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Vergütung der Stromsteuer

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FG München, Urteil v. 18.05.2017 – 14 K 2093/14 Titel:

Vergütung der Stromsteuer Normenketten:

StromStG § 1 Abs. 1 Satz 3, § 2 Nr. 1, § 5 Abs. 3 Satz 3 AO § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1

Leitsatz:

Entstehung der Vergütung nach § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG mit der tatsächlichen Entrichtung der Steuer durch den unentdeckten Versorger.

Schlagworte:

Versorger, Letztverbraucher, Strom, Entnahme, Stromsteuer, Entrichtung, korrigierte Steueranmeldung, Differenzbesteuerung, Antrag auf Vergütung, Entstehung des Vergütungsanspruchs, Vorversorger, Festsetzung, Festsetzungsfrist, Festsetzungsverjährung, Verbrauchsteuer

Weiterführende Hinweise:

Revision zugelassen Fundstelle:

BeckRS 2017, 118096  

Tenor

1. Der Bescheid vom 4. März 2014 und die Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2014 werden aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, eine Steuervergütung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG für das Jahr 2009 i.H.v. 168.866,64 € festzusetzen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch

Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

1

Die Klägerin stellt …geräte her. Im Streitjahr (2009) bezog sie von einem Versorger versteuerten Strom; die ihr in Rechnung gestellte ermäßigte Stromsteuer, welche der Versorger entrichtete, betrug insgesamt 168.866,64 €. Den bezogenen Strom verwendete sie teilweise selbst und teilweise leistete sie ihn an Letztverbraucher, mit denen kein Miet-, Pacht- oder vergleichbares Vertragsverhältnis bestanden hat. Sie hatte keine Erlaubnis als Versorger gemäß § 4 Abs. 1 des Stromsteuergesetzes in der Fassung des Streitjahres (StromStG).

2

Für das Streitjahr gab sie im Jahr 2010 eine Steueranmeldung ab, in der sie Stromsteuer im Rahmen der ihr genehmigten Differenzbesteuerung gemäß § 16 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung in der Fassung des Streitjahres (StromStV) i.H.v. 11.582,60 € erklärte. Dies führte zu einer Festsetzung unter dem

Vorbehalt der Nachprüfung.

3

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2012 eingegangen beim Beklagten (dem Hauptzollamt - HZA -) am 28.

Dezember 2012, führte die Klägerin aus, nachträglich sei festgestellt worden, dass sie an Letztverbraucher Strom geliefert habe, ohne dass mit diesen ein Miet-, Pacht- oder vergleichbares Vertragsverhältnis bestanden habe. Deshalb gab sie u. a. eine korrigierte Steueranmeldung für das Streitjahr ab, in der sie Stromsteuer in Höhe von insgesamt 183.309,15 € erklärte; diesen Betrag bezahlte sie am 2. Januar 2013.

Zugleich stellte sie einen Antrag auf Vergütung gemäß § 5 Abs. 3 StromStG in Höhe der von ihr an den Versorger entrichteten Stromsteuer.

(2)

4

Das HZA erklärte mit Schreiben vom 30. Juli 2013, die Steueranmeldungen würden wie angemeldet angenommen. Die Klägerin legte keinen Einspruch ein. Den Antrag auf Vergütung lehnte das HZA mit Bescheid vom 4. März 2014 ab, weil Festsetzungsverjährung eingetreten sei.

5

Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Diesen wies das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2014 als unbegründet zurück.

6

Am 8. August 2014 erhob die Klägerin Klage. Maßgeblich für den Beginn der Festsetzungsverjährung sei die Entstehung des Vergütungsanspruchs. Hier sei der Anspruch mit der nachweislichen Entrichtung der durch die tatsächliche Entnahme des Stroms durch sie verursachten Steuer entstanden. Der Sachverhalt unterscheide sich von dem, welcher dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 20. September 2016 VII R 7/16 (BFH/NV 2016, 1835) zugrunde gelegen habe. Bei § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG beziehe sich die Vergütung auf ihre eigene Steuerschuld. Der hier geltend gemachte Anspruch setze eine nachweislich entrichtete Steuer voraus, wohingegen es bei § 51 Abs. 1 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) auf die nachweisliche Versteuerung ankomme. Damit setze der Gesetzgeber hohe Anforderungen an die Konkretisierung des Steueranspruchs. Dass es für die Entstehung des Vergütungsanspruchs auf die Bezahlung der der Steuer ankomme, die der unerkannte Versorger für die tatsächliche Entnahme schulde, zeige der Insolvenzfall des unerkannten Versorgers.

