter. Wir hatten am Samstag an der Gemeindeversammlung einen Antrag auf Erhöhung der Hundetaxe. Das ist ein urdemokratisches System. Innerhalb von Minuten konnte man die Taxe er- höhen. In grossen Gemeinden käme es zu einer Riesenübung über das Parlament.

Ich möchte im Namen der SVP-Fraktion bekannt geben, dass wir den Antrag einstimmig unterstüt- zen. Ich denke, das ist ein Antrag, der niemandem weh tut. Davon merkt niemand etwas. Das Geld wurde in den letzten Jahren gar nicht ausgeschöpft. Wir sind klar der Meinung, dass die kleineren Gemeinden ihre Berechtigung im Kanton Bern haben. Klar, diese müssen ihre Ämter besetzen kön- nen. Darin gebe ich Ihnen recht. Aber sie haben nach wie vor ihre Berechtigung. Deshalb unterstüt- zen wir den Antrag der FiKo-Mehrheit. Ich bitte Sie, das auch zu tun.

Präsidentin. Es haben sich keine weiteren Fraktionen gemeldet. Somit sind wir bei den Einzelspre- chern angelangt. Zuerst hat Grossrat Wüthrich das Wort.

Adrian Wüthrich, Huttwil (SP). Ich möchte nur kurz zu dieser Massnahme etwas sagen. Die Vor- redner haben gesagt, dass die Annahme dieser Massnahme keine Auswirkungen auf die Gemein- defusionen haben werde. Mir ist folgende Feststellung wichtig: Wir haben ein Gesetz zur Förderung von Gemeindezusammenschlüssen (Gemeindefusionsgesetz, GFG). Wir liessen sogar das Volk darüber abstimmen, wie wir Gemeindefusionen im Kanton Bern regeln wollen. Wir haben einen kla- ren Volksentscheid. Nachdem ich meine Vorrednerin und meinen Vorredner gehört habe, gehe ich davon aus, dass wir das bisherige Verfahren und die bisherigen Leistungen und Unterstützungen, die wir als Kanton bei Gemeindefusionen geleistet haben, weiterhin bei künftigen Gemeindefusio- nen leisten, auch mit einem Ja zur vorgeschlagenen Massnahme der FiKo auf Erhöhung der Kür- zung.

Ich möchte noch zur inhaltlichen Beschreibung der Massnahme im Bericht auf Seite 75 etwas sa- gen. Dort steht geschrieben: «Fusionen werden vom Kanton weniger aktiv gefördert.» Wenn ich meine Vorredner zusammenfasse, heisst das, wir fördern weiterhin aktiv Gemeindefusionen im Kanton Bern. Ich stelle einfach fest, dass die Beiträge in den letzten Jahren nicht ausgereizt wur- den, und wir nehmen, wie es die Vorredner ausgedrückt haben, Luft raus. In diesem Fall lautet die Anweisung an die Verwaltung, mit der Förderung der Gemeindefusionen weiterzufahren und die Gemeinden aktiv bei ihren Abklärungen zu unterstützen. Das entspricht der grundsätzlichen Idee, wie wir diese schon oft in diesem Saal diskutiert haben. Ein Ja zu dieser Massnahme sollte nichts ändern. Ich stelle dennoch fest, dass es sich um ein schlechtes Zeichen handelt. Deshalb werde ich meine Fraktion unterstützen und die Massnahme ablehnen.

Präsidentin. Ich erteile das Wort Regierungsrat Neuhaus.

Christoph Neuhaus, Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor. Zum Stand der Fusionen: Wir haben 347 Einwohnergemeinden, 237 Kirchgemeinden und 198 Burgergemeinden und Burger- kooperationen. Mit Blick auf das letzte Jahrzehnt verschwanden 12 Prozent der Gemeinden. Wir haben vergleichsweise siebenmal den Kanton Obwalden und viermal den Kanton Zug je in eine Gemeinde fusioniert. Insofern ist einiges gelaufen. Dies geschah aber schon so, dass die früheren Rahmenkredite nicht ausgeschöpft wurden. Der Grund liegt vor allem in der Freiwilligkeit der Ge- meindezusammenschlüsse. Man kann diese nicht verordnen. Demgegenüber liegt es an den zeitli- chen Verschiebungen. Wir haben schon zuvor in der Hochrechnung von 2018 bis 2021 Verände- rungen und zeitliche Verschiebungen mit 30 Prozent Pauschalkürzung vonseiten der Direktion be- rücksichtigt. Wir gehen davon aus, dass bei weiteren Kürzungen ab 2020 ein Engpass entsteht.

Dann ist das eine oder andere Projekt gefährdet. Aber grundsätzlich bestimmt der Grosse Rat da r- über, welche Politik er in Bezug auf Gemeindefusionen betreiben will. Sollte es 2020 zu einem Eng- pass kommen, und der Grosse Rat will Fusionen immer noch unterstützen, bräuchte es vielleicht einen Nachkredit. Will der Grosse Rat das nicht, kann man zwar fusionieren, aber es gibt kein Geld

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mehr. Vor diesem Hintergrund habe ich Ihnen die Fakten zur Fusion auf den Tisch gelegt, und Sie entscheiden.

Präsidentin. Die FiKo meldet sich nicht mehr zu Wort. Somit kommen wir direkt zur Abstimmung.

