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Die Rechtslage klinischer Prüfungen und Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten. Diplomarbeit

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Academic year: 2022

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Die Rechtslage klinischer Prüfungen und

Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten

Ein Vergleich zwischen Österreich und Deutschland

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades Master of Science in Engineering

der

Fachhochschule Campus Wien

Master-Studiengang Biotechnologisches Qualitätsmanagement

Vorgelegt von:

Sabrina Glasner, BSc

Personenkennzeichen: 1510541021

FH-Hauptbetreuer/in:

Mag. DDr. Alexander Hönel, MBA, LL.M Zweitprüfer/in:

Mag. Dr. Elke Litzlbauer

Abgabetermin: 06.06.2017

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ii

Erklärung:

Ich erkläre, dass die vorliegende Diplomarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw.

mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe.

Ich versichere, dass ich diese Diplomarbeit bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe.

Weiters versichere ich, dass die von mir eingereichten Exemplare (ausgedruckt und elektronisch) identisch sind.

Datum: 06.06.2017 Unterschrift:

(3)

iii

Danksagung

Danke an meinen Großvater Karl, ein großes Vorbild und noch größerer Unterstützer zeit seines Lebens und für immer. Ruhe in Frieden!

Danke an meine Großmutter Henriette, auf die ich mich immer verlassen kann und die mich immer forderte und förderte.

Danke an meine Eltern Karin und Ernst, die stets zu 100% hinter mir stehen.

Danke an meinen Bruder Christoph, der seiner Rolle als großer Bruder immer gerecht wurde – der Mensch der mich forderte und ärgerte wie kein anderer und trotzdem immer für mich da ist.

Danke an meinen Lebenspartner Johann, der mir immer eine starke und aufbauende Schulter bietet und mich immer dann zum Lachen bringt, wenn ich es am dringendsten brauche.

Danke an all die anderen lieben Menschen in meinem Leben, die an mich glauben, zu mir stehen und mich immer unterstützen.

Danke!

(4)

iv

Kurzfassung

Der Markt der Medizinprodukte ist ein ständig wachsender. Die Anforderungen und Vorschriften an die Herstellung, Prüfung, Inverkehrbringung und Überwachung sind dementsprechend mit den Jahren auch immer strenger und genauer geworden.

Obwohl sich alle EU Mitgliedsstaaten an die übergeordneten Richtlinien der europäischen Kommission halten müssen, findet man zwischen den einzelnen Staaten Differenzen auf dem Weg zur Erreichung dieser übergeordneten Ziele. Wie alle EU Richtlinien geben auch die für diese Diplomarbeit relevanten Richtlinien, 93/42/EWG für Medizinprodukte und 98/79/EG für In vitro-Diagnostika, lediglich das verbindlich zu erreichende Ziel vor. Der Weg zur Erreichung dieses Zieles bleibt aber, bis zu einem gewissen Grad, ein Graubereich und lässt den einzelnen Nationen Spielraum für die Umsetzung in ihren nationalen Gesetzen.

In Deutschland und Österreich ist diese Umsetzung im jeweiligen Medizinproduktgesetz geregelt. Und obwohl Österreich und Deutschland das gleiche Ziel erreichen müssen, die gleiche Amtssprache haben und einen vergleichbar guten sozialen Standard sowie Lebensstandard haben, gibt es zwischen diesen beiden Ländern im Bereich klinischer Prüfungen mit Medizinprodukten beziehungsweise Leistungsbewertungsprüfungen mit In-vitro-Diagnostika mehrere Unterschiede, welche dem einen oder dem anderen Land eventuelle Vorteile verschaffen. Um zu verstehen welche Vor- beziehungsweise Nachteile sich aus welchem Grund für Österreich oder Deutschland ergeben, wird im Zuge dieser Diplomarbeit die Rechtslage klinischer Prüfungen, beziehungsweise Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten in Österreich und Deutschland verglichen.

(5)

v

Abstract

The market for medical devices is steadily growing. Therefore the requirements and regulations regarding production, testing, placing on the market and monitoring became stricter and more precise over the past few years.

Although all member states of the EU are underlying the superior guidelines of the European Commission certain differences in the way how the states are aiming to fulfil these mandatory goals set in these superior guidelines can be found. EU guidelines only determine the mandatory goal which has to be reached but they leave some space for interpretation how to reach these goals. This is also applicable for the two for this thesis relevant guidelines 93/42/EWG for medical devices and 98/79/EG for in- vitro-diagnostics.

In Germany as well as in Austria the execution of these two mentioned guidelines is regulated in the so called „Medizinproduktegesetz – MPG“

(medical device act). Although Germany and Austria have to reach and fulfil the same ultimate goal, have the same official language and very comparable social and economic standards, there are certain differences between these two countries in how they are aiming to fulfil these mandatory goals. These differences lead to one or another advantage /disadvantage for one of the two countries. In order to understand which advantages or disadvantages result because of which reasons for either Austria or Germany, the legal situation of clinical trials with medical devices and performance evaluations with in-vitro-diagnostics in these two countries will be investigated and compared to each other in the course of this master thesis.

(6)

vi

Abkürzungsverzeichnis

AGES Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit ADE Adverse Device Events (unerwünschte Wirkung des

Produkts)

AE Averse Events (Nebenwirkungen) AIMD Active Implantable Medical Devices

BASG Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen BfArM Bundesministerium für Arzneimittel und

Medizinprodukte

BMG Bundesministerium für Gesundheit

BMGF Bundesministerium für Gesundheit und Frauen BMFLUW Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,

Umwelt und Wasserwirtschaft CE = EG Europäische Gemeinschaft

DIMDI Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information

EMA European Medicines Agency

EU Europäische Union

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWR Europäischer Wirtschaftsraum

GESG Gesamte Rechtsvorschrift für Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz

GCP Good Clinical Practice

ICH International Conference on Harmonization ISO International Organization for Standardization IVD In-vitro-Diagnostikum

MDC Medical Device Certification

MDD Medical Device Directive (Richtlinie 93/42/EWG)

MP Medizinprodukt

MPG Medizinproduktegesetz PEI Paul Ehrlich Institut

PTB Physikalisch-Technische Bundesanstalt

(7)

vii

RKI Robert Koch-Institut

SADE Serious Adverse Device Event (schwerwiegende unerwünschte Wirkung des Produkts)

SAE Serious Adverse Event (schwere Nebenwirkungen) WMA World Medical Association (Weltärztebund)

ZLG Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die 4 Phasen von der Entwicklung bis nach der Zulassung Abbildung 2: Schriftbild der CE-Kennzeichnungen mit richtigen

Proportionen

Abbildung 3: Flussdiagramm zu den unterschiedlichen Konformitätsbewertungsverfahren von Medizinprodukten

Abbildung 4: Unterschiedliche Konformitätsbewertungsverfahren von In- vitro-Diagnostika

Abbildung 5: Klassifizierung von Medizinprodukten nach MDD Abbildung 6: Mitglieder der Ethikkommission

Abbildung 7: Hauptverantwortlichkeiten bei klinischen Prüfungen Abbildung 8: Amtssignatur des BASG

Abbildung 10: unterschiedliche Meldeverfahren gemäß §40 MPG (Österreich)

Abbildung 11: Anzahl der beim BASG eingereichten klinischen Prüfungen nach Art des Sponsors (2010-2015)

Abbildung 12: MPG und nationale Verordnungen in Deutschland

Abbildung 13: Zuständigkeiten im Medizinproduktbereich in Deutschland Abbildung 14: Der lange Weg der Medizinprodukte

Abbildung 15: Anzahl der Risikomeldungen (2010 – 2015)

(8)

viii

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kategorisierung von unerwünschten Ereignissen

Tabelle 2: Anzahl der beim BASG eingereichten klinischen Prüfungen nach Art des Sponsors (2010-2015)

Tabelle 3: Anzahl der beim BASG eingereichten

Leistungsbewertungsprüfungen nach Art des Sponsors (2010-2015) Tabelle 4: Klassifizierungen von Medizinprodukten und In-vitro- Diagnostika (2010 – 2015)

Tabelle 5: Meldungen von SAEs (2010 – 2015)

Tabelle 6: Anzahl der Risikomeldungen (2010 – 2015)

