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I. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß

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Gericht BVwG

Entscheidungsdatum 20.02.2014

Geschäftszahl W156 1433200-1

Spruch

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz über die Beschwerde von XXXX, StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, vom 06.02.2013, Zl. 12 11.732-BAW, zu Recht erkannt:

?

I. Die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird gemäß

§ 3 AsylG 2005 idgF. als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

III. Gemäß § 8 Abs. 4 Asylgesetz 2005 wird XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 20.02.2015 erteilt.

IV. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides stattgegeben und dieser gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am 31.08.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde hiezu am selben Tag von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen.

Hiebei gab er im Wesentlichen zum Fluchtgrund Folgendes zu Protokoll:

"Den Iran habe ich verlassen, da die allgemeinen Bedingungen für afghanische Flüchtlinge sehr schlecht sind.

Ich durfte die Schule nicht beenden. Nach Afghanistan kann ich auch nicht zurückkehren, da ich dort keine Familienangehörigen habe. Sonst habe ich keine weiteren Fluchtgründe."

(2)

Am 19.09.2012 wurde aufgrund des bestehenden Zweifels an der behaupteten Minderjährigkeit ein Handwurzelröntgen durchgeführt, aufgrund dessen Ergebnisses das Alter des Beschwerdeführers als nicht feststehend angenommen werden konnte.

Am 19.09.2012 wurde durch das Ludwig Boltzmann Institut für klinisch-forensische Bildgebung eine Befundung zur Altersfeststellung vorgenommen. Laut Gutachten vom 31.10.2012 ergab sich zum Untersuchungszeitpunkt ein Mindestalter von 19 Jahren.

Am 4.10.2012 wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesasylamtes einvernommen und ihm ein gesetzlicher Vertreter zur Seite gestellt. Weiterer Inhalt war die Altersfeststellung.

Am 14.11.2012 wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesasylamtes zum Ergebnis der Altersfeststellung einvernommen.

Am 30.0.2013 wurde der Beschwerdeführer seitens des Bundesasylamtes einvernommen und gab im Wesentlichen an:

"Frage: Kann die Einvernahme heute durchgeführt werden? Sind Sie gesund? Antwort: Ich bin völlig gesund, mir fehlt nichts. Brauche auch keine Medikamente oder sonst eine Behandlung.

Anmerkung: Dem AW wird der Belehrungsblock zur Kenntnis gebracht.

Antwort: Ich habe diesen verstanden.

Frage: Können Sie heute oder zukünftig Beweismittel vorlegen?

Antwort: Nein.

Frage: Sind Sie arbeitsfähig? Antwort: Ja, ich bin völlig gesund. Kann arbeiten.

Frage: Sprechen Sie deutsch? Antwort: Nein.

Frage: Wie sieht Ihr soziales Umfeld im Bundesgebiet aus? Antwort:

Nur Leute aus meinem Heimatland, Landsleute.

Frage: Haben Sie hier Angehörige, Verwandte? Antwort: Nein.

Frage: Leben Sie in einer Familiengemeinschaft iSd. EMRK? Antwort:

Nein.

Frage: Besuchen Sie hier Kurse oder Bildungseinrichtungen? Antwort:

Nein, mache nur einen Deutschkurs.

Frage: Waren Sie je politisch tätig? Antwort: Nein.

Frage: Wie heißen Sie? Antwort: XXXX.

Frage: Wie alt sind Sie? Antwort: Ah... hmm.. ich bin eigentlich 16 Jahre, wurde hier aber zum Arzt geschickt, der hat festgestellt, dass ich 19 bin.

Frage: Wie alt sind Sie wirklich? Antwort: Ich bin XXXX geboren, das sagte mir meine Mutter (XXXX).

Frage: Sie bleiben also bei Ihrem behaupteten Geburtsdatum. Antwort:

Ich glaube dem Arzt jetzt.

Frage: Ich frage Sie nochmals. Wie alt sind Sie?

Anmerkung: AW wird ausdrücklich auf die bestehende Wahrheitspflicht manuduziert. Antwort: Ich verstehe, ich bin 16 Jahre alt.

(3)

Frage: Wo konkret wohnen Sie im Heimatland? Nennen Sie bitte die genaue Heimatadresse? Antwort: Ich habe nie in Afghanistan gelebt, kam im Iran auf die Welt.

Frage: Woher stammt Ihre Familie? Antwort: XXXX.

Frage: Stammen beide Eltern aus demselben Dorf? Antwort: Ja, vom selben Dorf.

Frage: Also die Familien Ihrer Mutter und vom Vater wohnen in diesem Dorf? Antwort: Ja.

Frage: Wer konkret von diesen Familien wohnt noch dort? Antwort:

Niemand.

Frage: Wieso das? Machen Sie bitte genaue Angaben. Antwort: Ich hatte drei Onkeln väterlicherseits, die sind alle verstorben, Tanten habe ich keine, ein Onkel mütterlicherseits ist im Iran verstorben, eine Tante mütterlicherseits lebt im Iran.

Frage: Wo leben die Kinder der Onkeln in Afghanistan? Antwort: Die haben alle keine Kinder.

Vorhalt: Sie machen bereits nachweislich vorsätzlich unrichtige Angaben über Ihre Identität und sind auch Ihre Angaben über Ihre Familie deutlich unglaubhaft. AW wirkt sehr unsicher, verlegen.

Antwort: Ich sage die Wahrheit.

Frage: Wo konkret haben Sie also im Iran gelebt? Antwort: Teheran, XXXX (Stadtteil), dort wo die Afghanen wohnen. Dort bin ich aufgewachsen, mit anderen Afghanen.

Frage: Welche Sprachen sprechen Sie? Antwort: Nur Farsi und Dari.

Frage: Wo wohnen Ihre Eltern? Antwort: Dort an dieser Adresse.

Frage: Waren Sie zuletzt einmal in Afghanistan? Antwort: Nein, noch nie.

Frage: Wann waren Ihre Eltern letztmals im Heimatland? Antwort: Nie mehr.

Frage: Haben Sie irgendeinen Kontakt noch ins Heimatland? Antwort:

Nein, ich selbst nicht aber meine Familie hat mit den weitschichtigen Verwandten schon noch Kontakt.

Frage: Wo leben diese Verwandten? Antwort: In Kabul und auch in XXXX, also im XXXX.

Frage: Wer lebt in Kabul? Antwort: Die Cousins von meinem Vater.

Frage: Sie erklärten erst, dass diese Onkeln keine Kinder hätten.

Antwort: Das sind die Cousins meines Vaters.

Frage: Wie viele Verwandte leben in Kabul? Antwort: Zwei bis drei.

Frage: Wann genau gingen SIe zur Schule? Antwort: AH... mit meinem 7 Lebensjahr beginnend.

Frage: Wann war das konkret? Antwort: AH.... weiß ich nicht genau.

Frage: Dann ungefähr bitte. Antwort: Weiß ich gar nicht mehr.

Frage: Sie haben also keine Ahnung mehr, in welchem Jahr Sie zur Schule gegangen sind? Antwort: Kann mich nicht mehr erinnern.

Frage: Wie lange gingen Sie zur Schule? Antwort: Fünf Jahre.

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Frage: Was machten Sie beruflich? Antwort: Ich habe in einer Schneiderei gearbeitet und in einem Lebensmittelgeschäft habe ich auch gearbeitet.

Frage: Haben Sie auch Ihre Familie unterstützt? Antwort: Ja, mein Vater ist schon alt, er konnte nicht mehr arbeiten.

Frage: Wie alt ist Ihr Vater? Antwort: Genau weiß ich es nicht, so 65 Jahre.

Frage: Wie alt war Ihr Vater bei Ihrer Geburt? Antwort: Habe ihn nicht gefragt.

Frage: Können Sie durch Ihre eigene Arbeitsleistung Ihre Existenz selbst sichern? Antwort: Ja, natürlich.

Frage: Wie Jahre Berufserfahrung haben Sie? Antwort: Drei Jahre. Insgesamt, ein Jahr Schneiderei, zwei Jahre im Geschäft.