Zu 7.b Gemeinden liegt ein Abänderungsantrag respektive eine Planungserklärung vor. Wer dem Abänderungsantrag der FiKo-Mehrheit zustimmt, stimmt Ja, wer diesen ablehnt, stimmt Nein.

Abstimmung (7.b Gemeinden; Abänderungsantrag Planungserklärung FiKo-Mehrheit – Nr. 1)

Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 97

Nein 43

Enthalten 4

Präsidentin. Sie haben den Abänderungsantrag angenommen.

Wir wechseln zum Themenblock 7.c Prostitutionsgewerbe. Zuvor hatte bereits jemand gesagt, dass wir das abgekürzte Begrüssungsverfahren wählen. Ich glaube, das stimmt für alle. Ich erteile das Wort zuerst Grossrat Bichsel für die FiKo.

7.c Prostitutionsgewerbe

Planungserklärung EP 2018 / AFP 2019–2021 FiKo-Mehrheit / SP-JUSO-PSA (Marti, Bern) – Nr. 1 Aufgabenverzicht im Rahmen des Gesetzes über das Prostitutionsgewerbe (Massnahme 45.5.2):

Auf die Massnahme ist zu verzichten.

Daniel Bichsel, Zollikofen (SVP), Kommissionspräsident der FiKo. Mit der Massnahme 45.5.2 des Aufgabenverzichts im Rahmen des PGG sollen ab dem Jahr 2019 jährlich 200 000 Franken einge- spart werden, indem auf die verankerte Bewilligungspflicht zum Führen von Betrieben verzichtet wird. Damit sollen über alle zehn Regierungsstatthalterämter 1,5 Stellen verteilt aufgehoben wer- den. Die FiKo-Mehrheit beantragt Ihnen, auf die Massnahme zu verzichten, und begründet dies wie folgt: Wir haben die Bewilligungspflicht erst vor wenigen Jahren eingeführt. Die Einführung wurde damals ausführlich diskutiert, und der Grosse Rat sprach sich dafür aus. Die bisherigen Praxiserfah- rungen werden seitens der zuständigen Direktionen als durchweg positiv beurteilt. Eine Rückgän- gigmachung dieses jungen Entscheids wird nebst fachlichen Gründen als Missachtung des damali- gen Parlaments gesehen. Deshalb beantragt Ihnen die FiKo mit 8 Ja- gegen 6 Nein-Stimmen bei 3 Enthaltungen auf die Massnahme zu verzichten beziehungsweise der Planungserklärung zuzu- stimmen.

Präsidentin. Als Nächste hat die Co-Antragstellerin seitens der SP-JUSO-PSA-Fraktion, Grossrätin Marti, das Wort.

Ursula Marti, Bern (SP). Die Massnahme stösst bei uns auf grosses Unverständnis. Nur um 200 000 Franken einzusparen – das ist ein kleiner Betrag –, soll auf die Bewilligungspflicht für das Führen von Betrieben im Prostitutionsgewerbe verzichtet werden, nachdem man das Gesetz be- wusst geändert und die Bewilligungspflicht neu eingeführt hatte. Das ist noch nicht lange her. Die Einführung war mit einem grossen Arbeitsaufwand verbunden und verursachte entsprechende Kos- ten. Kaum wurde diese Investition getätigt und das Ganze läuft, soll das Gesetz wieder abgeschafft werden. Das ist Blödsinn. Das ist ein Hüst und Hott, das gar nicht geht. Wenn man in diesem Saal von einem Verschleudern von Steuergeldern sprechen kann, dann trifft das auf diese Massnahme der Regierung zu.

Abgesehen davon, dass das Bewilligungsgesetz in unseren Augen sehr sinnvoll ist, sind die Behör- den durch dieses Gesetz automatisch über die Betriebe informiert. Sie können eingreifen, wenn es nötig ist. Das ist sicher zum Vorteil der beschäftigten Frauen. Wir nehmen die Planungserklärung an.

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Präsidentin. Für die EVP-Fraktion spricht Grossrätin Streit.

Barbara Streit-Stettler, Bern (EVP). Die Planungserklärung hat nicht nur in der FiKo eine Mehrheit gefunden, sondern sie wird auch von der EVP einstimmig unterstützt. Es kann nicht sein, dass wir ein Gesetz, das wir im Grossen Rat vor Kurzem eingeführt haben und das sich bewährt hat, aus Kostengründen einfach wieder kippen. Die Bewilligungspflicht zum Führen von Betrieben in der Prostitution ist kein Nice-to-have. Man kann auch nicht darüber diskutieren, ob dies eine staatliche Aufgabe ist oder nicht. Aus unserer Sicht handelt es sich klar um eine hoheitliche Aufgabe. Wenn wir das Gesetz kippen, können wir anfangen, über andere hoheitliche Aufgaben zu diskutieren.

Wenn wir später das Polizeigesetz (PolG) beraten, gibt es dort diverse Aufgaben, die in die gleiche Kategorie fallen. Die EVP stimmt diesem Antrag zu.

Samuel Kullmann, Hilterfingen (EDU). Auch die EDU-Fraktion unterstützt diese Planungserklä- rung. Zu den Gründen: Ich möchte ein wenig ausholen. Kürzlich wurde auf ZDF eine Dokumentation über das Prostitutionsgewerbe in Deutschland gesendet. Dort wurden sehr erschreckende Aussa- gen gemacht. Ich zitiere zwei, drei dieser Aussagen: Bei Frauen in der Prostitution liegt die Sterb- lichkeitsrate vierzigmal über dem Durchschnitt. Das Mordrisiko ist achtzehnmal höher. 92 Prozent der Prostituierten wurden sexuell belästigt. 82 Prozent der Frauen haben physische Gewalt erlebt.