Tabelle 7: Anzahl der Risikomeldung von Medizinprodukten nach Klassen (Stand 26.01.2016)

Tabelle 8: Anzahl der Risikomeldung von In-vitro-Diagnostika nach Klassen (Stand 26.01.2016)

Schlüsselbegriffe In-vitro-Diagnostika Klinische Prüfung

Leistungsbewertungsprüfung

Medizinprodukt

Medizinproduktegesetz

(9)

ix

Inhaltsverzeichnis

Kurzfassung ... iv

Abstract ... v

Abkürzungsverzeichnis ... vi

Abbildungsverzeichnis ... vii

Tabellenverzeichnis ... viii

Schlüsselbegriffe ... viii

Inhaltsverzeichnis ... ix

1 Einleitung ... 1

1.1 Problemstellung ... 4

1.2 Untersuchungsmethodik ... 6

1.3 Formale Festlegung und Zitierweise ... 6

2 Die europäische Gesetzeslage ... 7

2.1 Grundlegende Anforderungen an Medizinprodukte ... 9

2.2 CE-Kennzeichnung und die Benannte Stelle ... 11

2.1.1 CE-Kennzeichnung ... 11

2.3 Die Benannte Stelle ... 13

2.4 Konformitätsbewertungsverfahren ... 15

Anhang lV der MDD – EG Prüfung ... 17

2.5 Klassifizierung von Medizinprodukten ... 21

2.6 Klinische Prüfungen von Medizinprodukten ... 23

2.7 Ethikkommission ... 29

2.8 Aufgaben und Verantwortlichkeiten ... 31

2.9 Zulassung ... 34

2.10 Überwachung und Meldepflicht ... 36

(10)

x

3 Rechtslage in Österreich ... 40

3.1 Das österreichische Medizinproduktgesetz (MPG) ... 40

3.2 Zuständigkeiten ... 40

3.2.1 BASG – Bundesamt für Sicherheit und Gesundheitswesen ... 40

3.2.2 AGES – Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit ... 41

3.3 Das Meldeverfahren ... 43

3.3.1 Kosten ... 50

3.3.2 Meldepflichten während der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung ... 51

3.3.3 Meldepflichten nach der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung ... 52

3.4 Zahlen und Fakten ... 53

4. Rechtslage in Deutschland ... 57

4.1 Das deutsche Medizinproduktgesetz (MPG) ... 57

4.2 Zuständigkeiten ... 58

4.2.1 BfArM – Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte ... 60

4.2.2 PEI – Paul-Ehrlich-Institut ... 61

4.2.3 PTB – Physikalisch-Technische Bundesanstalt ... 62

4.2.4 RKI – Robert Koch-Institut ... 62

4.2.5 DIMDI – Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information ... 63

4.3 Das Meldeverfahren ... 63

4.3.1 Kosten ... 68

4.3.2 Meldepflichten während einer klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung ... 69

4.3.3 Meldepflicht nach einer klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung ... 71

(11)

xi

4.4 Zahlen und Fakten ... 75 5. Ergebnisse ... 77 5.1 Welche allgemeinen Anforderungen gibt die Europäische Union (EU) vor? ... 77 5.2 Welche Unterschiede gibt es in der Rechtslage klinischer Prüfungen mit Medizinprodukten zwischen Österreich und Deutschland? ... 78 6. Zusammenfassung & Conclusio ... 89 Quellenverzeichnis ... 93

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1

1 Einleitung

Obwohl Medizinprodukte für die effektive medizinische Versorgung essentiell sind und beinahe allgegenwertig eingesetzt werden, spielen sie im Bewusstsein der Menschen, im Vergleich zu den sehr präsenten Arzneimitteln, eine eher untergeordnete Rolle. Ein Grund dafür könnte sein, dass vielen Menschen nicht bewusst ist was genau ein Medizinprodukt eigentlich ist. Gemäß der EU Richtlinie 93/42/EWG gelten als Medizinprodukt

„alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe oder anderen Gegenstände, einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische und/oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinprodukts eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen für folgende Zwecke bestimmt sind:

- Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten;

- Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen;

- Untersuchung, Ersatz oder Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs;

- Empfängnisregelung,

und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologische oder immunologische Mittel noch metabolisch erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.“ [1]

[1] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 1

(13)

2

Zu den Medizinprodukten gezählt werden also Produkte vom einfachen Pflaster bis hin zu hochkomplexen Geräten wie zum Beispiel einem Computertomographen. [2] Die beabsichtigte Hauptwirkung von Medizinprodukten im oder am menschlichen Körper wird also nicht durch pharmakologische oder immunologische Mittel, oder durch den Metabolismus erreicht. Ihre Wirkung kann aber durchaus durch Mittel, die auf einen oder mehrerer dieser Wege ihre Wirkung entfalten, unterstützt werden. Über die oben angeführte Definition erfolgt die Abgrenzung zu Arzneimitteln, sowie Gewebe- und Blutprodukten, Lebensmittel, wie auch kosmetischen Produkten. Kurz gesagt ist das Hauptziel oder die Hauptaufgabe von Medizinprodukten diagnostische und/oder therapeutische Aufgaben zu erfüllen. [3]

Bei Kombinationsprodukten, das heißt Arzneimittel + Medizinprodukt, bleibt das Produkt rechtlich ein Medizinprodukt wenn die Hauptwirkung nicht vom Arzneimittel ausgeht. [4] Ein Beispiel dafür wäre ein mit einem Arzneimittel beschichteter Stent oder ein Pflaster zur Wundabdeckung mit antibiotischer Komponente.

In-vitro-Diagnostika sind eine Art der Medizinprodukte, die für medizinische Laboruntersuchungen, von aus dem Menschen stammenden Proben (z.B. Blut- oder Gewebeproben), verwendet werden. Ihr Zweck ist es Informationen zu den physiologischen oder pathologischen Bedingungen zu liefern, Verträglichkeit bei einem potentiellen Patienten zu überprüfen und therapeutische Maßnahmen zu überwachen. Von dieser Definition ausgeschlossen sind alle Gegenstände für den allgemeinen und routinemäßigen Laborbedarf, außer es wird vom Hersteller explizit als ein In-vitro-Diagnostika deklariert. [5]

[2] Andrea B. Gall (2009): „Vergleich von Medizinproduktegesetz und Arzneimittelgesetz unter besonderer Berücksichtigung des Inverkehrbringens und der klinischen Prüfung“, S. 17

[3] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 1

[4] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 3

[5] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 1

(14)

3

Für den medizinischen Fortschritt und die evidenzbasierte Medizin sind klinische Prüfungen ein essentieller und unverzichtbarer Bestandteil.

Klinische Prüfungen von Medizinprodukten sind systematische Untersuchungen an freiwilligen und über alle Nutzen und Risiken aufgeklärten Prüfungsteilnehmern. Ziel von klinischen Prüfungen ist es die Sicherheit und Wirksamkeit, beziehungsweise eventuelle Mängel und Nebenwirkungen auszuforschen, sowie die Bestimmung des geeigneten Einsatzgebietes des Medizinproduktes.

Leistungsbewertungsprüfungen sind die klinischen Prüfungen der In-vitro- Diagnostika. Man versteht darunter also die Überprüfung, dass ein bestimmtes In-vitro-Diagnostikum für den vorgesehenen Verwendungszweck geeignet ist, beziehungsweise die Überprüfung dessen Sicherheit und Wirksamkeit. [6]

Je nach Fragestellung können klinische Prüfungen nicht nur an Patienten sondern auch an gesunden Probanden durchgeführt werden. Des Weiteren kann eine klinische Prüfung in einem Prüfzentrum (monozentrisch) oder in mehreren Prüfzentren (multizentrisch) des europäischen Wirtschaftsraumes durchgeführt werden. Multizentrische Prüfungen werden nach einem einzigen Prüfplan, aber, im Gegensatz zu monozentrischen Prüfungen, an mehr als einem Prüfzentrum und somit durch mehr als einen Prüfer durchgeführt.