Frage: Wann genau reisten Sie aus? Antwort: Vor einem Jahr. Genauer weiß ich es nicht mehr.

Frage: Wie reisten Sie ins Bundesgebiet? Antwort: Hmm.. vom Iran ... in die Türkei, nach Griechenland, dann illegal hierher in LKWs.

Frage: Wie viel haben Sie für die Reise bezahlt? Antwort: Meine Brüder haben den Schlepper im Iran bezahlt.

Wiederholung der Frage.

Antwort: 5000.- bis 6000.- Euro.

Frage: Woher hatten Sie das Geld? Antwort: Habe gearbeitet, Geld gespart, meine Brüder haben mich auch unterstützt.

Frage: Sie haben auch einen Teil von Ihren Brüdern bekommen?

Antwort: Ja.

Frage: Auch in Griechenland? Antwort: Ja.

Frage: Also haben die Brüder auch Geld nach Griechenland geschickt?

Antwort: Ja.

Frage: Wie heißen Ihre Brüder, wie alt sind die? Antwort: XXXX (27 Jahre), XXXX (35 Jahre). Habe auch zwei Schwestern: XXXX (19) und XXXX (15).

Frage: Was arbeiten Ihre Brüder? Antwort: Händler. XXXX ist verheiratet, XXXX ist zuhause.

Frage: Mit was handeln Ihre Brüder? Antwort: Geschirr, Tassen, Teller, Schüsseln...

Frage: Wo werden die Sachen gekauft? Antwort: Auf einem Bazar in XXXX, verkaufen dann in Teheran am Bazar.

Frage: Haben Sie im Iran ein Ausreisdokument bekommen? Antwort:

Meine Dokumente sind abgelaufen. Meine Familie hat auch eigene Dokumente.

Frage: Wo sind Ihre abgelaufenen Dokumente? Antwort: Die iranische Behörde hat mir die Dokumente einfach weggenommen, da ich nichts bezahlt habe.

Frage: Liegt in Afghanistan ein Haftbefehl gegen Sie vor? Antwort:

Nein.

Frage: Werden Sie behördlich gesucht in Afghanistan? Antwort: Nein.

Frage: Hatten Sie sonstige Probleme in Afghanistan? Antwort: Nein.

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Frage: Warum reisten Sie aus und stellen nun einen Asylantrag?

Antwort: Die Lage im Iran ist schlecht, schlecht zum Leben dort, die Iraner sind ausländerfeindlich, wir Afghanen können schwer dort leben. Wir hatten keine Möglichkeit selbstständig zu arbeiten, wir Afghanen haben es generell schwer dort.

Frage: Sind Sie hier um Ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern?

Antwort: Ja, um hier ein ruhiges und besseres Leben führen zu können.

Frage: Wollen Sie sonst noch etwas vorbringen? Antwort: Ich wurde vor einigen Jahren wie andere Afghanen von den Iranern angegriffen, mir wurden auch Zähne gebrochen, im Zuge einer Auseinandersetzung mit anderen Leuten.

Frage: Wann war das? Antwort: Vor vier oder fünf Jahren.

Frage: Sind Sie einer aktuellen, konkreten intensiven Verfolgung ausgesetzt? Aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen?

Antwort: Nein.

Frage: Was befürchten Sie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan?

Antwort: Dort kenne ich mich aus, habe dort niemand. Kein Haus. Es gibt viele Anschläge, die Lage ist unruhig, die Zukunft ist auch ungewiss, wenn die Truppen das Land verlassen.

Frage: Sie könnten zu Ihren Verwandten nach Kabul ziehen, dort leben und arbeiten.

Antwort: Meine Kernfamilie lebt aber im Iran. Wiederholung der Frage: Antwort: Ich kenne die gar nicht, habe die noch nicht gesehen.

Frage: Sind Sie anpassungsfähig? Können Sie sich leicht an örtliche Veränderungen anpassen? Antwort: Ja, schon. Kein Problem. Hier habe ich noch Probleme mit der Sprache, ich lerne die erst.

Frage: Hatten Sie mit den Behörden Probleme in Afghanistan z.B. mit der Polizei oder dem Gericht in Afghanistan? Antwort: Nein.

Vorhalt: Ihnen werden die Ländererkenntnisse des BAW zur Lage im Heimatland zur Kenntnis gebracht. Sie können dazu im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme abgeben. Antwort: Nein, ich verzichte auf eine Stellungnahme.

Frage: Wollen Sie sonst noch etwas vorbringen? Antwort: Nein, das war alles.

Frage: Denken Sie bitte nach, haben Sie auch nichts vergessen vorzubringen? Antwort: Nein, das war alles.

Frage: Wie haben Sie den Dolmetscher verstanden? Antwort: Sehr gut.

Frage: War alles in Ordnung bei der Einvernahme? Möchten Sie dazu etwas vorbringen? Antwort: Danke, es war alles in Ordnung.

Frage: Hatten Sie auch ausreichend Zeit, alle Gründe für den Asylantrag vorzubringen? Antwort: Ja, das hatte ich.

Frage: Möchten Sie nunmehr etwas richtig stellen oder ergänzen?

Antwort: Nein.

Nach Rückübersetzung erkläre ich, dass ich doch älter als 16 Jahre bin.

Frage: Möchten Sie Ihre Angaben zu Ihrer Identität richtig stellen?

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Antwort: Ja, ich möchte angeben, dass mir hier im Lager, als ich herkam, gesagt wurde, von anderen Leuten, dass wenn ich sage, dass ich volljährig bin, ich abgeschoben werde. Deswegen sagte ich auch, dass ich minderjährig sei. Tatsächlich aber bin ich 20 Jahre alt."

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 06.02.2013, Zahl: 12 11.732-BAW, den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt I.), wies den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzberechtigten in Bezug auf sein Heimatland Afghanistan gemäß § 8 AsylG ab (Spruchpunkt II.) und ordnete die Ausweisung aus dem österreichischen Staatsgebiet gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG an (Spruchpunkt III.).

Der Entscheidung wurden folgende Feststellungen zugrunde gelegt:

- zur Person: Diese könne mangels vorgelegter Personaldokumente nicht festgestellt werden. Er sei sind ein volljähriger afghanischer Staatsangehöriger, der Volksgruppe der Hazara und der Konfession der Schiiten angehörig. Er sei illegal ins Bundesgebiet eingereist und gesund und arbeitsfähig.

- zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftslandes:

Dem Vorbringen sei nicht glaubhaft zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer zum entscheidungsrelevanten Zeitpunkt aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgung im Heimaland gewärtigen.

- zur Situation im Fall der Rückkehr:

Es habe unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan dort der Gefahr einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd GFK ausgesetzt wäre.

Weiters habe können unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände nicht festgestellt werden, dass die Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Es existierten unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände, welche der Ausweisung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden.

Er verfüge im Heimatland über weitere Familienangehörige (Kabul, Heimatdorf), er sei gesund und arbeitsfähig.

Er habe Berufserfahrung als Schneider und Verkäufer (Lebensmittelgeschäft). Er habe seine eigene Existenz durch seine Erwerbstätigkeit sichern können und habe auch seine eigene Familie finanziell unterstützen. können Er habe auch die erhebliche Geldsumme für die Ausreise teilweise selbst ersparen können. Er könnte auch durch seine im Iran lebenden Angehörigen vorübergehend weitere finanzielle Unterstützung auch im Heimatland erfahren. Seine Existenz sei im Heimatland gewährleistet. Er könnte auch Unterkunft bei seinen Angehörigen in Kabul nehmen und auch dort einer Arbeitstätigkeit nachgehen.

- zum Privat- und Familienleben:

Seine Familie lebe im Iran und im Heimatland. Er habe im Bundesgebiet keine Angehörigen und lebe nicht in einer Familiengemeinschaft iSd. EMRK. Es könnten keine Tatsachen festgestellt werden, die auf eine Verfestigung seiner Beziehung zu Österreich oder eine Integration im hiesigen Gesellschaftssystem schließen lasse. Er sei nach Österreich gekommen, um einen Asylantrag zu stellen.