87 Prozent leiden seit dem sechszehnten Lebensjahr an körperlicher Gewalt. Eine weitere Aussage:

70 Prozent der Frauen in diesem Gewerbe leiden aufgrund der Situationen, denen sie ausgesetzt sind, unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Es gäbe noch viele Statistiken zu nennen.

Wir sind nicht bereit, auf diese Kontrollmassnahme zu verzichten.

Kriminelle Strukturen sind in weiten Teilen des Prostitutionsgewerbes vorhanden. Die Nachfrage kann nicht allein durch freiwillige Prostitution gedeckt werden. Ich denke, das ist klar: Es gibt starke kriminelle Strukturen wie Menschenhandel und Sklaverei, die dort am Wirken sind. In der Hoffnung, dass die Kontrollmechanismen ein bisschen etwas bringen, wird die EDU die Planungserklärung unterstützen. Wir müssen uns aber bewusst sein, dass Menschenhändler bestens darauf eingestellt sind, die Strukturen unseres Staates auszunutzen. Beim Bewilligungsverfahren hat man schnell ein paar gefälschte Pässe aus Rumänien oder Moldawien präsentiert. Wir müssen uns nicht vorma- chen, dass man mit dem PGG sehr effizient gegen den Menschenhandel vorgehen kann. Wahr- scheinlich ist dies leider nicht der Fall. Trotzdem: In der Hoffnung, dass die Kontrollmassnahmen etwas bringen, unterstützen wir diese Planungserklärung.

Präsidentin. Es haben sich keine weiteren Fraktionen oder Einzelsprecher gemeldet. Ich erteile das Wort Regierungsrat Neuhaus.

Christoph Neuhaus, Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor. Bei diesem Geschäft muss ich ein bisschen kämpfen. Ich habe zwei, drei Dinge gehört, die nicht stimmen. Grundsätzlich hat sich das PGG bewährt. Es soll bleiben, Grossrätin Marti. Es ist nicht so, dass wir das Gesetz aufheben.

Weitaus seltener prostituieren sich auch Männer. Nicht nur die Frauen sind betroffen, es geht auch um die Männer.

Der Regierungsrat anerkennt nach wie vor den Nutzen einer gesetzlichen Regelung für die Sexar- beit durch die Behörden. Wir wollen eine Teilrevision machen und die Bewilligungspflicht, die wir bis anhin haben, durch eine Meldepflicht ersetzen. Das ergibt auf der einen Seite eine administrative Vereinfachung und auf der einen Seite den entsprechenden Spareffekt. Zudem hat man weiterhin eine Handhabung und griffige Massnahmen zur Kontrolle im Sexgewerbe. Damit trägt man auch dem Anliegen der Städte Rechnung.

Es ist klar, dass man sich hier wehrt. Das Gesetz entstand vor fünf Jahren. Der Regierungsstatthal- ter von Nidau hatte sich stark bemüht und engagiert. Insofern haben wir noch nicht lange Erfahrung.

Aber: Es gibt 25 Kantone, die kein Prostitutionsgesetz haben. Es ist keine hoheitliche Aufgabe, Frau Grossrätin Streit. Sonst müssten die anderen 25 Kantone angeklagt werden. Der Kanton Bern ist der einzige Kanton, der dieses Gesetz hat. Er leistet einerseits Pionierarbeit, gibt aber andererseits auch viel mehr Geld aus. Die Formulare, die ausgefüllt werden müssen, umfassen vier kleinge- druckte Seiten – vier kleingedruckte Seiten mit Schriftgrösse 10. Das ist die Schrift der Zeitungen.

Man kann diese vier Seiten stark entschlacken und den Aufwand reduzieren, ohne dass man die Wirkung des PGG kaputt macht. Die Ziele des Gesetzes werden auch erreicht, wenn man anstelle der Bewilligungspflicht eine Meldepflicht einführt. Dann weiss man, wo sich die Institutionen befin- den. Die Regierungsstatthalterämter werden aber nicht ein formelles Bewilligungsverfahren durch-

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führen müssen. Heute müssen sie das. In anderen Kantonen gibt es dieses nicht. In Zürich besteht noch eine Prostitutionskommission für die Stadt. Die Umsetzung der Meldepflicht wird moderat im Rahmen der vorhandenen Ressourcen durch die Regierungsstatthalterämter vorgenommen. Damit ist der Zweck erfüllt. Den Kundenkontakt kann man dabei aufrechterhalten. Wissen Sie, wenn die Institution Xenia, die weiss, wovon sie spricht, nicht auf die Barrikaden geht und sagt, sie wehre sich in diesem Fall nicht, weil keine entsprechenden Auswirkungen zu erwarten seien, dann muss ich dafür kämpfen, damit man die Massnahme durchführen kann.

Grossrätin Schöni-Affolter hat gesagt, dass Anliegen trotzdem pragmatisch umgesetzt werden sol- len. Das kann man nachher in einer Verordnung regeln. Aber lassen Sie uns nicht einfach Tausen- de von Seiten sinnlos ausfüllen. Deshalb nochmals: Formularpflicht streichen, 200 000 Franken sparen, die Planungserklärung der FiKo ablehnen.