Bei allen klinischen Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen, egal ob monozentrisch oder multizentrisch, gelten sehr hohe ethische, rechtliche und wissenschaftliche Anforderungen um die Sicherheit und Rechte der Studienteilnehmer zu schützen. Diese hohen Anforderungen sind auch der Hauptgrund weshalb klinische Prüfungen sehr kostspielig sind, mehrere Jahre dauern und selbst nach einer erfolgreichen Marktzulassung noch nicht vorbei sind. Man spricht daher auch gerne von einem „Life-cycle“.

[6] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 1

(15)

4

Trotz der für alle EU Mitgliedsstaaten geltenden und übergeordneten Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte und der Richtlinie 98/79/EG über In-vitro-Diagnostika, findet man, wenn man die Rechtslage klinischer Prüfungen/ Leistungsbewertungsprüfungen in den einzelnen Staaten näher betrachtet, durchaus den einen oder anderen Unterschied in der Umsetzung der generellen Anforderungen.

Und obwohl es sich bei Österreich und Deutschland um zwei benachbarte EU Staaten mit gleicher Sprache und vergleichbaren Standards handelt und man daher glauben könnte, dass sich diese beiden Länder in ihrer Umsetzung von EU-Sekundärrecht nicht großartig unterscheiden, gibt es sogar hier diverse Differenzen in der Rechtslage von klinischen Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten. Diese

Unterschiede reichen von den für klinische

Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten einzuhaltenden Fristen bis hin zu den notwendigen Dokumenten und Kriterien für eine erfolgreiche Genehmigung der Prüfung.

1.1 Problemstellung

Obwohl klinische Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen, im Gegensatz zu klinischen Studien mit Arzneimitteln, in der Welt der Medizinprodukte eine subsidiäre Rolle spielen, sind sie dennoch für die Bewertung der Sicherheit, Effizienz und Wirksamkeit neuer Diagnoseverfahren und Behandlungsmethoden äußerst wichtig. Daher werden an sie auch hohe Ansprüche gestellt. Es muss garantiert sein, dass die gewonnenen Daten korrekt und nachvollziehbar dokumentiert sind, da nur dann die

1. Entwicklung 2. Non-Clinical 3. Klinik 4. Post-

Approval

Abbildung 1: Die 4 Phasen von der Entwicklung bis nach der Zulassung

(16)

5

Ergebnisse der Prüfung einen Beitrag zur Entscheidung über eine Fragestellung mit hoher klinischer Relevanz leisten können.

Sowohl Österreich als auch Deutschland haben, betreffend der Umsetzung der Handhabung klinischer Prüfungen mit Medizinprodukten, als Basis die europäische Richtlinie 93/42/EWG und für die Umsetzung von Leistungsbewertungsprüfungen mit In-vitro-Diagnostika die europäische Richtlinie 98/79/EG. Weil eine Richtlinie nur ein verbindliches Ziel vorgibt, nicht aber den Weg zur Umsetzung dieses Zieles, finden sich Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland in der Rechtslage bezüglich klinischer Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten. Diese Unterschiede können es für Sponsoren klinischer Prüfungen schnell uninteressant werden lassen, eine klinische Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung multinational durchzuführen.

Zeitverlust, aber auch ein erhöhter Kostenaufwand durch Disharmonisierung beeinträchtigen damit den Forschungsstandort.

Ziel dieser Diplomarbeit ist es diese Unterschiede, die sich in der Rechtslage klinischer Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten zwischen Österreich und Deutschland finden lassen, genauer zu beleuchten und das unterschiedliche Vorgehen der beiden Länder übersichtlich zu erläutern.

Folgende Fragen sollen beantwortet werden:

• Welche allgemeinen Anforderungen gibt die Europäische Union (EU) vor?

• Welche Unterschiede gibt es in der Rechtslage klinischer Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten zwischen Österreich und Deutschland?

• Welche Vor- beziehungsweise Nachteile ergeben sich dadurch für das eine beziehungsweise andere Land?

(17)

6

Um dieses Hauptziel zu erreichen wird im Zuge der vorliegenden Diplomarbeit,

1) die europäische Gesetzeslage klinischer

Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten kurz erläutert

2) die Rechtslage in Österreich näher betrachtet und erläutert 3) die Rechtslage in Deutschland näher betrachtet und erläutert

4) die Unterschiede in der Rechtslage klinischer Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten zwischen Österreich und Deutschland näher betrachtet und erläutert.

1.2 Untersuchungsmethodik

Es handelt sich bei dieser Diplomarbeit um eine formalwissenschaftliche Arbeit. Der Informationsgewinn geschah durch selbstständige Recherche mittels dem Internet, Fachzeitschriften und Guidelines, sowie durch die Betreuung durch Mag. DDr. Alexander Hönel, MBA, LL.M.

1.3 Formale Festlegung und Zitierweise

In der vorliegenden Diplomarbeit wird, zugunsten der einfacheren Lesbarkeit und Verständlichkeit, eine geschlechtsneutrale Schreibweise verwendet. Männliche und weibliche Personen sind selbstverständlich gleichermaßen gemeint.

Die Quellenangaben direkter und indirekter Zitate werden als Fußnote angegeben. Bei Abbildungen und Tabellen befindet sich die zugehörige Quelle direkt unter der Abbildung/Tabelle.

(18)

7

2 Die europäische Gesetzeslage

Da sowohl Österreich als auch Deutschland Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) sind, müssen sich auch beide Länder an die übergeordneten EU Regularien halten. Die Richtlinien der EU geben ein verbindliches Ziel vor, welches es zu erreichen gilt. Die Umsetzung zur Erfüllung dieses Zieles ist aber bis zu einem bestimmten Grad frei wählbar.

Oberste Priorität der Europäischen Kommission, dem ausführenden Organ der Europäischen Union, ist es sicherzustellen, dass nur solche Medizinprodukte in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, welche sicher, wirksam und von guter Qualität sind. Qualität wird gemäß der EN ISO 9000:2005 als folgend definiert:

„Grad, in dem ein Satz inhärenter Merkmale Anforderungen erfüllt.“

[7, 8]

Es liegt in der Verantwortung jedes einzelnen Mitgliedsstaates des europäischen Wirtschaftsraumes und somit auch in der Verantwortung von Österreich beziehungsweise Deutschland, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, die sicherstellen, dass alle Anforderungen, die laut der Richtlinie 93/42/EWG beziehungsweise der Richtlinie 98/79/EG gefordert sind, ausreichend erfüllt und umgesetzt werden. Dies soll gewährleisten, dass die Gesundheit und Sicherheit der Menschen keiner Gefahr ausgesetzt wird.

Das Medizinproduktegesetz (MPG) entspricht in Österreich und Deutschland der gesetzlichen Umsetzung der europäischen Richtlinien

[7] Inhärent bedeutet in diesem Zusammenhang „ständig“; Merkmal ist gleichbedeutend mit „Eigenschaft“; Anforderungen sind „Kriterien“ welche es zu erfüllen gilt

[8] Qualitätsmanagementsysteme - Grundlagen und Begriffe, ISO 9000:2005, S. 24

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8

90/385/EWG für aktive implantierbare medizinische Geräte, 93/42/EWG für Medizinprodukte und 98/79/EG für In-vitro-Diagnostika.

Im Zuge dieser Diplomarbeit wird die Richtlinie 90/385/EWG für aktive implantierbare medizinische Geräte nicht näher betrachtet. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Umsetzung der Richtlinie 93/42/EWG für Medizinprodukte (kurz auch genannt MDD) sowie der Richtlinie 98/79/EG für In-vitro-Diagnostika (kurz auch genannt IVD) in Österreich und Deutschland. Diese beiden Richtlinien sind sich inhaltlich sehr ähnlich. Ein wesentlicher Unterschied ist, dass im MDD Medizinprodukte in die Klassen l, lla, llb und lll unterteilt werden, während in der IVD Richtlinie eine Klassifizierung der In-vitro-Diagnostika in zwei Listen (A und B), sowie in

„Produkte zur Eigenanwendung“ und „sonstige IVD“ stattfindet.

Das MPG ist in Österreich und auch in Deutschland ein Bundesgesetz und umfasst alle qualitätsrelevanten Gesichtspunkte im Hinblick auf die Herstellung, Prüfung, Verbreitung, Instandhaltung und Verwendung von Medizinprodukten und ihr Zubehör.