7

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 4. März 2014 und die Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, eine Steuervergütung gemäß § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG für das Jahr 2009 i.H.v.

168.866,64 € festzusetzen,

hilfsweise regt sie an, die Revision zuzulassen.

8

Das HZA beantragt, die Klage abzuweisen.

9

Der Vergütungsanspruch sei mit dem versteuerten Leisten durch den Vorversorger an die Klägerin im Jahr 2009 entstanden, so dass mit Ablauf dieses Jahres die Festsetzungsfrist begonnen habe. Weitere

Vergütungsvoraussetzung sei ein Nachweis der Entrichtung der durch die tatsächliche Entnahme des Stroms entstandenen und verbleibenden Steuer. Diese könne erfüllt werden, indem einem fristgerecht gestellten Vergütungsantrag geeignete Versteuerungsnachweise beigefügt oder nachgereicht würden.

Diesbezüglich würde die Festsetzungsfrist gemäß § 171 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) im Ablauf gehemmt. Ohne Nachweis der Entrichtung der durch die tatsächliche Entnahme des Stroms entstandenen und verbleibenden Steuer sei eine Vergütungszahlung jedoch rechtlich nicht möglich. Unzutreffend sei die Behauptung der Klägerin, die Steuervergütung nach § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG beziehe sich auf die eigene Steuerschuld, da nur die durch den Vorversorger entrichtete Steuer vergütet werden könne.

Abweichend vom BFH-Urteil in BFH/NV 2016, 1835 entstehe der hier streitige Vergütungsanspruch nicht durch Verwendung des Steuergegenstandes zu einem entlastungsfähigen Zweck, sondern durch die (fälschlich) versteuerte Versorgung eines Versorgers. Dennoch sei das Urteil in Bezug auf

Versteuerungsnachweise und Vergütungsfestsetzungsfristen einschlägig.

10

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die eingereichten Schriftsätze, die vorgelegten Behördenakten, insbesondere die Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2014 und die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 18. Mai 2017 Bezug genommen.

II.

11

(3)

Die Klage ist begründet. Die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG für die Vergütung sind erfüllt und die Festsetzungsverjährung ist noch nicht abgelaufen.

12

1. Die Voraussetzungen für die Vergütungen nach § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG liegen hier unstreitig vor.

13

a) Gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG entsteht die Steuer dadurch, dass vom im Steuergebiet ansässigen Versorger geleisteter Strom durch Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen wird, oder dadurch, dass der Versorger dem Versorgungsnetz Strom zum Selbstverbrauch entnimmt.

Versorger ist derjenige, der Strom leistet (§ 2 Nr. 1 StromStG). Wer ausschließlich nach § 3 StromStG oder

§ 9 Abs. 2a StromStG zu versteuernden Strom bezieht und diesen ausschließlich an seine Mieter, Pächter oder vergleichbare Vertragsparteien als Letztverbraucher leistet, gilt gem. § 1 Abs. 1 der Stromsteuer- Durchführungsverordnung in der Fassung des Streitjahres (StromStV) nicht als Versorger, sondern als Letztverbraucher im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG.

14

Strom gilt mit der Leistung an einen Versorger, der nicht Inhaber einer nach § 4 Abs. 1 StromStG erforderlichen Erlaubnis als Versorger ist, als durch einen Letztverbraucher im Steuergebiet aus dem Versorgungsnetz entnommen, wenn die Leistung des Stroms in der Annahme erfolgt, dass eine Steuer nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StromStG entstanden sei (§ 5 Abs. 3 Satz 1 StromStG). Eine Steuerentstehung durch die tatsächliche Entnahme des Stroms aus dem Versorgungsnetz bleibt dadurch unberührt (§ 5 Abs.

3 Satz 2 StromStG). Dem Versorger ohne Erlaubnis wird die durch den an ihn leistenden Versorger entrichtete Steuer auf Antrag vergütet, soweit er nachweist, dass die durch die tatsächliche Entnahme des Stroms entstandene Steuer entrichtet worden ist, für den Strom keine Steuer entstanden ist oder der Strom steuerfrei entnommen worden ist (§ 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG).