Präsidentin. Grossrat Siegenthaler hat sich als Co-Antragsteller gemeldet.

Peter Siegenthaler, Thun (SP). Ich möchte nach den Ausführungen des Regierungsrats noch zwei, drei Sätze sagen. Natürlich wird das PGG mit dieser Massnahme nicht als Ganzes infrage gestellt. Das sehen wir als Fraktion auch so. Nur wird der wichtigste Teil aufgehoben. Deshalb wird das Gesetz Makulatur, wenn wir der Massnahme zustimmen, so wie sie die Regierung vorschlägt.

Aus Sicht der betroffenen Städte – dazu gehört auch Thun – sind wir sehr, sehr froh um dieses In- strument, wie wir es im Moment mit dieser Bewilligungspflicht zusammen mit den Regierungsstatt- halterämtern haben. Es war ein fünfjähriger Prozess, um zum Punkt zu gelangen, an dem wir heute stehen. Und nun will man umkehren. Vorredner haben schon darauf hingewiesen: Dass wir mit die- sem Gesetz nicht alle Probleme dieses Gewerbes und im Umfeld desselben lösen, ist bekannt.

Aber die Massnahme, die wir hier diskutieren, trägt gar nichts dazu bei, dass wir als Städte oder als betroffene Gemeinden einen Überblick und Kontakt mit den Personen haben, die solche Etablisse- ments betreiben. Ich bitte Sie, dem Antrag der FiKo zuzustimmen.

Präsidentin. Wir kommen somit zur Abstimmung betreffen den Themenblock 7.c Prostitutionsge- werbe. Es liegt eine Planungserklärung der FiKo-Mehrheit und der SP-JUSO-PSA-Fraktion vor. Wer der Planungserklärung zustimmt, stimmt Ja, wer diese ablehnt, stimmt Nein.

Abstimmung (7.c Prostitutionsgewerbe; Planungserklärung FiKo-Mehrheit / SP-JUSO-PSA [Marti, Bern] – Nr. 1)

Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 131

Nein 6

Enthalten 7

Präsidentin. Sie haben der Planungserklärung zugestimmt.

Wir kommen zu 7.d Amts- und Vollzugshilfe. Es liegt ein Abänderungsantrag der FiKo-Mehrheit und der Co-Antragstellerin SP-JUSO-PSA vor. Ich erteile zuerst Grossrätin Stucki für die FiKo das Wort.

7.d Amts- und Vollzugshilfe

Abänderungsantrag VA 2018 / Planungserklärung EP 2018 / AFP 2019–2021 FiKo-Mehrheit / SP- JUSO-PSA (Marti, Bern) – Nr. 1

Verzicht auf Entschädigung der Gemeinden für Amts- und Vollzugshilfe (Massnahme 45.6.3): Auf die Umsetzung der Massnahme ist zu verzichten (unechte Sparmassnahme; Lastenverschiebung zu den Gemeinden; Verletzung Aufgabenteilungsgrundsätze [FILAG]).

Eventualiter: Der Ausgleich dieser Lastenverschiebung aufgrund der Wirkung dieser Massnahme erfolgt gemäss Artikel 29b FILAG.

Im Voranschlag 2018 ist der Saldo der Produktgruppe 6.7.11 «Betreibungen und Konkurse» um CHF 0,6 Millionen zu erhöhen.

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Béatrice Stucki, Bern (SP), Kommissionssprecherin der FiKo. Wir kommen damit zur dritten FI- LAG-Massnahme, auf welche die FiKo sie zu verzichten bittet. Es geht auch hier wieder um Durch- führungs- und Verwaltungskosten, die der Kanton im Fall der EL übernimmt, und zwar geht es um die Pflege und Betreuung in Heimen oder von Spitalaufenthaltern sowie den Bereich von Krank- heits- und Behindertenkosten. In diesem Fall hat der Regierungsrat anerkannt, dass es sich um eine FILAG-Massnahme handelt. Dementsprechend hat er auch im Bericht zum EP gekennzeich- net, dass eine FILAG-Änderung notwendig wäre. Wir bitten Sie aber, die Massnahme abzulehnen, weil sie bereits den Saldo des VA betreffen würde. Der VA wäre entsprechend um 0,6 Mio. Franken zu erhöhen.

Präsidentin. Darf ich kurz unterbrechen, Grossrätin Stucki? Ich glaube, dass Ihr Votum inhaltlich nicht stimmt. (Es erfolgt eine kurze Klärung mit dem Kommissionspräsidenten.)

Béatrice Stucki, Bern (SP), Kommissionssprecherin der FiKo. Entschuldigung, es geht nicht um die EL. Aber es geht um Durchführungs- und Vollzugskosten in den Bereichen, die ich zuvor aufge- zählt habe. Wir bitten Sie, die Massnahme abzulehnen.

Präsidentin. Wir kommen zu den Fraktionssprechern. Wir haben zuvor bereits die BDP, die FDP und die glp gehört. Gibt es weitere Fraktionen, die sich zum Themenblock 7.d Amts- und Vollzugs- hilfe äussern möchten? – Ich sehe keine Wortmeldungen. Gibt es Einzelsprecherinnen oder Ein- zelsprecher? – Das ist nicht der Fall. Somit erteile ich Regierungsrat Neuhaus das Wort.