Zur Lage im wurden folgende verfahrensrelevanten Feststellungen getroffen:

"Allgemeine Sicherheitslage

In den ersten sechs Monaten 2012 gab es 3.099 zivile Opfer (1.145 getötete und 1.954 verletzte Zivilisten). Das ist ein 15-prozentiger Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Dies ist der erste Rückgang seit sechs Jahren und die zivilen Opferzahlen haben damit wieder ungefähr das Niveau von 2010 erreicht.

Regierungsfeindliche Elemente waren für 80 Prozent der zivilen Opfer verantwortlich. Demgegenüber werden

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nur 10 Prozent den Regierungs- bzw. regierungsnahen Truppen zugeordnet. 10 Prozent konnten keiner Partei zugeordnet werden. (UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan: Mid-year Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2012, Juli 2012)

Dass die Zahl der zivilen Opfer 2011 insgesamt zugenommen hat, ist in erster Linie der Anschläge regierungsfeindlicher Kräfte geschuldet. Etwa 80% der zivilen Opfer des bewaffneten Konflikts werden durch sie verursacht. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Die afghanische Regierung kontrolliert - mit Ausnahme von Kandahar - die meisten afghanischen Städte. Das Risiko Opfer eines terroristischen Anschlages zu werden besteht, ist aber gering. Tötungen von niederrangigen Mitarbeitern der Regierung wurden aus Gebieten, die nicht von den Taliban kontrolliert werden, nicht berichtet.

(Landinfo (Antonio Giustozzi): Afghanistan: Human Rights and Security Situation, 9.9.2011)

Während der ersten sechs Monate des Jahres 2010 sind über 50% aller sicherheitsrelevanten Zwischenfälle im Land auf die südlichen und süd-östlichen Regionen entfallen. Jedoch treten die sicherheitsrelevanten Zwischenfälle geographisch stärker verteilt auf als in den vorigen Jahren. (UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Zusammenfassende Übersetzung, 24.3.2011)

Die Sicherheitslage verschlechtert sich ganz Afghanistan, mit Ausnahme der großen Städte und Teilen des Zentralraumes. Vor allem im Süden und Südosten ist die Lage angespannt. (Landinfo: Report:

Afghanistan: Security Report November 2010 - June 2011 (PART I), 20.9.2011, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1322484552_1841-1.pdf, Zugriff 23.8.2012)

Landminen und nicht-detonierte Munition sorgten weiterhin für Todesfälle und Verletzungen, beschränkten das Land für die Landwirtschaft und behinderten die Rückkehr von Flüchtlingen. Das Mine Action Coordination Center for Afghanistan berichtete, dass Landminen und nicht-detonierte Munition im Schnitt 31 Personen im Monat töteten oder verletzten. (US DOS - U.S. Department of State: 2011 Human Rights Report - Afghanistan, 24.5.2012)

Sicherheitslage im Zentralraum (Provinzen: Panjsher, Kapisa, Logar, Parwan, Kabul und Wardak) Auf den Zentralraum entfielen 10 Prozent aller sicherheitsrelevanten Vorfälle im ersten Halbjahr 2012. (ANSO -

Afghanistan NGO Safety Office: Quarterly Report Q2/2012,

http://ngosafety.org/store/files/ANSO%20Q2%202012.pdf, Zugriff 22.8.2012)

Zwischen Juli und Dezember 2011 stieg die Zahl ziviler Toter im Zentralraum von 128 im Jahr 2010 auf 230 im Jahr 2011. Das bedeutet eine Zunahme von 80 Prozent. Dies lag vor allem an der Zunahme in der Provinz Kabul, wo in diesem Zeitraum sechs Selbstmordattentate stattfanden. (UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict, 2011)

Den Taliban ist es gelungen ihren Einfluss über die traditionelle paschtunische Basis hinaus zu erweitern und sie installierten Schattenregierungen in den zentral östlichen Provinzen. (ICG - International Crisis Group: The Insurgency in Afghanistan's Heartland, 17.6.1833,

http://www.crisisgroup.org/~/media/Files/asia/south-

asia/afghanistan/207%20The%20Insurgency%20in%20Afghanistans%20Heartland, Zugriff 23.8.2012)

Übersicht über bewaffnete nichtstaatliche Akteure in Afghanistan Die Widerstandsbewegungen im afghanisch- pakistanischen Grenzgebiet sind vielfältig und teilweise miteinander verbündet, konkurrieren aber auch untereinander. Die pakistanische Regierung scheint sich dazu durchgerungen zu haben, zumindest jene Gruppen militärisch zu bekämpfen, die gegen Pakistan kämpfen. Die in Afghanistan aktiven Gruppen hingegen wurden bisher kaum gestört. Eine Ausnahme stellen hier allerdings die Verhaftungen prominenter Talibanführer in diesem Jahr [2010] dar. (Martin Schmidt, Thomas Schrott: Extremistische Gruppierungen im afghanisch- pakistanischen Grenzgebiet. In: AfPak. Afghanistan, Pakistan und die Migration nach Österreich, 2011, S.

83)

Die größten Gruppierungen regierungsfeindlicher Kräfte sind die vor allem im Süden des Landes aktiven Taliban, das auf den Südosten konzentrierte Haqqani-Netzwerk und die Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG), die ihren Schwerpunkt in Teilen des Ostens und Nordostens Afghanistans hat. Alle drei Gruppierungen sind - wenngleich in unterschiedlichem Maß - fragmentiert und bekämpfen sich gelegentlich auch untereinander. Vor

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allem richten sich die von ihnen ohne Rücksicht auf Zivilisten verübten Gewalttaten aber gegen Staatsorgane und Vertreter der internationalen Gemeinschaft einschließlich Nichtregierungsorganisationen. (AA - Auswärtiges Amt:

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Die Angriffe der Taliban und anderer aufständischer Gruppen nahm während des Jahres [2010] sowohl in der Anzahl als auch in der Komplexität zu. Es gab Berichte über Drohbriefe ("night letters") der Taliban, in denen sie jeden bedrohten, der in Frieden mit der Regierung lebt. (US DOS - U.S. Department of State: 2010 Human Rights Report - Afghanistan, 8.4.2011)

Während der ersten Hälfte des Jahres 2010 wurden seitens der Regierung einige Anstrengungen zur Verbesserung der Sicherheit, Reintegration und Versöhnung unternommen. Dies beinhaltete unter anderem die Initiative zu Friedensgesprächen mit den Taliban und anderen bewaffneten regierungsfeindlichen Gruppen.

(UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Zusammenfassende Übersetzung, 24.3.2011)

Menschenrechte

Block 1: Allgemein Die Menschenrechtssituation hat sich nicht wesentlich zum Positiven verändert. Ein bislang weitgehend unbeachtetes Amnestiegesetz sieht eine zeitlich unbegrenzte Generalamnestie (also auf Bürgerkrieg und Taliban-Herrschaft anwendbar) für fast alle Verbrechen vor, die von bewaffneten Gruppierungen begangen wurden. Die größte Bedrohung der Menschenrechte geht ebenfalls von der bewaffneten Aufstandsbewegung aus, deren Intensität und regionale Ausbreitung bereits seit 2006 zunimmt.