15

b) Im Streitfall hat die Klägerin, die Strom leistete, aber in dem Streitjahr keine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 StromStG hatte, Strom von einem Versorger bezogen, welcher ihr in der Annahme, sie sei

Letztverbraucherin, später bezahlte Stromsteuer in Rechnung stellte. Die Klägerin entnahm diesen Strom entweder zur eigenen Verwendung oder leistete ihn an Letztverbraucher, mit denen keine Miet-, Pacht- oder vergleichbare Vertragsverhältnisse bestanden. Sie hat die für diese tatsächlichen Entnahmen entstandene Stromsteuer bezahlt.

16

2. Festsetzungsverjährung ist nicht eingetreten.

17

a) Nach § 155 Abs. 4 AO gelten die Vorschriften für die Steuerfestsetzung und damit u.a. diejenigen über die Festsetzungsverjährung für Steuervergütungen sinngemäß. Gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist für Verbrauchsteuern, zu denen auch die Stromsteuer (§ 1 Abs. 1 Satz 3 StromStG) gehört, ein Jahr. Die Festsetzungsfrist beginnt nach § 170 Abs. 1 AO i.V.m. § 155 Abs. 4 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Wird eine Steuer oder eine Steuervergütung nur auf Antrag festgesetzt, so beginnt die Frist u. a. für die Aufhebung oder Änderung dieser Festsetzung nicht vor Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird (§ 170 Abs. 3 AO).

18

Für Vergütungsansprüche beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf desjenigen Jahres zu laufen, in dem der Vergütungsanspruch infolge der Verwirklichung des Entlastungstatbestands entstanden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 2016, 1835).

19

b) Der Vergütungsanspruch nach § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG entsteht nicht bereits mit der Verwendung des Stroms durch den unerkannten Versorger, sondern setzt zusätzlich voraus, dass der Antragsteller stromsteuerrechtlich ordnungsgemäß handelte. Dies bedeutet für den Fall, dass durch die tatsächliche Entnahme Steuer entstanden ist, diese der Antragsteller auch bezahlt haben muss.

20

(4)

Hierfür spricht der Wortlaut, wonach eine Vergütung neben anderen Voraussetzungen nur gewährt wird, soweit der Antragsteller nachweist, dass die durch die tatsächliche Entnahme des Stroms entstandene Steuer entrichtet worden ist, für den Strom keine Steuer entstanden ist oder der Strom steuerfrei entnommen worden ist. Der Begriff Entrichtung wird im StromStG (§ 8 StromStG) und in der

Abgabenordnung (z. B. §§ 224 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 240 Abs. 1 AO) im Sinne von tatsächlicher Erfüllung der Steuerschuld verwendet. Nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG wird zudem in diesem Zusammenhang zwischen der Entstehung und der Entrichtung der Steuer unterschieden.

21

Eine andere Auslegung ist auch mit den Zwecken des § 5 Abs. 3 StromStG nicht vereinbar: § 5 Abs. 3 Satz 1 StromStG enthält die Fiktion, dass das Leisten von Strom an einen unerkannten Versorger, welcher keine Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 StromStG hat, als Leisten an einen Letztversorger gilt und damit der Stromsteuer unterliegt. Dies soll eine nachträgliche Rückabwicklung der Lieferung an den unerkannten Versorger verhindern und dient dazu, Steuergefährdungen zu vermeiden (BT-Drucks. 16/1172, S. 46 f.). Allerdings bleibt hiervon die Steuerentstehung beim Versorger unberührt (§ 5 Abs. 3 Satz 2 StromStG). Für eine tatsächlich einmal steuerpflichtig entnommene Strommenge fällt die Steuer daher grundsätzlich zweimal an, nämlich einmal beim Vorversorger und einmal beim unerkannten Versorger. Letzterer ist, da ihm der Vorversorger die Stromsteuer in Rechnung stellt, dann mit der Steuer doppelt belastet (vgl. Schröer- Schallenberg in Bongartz/Jatzke/Schröer-Schallenberg, § 5 StromStG Rz 39 f.). Falls für den unerkannten Versorger keine Steuer anfällt, z. B. beim Eingreifen einer Steuerbefreiung oder der Lieferung an einen weiteren Versorger, führt § 5 Abs. 3 Satz 1 StromStG dazu, dass der unerkannte Versorger dennoch mit in Rechnung gestellter Stromsteuer belastet wird. Deswegen sieht § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG vor, dass sich der Antragsteller die nach § 5 Abs. 3 Satz 1 StromStG entstandene Steuer vergüten lassen kann, wenn er selbst seine Stromlieferung nachweislich ordnungsgemäß behandelt hat. Damit wird einerseits