Christoph Neuhaus, Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor. Ich habe Ihnen einleitend gesagt, dass der Regierungsrat eine Gesamtabwägung vorgenommen hat. Wenn man weiss, dass man im Kanton Bern für das Alter 84 Prozent seitens des Kantons aufwenden muss, während vergleichbare Kantone nur 60 Prozent aufwenden, dann muss man hinsehen. Der Verzicht auf die Entschädigung der Gemeinden ändert nichts an der bisherigen Aufteilung zwischen Kanton und Gemeinden g e- mäss Artikel 10. Artikel 29b FILAG ist nicht anwendbar, weil neue Elemente der Aufgabenteilung fehlen. Mit dem Verzicht auf die Entschädigung kann man hier entsprechend Rechnung tragen.

Der Präsident der FiKo ist hochgeschnellt. Ich danke ihm für die optische Hilfe. Ich gehe davon aus, dass Sie als Grosser Rat dem Grossen Rat und nicht mir als Regierungsrat folgen werden. Aber es ist klar: Artikel 29b FILAG ist in diesem Fall nicht anwendbar, weil gemäss dem Entwurf des neuen PolG das Element der neuen Aufgabenteilung fehlt.

Präsidentin. Der Regierungsrat hat sein Votum geschlossen. Darf ich dem Kommissionspräsiden- ten noch einmal das Wort erteilen? – Er wünscht das Wort nicht mehr.

Somit kommen wir zur Abstimmung. Es liegt ein Antrag zu 7.d Amts- und Vollzugshilfe der FiKo- Mehrheit und der SP-JUSO-PSA vor. Wer dem Antrag zustimmt, stimmt Ja, wer diesen ablehnt, stimmt Nein.

Abstimmung (7.d Amts- und Vollzugshilfe; Abänderungsantrag/Planungserklärung FiKo-Mehrheit / SP-JUSO-PSA [Marti, Bern] – Nr. 1)

Der Grosse Rat beschliesst:

Annahme

Ja 127

Nein 13

Enthalten 2

Präsidentin. Sie haben den Antrag angenommen.

Wir kommen zu 7.e Prämienverbilligungen. Es liegen drei Anträge der FiKo-Minderheit und der SP- JUSO-PSA-Fraktion vor. Ich bitte zuerst um das Votum der FiKo-Minderheit und anschliessend um jenes der SP-JUSO-PSA-Fraktion sowie als Co-Antragsteller der Grünen. Das Wort hat Grossrätin Stucki.

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7.e Prämienverbilligungen

Abänderungsantrag VA 2018 / Planungserklärung EP 2018 / AFP 2019–2021 FiKo-Minderheit / Grü- ne (Imboden, Bern) – Nr. 1

Der kantonale Betrag für die Prämienverbilligungen ist jährlich um die durchschnittliche Erhöhung der Krankenkassenprämien zu erhöhen, was im Kanton Bern für 2018 CHF 2,84 Millionen ent- spricht. (Betrag VA 2018: 3.4 %von CHF 83,6 Millionen Kantonsbeitrag).

Im Voranschlag 2018 ist der Saldo der Produktgruppe 6.7.9 «Vollzug der Sozialversicherungen» ist um CHF 2,84 Millionen zu erhöhen.

Planungserklärung AFP 2019–2021 FiKo-Minderheit – Nr. 2

Der kantonale Betrag für die Prämienverbilligungen ist jährlich um die durchschnittliche Erhöhung der Krankenkassenprämien zu erhöhen, was im Kanton Bern für das Jahr 2018 CHF 2,84 Millionen entspricht.

Abänderungsantrag VA 2018 SP-JUSO-PSA (Marti, Bern) – Nr. 3 Belassen der Tarife auf dem Stand von 2017.

Im Voranschlag 2018 ist der Saldo der Produktgruppe 6.7.9 «Vollzug der Sozialversicherungen» um CHF 26 Millionen zu erhöhen.

Béatrice Stucki, Bern (SP), Kommissionssprecherin der FiKo-Minderheit. Der Bund passt seine Beiträge an die Prämienverbilligung jedes Jahr an. Der Kanton tut dies nicht. Mit diesem Antrag möchten wir, dass in Zukunft auch der Kanton die Prämienverbilligungen indexiert und zwar im Rahmen der durchschnittlichen Erhöhungen der Krankenkassenprämien. Wir bitten Sie, dem Antrag zuzustimmen.

Präsidentin. Wem darf ich das Wort für den Antrag der SP-JUSO-PSA erteilen? – Grossrätin Marti hat das Wort.

Ursula Marti, Bern (SP). Die SP-JUSO-PSA-Fraktion stellt den Antrag, dass die Tarife der Prämien- verbilligungen auf dem heutigen Stand belassen werden. Die von der Regierung per 01. 01. 2018 beschlossene Senkung der Prämienverbilligung um 15 Prozent in vier von fünf Kategorien soll nicht vollzogen werden. Es ist für uns unverständlich, dass die Regierung nicht von sich aus die nötigen Mittel im VA eingestellt hat, um eine Kürzung zu vermeiden. Wenn sie es nicht tut, muss es halt der Grosse Rat tun. Deshalb stellen wir den Antrag, die nötigen Mittel einzustellen, um eine Senkung zu vermeiden. Es geht um 26 Mio. Franken.