Afghanistan hat zahlreiche VN-Menschenrechtsabkommen - zum Teil mit Vorbehalten - ratifiziert. Im August 2005 hat Afghanistan nach mehrmonatigen Verhandlungen mit UNHCR die VN- Flüchtlingskonvention von 1951 inklusive des Zusatzprotokolls von 1967 unterzeichnet. Die Ratifikation ist noch nicht erfolgt. Die Verfassung vom Januar 2004 enthält einen umfassenden Menschenrechtskatalog, der politische ebenso wie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte umfasst. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan,

Stand: Jänner 2012)

Block 2: Meinungs- und Pressefreiheit Artikel 34 der Verfassung garantiert die Presse- und Meinungsfreiheit, aber Artikel 130 schreibt vor, dass Gerichte und islamische Rechtsgelehrte in Rechtsfällen so agieren können, dass "Gerechtigkeit am besten erreicht wird". (Freedom House: Freedom of the Press - Afghanistan 2010)

Meinungs- und Pressefreiheit sind in der Verfassung (Art. 34) verankert, wobei auch hier ein allgemeiner Islamvorbehalt gilt. In der Praxis sind sie - zumal im regionalen Vergleich - in einem bemerkenswerten Maß verwirklicht. Neben der staatlichen Rundfunkanstalt RTA gibt es über 25 private Fernsehsender in Kabul und ca.

zehn weitere in den Provinzen. Die Hauptstadt zählt rund 25 Radiosender, hinzu kommen dutzende Radiostationen in anderen Regionen des Landes. Auch die Schriftpresse ist sehr bunt - obgleich die Auflagezahlen selbst einflussreicher Zeitungen immer noch recht gering sind.

Die politische Ausrichtung der Medien ist weit gefächert. Trotz sehr positiver Tendenzen im Vergleich zur Situation vor 2002 berichten NROs und Journalistenverbände immer wieder von Einschüchterungen gegenüber Journalistinnen und Journalisten von Seiten der Regierung, lokaler Machthaber und den Insurgenten - bis hin zu Todesdrohungen. Der Druck auf die Medien führt zum Teil zu einer Selbstzensur.

Das Mediengesetz von 2009 lässt Raum für politische Einflussnahme der Regierung auf die Medien. Gemäß Art.

42 können Sendungen, die "unislamisch" sind, verboten werden. Die Entscheidung liegt laut Gesetz bei der Mass Media Commission. In der Realität wurden entsprechende Verbote jedoch vom Kabinett ausgesprochen.

Am 5.09.2010 wurde der afghanische Journalist und Journalistenvertreter Said Hamed Noori in Kabul ermordet.

Bisherige Erkenntnisse sprechen eher für einen privaten Hintergrund - die Ermittlungen durch die afghanischen Behörden dauern noch an.

Ein weiterer Fall, in dem die Pressefreiheit missachtet wurde, war die Verhaftung von drei Journalisten im Abstand von wenigen Tagen im September 2010. Nach internationalen Protesten und Intervention durch Präsident Karzai wurden die Reporter einige Tage später wieder freigelassen.

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Ebenfalls Ende September 2010 wurde die unter Paschtunen beliebte Website Benawa.com auf Veranlassung von Vizepräsident Fahim verboten. Dort war die Falschinformation verbreitet worden, dass Fahim während seines Krankenhausaufenthaltes in Deutschland verstorben sei. Mit Unterstützung der Generalstaatsanwaltschaft und nach Entschuldigung der Betreiber für die Falschmeldung wurde Benawa.com nach wenigen Tagen wieder freigeschaltet.

In das Visier der staatlichen Stellen geriet im gleichen Zusammenhang auch die Internetseite Tolafghan.com, die allerdings nicht geschlossen wurde.

Ein jüngerer prominenter Fall, in dem ein Journalist Opfer von Repressionen wurde, ist der Fall Mamoon. Razaq Mamoon ist Chef der Nachrichtenagentur Bust-i-Bastan und Verfasser einiger kritischer Bücher zur Rolle des Irans in Afghanistan. Im Januar 2011 wurde er in der Nähe seiner Wohnung in Kabul Opfer eines Säureanschlags. Präsident Karzai verurteilte die Tat öffentlich. Wer hinter dem Anschlag steckt, ist bis heute nicht bekannt. (AA - Auswärtiges Amt:

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Minderheiten

Block 1: Minderheitenrechte

Die Zahlen zur ethnischen Zusammensetzung der afghanischen

Bevölkerung variieren: Paschtunen 38- 42%, Tadschiken 25-27%, Hazara 9-19%, Usbeken 6-9%, zahlreiche kleinere ethnische Gruppen. (AA -

Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante

Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012 / CIA World Factbook, Afghanistan, last update 18.1.2012, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/af.html, Zugriff 15.2.2012)

Afghanistan ist ein Vielvölkerstaat. In der Vergangenheit haben ethnische Spannungen oft zu gewaltsamen Auseinandersetzungen beigetragen. Insbesondere während des Bürgerkriegs zu Beginn der 90er Jahre verlief die politische Trennlinie weitgehend entlang ethnischer Grenzen. Auch heute haben gesellschaftliche und politische Konflikte häufig einen ethnischen Hintergrund. Die Verfassung schützt sämtliche ethnischen Minderheiten.

Neben Dari und Paschtu wird weiteren Sprachen unter bestimmten Bedingungen ein offizieller Status eingeräumt. Das Parteiengesetz verbietet die Gründung politischer Parteien entlang ethnischer Grenzen; in der Regierung sind alle großen ethnischen Gruppen vertreten. Es gibt Bemühungen, Armee- und Polizeikräfte so zu besetzen, dass sämtliche Volksstämme angemessen repräsentiert sind, was in der Praxis zuweilen zu einer Überrepräsentation von ethnischen Minderheiten auch in Führungspositionen führt. Die Situation der ethnischen Minderheiten hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft besonders für die traditionell diskriminierten Hazara verbessert, obwohl die hergebrachten Spannungen in lokal unterschiedlicher Intensität fortbestehen und gelegentlich wieder aufleben. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Es gibt keine Gesetze die ethnische Gruppen an der Partizipation am politischen Leben hindern. Trotzdem gibt es Beschwerden einiger ethnischen Minderheiten über zu geringe Repräsentation in öffentlichen Ämtern. Die ethnische Zusammensetzung des Unterhauses ist wie folgt: 39% Paschtunen, 28% Tadschiken, 20% Hazara, 7%

Usbeken und 6% andere Minderheiten. Außerdem sind zehn Sitze für die ethnische Minderheit der Kuchi reserviert. (US DOS - U.S. Department of State: 2010 Human Rights Report - Afghanistan, 8.4.2011)

Trotz eines Rückgangs an ethnisch-motivierten Spannungen und Gewalt seit 2001 im Vergleich mit früheren Phasen in Afghanistan sowie dem Bestehen der verfassungsrechtlichen Garantie der "Gleichheit aller ethnischen Gruppen und Stämme", bestehen im Bereich der ethnischen Minderheiten nach wie vor gewisse Bedenken.

Diese beziehen sich unter anderem auf Diskriminierung auf Grund der Ethnie und ethnische Konflikte, insbesondere im Zusammenhang mit Land- und Eigentumsfragen. (UNHCR - UN High Commissioner for Refugees:

UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Zusammenfassende Übersetzung, 24.3.2011)

Religion

Block 1: Religionsfreiheit

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Beobachter schätzen, dass 80% der Bevölkerung sunnitische und 19% schiitische Muslime sind. Andere religiöse Gruppen machen weniger als 1% der Bevölkerung aus. Nach Selbsteinschätzungen der Gemeinden gibt es ca. 1888 Sikhs, über 488 Baha'i und 388 Hindus. Es gibt auch eine kleine christliche Gemeinde mit geschätzten 500-8.000 Mitgliedern. Zusätzlich gibt es eine kleine Zahl von Anhängern anderer Religionen.

Im 20. Jahrhundert lebten kleine Gemeinschaften von Baha'i, Buddhisten, Christen, Hindus, Juden und Sikhs im Land, aber die meisten Mitglieder dieser Gruppen emigrierten während der Zeit des Bürgerkrieges und der Taliban-Herrschaft. Seit dem Sturz der Taliban sind einige Mitglieder religiöser Minderheiten zurückgekehrt, wobei viele in Kabul leben. (USDOS - US Department of State: July-December 2010 International Religious Freedom Report, 13.9.2011)

Artikel 2 der Verfassung bestimmt, dass der Islam Staatsreligion ist. Die ebenfalls in der Verfassung verankerte Religionsfreiheit gilt ausdrücklich nur für die "Anhänger anderer Religionen als dem Islam" (Artikel 2, Absatz 2). Auf die Rechte von Muslimen wird kein Bezug genommen. Demnach besteht Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionswahl beinhaltet, für Muslime nicht. Allerdings hält die Verfassung auch die Gültigkeit der von Afghanistan ratifizierten internationale Verträge und Konventionen fest (Artikel 7), was aber wiederum im Lichte des Islamvorbehalts zu lesen ist.