sichergestellt, dass es nicht zu Steuerausfällen kommt, die andernfalls zu befürchten wären, weil der unerkannte Versorger wegen der fehlenden Erlaubnis gem. § 4 Abs. 1 StromStG keiner steuerlichen Überwachung unterliegt. Andererseits kann der unerkannte Versorger die wegen der fehlenden Steuerüberwachung entstehende zusätzliche Belastung durch einen Antrag nach § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG und den Nachweis seines ordnungsgemäßen Verhaltens im Einzelfall wieder rückgängig machen. Dies verdeutlicht, dass das Entstehen der Vergütung auch von dem ordnungsgemäßen Verhalten des Antragstellers abhängt und nicht nur von der Entstehung der Steuer nach § 5 Abs. 3 Satz 1 StromStG.

22

In besonderem Maße verdeutlicht der Insolvenzfall des unentdeckten Versorgers, dass auf die tatsächliche Bezahlung der Steuer abzustellen ist, die er für die tatsächliche Entnahme schuldet. Denn andernfalls erhielte das HZA hinsichtlich dieser noch nicht entrichteten Steuer nur die Insolvenzquote, müsste aber zugleich den gesamten Vergütungsanspruch an die Insolvenzmasse auszahlen, weil ja die Erfüllung der eigenen Steuerschuld des insolventen unentdeckten Versorgers keine Voraussetzung für das Entstehen des Anspruchs wäre. Dann führte die Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG zu einer - abgesehen von der Insolvenzquote - vollständigen Entlastung von der Stromsteuer, obwohl mit der Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG lediglich die doppelte Belastung rückgängig gemacht werden soll.

23

Das HZA trägt selbst vor, dass es das Gewähren der Vergütung vom Nachweis der Entrichtung durch den Antragsteller abhängig macht. Dies belegt, dass die Entrichtung der Steuer Voraussetzung für die

Vergütung ist. Denn andernfalls dürfte das HZA einen gestellten Antrag nicht mit Hinweis auf den mangelnden Nachweis der Entrichtung der Steuer ablehnen.

24

Anders als die Entrichtung der Steuer ist deren Nachweis keine Entstehungsvoraussetzung, sondern eine steuerverfahrensrechtliche Regelung. Dadurch trägt der Antragsteller nicht nur die materielle

Feststellungslast; er hat vielmehr auch die Entrichtung nachzuweisen, so dass die Amtsermittlungspflicht des HZA nach § 88 Abs. 1 Satz 1 AO insoweit begrenzt ist. Wäre nicht nur die Entrichtung der Steuer, sondern auch deren Nachweis Entstehungsvoraussetzung, hätte die Verjährung in der Regel keine Bedeutung mehr, weil der den Beginn der Verjährung auslösende Nachweis grundsätzlich erst mit dem Vergütungsantrag geführt sein wird und damit die Verjährung regelmäßig erst mit dem Stellen des Antrages beginnen würde.

(5)

25

c) Die Grundsätze des BFH zu §§ 46 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 1 EnergieStG sind nicht auf den Nachweis der Entrichtung der Steuer für die tatsächliche Entnahme zu übertragen.

26

Nach § 51 Abs. 1 EnergieStG wird eine Steuerentlastung auf Antrag für Energieerzeugnisse gewährt, die nachweislich nach § 2 Abs. 1 Nr. 9 und 10, Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 4a EnergieStG versteuert und zu den in

§ 51 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EnergieStG genannten Zwecken verwendet worden sind. Nach dem BFH-Urteil in BFH/NV 2016, 1835 ist der im EnergieStG nicht definierte Begriff der Versteuerung dahingehend

auszulegen, dass der Entlastungsanspruch bereits mit der steuerbegünstigten Verwendung des