Nach Bekanntgabe dieses Beschlusses im August haben wir in der Septembersession sofort eine dringliche Motion mit genau dieser Forderung eingereicht. Die Motion wurde als nicht dringlich er- klärt, was wir nicht ganz verstanden haben und auch kritisieren. Wir haben den Eindruck, dass die Mehrheit des Ratsbüros in dieser Angelegenheit politisch und nicht sachlich entschieden hat. Des- halb bringen wir an dieser Stelle unser Anliegen über den Antrag zum VA ein. Weshalb sind wir gegen die Senkung von 26 Mio. Franken? Die Stimmbevölkerung des Kantons Bern hat sich am 28. 02. 2016 bei einer Referendumsabstimmung deutlich gegen den Abbau bei den Prämienverbilli- gungen ausgesprochen. Auf Mitte Jahr passte in der Folge die Regierung die Kantonale Kranken- versicherungsverordnung (KKVV) an und erhöhte die Prämienverbilligung wieder. Jetzt, nur einein- halb Jahre später, will die Regierung die Prämienverbilligungen erneut empfindlich um 15 Prozent in vier von fünf Kategorien senken, obwohl die Krankenkassenprämien auf nächstes Jahr wieder stark ansteigen. Die Haushalte werden folglich einerseits ab 2018 mit höheren Prämien und andererseits mit tieferen Verbilligungen konfrontiert. Daraus resultiert eine sehr grosse Verschlechterung. Sach- lich richtig wäre anstelle einer Senkung eine Erhöhung der Prämienverbilligungen analog zum Prä- mienanstieg. Das würde auch der Logik der Bundesbeiträge an die Kantone entsprechen, die sich analog zur Prämienerhöhung entwickeln.

Eine Erhöhung der Prämienverbilligungen oder zumindest keine Senkung würde Einsparungen bei der Sozialhilfe und den EL bewirken. In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass der Kanton Bern gemäss Monitoring des Bundesamts für Gesundheit (BAG) schweizweit die höchs- te Prämienbelastung aufweist und dies nach Berücksichtigung der Verbilligungen. Der Kanton Bern täte gut daran, seine Einwohnerinnen und Einwohner nicht schlechter zu behandeln als jeder andere

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Kanton. Wie gesagt sollen zumindest die Tarife nicht weiter verschlechtert werden. Deshalb stellen wir diesen Antrag.

Präsidentin. Für die Co-Antragsteller der Grünen spricht Grossrätin Imboden.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Das Thema Prämienverbilligungen im Kanton Bern ist ein einzi- ges Trauerspiel. Wir sind schweizweit auf dem allerletzten Platz. Die BAK Basel zeigt das schwarz auf weiss: Wir haben bei diesem Thema die rote Laterne. Wer der Anwesenden im Saal ist sich bewusst, dass ab dem 01. 01. 2018 120 000 Leute im Kanton Bern weniger Prämienverbilligung erhalten als im letzten Jahr? – Haben Sie sich überlegt, was das für die Betroffenen bedeutet? Es sind Senkungen von bis zu 7 Prozent, die diese Leute – betroffen ist der untere Mittelstand – spüren werden. Ich bin überzeugt, dass Anfang Jahr bei einigen von Ihnen das Telefon «heiss» klingeln wird, weil diese Leute sich melden und fragen werden, weshalb der bürgerliche Grosse Rat diese Massnahme entschieden hat.

Das Thema Prämienverbilligungen ist sozialpolitisch in diesem Kanton ein Skandal, aber auch de- mokratiepolitisch ist es mehr als ein Trauerspiel. Ich gebe an dieser Stelle den Präsidenten der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) wieder. Er hat in der

«NZZ» vom 27. 11. 2017, einer unverdächtigen Quelle, gesagt, wenn die Krankenkassenprämien ungebremst weiter steigen, komme es irgendwann zum Volksaufstand. Der oberste Mediziner in die- sem Land spricht von einem Volksaufstand. In diesem EP stand nichts zu den Prämienverbilligungen.

Der Regierungsrat wird anschliessend sagen, es werde keine Senkung vorgenommen. Aber klamm- heimlich hat man die Verordnung geändert. Am 17. 08. 2017 wurde eine kurze Medienmitteilung mit dem Titel «Die Prämienverbilligungen werden auf Anfang 2018 gekürzt» herausgegeben. Wie ge- sagt werden mit den 120 000 Betroffenen vier von fünf Kategorien tangiert. Die allertieftsten sind nicht betroffen. Bei den Sozialhilfebezügern kann man nicht noch Kürzungen vornehmen. Aber es trifft Leute im unteren Mittelstand, die die Einbusse nicht mit anderen Kompensationen bewältigen können. Diese 120 000 Bernerinnen und Berner werden sich Anfang Jahr überlegen, welcher Gros- se Rat es ist, der die Politik für sie macht. Die grüne Fraktion bittet Sie deshalb unbedingt und wirk- lich eindringlich, alle drei Planungserklärungen zu unterstützen. Die Planungserklärung 1 will eine Anpassung und Indexierung an die Kostenentwicklung. Wir wissen, dass nächstes Jahr im Kanton Bern die Prämien um 3,4 Prozent steigen. Daher muss der Kanton Bern unbedingt eine Anpassung vornehmen, so wie es auch der Bund tut. Das ist eine sozialpolitisch zentrale Massnahme. Sonst heisst es: höhere Prämien und noch weniger Prämienentlastung. Das ist für den unteren Mittelstand nicht mehr bezahlbar. Es ist aber wirklich auch ein Abänderungsantrag für den VA. Das ist wichtig, weil wir bereits hier Einfluss nehmen können.