Am 17.9.2003 hat Präsident Karzai die Einsetzung eines zentralen islamischen religiösen Rates (Schura) per Dekret genehmigt. Die Schura, in der Religionsgelehrte aller Provinzen vertreten sein sollen, umfasst rund 2.600 Mitglieder, die dafür Sorge tragen sollen, dass die Gebote des Islams eingehalten werden. (AA -

Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Im Jahr 2004 wurden der schiitische und der sunnitische Islam als gleichwertig in der Verfassung verankert. Die Verfassung proklamiert, dass Anhänger anderer Religionen ihren Glauben und ihre religiösen Riten innerhalb der Bestimmungen des Gesetzes frei ausleben dürfen.

Der Respekt für die Religionsfreiheit hat sich im Berichtszeitraum verschlechtert, vor allem für christliche Gruppen und Individuen. Im Mai 2010 wurde ein Video über die Taufe von christlichen Konvertiten von einem afghanischen Fernsehsender ausgestrahlt. Es folgte ein öffentlicher Aufschrei und christliche Gruppen und Personen wurden bedroht und vorübergehend eingesperrt. Die negative gesellschaftliche Meinung und Argwohn gegenüber christlichen Aktivitäten führten dazu, dass christliche Gruppen und Individuen, darunter afghanische Konvertiten zum Christentum, zur Zielscheibe wurden. Der Mangel an Aufmerksamkeit für und Schutz von diesen Gruppen und Individuen durch die Regierung haben zur Verschlechterung der Lage beigetragen.

Die Verfassung sieht vor, dass der Präsident und Vizepräsident Muslime sein sollen, unterschiedet aber nicht zwischen Sunniten und Schiiten. In der Verfassung wird der Islam als offizielle Religion des Staates bezeichnet, gegen dessen Glauben und Überzeugungen kein Gesetz verstoßen darf. Außerdem darf die Regierungsform der Islamischen Republik nicht verändert werden. In Fällen, die in der Verfassung und in den Gesetzen nicht geregelt werden, unter anderem Konversion und Blasphemie, bezogen sich Gerichte auf ihre Interpretation der Scharia, wobei einige dieser Interpretationen mit der Universellen Deklaration der Menschenrechte, die das Land unterzeichnet hat, im Widerspruch stehen. (USDOS - US Department of State: July-December 2010 International Religious Freedom Report, 13.9.2011)

Die Religionsfreiheit hat sich seit dem Sturz der Taliban vergrößert, wird aber immer noch durch Gewalt und Störmanöver gegen religiöse Minderheiten und reformistische Muslime behindert. Ein Gericht befand im Jahr 1887, dass es sich beim Glauben der Baha'i um eine Form der Blasphemie handelte. (FH - Freedom House:

Freedom in the World 2011 - Afghanistan)

Die Religionsfreiheit und das damit zusammenhängende Recht, seine Religion im Privaten und in der Öffentlichkeit auszuüben, sind durch die afghanische Verfassung garantiert. Allerdings enthält die Verfassung eine Bestimmung, die besagt, dass kein Gesetz im Widerspruch zum Islam sein darf und verweist bezüglich der in der Verfassung nicht explizit geregelten Themen auf die Vorschriften der Scharia. Somit können Konvertiten vom Islam zu anderen Religionen und Individuen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen haben, harten Strafen ausgesetzt sein; verstärkt wird dies durch gesellschaftliche Diskriminierung und Stigmatisierung solcher Personen. (UNHCR - UN High Commissioner for Refugees:

UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Zusammenfassende Übersetzung, 24.3.2011)

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Innerstaatliche Fluchtalternative

Block 1: Allgemeines Das Gesetz garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes und ins Ausland sowie Emigration und Rückkehr. Die Regierung schränkt dieses Recht aber manchmal aufgrund der Sicherheitslage ein. Die Reisefreiheit ist außerdem durch illegale Checkpoints, an denen Geld und Waren erpresst werden, eingeschränkt. Die schlechte Sicherheitslage, das Banditentum und die Landminen sowie IEDs [Improvised Explosive Device / Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung] stellen - vor allem in der Nacht - die größten Einschränkungen der Reisefreiheit dar. Außerdem ist die Bewegungsfreiheit für Frauen ohne männlichen Begleiter durch soziale Sitten eingeschränkt. Die Regierung arbeitet mit dem UNHCR, IOM und anderen humanitären Organisationen zusammen um IDPs, Flüchtlinge, zurückkehrende Flüchtlinge und andere gefährdete Personen zu unterstützen und zu schützen. Diese Bemühungen waren aber durch den Mangel an Infrastruktur und Kapazitäten begrenzt. (US DOS - U.S. Department of State: 2010 Human Rights Report - Afghanistan, 8.4.2011)

Die Schwerpunkte der Aktivitäten der aufständischen Gruppierungen liegen einerseits entlang der Grenzen zu Pakistan, aber auch zu den nördlichen Nachbarn Tadschikistan, Usbekistan und Turkmenistan, sowie andererseits entlang der Ring Road, der wichtigsten Straßenverbindung Afghanistans. (Nino Hartl, Martin Schmidt, Thomas Schrott: Sicherheitslage und humanitäre Situation im afghanischpakistanischen Grenzgebiet.

In: AfPak. Afghanistan, Pakistan und die Migration nach Österreich, 2011, S. 49)

- Familienanschluss/Soziales Netz Die traditionell erweiterten Familien- und Gemeinschaftsstrukturen der afghanischen Gesellschaft bilden weiterhin den vorwiegenden Schutz- und Bewältigungsmechanismus, insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen die Infrastruktur nicht so entwickelt ist. Afghanen sind auf diese Strukturen und Verbindungen zum Zweck der Sicherheit und des wirtschaftlichen Überlebens, einschließlich des Zugangs zur Unterkunft und eines angemessenen Niveaus des Lebensunterhalts angewiesen.

Alleinstehende Männer und Kernfamilien können unter gewissen Umständen ohne Unterstützung von Familie oder Gemeinschaft in städtischen und semi-urbanen Gegenden mit entwickelter Infrastruktur und unter effektiver Kontrolle der Regierung leben. (UNHCR - UN High Commissioner for Refugees: UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender, Zusammenfassende Übersetzung, 24.3.2011)

Die Lebensbedingungen sind landesweit schlecht. Das Risiko des Einzelnen, zu einem Opfer von Gewalt oder einer Menschenrechtsverletzung zu werden, ist überall - wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung - gegeben.

Ob eine Person sich einer möglichen Gefährdung durch ein Ausweichen im Land entziehen kann, hängt maßgeblich von dem Grad ihrer sozialen Vernetzung sowie von der Verwurzelung in Familienverband oder Ethnie ab. (AA -

Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Block 2: Binnenflüchtlinge

Die UN und das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) beichteten von 730.000 intern Vertriebenen in Afghanistan seit 2006. Ende Jänner 2011 waren 309.000 Menschen intern vertrieben. Dies ist die höchste Zahl seit 2005. (IDMC - Internal Displacement Monitoring Center: Afghanistan, 11.4.2011, http://www.internaldisplacement.org/8025708F004CE90B/(httpCountries)/DFADB5842F9262BF802570A7004 BA6F0?opend ocument, Zugriff 14.2.2012)

In Kabul haben sich aufgrund der Zuwanderung auch so genannte "informelle Siedlungen" gebildet. Insgesamt leben ca. 328.888 Menschen aus verschiedenen Gründen in ca. 18 dieser "informellen Siedlungen".