Dieses Bundesgesetz gilt in beiden Ländern laut dem jeweiligen MPG nicht für:

- “Arzneimittel gemäß dem Arzneimittelgesetz

- kosmetische Mittel gemäß § 5 des Lebensmittelgesetz

- menschliches Blut, Blutprodukte, Blutplasma sowie Blutzellen mit menschlichem Ursprung, es sei denn es handelt sich um In-vitro- Diagnostika oder um Medizinprodukte gemäß § 2 Abs. 5c

- Organe, Gewebe oder Zellen mit menschlichem Ursprung, es sei denn es handelt sich um In-vitro-Diagnostika oder um Medizinprodukte gemäß § 2 Abs. 5c

- Transplantate, Gewebe oder Zellen mit tierischem Ursprung, es sei denn es handelt sich um ein In-vitro-Diagnostika oder wenn ein Medizinprodukt unter der Verwendung von abgetöteten, tierischen Geweben und dessen Erzeugnissen hergestellt wurde

(20)

9

- Produkte aus natürlichem Heilvorkommen.“ [9, 10]

Zubehör von Medizinprodukten hat eine für das Medizinprodukt unterstützende Rolle und ist wie folgt definiert:

„Gegenstand, der selbst kein Produkt ist, sondern nach seiner vom Hersteller speziell festgelegten Zweckbestimmung zusammen mit einem Produkt zu verwenden ist, damit dieses entsprechend der vom Hersteller des Produkts festgelegten Zweckbestimmung des Produkts angewendet werden kann.“ [11]

2.1 Grundlegende Anforderungen an Medizinprodukte

Allgemein ist es in der gesamten Europäischen Union verboten Medizinprodukte, welche unter begründetem Verdacht stehen die grundlegenden Anforderungen nicht zu erfüllen, oder solche, welche ihr Verfallsdatum bereits überschritten haben, in Verkehr zu bringen, zu installieren oder in Gebrauch zu nehmen. Grund dafür ist, dass in solchen Fällen nicht mehr für ein qualitatives, sicheres und wirksames Produkt garantiert werden kann. [12] In allen Mitgliedsstaaten des europäischen Wirtschaftsraumes werden laut der Richtlinie MDD folgende grundlegende Anforderungen an Medizinprodukte gestellt:

- Medizinprodukte dürfen die Sicherheit und Gesundheit der Patienten sowie der Anwender oder Dritter, wenn sie ihrem vorgesehenen Zweck entsprechend benutzt werden, nicht gefährden. Etwaige Risiken, die bei der Installation, dem Gebrauch oder der Implantierung eines Medizinproduktes auftreten können, müssen

[9] Gesamte Rechtsvorschrift für Medizinproduktegesetz (2016) (Österreich), §4

[10] Gesetz über Medizinprodukte (Medizinproduktegesetz - MPG) (2016) (Deutschland),

§2/5

[11]

Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 1

[12] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 4

(21)

10

vorab im Zuge einer Risiko-Nutzen-Evaluierung auf ihre Vertretbarkeit evaluiert und bewertet werden.

- Medizinprodukte müssen so hergestellt und vertrieben werden, dass sie, wenn man sie bestimmungsgerecht verwendet und transportiert, keine Schäden und/oder Mängel von sich tragen.

- Medizinprodukte müssen dem aktuellen Stand der Technik und Wissenschaft entsprechen. Dabei ist immer auf die Risikobeseitigung beziehungsweise Risikominimierung durch die Integration von Sicherheitskonzepten beim Erstellen des Medizinproduktes, den gegebenenfalls nötigen oder sinnvollen Einbau von Schutz- und Alarmvorrichtungen für Restrisiken, sowie auf eine umfassende Aufklärung des Benutzers über alle verbleibenden Restrisiken, vor Allem über jene für welche keine Schutzmaßnahmen getroffen werden konnten, zu achten.

- Für jedes Medizinprodukt muss eine Begleitinformation über die richtige und sichere Verwendung vorhanden sein. Diese Information muss dem Wissen und der Ausbildung des adressierten Anwenderkreises entsprechen und für diesen verständlich sein.

Darüber hinaus müssen alle Informationen in der Muttersprache des Patienten und Anwenders verfügbar sein.

- Alle Informationen, die für die sichere Anwendung des Medizinproduktes erforderlich sind, müssen auf diesem selbst, der Stückpackung, sowie gegebenenfalls auf der Handelspackung zu finden sein. Ist keine Einzelverpackung möglich, müssen alle notwendigen Angaben in Form einer Begleitinformation beigelegt werden.

- Name oder Firma und Anschrift des Herstellers müssen auf dem Medizinprodukt sichtbar und lesbar vermerkt sein.

- Bei Medizinprodukten für die In-vitro-Diagnose muss darauf geachtet werden, dass diese bestimmte Leistungsparameter, die vom Hersteller vorgegeben werden, erfüllen. Solche Leistungsparameter können sich auf, zum Beispiel, die Spezifität, Präzision, Sensitivität, Reproduzierbarkeit und Richtigkeit beziehen.

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11

- Bei Medizinprodukten für die In-vitro-Diagnose ist, wenn Gewebe, Zellen und Stoffe mit menschlichem Ursprung verwendet werden, stets auf die Integrität des Individuums und dessen Privatsphäre durch Geheimhaltung persönlicher Daten Rücksicht zu nehmen. [13]

Generell können Medizinprodukte in der EU nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn die, für die Inverkehrbringung verantwortliche Person, also im Regelfall der Hersteller, ihren Sitz in einer Vertragspartei des europäischen Wirtschaftsraumes hat, oder, wenn dies nicht der Fall ist, eine bevollmächtigte Person mit Sitz im europäischen Wirtschaftsraum hat. Darüber hinaus dürfen nur solche Medizinprodukte, welche als mit den Anforderungen konform gekennzeichnet sind, in Verkehr gebracht werden. [14]

2.2 CE-Kennzeichnung und die Benannte Stelle

Die Abkürzung CE ist gleichbedeutend mit der Abkürzung EG und steht als Zeichen für die Europäische Gemeinschaft. Vergeben werden CE- Kennzeichnungen von dazu befugten, Benannten Stellen, oder, im Fall von einigen Medizinprodukten der Klasse l, durch den Hersteller selbst.

2.1.1 CE-Kennzeichnung

Seit dem 14. Juni 1998 ist es eine gesetzliche Vorschrift, dass Medizinprodukte, welche keine CE-Kennzeichnung tragen, nicht in Verkehr gebracht werden dürfen. Das CE-Kennzeichen dient der Bestätigung, dass das Medizinprodukt einem Konformitätsverfahren unterzogen wurde und für den vorab definierten Einsatzzweck technisch und klinisch ausreichend

[13]

Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 19

[14] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 11

(23)

12

wirksam und sicher erklärt wurde. Kurz gesagt könnte man die CE- Kennzeichnung als die Zulassung von Medizinprodukten bezeichnen. [15]

Kein Mitgliedsstaat darf ohne Grund die Inverkehrbringung und/oder die Inbetriebnahme von einem korrekt CE-gekennzeichneten Medizinprodukt verhindern. [16]

Gekennzeichnet dürfen nur jene Medizinprodukte werden welche:

- alle in Kapitel 2.1 bereits erwähnten grundlegenden Anforderungen an Medizinprodukte, sowie andere geltende Vorschriften, welche die spezifische Zweckbestimmung behandeln, erfüllen.

- die vorgeschriebene Konformitätsbewertung bestanden haben.

Die CE-Kennzeichnung muss, wenn möglich, auf dem Medizinprodukt und der Handelspackung, und auf alle Fälle auf der Sterilverpackung, sowie auf der Gebrauchsanweisung so platziert werden, dass sie klar sichtbar, deutlich lesbar und dauerhaft angebracht ist. Außerdem muss, falls zutreffend, die Kennnummer der Benannten Stelle, welche die Konformitätsbewertung durchgeführt hat, klar ersichtlich angebracht sein.

Generell dürfen nur Medizinprodukte mit einer konformen CE- Kennzeichnung in Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden.