Die Anpassung der 20 Mio. Franken unterstützt die grüne Fraktion, weil damit genau das rückwärts korrigiert werden soll, was mit dieser Verordnungsänderung entgegen dem Volksentscheid gemacht wurde. Ich sage es an die Adresse der SVP, die Volksentscheide immer hochhält: Die Bevölkerung hat im Februar zum Abbau bei den Prämienverbilligungen deutlich Nein gesagt. Und klammheimlich ändert der Regierungsrat die Verordnung. Das ist sozialpolitischer Sprengstoff, und das Vorgehen der Regierung ist – ich entschuldige mich für das Wort – schlicht verantwortungslos, liebe Regie- rungsvertreter.

Präsidentin. Das war das Votum der Grünen als Co-Antragsteller und gleichzeitig auch für die Fraktion. Von den Fraktionen haben wir zu diesem Thema bereits die BDP und die FDP gehört. Als Nächster spricht für die EVP Grossrat Kipfer.

Hans Kipfer, Münsingen (EVP). Zu den Prämienverbilligungen hat die EVP seit jeher eine klare Haltung. Wir haben den Entscheid des Parlaments bei der ASP-Debatte akzeptiert. Die EVP hat sich aber dafür eingesetzt, dass der Kantonsbeitrag nicht noch weiter gekürzt wird. Wir haben uns ebenfalls dafür eingesetzt, dass die vorhandenen Mittel zielgerichtet verwendet werden. Die EVP hat sich auch mit einer leider abgelehnten Motion dafür eingesetzt, dass es eine Anbindung des Verbilligungseffekts an die Prämienentwicklung gibt. Dieser Logik folgend stimmen wir den Anträ- gen 1 und 2 zu, die die Anbindung an die Prämienentwicklung fordern. Der Antrag 1 wirkt auf den VA und der Antrag 2 auf das Finanzplanjahr. Beide Anträge stellen sicher, dass die Prämienver- günstigungen mit der Prämienentwicklung Schritt halten.

Den Antrag 3 lehnen wir ab, weil wir die Beschlüsse insbesondere der Budgethöhe bei der Prämi- enverbilligung akzeptieren. Wir werden aber nicht müde zu fordern, dass die verfügbaren Mittel

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zielgerichtet einzusetzen sind. Es sollen nicht Leute Prämienverbilligungen erhalten, die diese ei- gentlich nicht nötig haben. Wir warten immer noch auf ein verlässliches Zuteilsystem, das nicht die Falschen bevorzugt und andauernd geändert werden muss. So schwierig kann das wirklich nicht sein, Herr Regierungsrat! Wir lehnen also den Antrag 3 auf Erhöhung des Budgetvolumens gross- mehrheitlich ab.

Samantha Dunning, Biel/Bienne (SP). Demain ou après-demain nous allons réviser la loi sur l’aide sociale, et l’une des raisons pour lesquelles nous allons réviser cette loi sur l’aide sociale – c’est bien écrit dans le rapport – c’est pour ajuster l’équilibre entre les bénéficiaires de l’aide sociale d’une part, et les personnes actives à revenu modeste ainsi que les personnes de la classe moyenne inférieure. Là, on touche vraiment la classe moyenne inférieure et les personnes actives à revenu modeste. Les subsides aux primes maladie sont absolument nécessaires pour les familles, c’est pour cela qu’il est absolument important d’accepter les trois déclarations de planification, parce que les familles à revenu modeste et de classe moyenne ont vraiment besoin de ces réductions de primes d’assurance-maladie. C’est peut-être quelques centaines de francs, mais c’est vraiment très, très important pour ces familles. Donc je vous recommande vraiment d’accepter les trois déclara- tions de planification.

Präsidentin. Es haben sich keine weiteren Einzelsprecher gemeldet. Somit erteile ich Regierungs- rat Neuhaus das Wort.

Christoph Neuhaus, Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor. Die Regierung nimmt die sozial- politische Verantwortung wahr. Ich muss mich korrigieren: Die jetzige Regierung nimmt die sozial- politische Verantwortung wahr. 2012 hatten wir rund 400 Mio. Franken Prämienverbilligungen ausbezahlt. 2014 gingen wir auf 342 Mio. Franken runter. Nachdem die Regierung gewechselt hatte, ging man rauf auf 400 Mio. Franken und jetzt auf rund 440 Mio. Franken. Hinzu kamen 150 Mio.

Franken für die EL für Sozialhilfebezügerinnen und -bezüger. Das macht rund 600 Mio. Franken, wenn man grosszügig rechnet. In anderen Kantonen wird das zusammengerechnet. Deshalb wird hier in Bezug auf das Ganze auch entsprechend politisiert. Aber wenn Sie politisieren, dann neh- men Sie bitte die richtigen Zahlen! Und sagen Sie danke, dass die jetzige Regierung die sozialpoliti- sche Verantwortung wahrnimmt. 2014 hatte sie das nicht getan, damit ich das klar gesagt habe.