Hauptsächlich handelt es sich um Internally Displaced Persons (IDPs). Die dortigen Lebensumstände sind sehr schlecht. Von UNHCR wird die Zahl der IDPs auf über 300.000 geschätzt. Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2001 noch 1,2 Millionen. (BAA:

Bericht zur Fact Finding Mission Afghanistan, 20-29.Oktober 2010, Dezember 2010)

Die hohe Zahl an intern Vertriebenen liegt an den schwierigen Arbeitsbedingungen, der hohen Zahl an zurückkehrenden Flüchtlingen, der schlechten Dienstleistungsinfrastruktur in ländlichen Gebieten, militärischen Operationen und der schlechten Sicherheitslage in einigen Teilen des Landes. Außerdem machten schwere Überschwemmungen in einigen Provinzen des Landes Familien heimatlos. Im Dezember 2010 waren laut UNHCR über 350.000 Personen Vertriebene. 117.089 davon waren bereits vor dem Dezember 2002 vertrieben

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worden. Ca. 100.000 wurden aufgrund des Konfliktes - vor allem im Süden - im Jahr 2010 vertrieben. Viele dieser Vertriebenen blieben jedoch in ihrer Heimatregion. Die lokalen Regierungen versorgten diese Personen mit Zugang zu Land für Unterkunft und internationale Organisationen und der afghanische Rote Halbmond versorgten sie mit Nahrungsmitteln, Unterkünften und anderen lebensnotwendigen Dingen. (US DOS - U.S.

Department of State: 2010 Human Rights Report - Afghanistan, 8.4.2011)

Es gibt Berichte von mehr als 20 erfrorenen Kindern in Flüchtlingslagern in der Provinz Kabul. Die Lebensumstände in IDP-Camps sind sehr schlecht. (NY Times: Driven Away by a War, Now Stalked by Winter's Cold, 1.1.1831, http://www.nytimes.com/2012/02/04/world/asia/cold-weather-kills-children-in-afghan- refugeecamps.html?_r=3&pagewanted=1, Zugriff 14.2.2012)

Wehrdienst Zwangsrekrutierungen durch Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen, konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihre Familien kaum an die Öffentlichkeit. Auch Zwangsrekrutierungen bei der afghanischen Armee oder Polizei sind nicht auszuschließen, aber denkbar unwahrscheinlich, da die erfolgreiche Anwerbung als Soldat oder Polizist für den überwiegend arbeitslosen Teil der jungen männlichen Bevölkerung eine der wenigen Möglichkeiten auf dauerhaftes und ehrenvolles Einkommen bietet: Auf eine freie Stelle bei den afghanischen Sicherheitskräften melden sich im Durchschnitt zehn Bewerber. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Rekruten werden für einen Zeitraum von vier Jahren verpflichtet. (CIA World Factbook, Afghanistan, last update 18.1.2012, https://www.cia.gov/library/publications/theworld-factbook/geos/af.html, Zugriff 14.2.2012)

Das gesetzliche Rekrutierungsalter für Mitglieder der Streitkräfte ist 18. Es gab aber weiterhin unbestätigte Berichte, dass Kinder unter 18 Jahren Identitätsdokumente fälschten um den nationalen Sicherheitskräften und der Polizei beizutreten. (US DOS - U.S.

Department of State: 2009 Human Rights Report - Afghanistan, 8.4.2011)

Wehrersatzdienst Eine Wehrpflicht besteht nicht. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Wehrdienstverweigerung / Desertion Sie [Afghan National Army] leidet immer noch unter einer Desertionsrate von mindestens 20%. (CRS - Congressional Research Service: Afghanistan: Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, 21.12.2011)

Im Jahr 2008 wurde der Uniform Code of Military Justice verabschiedet. Dieser umfasst insgesamt 34 verschiedene Vergehen, darunter Desertion. Für fast alle sind Strafen von mindestens einem Jahr Haft vorgesehen. Es gibt wenig Hinweise, dass das Militärgesetz regelmäßig und ordentlich durchgesetzt wird.

Militärgerichte haben

1.779 Fälle zwischen 2006 und 2009 verhandelt. In Herat, zum Beispiel, war im Jänner 2010 in 90 von 100 anhängigen Fällen unbegründete Abwesenheit das Thema. (ICG - International Crisis Group: A Force in Fragments: Reconstituting the Afghan National Army (Asia Report N°190), 12.5.2010)

Grundversorgung / Wirtschaft Afghanistan ist eines der ärmsten Länder der Welt (Platz 155 von 169 im aktuellen UNDP Human Development Index 2010). Der Staat ist in extremem Maß von Geberunterstützung abhängig: Nur knapp zwei Drittel (62%) der laufenden Ausgaben können durch eigene Einnahmen gedeckt werden. Der Entwicklungs- und Investitionshaushalt ist zu 100% geberfinanziert. Vor allem aufgrund der anhaltenden, massiven Unterstützung internationaler Geber haben sich nahezu alle volkswirtschaftlichen Indikatoren Afghanistans (BIP-Wachstum, Inflationsrate usw.) positiv entwickelt. Der IWF rechnet für das laufende afghanische Fiskaljahr 1390 (März 2011-März 2012) mit einem Wachstum von 8 Prozent des BIP außerhalb des Landwirtschaftssektors, der sich nach einer außergewöhnlich guten Ernte im Jahr 2009 und einer etwas schwächeren (aber dennoch überdurchschnittlichen) Ernte 2010 stabilisiert hat.

Bis etwa Mitte des Jahrzehnts wird ein reales jährliches Wirtschaftswachstum zwischen sechs und acht Prozent erwartet; in der Langfristprognose bis 2030 rechnen die Experten mit einer durchschnittlichen jährlichen Steigerungsrate von fünf Prozent.

Auch die fiskalische Situation Afghanistans entspricht dank des bemerkenswerten Wachstums der Staatseinnahmen (afghanisches Fiskaljahr 1389 (März 2010 - März 2011): +30%) den Vorgaben des IWF und übersteigt diese in vielen Bereichen sogar. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

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Die Wirtschaftsleistung hat sich seit dem Sturz der Taliban - großteils aufgrund der internationalen Investitionen - signifikant verbessert. Das BIP verteilt sich zu 31,6% auf Landwirtschaft, 26,3% Industrie und 42,1%

Dienstleistungen (Daten exklusive Opiumanbau). (CIA World Factbook, Afghanistan, last update 18.1.2012, https://www.cia.gov/library/publications/theworld-factbook/geos/af.html, Zugriff 14.2.2012)

- RückkehrerInnen Rückkehrer können auf Schwierigkeiten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Art stoßen, wenn sie außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit im (westlich geprägten) Ausland zurückkehren und ihnen ein soziales oder familiäres Netzwerk sowie aktuelle Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen.

UNHCR schätzt die Zahl der freiwilligen Rückkehrer zwischen März 2002 und Juni 2011 auf gut 4,5 Millionen Menschen, was bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung (genaue Zahlen existieren nicht) von 32 Mio. etwa 14% entspricht. Der ganz überwiegende Teil davon kehrte mit Hilfe des UNHCR zurück. Mit lediglich 54.400 Rückkehrern wurde dabei 2009 nach Angaben des UNHCR ein historischer Tiefstand erreicht.

2010 kehrten nach Angaben von UNHCR 112.815 Personen freiwillig nach Afghanistan zurück (104.331 aus Pakistan, 8.419 aus Iran, 37 aus Russland und 28 aus Indien). Dies entspricht einem Plus von 54% im Vergleich zum Vorjahr. 2011 wurden bislang 25.442 freiwillige Rückkehrer gezählt (Stand: Juni 2011). 267.820 Flüchtlinge wurden zwischen 1.1.2010 und 5.12.2010 aus Iran nach Afghanistan ausgewiesen (das sind 10%

weniger als im Vorjahreszeitraum). Zur Vermeidung der Ausweisung können afghanische Flüchtlinge in Iran eine Ausreiseerlaubnis beantragen und selbständig zurückkehren. Diese Möglichkeit nutzten zwischen 1.1.2010 und 5.12.2010 330.258 Personen (Vergleichszeitraum 2009: 147.575). (AA - Auswärtiges Amt:

Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Die Rückkehrer sind meist allein stehende junge Männer. Rückkehrer, die über eine Berufsausbildung verfügen, haben gute Chancen einen Job zu finden. Es gibt eine kleine Zahl von qualifizierten Rückkehrern, die an Banken oder Internationale Organisationen vermittelt werden. Bei Rückkehrern ohne Ausbildung ist das Problem größer, da es nicht genügend Programme für Rückkehrer gibt.