Davon ausgenommen sind Medizinprodukt für eine klinische Prüfung oder Sonderanfertigungen von Medizinprodukten. [17] Unter einer Sonderanfertigung versteht man ein eigens für einen bestimmten Patienten angefertigtes Produkt. In diesen beiden Ausnahmefällen ist keine CE-Kennzeichnung vorgeschrieben. [18]

[15] Informationen zur EG-Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte, S. 7

[16]

Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 4

[17] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 14

[18]

Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 2

(24)

13 Abbildung 2: Schriftbild der CE-Kennzeichnungen mit richtigen Proportionen Quelle: Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte; Seite 55; Anhang Xll

2.3 Die Benannte Stelle

Erfüllt ein bestimmtes Medizinprodukt alle Anforderungen einer bestimmten Richtlinie der europäischen Kommission, darf es der Hersteller mit einer CE-Kennzeichnung versehen. Bei, zum Beispiel, Medizinprodukten der Klasse l, die weder steril sind, noch eine Messfunktion haben, ist keine Zertifizierung durch eine Benannte Stelle notwendig und der Hersteller darf es mit einer CE-Kennzeichnung ohne Kennnummer versehen. [19] Medizinprodukte der Klasse lla, llb und lll hingegen sind von einer Benannten Stelle zu zertifizieren und erhalten daraufhin das CE-Kennzeichen plus der Kennnummer der Benannten Stelle, welche die Zertifizierung ausstellt.

Jede Benannte Stelle, auch genannt „notified bodies“, erhält ihre eigene und einzigartige Kennnummer durch die Europäische Kommission zum Zeitpunkt der ersten Benennung unter einer bestimmten Richtlinie.

Im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft sind alle Benannten Stellen mit ihrer zugehörigen vierstelligen Kennnummer sowie ihren Aufgaben gelistet.

Benannte Stellen stehen unter der direkten Aufsicht der nationalen Behörden. Diese nationalen Behörden sind in der Lage bereits erteilte Benennungen zu ändern oder falls nötig sogar aufzuheben. Kommt es zu

[19] Information zur EG-Richtlinie93/42/EWG über Medizinprodukte, S. 14

(25)

14

einer Änderung oder Aufhebung, muss diese nationale Behörde die anderen Mitgliedsstaaten und die Europäische Kommission darüber sofort in Kenntnis setzen. [20]

Voraussetzung für eine Benannte Stelle ist, dass sie akkreditiert ist.

Folgende weitere Mindestkriterien müssen laut der MDD erfüllt sein:

- Die Benannte Stelle und das gesamte mit der Konformitätsbewertung betraute Personal müssen von dem zu bewertenden Medizinprodukt unabhängig sein, um eine objektive Bewertung zu gewährleisten.

- Die Benannte Stelle muss in der Lage sein, alle vorgesehenen Aufgaben erfüllen zu können und dafür über ausreichend personelle und materielle Ressourcen zu verfügen.

- Das Personal der Benannten Stelle muss ausreichend qualifiziert sein, um eine sachkundige und zuverlässige Bewertung und Prüfung der Medizinprodukte gewährleisten zu können.

- Teile des Konformitätsverfahrens dürfen in Subauftrag an andere Stellen gegeben werden. Diese Subaufträge müssen aber in Bezug auf den Gesamtauftrag den kleineren Teil ausmachen und es müssen zuvor alle relevanten Dokumente, welche die Sachkenntnis und Kompetenz des Subauftragnehmers bestätigen, geprüft werden.

- Die Benannte Stelle muss die nationale Behörde über alle Aktivitäten (Ausstellung, Ablehnung, Änderung, Widerruf) bezüglich der Konformitätsbescheinigungen informieren.

- Wenn die Haftpflicht nicht vom Staat gedeckt wird, muss die Benannte Stelle eine Haftpflichtversicherung abschließen.

- Es gilt für das gesamte Personal absolutes Berufsgeheimnis, außer gegenüber der zuständigen übergeordneten nationalen Behörde. [21]

Ist ein Mitgliedsstaat der Auffassung, dass ein Medizinprodukt trotz seiner sachgemäßen Herstellung, Inverkehrbringung, Installation,

[20] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 13 f

[21] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 53 f

(26)

15

Inbetriebnahme und Instandhaltung, die Gesundheit und Sicherheit der Patienten und/oder des Anwenders gefährden könnte, darf dieser unter Einsatz der „Schutzklausel“ alle notwendigen Maßnahmen setzen, um das Medizinprodukt vorläufig vom Markt zu nehmen, oder die Inverkehrbringung zu stoppen. Daraufhin muss dieser Mitgliedsstaat der europäischen Kommission unverzüglich mitteilen, welche Maßnahmen mit welcher Begründung getroffen wurden. Spricht die Kommission diesem Mitgliedsstaat Recht zu, werden alle Mitgliedsstaaten darüber informiert und die Kommission befasst dann innerhalb von 2 Monaten einen Ausschuss. In sehr riskanten Fällen kann die Kommission auf ein Dringlichkeitsverfahren plädieren. Spricht die Kommission diesem Mitgliedsstaat aber Unrecht zu, muss sie diesem Mitgliedsstaat und auch dem Hersteller, oder seinem Bevollmächtigten, darüber in Kenntnis setzen. [22]

2.4 Konformitätsbewertungsverfahren

Die zuständige Benannte Stelle führt abhängig von der Klassifizierung des zu bewertenden Medizinproduktes unterschiedliche Konformitätsbewertungsverfahren durch.

Gemäß der MDD werden Medizinprodukte in folgende Klassen unterteilt: l, lla, llb und lll.

Gemäß der IVD Richtlinie werden In-vitro-Diagnostika in folgende Klassen unterteilt: Liste A, Liste B, Produkte zur Eigenanwendung und sonstige IVD.

Nach positivem Ausgang eines Konformitätsbewertungsverfahrens durch eine Benannte Stelle gilt diese Entscheidung höchstens 5 Jahre. Diese 5 Jahre können mittels eines Antrags um höchstens weitere 5 Jahre verlängert werden. [23]

[22]

Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 6 f

[23] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 9

(27)

16 Quelle: N. Volk, C. Klüß; Klinische Studien von Medizinprodukten – Übersicht und Ausblick der aktuellen Gesetzesgebungen und Normen

(2010), S. 5

Abbildung 3: Flussdiagramm zu den unterschiedlichen Konformitätsbewertungsverfahren von Medizinprodukten

(28)

17

Anhang ll der MDD – Vollständiges Qualitätssicherungssystem

Geprüft wird von der Benannten Stelle auf Vollständigkeit und Funktionalität des Qualitätssicherungssystems von der Produktentwicklung bis hin zur Endkontrolle. Dieser Anhang trifft auf alle Medizinprodukte der Klassen lla, llb und lll zu.

Anhang lll der MDD – EG Baumusterprüfung

Anhang lll ist für Medizinprodukte der Klasse llb und lll gültig, ist aber immer nur in Kombination mit anderen Anhängen anwendbar. Es geht hier um „[…]eine Prüfung der Auslegung und eine Prüfung von repräsentativen Produkten durch die Benannte Stelle […]“ [24], mit dem Ziel herauszufinden ob alle grundlegenden Anforderungen erfüllt werden.

Anhang lV der MDD – EG Prüfung

Der Anhang lV ist für Medizinprodukte der Klasse lla ohne Kombination mit anderen Anhängen anwendbar. Für Medizinprodukte der Klassen llb und lll jedoch nur in Kombination mit Anhang lll – EG Baumusterprüfung. Es geht hier um eine Prüfung des Produktes beziehungsweise von Stichproben von Produkten auf die Erfüllung der jeweiligen Anforderungen.

Anhang V der MDD – Qualitätssicherung Produktion

Der Anhang V ist für Medizinprodukte der Klasse lla ohne Kombination mit anderen Anhängen anwendbar. Für Medizinprodukte der Klassen llb und lll jedoch nur in Kombination mit Anhang lll – EG Baumusterprüfung. Es geht hier um die auf ein Qualitätssicherungssystem basierende Prüfung aller Schritte von der Beschaffung der notwendigen Rohstoffe bis hin zur Endkontrolle.