Grossrätin Imboden hat recht, indem sie sagt, die Prämien würden schwer wiegen. Dem ist so. Das ist aber nicht ein Problem der Prämienverbilligung, sondern der Gesundheitskosten. Dementspre- chend muss man seriös sein und sagen, dass wir 2016 darüber abgestimmt haben, ob 25 bis 45 Prozent der Bevölkerung Prämienverbilligungen erhalten sollen. Es ging nicht um einen Betrag, sondern um einen Prozentsatz der Bevölkerung. Bitte stellen Sie vor diesem Hintergrund nicht ir- gendwelche falschen Verknüpfungen her und hören Sie auf, populistisch auf dem Regierungsrat

«herumzutrümmern». Wir müssen aufgrund des Rechnungsergebnisses 2016 und des Budgetvoll- zugs eine massive Überschreitung auf das kommende Jahr hin anpassen. Das ist etwas Techni- sches.

Es trifft nicht zu, dass man mit den Prämienverbilligungen einfach so herunterfährt. Dementspre- chend kann man hier auch nicht einfach billige Politik machen. Auch wenn viele Emotionen im Spiel sind: Es ist ganz klar eine technische Anpassung und nicht eine Sparmassnahme. Ich werde das sonst gerne noch wiederholen. Ich erkläre auch gerne gewissen Leuten, wie das Ganze funktioniert.

Es ist nicht so einfach, wie irgendeinen Betrieb zu führen, bei dem es um Hunderttausende von Leuten geht. Ich weiss nach wie vor nicht, wer nächstes Jahr heiraten wird, wer Kinder kriegt, wer zuzieht und wer wegzieht, wer mehr und wer weniger verdient. Das ist ein sehr komplexes System.

Aber ich stelle es Ihnen sehr gerne vor. Und bitte politisieren Sie nicht einfach billig, und halten Sie sich an die Fakten.

Präsidentin. Als Co-Antragstellerin für die Grünen hat Grossrätin Imboden das Wort.

Natalie Imboden, Bern (Grüne). Ich kenne das Gesetz betreffend die Prämienverbilligungen relativ gut und halte mich sehr genau an die Fakten. Ich möchte noch einmal wiederholen, wie der Titel der Medienmitteilung lautete – so viel zu den Fakten –, von dem ich annehme, dass Sie, Herr Regie- rungsrat, diesen zusammen mit der Kommunikationsabteilung des Kantons Bern am 17. 08. 2017 herausgaben. Der Titel lautete: «Prämienverbilligungen werden auf Anfang 2018 gekürzt».

Man kann jetzt lange sagen, dem sei nicht so. Aber das war der Titel der vom Kanton Bern heraus-

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Novembersession 2017 2016.RRGR.942 16

gegebenen Medienmitteilung. In der Mitteilung steht, die Kürzungen würden vier von insgesamt fünf Einkommensklassen beziehungsweise 120 000 Personen betreffen. Ich möchte in diesem Fall gerne bei den Fakten bleiben. Das sind Fakten, wie sie von der Regierung kommuniziert wurden und in der Verordnungsänderung formuliert sind. Insofern bitte ich doch den Regierungsrat eben- falls, bei den Fakten zu bleiben.

Präsidentin. Als Antragstellerin der SP-JUSO-PSA hat Grossrätin Marti das Wort.

Ursula Marti, Bern (SP). Herr Regierungsrat, ich wehre mich entschieden dagegen, dass uns be- treffend unseren Antrag billige Politik vorgeworfen wird. Wir tun nichts anderes, als das Interesse der grossen Mehrheit des Volks zu vertreten. Die Abstimmung über das Referendum fiel klar aus, sehr klar. Im ganzen Kanton, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt, waren alle dagegen, bei den Prämienverbilligungen abzubauen. Wir verteidigen diesen Entscheid und erinnern daran. Wir vertreten damit die Stimme des Volks.

Die Formulierung, es sei nur eine technische Anpassung, ist eine Verniedlichung. Das geht gar nicht. Es handelt sich um eine knallharte Senkung, eine Senkung um 15 Prozent bei vier von fünf Kategorien. 120 000 Personen sind davon betroffen. Ich bitte Sie wirklich, den Antrag anzunehmen.

Seien Sie sich bewusst, welche Bedeutung die Prämienverbilligungen haben, welche Verantwor- tung wir im Grossen Rat tragen, und was das Volk von uns erwartet.

Präsidentin. Damit kommen wir zur Abstimmung über die drei Anträge. Wir stimmen über jeden An- trag einzeln ab. Als Erstes stimmen wir über den Abänderungsantrag der FiKo-Minderheit und der Grünen ab. Wer dem Abänderungsantrag 1 zustimmt, stimmt Ja, wer diesen ablehnt, stimmt Nein.

Abstimmung (7.e Prämienverbilligung; Abänderungsantrag VA 2018 / Planungserklärung EP 2018 / AFP 2019–2021 FiKo-Minderheit / Grüne [Imboden, Bern] – Nr. 1)

Der Grosse Rat beschliesst:

Ablehnung

Ja 59

Nein 87

Enthalten 0

Präsidentin. Sie haben den Antrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Planungserklärung der FiKo-Minderheit. Wer der Planungs- erklärung 2 zustimmt, stimmt Ja, wer diese ablehnt nein.

Abstimmung (7.e Prämienverbilligung; Planungserklärung AFP 2019–2021 FiKo-Minderheit – Nr. 2)

Der Grosse Rat beschliesst:

Ablehnung

Ja 59

Nein 86

Enthalten 0

Präsidentin. Sie haben die Planungserklärung 2 abgelehnt.

Wir sind beim Abänderungsantrag der SP-JUSO-PSA, Marti, Bern, angelangt. Wer dem Abände- rungsantrag 3 zustimmt, stimmt Ja, wer diesen ablehnt, stimmt Nein.

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