Für weibliche Rückkehrer kommt noch das Problem einer immer konservativer werdenden Gesellschaft hinzu.

Die Rückkehr alleinstehender Frauen ist sehr schwierig. (BAA: Bericht zur Fact Finding Mission Afghanistan, 20-29.Oktober 2010, Dezember 2010)

- Soziales Netz Staatliche soziale Sicherungssysteme wie Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung existieren praktisch nicht. Die soziale Absicherung liegt traditionell bei den Familien und Stammesverbänden. Afghanen, die außerhalb des Familienverbandes oder nach einer längeren Abwesenheit im westlich geprägten Ausland zurückkehren, stoßen auf größere Schwierigkeiten als Rückkehrer, die in Familienverbänden geflüchtet sind oder in einen solchen zurückkehren, da ihnen das notwendige soziale oder familiäre Netzwerk sowie die erforderlichen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen. Sie können in ihrer Umgebung auf übersteigerte Erwartungen bezüglich ihrer finanziellen Möglichkeiten treffen, so dass von ihnen für alle Leistungen überhöhte Preise gefordert werden. Von den "Zurückgebliebenen" werden sie häufig nicht als vollwertige Afghanen akzeptiert.

Andererseits bringen Afghanen, die in den Kriegs- und Bürgerkriegsjahren im westlichen Ausland Zuflucht gesucht haben, von dort in der Mehrzahl der Fälle höhere Finanzmittel, eine qualifiziertere Ausbildung und umfangreichere Fremdsprachenkenntnisse mit als Afghanen, die in die Nachbarländer geflüchtet sind. Das verschafft ihnen bei der Reintegration einen deutlichen Vorteil. Die überwiegende Mehrheit der gebildeten Schicht ist während der Kriegs- und Bürgerkriegsjahre nach Europa und Nordamerika geflüchtet. Prinzipiell könnten die Fähigkeiten dieser Personen eine erhebliche Ressource für das Land darstellen, denn es mangelt in allen Sparten an ausgebildeten Facharbeitern und Akademikern.

Adäquate staatliche oder sonstige Aufnahmeeinrichtungen für zurückkehrende unbegleitete Minderjährige existieren nicht. (AA -

Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Eine Ansiedlung in Kabul, Mazar-i Sharif, Jalalabad und Herat ist grundsätzlich auch für Personen ohne Beziehungen möglich, sofern sie über die nötigen finanziellen Mittel verfügen. Für mittellose Männer ohne

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persönliche Anknüpfungspunkte ist dies nur unter großen Schwierigkeiten möglich. Für Frauen ohne männliches Familienoberhaupt ist dies gänzlich unmöglich. Für Frauen allgemein ist die Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt. (BAA - Bundesasylamt: Protokoll des Afghanistan-Workshop vom 13.8.2008)

Bei einer Rückkehr von Frauen müssen diese im Familienverbund aufgenommen werden, um geschützt zu sein.

(BAA: Bericht zur Fact Finding Mission Afghanistan, 20-29.Oktober 2010, Dezember 2010)

- Lebensmittel Der IWF rechnet für das laufende afghanische Fiskaljahr 1390 (März 2011-März 2012) mit einem Wachstum von 8 Prozent des BIP außerhalb des Landwirtschaftssektors, der sich nach einer außergewöhnlich guten Ernte im Jahr 2009 und einer etwas schwächeren (aber dennoch überdurchschnittlichen) Ernte 2010 stabilisiert hat. Von diesen verbesserten Rahmenbedingungen profitierten grundsätzlich auch Rückkehrer. Gleichwohl führt die verbreitete Armut landesweit nach wie vor vielfach zu Mangelernährung. Außerdem war 2011 die Getreideernte aufgrund unzureichender Niederschlagsmengen wieder signifikant niedriger als in den Vorjahren.

Problematisch bleibt die Versorgungslage der Menschen insbesondere in abgelegenen ländlichen Gebieten des zentralen Hochlandes. Grund dafür sind fehlende oder nur im Sommer passierbare Verkehrswege sowie mangelnde Gesundheitsinfrastruktur. Hinzu kommt die Gefahr kriminell motivierter Überfälle auf kommerzielle und humanitäre Lebensmitteltransporte. Rückkehrer sind diesen Risiken aufgrund ihrer spezifischen Situation (Unterbringung vielfach in Camps, fehlende Erwerbsmöglichkeiten, usw.) besonders ausgesetzt. (AA -

Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Probleme bei der Nahrungsmittelverteilung gibt es vor allem in ländlichen Gebieten. Zum einen liegt das primär an der schlechten Sicherheitslage. So kommt es immer wieder zu Angriffen auf Konvois. Ein weiteres Problem stellt die schlechte Infrastruktur des Landes dar. Einige Gebiete sind kaum zu erreichen. Grundsätzlich gilt, dass das größte Problem für die Nahrungsmittelversorgung die Sicherheitslage darstellt, erst an zweiter Stelle kommt die mangelnde Infrastruktur. Generell ist in städtischen Gebieten der Zugang zu Nahrungsmitteln nicht das Problem und das Marktsystem funktioniert gut. Diese Märkte sind gut mit Nahrungsmitteln ausgestattet, die aus verschiedenen Gegenden in Afghanistan und aus den Nachbarstaaten kommen. In Kabul sind die Nahrungsmittel auch für den Großteil der Leute leistbar. Zusätzlich wird von Moscheen Gratisnahrung für bedürftige Menschen verteilt. (BAA: Bericht zur Fact Finding Mission Afghanistan, 20-29.Oktober 2010, Dezember 2010)

Der Großteil der Afghanen hat keinen angemessenen Zugang zu sauberem Wasser, um die Grundbedürfnisse zu decken. Die Herausforderungen Afghanistans im Bereich der Wasserversorgung, Bewässerung und Hydroelektronik sind immens; ein Wasserversorgungssystem gibt es praktisch nicht.

Der durchschnittliche Versorgungswert mit sauberem Wasser beträgt in Afghanistan nur ca. 24 % und nur etwa 12 % der Haushalte haben Zugang zur Abwasserversorgung. Da die Mehrheit der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser hat, leidet Afghanistan unter einer der höchsten Raten von durch Trinkwasser übertragenen Krankheiten in der Welt - eine der Hauptursachen der Kindersterblichkeit in Afghanistan. (IOM - International Organization for Migration: Länderinformationsblatt Afghanistan, Oktober 2011)

- Wohnraum Freiwillig zurückkehrende Afghanen kamen in den ersten Jahren meist bei Familienangehörigen unter, was die in der Regel nur sehr knapp vorhandenen Ressourcen (Wohnraum, Versorgung) noch weiter strapazierte. Eine zunehmende Zahl von Rückkehrern verfügt aber nicht mehr über diese Anschlussmöglichkeiten. Das Ministerium für Flüchtlinge und Rückkehrer (MoRR) bemüht sich daher um eine Ansiedlung dieser Flüchtlinge in Neubausiedlungen für Rückkehrer (sog.

"townships"). UNHCR unterstützt gemeinsam mit der "International Organisation for Migration" (IOM) das MoRR bei seiner Aufgabe, eine geordnete Rückkehr zu gewährleisten, worauf letzteres aufgrund seiner institutionellen Schwächen angewiesen ist. Die Ansiedlung der Flüchtlinge erfolgt unter schwierigen Rahmenbedingungen: Ein Großteil der vorgesehenen "townships" ist kaum für eine permanente Ansiedlung geeignet. Oft fehlt es an der notwendigen Basisinfrastruktur (z.B.

Wasserversorgung), und häufig befinden sich die vorgesehenen Ansiedlungsorte in abgelegenen Gebieten. Manche Beobachter bezeichnen daher die Ansiedlung der Rückkehrer als ein "Aussetzen in der Wüste".