[24] Information zur EG-Richtlinie 93/42/EWG für Medizinprodukte, S. 16

(29)

18

Anhang Vl der MDD – Qualitätssicherung Produkt

Der Anhang Vl ist für Medizinprodukte der Klasse lla ohne Kombination mit anderen Anhängen anwendbar, Für Medizinprodukte der Klassen llb und lll jedoch nur in Kombination mit Anhang lll – EG Baumusterprüfung. Es geht hier ausschließlich um die Endkontrolle des Produktes. [25]

[25] Information zur EG-Richtlinie 93/42/EWG für Medizinprodukte, S. 16

(30)

19 Abbildung 4: Unterschiedliche Konformitätsbewertungsverfahren von In-vitro-Diagnostika

Quelle:https://www.johner-institut.de/blog/regulatory-affairs/ivd-in-vitro-diagnostika/ (letzter Zugriff: 01.04.2017)

(31)

20

IVD Liste A

Für In-vitro-Diagnostika der Liste A muss die Benannte Stelle in die Konformitätsbewertung miteinbezogen werden.

Folgende Konformitätsbewertungsverfahren sind möglich:

• Baumusterprüfung + QM-Produktion mit Verifizierung der In-vitro- Diagnostika durch eine Benannte Stelle

• Vollständiges QM-System + Prüfung der Produktauslegung durch eine Benannte Stelle + Verifizierung der In-vitro-Diagnostika durch eine Benannte Stelle

IVD Liste B

Für In-vitro-Diagnostika der Liste B muss die Benannte Stelle in die Konformitätsbewertung miteinbezogen werden.

Folgende Konformitätsbewertungsverfahren sind möglich:

• Baumusterprüfung + QM-Produktion

• Baumusterprüfung + Produktprüfung

• Vollständiges QM-System ohne Auslegungsprüfung und Verifizierung der In-vitro-Diagnostika durch eine Benannte Stelle

Produkte zur Eigenanwendung

Für In-vitro-Diagnostika zur Eigenanwendung muss die Benannte Stelle in die Konformitätsbewertung miteinbezogen werden.

Folgende Konformitätsbewertungsverfahren sind möglich:

• Baumusterprüfung + QM-Produktion

• Baumusterprüfung + Produktprüfung

• Vollständiges QM-System

• Auslegungsprüfung durch eine Benannte Stelle

(32)

21

Sonstige In-vitro-Diagnostika

Eine Einbeziehung einer Benannten Stelle ist nicht notwendig. Darunter fallen auch jene In-vitro-Diagnostika die lediglich für eine Leistungsbewertungsprüfung zur Verfügung gestellt werden. Der Hersteller kann die CE-Kennzeichnung selbst anbringen. [26]

2.5 Klassifizierung von Medizinprodukten

Vorab kann gesagt werden, dass bei Medizinprodukten das Thema Klassifizierung mehrfach von Bedeutung ist.

1. Medizinprodukt oder nicht Medizinprodukt:

Hier wird klassifiziert ob es sich tatsächlich um ein Medizinprodukt handelt oder um ein Arzneimittel, Lebensmittel, Nicht- Medizinprodukt oder einem Zubehör zu einem Medizinprodukt.

2. Welche Richtlinie ist anzuwenden:

Hier geht es um die Art des Medizinproduktes. Diese entscheidet welche EU-Richtlinie (MDD, IVD oder AIMD) anzuwenden ist.

3. Klassifizierung gemäß z.B. MDD:

Diese Richtlinie gibt vor, Medizinprodukte in die Klassen l, lla, llb und lll einzuteilen.

Gemäß MDD werden Medizinprodukte also nach festgelegten Klassifizierungsregeln in die Klassen l, lla, llb und lll eingeteilt. Jedes Medizinprodukt und auch jedes Zubehör eines Medizinproduktes wird einzeln und für sich klassifiziert. Gehört zu einem bestimmten Medizinprodukt aber eine bestimmte Software, welche das Produkt steuert

[26]

https://www.johner-institut.de/blog/regulatory-affairs/ivd-in-vitro-diagnostika/

(letzter Zugriff: 01.04.2017)

(33)

22

oder beeinflusst, wird diese Software automatisch der gleichen Klasse zugeordnet wie das Medizinprodukt. Die Klassifizierung eines Medizinproduktes das nicht nur zur Anwendung an einer einzigen bestimmten Körperstellegedacht ist, richtet sich nach der Anwendung welche das höchste Gefahrenpotential in sich birgt. Genauso gilt, dass wenn auf ein Medizinprodukt mehrere Klassifizierungsregeln angewendet werden können, jene gültig ist, die auf die höchste Klasse und somit auf das höchste Gefahrenpotential eingestuft ist. So soll garantiert sein, dass jedes Medizinprodukt immer mit dem höchsten erforderlichen Maß an Sorgfalt betrachtet wird.

Insgesamt gibt es laut der MDD 18 verschiedene Klassifizierungsregeln für Medizinprodukte. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Regeln 1 – 12 Medizinprodukte nach allgemeinen Attributen, wie Dauer des Körperkontaktes, Gewebekontakt, Invasivität und aktive bzw. nicht-aktive Medizinprodukte unterscheiden und klassifizieren. Unter aktiven Medizinprodukten versteht man Produkte die von einer äußeren Energiequelle abhängig sind oder Energieformen umwandeln um ihre beabsichtigte Zweckbestimmung zu erfüllen, wie zum Beispiel ein Röntgenapparat. Nicht-aktive Medizinprodukte auf der anderen Seite, sind Produkte, welche keine Energiequelle benötigen um ihre vorgesehene Zweckbestimmung zu erfüllen (z.B. Verbandsmaterial). Die Regeln 13 – 18 gelten als besondere Regeln und ersetzen, wenn anwendbar, die

„allgemeinen Regeln“ 1 – 12. [27, 28]

[27] Dr. Jochen Tschakert „Zulassung von Medizinprodukten in Europa“, (2012), S.1

[28] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 47 ff

(34)

23 Abbildung 5: Klassifizierung von Medizinprodukten nach MDD

Quelle:http://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/M /Medizinprodukte/151203_7a__PosterNr.5b_8__dt.pdf (letzter Zugriff: 06.04.2017)

In-vitro-Diagnostika hingegen werden unterteilt in:

• Liste A: Hoch kritische In-vitro-Diagnostika (z.B. für HIV oder Hepatitis Proben)

• Liste B: Kritische In-vitro-Diagnostika (z.B. Blutzuckermessgeräte)

Des Weiteren kann man In-vitro-Diagnostika auch noch als „Produkte zur Eigenanwendung“ (z.B. Schwangerschaftstest) und „Sonstige“ (z.B. Tests auf Cholesterin) klassifizieren. [29]

2.6 Klinische Prüfungen von Medizinprodukten

Vorab soll erwähnt werden, dass nicht für alle Medizinprodukte eine klinische Prüfung notwendig ist. In einigen Fällen ist eine sogenannte klinische Bewertung ausreichend. Eine klinische Bewertung basiert entweder:

• auf der kritischen Bewertung von einschlägiger und aktueller wissenschaftlicher Literatur, womit die Gleichartigkeit zwischen dem zu bewertenden Produkt und dem in der Literatur beschriebenen Produkt gezeigt werden soll,

[29]https://www.johner-institut.de/blog/regulatory-affairs/ivd-in-vitro-diagnostika/

(letzter Zugriff: 26.03.2017)

(35)

24

• oder auf der kritischen Bewertung von Daten aus vorangegangenen klinischen Prüfungen mit ähnlichen/gleichen Produkten,

• oder einer Kombination aus den ersten beiden Punkten.

In manchen Fällen aber ist eine klinische Bewertung nicht ausreichend oder auf Grund von fehlenden bereits bestehenden Informationen nicht möglich. In diesen Fällen muss man den längeren und kostspieligeren Weg der klinischen Prüfung wählen.

Vor dem Start jeder klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung muss eine Risiko-Nutzen Evaluierung in Bezug auf die gesundheitlichen Risiken und Belastungen, denen die Prüfungsteilnehmer ausgesetzt werden, durchgeführt werden. Der Nutzen für die Teilnehmer, der aus den Ergebnissen der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung gewonnen werden kann, muss größer sein, als die Risiken denen sie im Zuge der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung ausgesetzt sind.

Medizinprodukte dürfen im Zuge einer klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung nur an solchen Patienten durchgeführt werden, die aus den Erkenntnissen und der Anwendung dieses Medizinproduktes profitieren. Außerdem müssen umfassende Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden, die den Schutz und die Gesundheit aller an der klinischen Prüfung Leistungsbewertungsprüfung beteiligter Personen gewährleistet.