Energieerzeugnisses entsteht, wobei unterstellt werden könne, dass in diesem Zeitpunkt die vom Lieferer nach § 79 Abs. 2 der Energiesteuer-Durchführungsverordnung (EnergieStV) zu führenden Aufzeichnungen ausreichende Gewähr für die Durchsetzung des Steueranspruchs böten. Es sei zu berücksichtigen, dass der vergütungsberechtigte Verwender in der Regel nicht in der Lage sei, die Anmeldung und Entrichtung der Steuer durch den Steuerschuldner, z. B. durch Vorlage von Kopien der Steueranmeldungen und Belegen über geleistete Vorauszahlungen, selbst nachzuweisen. Würde vom Verwender der Nachweis der Steuerfestsetzung oder der Entrichtung der Steuer durch den Lieferer bzw. Versorger gefordert, wäre das energiesteuerrechtliche Entlastungsverfahren nur mit einem erheblichen Aufwand durchführbar und kaum praktikabel. Nahezu ausgeschlossen wäre die nach § 95 Abs. 2a Satz 2 EnergieStV eröffnete Möglichkeit einer unverzüglichen Steuerentlastung. Das Ziel des Gesetzgebers, eine möglichst zeitnahe Entlastung desjenigen Verwenders zu gewährleisten, der durch die Zahlung des Kaufpreises als eigentlicher

Belastungsträger in Anspruch genommen werde, würde nicht mehr erreicht werden können. Der Begriff der Versteuerung bedürfe daher einer Auslegung, die den Zielen des Gesetzgebers und den Interessen der Wirtschaftsbeteiligten gerecht werde. Diese Grundsätze hat der BFH auf die Steuerentlastung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 EnergieStG übertragen (BFH-Urteil vom 10. Januar 2017 VII R 26/14, Betriebs-Berater - BB - 2017, 981).

27

In § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG wird der Begriff Entrichtung zweimal verwendet. Zum einen stellt das Gesetz auf die vom Vorversorger entrichtete Steuer ab. Hier bestehen die gleichen Nachweisprobleme für den Antragsteller wie bei §§ 46 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 1, EnergieStG, was insoweit für die Übertragung der Grundsätze aus den oben genannten BFH-Urteilen spricht. Zum anderen wird dem Antragsteller durch die Vorschrift auferlegt nachzuweisen, dass er seine eigene Steuer entrichtet hat. Im Gegensatz zu den Nachweisproblemen bei der Entrichtung durch den Lieferer bzw. Vorversorger gibt es insoweit keine Nachweisschwierigkeiten, weil es sich um die eigene Steuer des unentdeckten Versorgers handelt. Hier ist die tatsächliche Bezahlung der durch die tatsächliche Entnahme entstandenen Steuer erforderlich, um den Zweck des § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG zu erreichen und eine nicht gewollte Begünstigung des unerkannten Versorgers zu verhindern. Denn anders als bei der Lieferung durch den Vorversorger und anders als bei §§

46 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 1 EnergieStG kann nicht davon ausgegangen werden, dass der unerkannte Versorger seine Steuer entrichten wird und es daher ausreicht, auf die tatsächliche Entnahme durch ihn abzustellen. Genau diese Gefahr, dass der unerkannte Versorger, der nicht der steuerlichen Überwachung unterliegt, seinen stromsteuerrechtlichen Verpflichtungen zum Abführen der Steuer nicht nachkommt, ist nämlich ein Grund für die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 StromStG, welche - wie dargelegt - auch der Vermeidung von Steuerausfällen dient. Erst durch das ordnungsgemäße Verhalten des unentdeckten Versorgers im Einzelfall entfällt diese (abstrakte) Gefahr und soll die durch § 5 Abs. 3 Satz 1 StromStG bestehende zusätzliche Belastung durch die Vergütung rückgängig gemacht werden.

28

Schließlich sieht die StromStV im Gegensatz zu §§ 87 Abs. 2 Satz 2, 95 Abs. 2a Satz 2 EnergieStV für §§

46 Abs. 1 Satz 1, 51 Abs. 1 EnergieStG keine Möglichkeit zur unverzüglichen Entlastung bei § 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG vor. Dies deutet darauf hin, dass es dem Verordnungsgeber bei dieser Vorschrift -

entsprechend ihrem Zweck - nicht um eine zeitnahe Entlastung ging.

29

d) Im Streitfall hat die Klägerin die Steuer für die tatsächliche Entnahme im Jahr 2013 entrichtet, so dass mit Ablauf dieses Jahres die einjährige Festsetzungsfrist begann. Der im Jahr 2012 eingegangene Antrag nach

§ 5 Abs. 3 Satz 3 StromStG war demnach vor Ablauf der Verjährung gestellt.

(6)

30

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.

31

4. Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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