Die meisten klinischen Prüfungen/Leistungsbewertungsprüfungen müssen gemäß einem zuvor erstellten und von der zuständigen Behörde und Ethikkommission genehmigten Prüfplan/Evaluierungsplan durchgeführt werden. In Ausnahmefällen, wie zum Beispiel dem §40 abs. 5 des österreichischen MPG, ist dies nicht notwendig. Dieser Prüfplan/Evaluierungsplan muss dem aktuellen Stand der Technik und Wissenschaft entsprechen und muss Fragestellungen in einer Form beinhalten, vor allem bezüglich Leistungen und Nebenwirkungen des Medizinproduktes, welche mit einer wissenschaftlichen Begründung klar bestätigt oder widerlegt werden können. Die Daten jeder klinischen

(36)

25

Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung müssen an Hand eines geeigneten statistischen Systems aufgezeichnet, beziehungsweise ausgewertet werden. Diese statistischen Methoden sind im Prüfplan/Evaluierungsplan anzuführen. Des Weiteren muss die für die wissenschaftliche Gültigkeit erforderliche Anzahl an Prüfteilnehmern, beziehungsweise Prüfdaten festgelegt werden. Es müssen die für die Erhebungen und Auswertung der Daten, beziehungsweise die für die Beantwortung der Fragestellung nötigen Methoden mit geeigneten Messverfahren ermittelt werden. Dabei muss darauf Rücksicht genommen werden, dass die Prüfung des Medizinproduktes nur unter dessen vorgesehenen Einsatzbedingungen erfolgt und alle aufgetretenen unerwünschten Ereignisse und Nebenwirkungen vom Sponsor zu registrieren und den zuständigen Behörden unmittelbar zu melden sind.

Wenn notwendig kann der bereits eingereichte und genehmigte Prüfplan/Evaluierungsplan auch nach Beginn der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung vom Sponsor noch geändert werden. Jene Änderungen, welche eine Auswirkung auf die Sicherheit der Prüfungsteilnehmer oder auf die Daten und Ergebnisse der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung haben, müssen vorab der zuständigen Behörde und Ethikkommission samt Begründung der geplanten Änderung vorgelegt werden. Erst wenn die geplante Änderung genehmigt wurde darf sie auch umgesetzt werden.

Laut der ISO 14155 ist der klinische Prüfplan folgendermaßen definiert:

„Dokument, in dem Begründung, Ziele, Anlage und vorgesehene Analysen, Methodik, Monitoring, Durchführung und Berichtsführung der klinischen Prüfung festgelegt ist“ [30]

Des Weiteren müssen gemäß dieser Norm folgende Kapitel/Themen im Prüfplan behandelt werden:

[30]

EN ISO 14155:2011 Clinical investigation of medical devices for human subjects — Good clinical practice, S.8

(37)

26

• Identitätsmerkmale des klinischen Prüfplans:

o Bezeichnung der klinischen Prüfung

o Referenznummer, sofern vorhanden, die die bestimmt Prüfung identifiziert

o Fassung oder Datum des Prüfplans

o Zusammenfassung der Revisionshistorie im Fall von Änderungen

o Eine Fassungs-/Ausgabennummer und Referenznummer, sofern vorhanden, mit der Seitenanzahl auf jeder Seite des Prüfplans

• Sponsor: Name und Anschrift

• Prüfer und Prüfungsort(e)

• Gesamtübersicht über die klinische Prüfung

• Bezeichnung und Beschreibung des Prüfproduktes

o Übersichtsbeschreibung des Produktes und seiner vorgesehenen Verwendung

o Angaben zum Hersteller des Produktes

o Beschreibung, wie die Rückverfolgbarkeit während und nach der Prüfung erreicht werden kann, z.B. Zuweisen von Losnummern, Chargennummern oder Seriennummern

o Populationen und Indikationen, für die das Prüfprodukt vorgesehen ist

o Beschreibung des Prüfprodukts, einschließlich aller seiner Materialien, die mit den Geweben oder mit Körperflüssigkeiten in Kontakt kommen werden

o Übersicht über die erforderliche Schulung und Erfahrung, die für die Anwendung des Prüfprodukts erforderlich ist.

o Beschreibung der spezifischen ärztlichen oder chirurgischen Maßnahmen, die mit der Anwendung des Prüfprodukts verbunden sind

• Begründung für den Aufbau der klinischen Prüfung

• Risiken und Nutzen des Prüfprodukts und der klinischen Prüfung

• Ziele und Hypothesen der klinischen Prüfung

(38)

27

• Aufbau der klinischen Prüfung o Allgemeines

o Produkte und Vergleichsprodukte o Versuchspersonen

o Behandlungen

o Festlegungen für das Monitoring

• Statistische Überlegungen

• Datenmanagement

• Änderungen: Wie wird mit anfallenden Änderungen am klinischen Prüfplan umgegangen

• Abweichungen: Wie wird mit Abweichungen vom klinischen Prüfplan umgegangen

• Übereinstimmungserklärung

• Verfahren zum Einholen der Einverständniserklärungen

• Unerwünschte Ereignisse, unerwünscht Wirkungen des Produkts und Produktmängel

• Population, die unter Druck gesetzt werden kann

• Vorzeitige Beendigung oder Aussetzen der Prüfung

• Veröffentlichungspolitik

• Literaturhinweise [31]

Neben dem klinischen Prüfplan/Evaluierungsplan sind auch noch folgende weitere Dokumente zwingend notwendig um eine lückenlose und nachvollziehbare Dokumentation einer klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung gewährleisten zu können:

- Handbuch des Klinischen Prüfers

- Die Einverständniserklärungen aller Prüfungsteilnehmer und die Informationen und Aufklärung, die diese über die Methoden und Hintergründe der klinischen Studie erhalten haben (= Informierte Einwilligung oder Englisch „informed consent“).

[31]

EN ISO 14155:2011 Clinical investigation of medical devices for human subjects — Good clinical practice, S. 42 ff

(39)

28

- Die Zuteilung der Verantwortlichkeiten (Sponsor, Monitor, klinische Prüfer)

- Die Stellungnahme aller beteiligten Ethikkommissionen - Der Abschlussbericht der klinische Studie [32]

Eine klinische Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung darf nur mit jenen Teilnehmern durchgeführt werden, welche von einem Arzt oder Zahnarzt über Risiken, Zweck, Durchführung und Belastungen, sowie über die geplanten Maßnahmen nach Beendigung der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung umfassend aufgeklärt worden sind und freiwillig eine Einwilligung zur Teilnahme unterzeichnet haben. Die betroffene Person muss außerdem darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass Sie über das Recht verfügt, jederzeit die Teilnahme an der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung zu beenden ohne irgendwelche Nachteile dadurch davonzutragen. Es ist dabei wichtig, dass alle relevanten Informationen klar und verständlich und in mündlicher als auch schriftlicher Form an den potentiellen Prüfteilnehmer kommuniziert werden. Ist es aus einschlägigen Gründen nicht möglich eine schriftliche Einwilligung einzuholen, muss die mündliche Einwilligung formell dokumentiert und bezeugt werden.

In der Deklaration von Helsinki [33] ist außerdem angeführt, wie man mit schutzbedürftigen Personengruppen im Zusammenhang mit einer klinischen Prüfung umzugehen hat. Demnach dürfen an solchen Personengruppen nur dann klinische Prüfungen und im übertragenen Sinn Leistungsbewertungsprüfung durchgeführt werden, wenn:

- das Forschungsvorhaben nicht an einer nicht schutzbedürftigen Gruppe durchgeführt werden kann

[32] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 44

[33]

Die Deklaration von Helsinki ist ein nicht bindendes Dokument, welches ethische Richtlinien für die medizinische Forschung am Menschen beinhaltet und auf der

Generalversammlung des Weltärztebundes (WMA) beruht. Obwohl es nicht bindend ist, wird sich weltweit in Gesetzeswerken auf sie bezogen.

(40)

29

- das Forschungsvorhaben auf die gesundheitlichen Anliegen und Bedürfnisse dieser Gruppe reagiert

- die schutzbedürftige Gruppe aus den Forschungsergebnissen und dem Wissen einen Nutzen ziehen kann.

Im Fall von einwilligungsunfähigen Personen muss der Arzt diese Person ebenfalls in einer für diese Person verständliche Weise über alle

Hintergründe und Methoden der klinischen

Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung aufklären und ihre Zustimmung einholen, die schriftliche „Informierte Einwilligung“ aber holt er sich dann vom rechtlichen Vertreter dieser Person.

Auf alle Fälle ist immer und jederzeit darauf zu achten, die Privatsphäre aller Prüfteilnehmer zu respektieren, ihre Daten stets vertraulich zu behandeln und vor unautorisierten Zugang zu schützen. Jede Teilnahme an einer klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung soll auf freiwilliger Basis passieren und darf nicht ausgenutzt werden. [34, 35]

2.7 Ethikkommission

Die Ethikkommission ist ein Komitee, welches die ethische und rechtliche Unbedenklichkeit von medizinischen Forschungsprojekten bewertet. Keine klinische Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung darf ohne ein positives Votum seitens der zuständigen Ethikkommission gestartet werden. Sie muss vom Sponsor oder vom klinischen Prüfer alle für die Beurteilung der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung relevanten Dokumente und Informationen vollständig erhalten. Dies beinhaltet unter anderem den Prüfplan/Evaluierungsplan, präklinische Daten, die Risiko-Nutzen- Evaluierung und die Unterlagen und informierte Einwilligungen aller Prüfteilnehmer.

[34] WMA Deklaration von Helsinki (2013), S.4 ff

[35] Richtlinie 93/42/EWG des Rates über Medizinprodukte (2007), S. 51 f

(41)

30

Jede Ethikkommission besteht aus einer Anzahl verschiedener Fachleute, zumindest aber aus:

Abbildung 6: Mitglieder der Ethikkommission

Alle Mitglieder der Ethikkommission müssen unbedingt weisungsfrei sein.

Falls es Beziehungen zum Hersteller oder Vertreiber des in der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung befindlichen Medizinproduktes gibt, müssen diese offengelegt werden und die Betroffenen müssen sich dann von allen Angelegenheiten und Entscheidungen, wo ihre Unbefangenheit zweifelhaft wäre, distanzieren. Die Entscheidung und Stellungnahme der Ethikkommission muss in schriftlicher Form bei der zuständigen Behörde abgegeben werden. [36]

Nach Start der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung muss der klinische Prüfer die zuständige Ethikkommission im Anlassfall immer sofort über alle schweren Nebenwirkungen in Kenntnis setzen. Hält es die Ethikkommission zum Schutz der Gesundheit und Sicherheit der Prüfteilnehmer für notwendig, dass der Sponsor oder eine oder mehrere Prüfstellen einer Inspektion unterzogen werden sollten, kann sie diese beantragen.

[36]

http://flexikon.doccheck.com/de/Ethikkommission (letzter Zugriff: 20.03.2017)

Arzt Pharmazeut Facharzt der speziellen

Thematik

Jurist Ethikkommission

technischer Sicherheitsbeauftragter

einer Krankenanstalt

Patientenvertreter

Vertreter einer repräsentativen Behindertenorganisation

unabhängige neutrale Persom -repräsentiert

die Gesellschaft

(42)

31

Nach Beendigung der Prüfung ist der Ethikkommission ein Prüfbericht auszuhändigen, welcher eine Zusammenfassung der Prüfergebnisse und die daraus zu schließenden Schlussfolgerungen beinhaltet. [37]

2.8 Aufgaben und Verantwortlichkeiten

Für klinische Prüfungen und Leistungsbewertungsprüfungen mit Medizinprodukten gibt es klar definierte Verantwortlichkeiten, welche unbedingt eingehalten und den Behörden gemeldet werden müssen.

Abbildung 7: Hauptverantwortlichkeiten bei klinischen Prüfungen

Sponsor

Zu den Aufgaben des Sponsors zählt es, einen für die klinische Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung qualifizierten und geeigneten klinischen Prüfer und Monitor, sowie ein oder mehrere Prüfzentren auszuwählen.

[37] WMA Deklaration von Helsinki (2013), S.5 f Sponsor

CRO

Prüfartzt

Prüf- teilnehmer

Ethik- kommission

IEC/IRB (National)

Competent Authority

(N)CA Monitor

(43)

32

Nach Auswahl eines geeigneten klinischen Prüfers, muss der Sponsor diesem alle erforderlichen Unterlagen, Informationen und Ressourcen zur Verfügung stellen, die für die sichere und GCP konforme Durchführung der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung notwendig sind.

Außerdem muss der Sponsor den Prüfer während der gesamten klinischen Studie/Leistungsbewertungsprüfung mit allen neu gewonnen relevanten Informationen und Daten versorgen, ihn administrativ unterstützen und alle nötigen materiellen und personellen Ressourcen zur Verfügung stellen.

Jeder Prüfplan/Evaluierungsplan muss vom Sponsor durch seine Unterschrift beurteilt und bestätigt werden. Der Genehmigungsantrag an die zuständige Behörde und Ethikkommission, sowie die Meldung der Beendigung der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung, fällt ebenfalls unter die Verantwortung des Sponsors. Der Sponsor ist für die Einführung einer funktionierenden Qualitätssicherung und Qualitätskontrolle verantwortlich. Des Weiteren muss er für die Teilnehmer der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung eine Kontaktstelle einrichten und mit diesen eine Personenschadensversicherung abschließen.

Der Sponsor ist dazu befugt alle oder Teile seiner Verantwortungen und Aufgabenbereiche an qualifizierte externe Einrichtungen zu übertragen.

[38, 39]

Klinischer Prüfer

Die Position des klinischen Prüfers darf nur von Personen ausgeführt werden, welche:

- als fertig ausgebildeter Arzt oder Zahnarzt dazu qualifiziert sind, - Erfahrung im Anwendungsbereich des zu prüfenden

Medizinproduktes haben

- und mindestens 2 Jahre Erfahrung mit klinischen Prüfungen haben.

[38]

Guideline for Good Clinical Practice E6(R2),(2016), S. 21ff

[39]

Gesamte Rechtsvorschrift für Medizinprodukte (2016) (Österreich), §63

(44)

33

Zu seinen Aufgaben zählt es, sich vor Beginn der klinischen Prüfung/Leistungsbewertungsprüfung mit allen relevanten Daten und Fakten vertraut zu machen. Er muss alle Prüfteilnehmer umfassend Aufklären und die informierte Einwilligung einholen. Des Weiteren muss er, wenn im Laufe der Prüfung schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auftreten, den Sponsor sofort dahingehend informieren. [40]

Monitor

Zu den Aufgaben des Monitors zählt es, zwischen dem Sponsor und dem klinischen Prüfer zu vermitteln und die Kommunikation herzustellen und aufrecht zu erhalten. Der Monitor hat im Auftrag des Sponsors den klinischen Prüfer zu überwachen. Dies geschieht, indem er den klinischen Prüfer vor, während und nach Abschluss der klinischen Prüfung visitiert und im Zuge dessen kontrolliert, ob der Prüfplan sachgemäß eingehalten wird und alle gewonnenen Daten korrekt, nachvollziehbar und lückenlos aufgezeichnet werden. Nach jeder Inspektion muss der Monitor dem Sponsor einen schriftlichen Bericht über den Verlauf, den Inhalt und eventuelle Verbesserungsvorschläge beziehungsweise Mängel aushändigen. [41] Der Monitor fungiert im übertragenen Sinne also als Qualitätskontrolle.

Prüfungsteilnehmer

Als Prüfungsteilnehmer ist man dazu verpflichtet Nebenwirkungen im Rahmen der Klinischen Anwendung zu melden. Jeder Teilnehmer muss vorab klar und verständlich über die Prüfung samt ihren Risiken aufgeklärt werden und hat das Recht jederzeit aus der Prüfung auszutreten. [42]

[40]

Guideline for Good Clinical Practice E6(R2), (2016), S. 13 ff

[41]

Gesamte Rechtsvorschrift für Medizinprodukte (2016) (Österreich), §65

[42]

WMA Deklaration von Helsinki (2013), S. 8

Referenzen

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