Nichtregierungsorganisationen leisten hier vielfach zusätzliche Hilfe. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Die Mieten in Kabul sind vergleichsweise hoch. Für eine 3-4 Zimmer-Wohnung in guter Gegend bezahlt man ca.

USD 300-500,- Miete. In schlechteren Vierteln ca. USD 200,-. Aufgrund der hohen Mieten teilen sich Familien oft eine Wohnung. Für ein günstiges Zimmer wird rund USD 100,- bezahlt. Doch dank der großen Bautätigkeit

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hat sich das Angebot an Wohnungen erhöht und die Mietkosten reduziert. Die Lebenskosten (Essen) betragen rund USD 50,- pro Monat. (BAA: Bericht zur Fact Finding Mission Afghanistan, 20-29.Oktober 2010, Dezember 2010)

Das Thema Unterkunft ist für Rückkehrer wegen der großen Inflation bei Immobilienpreisen, dem hohen demografischen Druck in Afghanistans Ballungszentren und einer generellen Knappheit von Gebäuden im guten Zustand von großer Wichtigkeit.

Kabul beherbergt derzeit nahezu vier Millionen Menschen. Eine Vielzahl von Menschen, die das Land verlassen haben, kehrt nach und nach zurück. Mehr als 2 Millionen Häuser wurden zerstört oder irreparabel beschädigt;

viele medizinische Einrichtungen und Bildungsstätten sind nicht mehr intakt. Laut Studien des Afghanischen Ministeriums für Unterkunft und Stadtentwicklung leben statistisch gesehen etwa 18-20 Personen in einem für 6 Personen konstruierten Haus. (IOM - International Organization for Migration: Länderinformationsblatt Afghanistan, Oktober 2011)

- Arbeitsmöglichkeiten Die Rückkehrer sind meist allein stehende junge Männer. Rückkehrer, die über eine Berufsausbildung verfügen, haben gute Chancen ein Job zu finden. Es gibt eine kleine Zahl von qualifizierten Rückkehrern, die an Banken oder Internationale Organisationen vermittelt werden. Bei Rückkehrern ohne Ausbildung ist das Problem größer, da es nicht genügend Programme für Rückkehrer gibt.

Laut ILO arbeiten knapp 93% der Bevölkerung über 16 Jahren mindestens eine Stunde pro Woche. Daraus ergibt sich eine Arbeitslosenquote von 7,9%. Dies ist ein Zeichen dafür, dass es sich kaum jemand leisten kann gar nicht zu arbeiten. Hingegen wird der Wert für Unterbeschäftigung mit ca. 40% angegeben. Dies deckt sich mit den Angaben der ACCI [Afghanistan Chamber of Commerce and Industries], die die Arbeitslosenrate mit ca.

40% angibt. Aber es fehlen grundsätzlich zuverlässige statistische Daten für Afghanistan. Für Arbeitslose gibt es keine finanzielle Unterstützung vom Staat. Die derzeitigen Arbeitsstandards sind sehr niedrig, es gibt keine Sozialversicherung, 80% bis 90% der Bevölkerung arbeiten im Bereich der Schattenwirtschaft. 36% der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. 78% der Arbeitslosen haben keine Ausbildung. Aus diesem Grund wurden so genannte "Employment Services Centres" (ESC) (~berufsbildende Zentren) aufgebaut. Bisher wurden 31 solcher ESC errichtet. 15 weitere sollen in ganz Afghanistan verteilt errichtet werden. Das Ziel dieser Zentren besteht in der Vermittlung und Qualifizierung von Arbeitssuchenden. Vor allem sollen Frauen und Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt integriert werden. Die Bevölkerung soll außerdem ermuntert werden, die Dienstleistungen dieser Zentren in Anspruch zu nehmen. Zusätzlich wurde eine eigene Task-Force zu diesem Thema in Kooperation zwischen MoLSAMD [Ministry of Labor, Social Affairs, Martyrs and Disabled] und dem Ministry of Education (MoE) eingerichtet. (BAA: Bericht zur Fact Finding Mission Afghanistan, 20-29.Oktober 2010, Dezember 2010)

Es gibt keine regelmäßigen Statistiken zur Frage der Arbeitslosigkeit. Nichtsdestotrotz wird geschätzt, dass diese in einigen Regionen bis zu 45% beträgt und auf nationaler Ebene zwischen 30 und 35 % beträgt. Die Prozentsätze sind in allen Altersgruppen hoch, die Jugendlichen (im Alter von 16 bis 25) sind mit weniger als 25% Arbeitslosigkeit die aktivste Gruppe. Saisonale Einflüsse können die Arbeitslosigkeit in ländlichen Gegenden signifikant beeinflussen; die Unterbeschäftigungsquote kann bis zu 40% betragen.

Die aktuellen Anstrengungen konzentrieren sich auf die Einrichtung von Arbeitsagenturen in allen 34 Provinzen des Landes, und zwar binnen drei Jahren. Diese sollen das institutionelle Verständnis von lokalen wirtschaftlichen Zusammenhängen verstärken, indem Verbindungen zum Privatsektor hergestellt werden und die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes beachtet werden: sozioökonomische Beratung soll ebenso angeboten werden wie Finanzberatung oder Jobvermittlungen. (IOM - International Organization for Migration:

Länderinformationsblatt Afghanistan, Oktober 2011)

Eine größer werdende Anzahl von Instituten bietet sogenannte Mikrokredite in Afghanistan an. Die Voraussetzungen zum Darlehensabschluss sind unterschiedlich, aber die meisten Institute stellen auf die Schutzbedürftigkeit und die potentielle Nachhaltigkeit der jeweiligen Projekte ab. Rückkehrer und insbesondere Frauen werden regelmäßig durch die Vergabe von Mikrokrediten unterstützt. Nichtsdestotrotz sind generell hohe Zinsen zu zahlen. Nachfolgend eine Auflistung führender Institute zur Vergabe von Mikrokrediten:

Agency for Rehabilitation and Energy Conservation in Afghanistan (AREA) AREA bietet Mikrofinanzierungen für Projekte von schutzbedürftigen Personen, Rückkehrern, Binnenflüchtlingen und insbesondere für Frauen an.

Vergibt bis zu 300 USD.

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Bangladesh Rural Advancement Committee (BRAC) Ist seit Juni 2002 auf den Gebieten Bildung, Gesundheit und Einkunftsermöglichung tätig. In Afghanistan gibt es insgesamt acht BRAC-Vertretungen, die aktuell Darlehen an Frauen, Arme und Behinderte vergeben. Vergibt bis zu 200

USD.

Ariana Financial Services Group (AFSG) operated by Mercy Corps Afghanistan Darlehen werden von AFSG an Gruppen von vier bis acht Personen mit einem Mindestalter von sechzehn Jahren und einer Mindestberufserfahrung von sechs Monaten vergeben. Vergibt bis zu 1000 USD.

Aga Khan Microfinance Bank (AKMFB) "The First MicroFinanceBank", Kabul, Afghanistan Vergibt bis zu 3000 USD u.a. an Rückkehrer, Binnenflüchtlinge und schutzbedürftige Personen. (IOM - International Organisation for Migration: Länderinformationsblatt Afghanistan, Oktober 2011)

Die FMFB-A [First MicroFinance Bank Afghanistan] vergibt kleine Kredite in der Höhe von USD 200,- bis 5.000,- an Einzelpersonen. Dabei werden zuerst kleinere Beträge verliehen. Sollte das Kreditverhalten des Kunden stimmen, kann er auch höhere Kreditsummen erhalten. Zusätzlich gibt es noch Kredite in der Höhe von USD 5000,-

bis 50.000,- für kleinere und mittlere Betriebe (KMU). Der Schwerpunkt liegt bei Krediten in der Höhe von USD 1.000,- bis 2.000,-. Im Durchschnitt beträgt die Kredithöhe USD 926,-. Um einen Kredit zu erhalten ist ein Bürge notwendig, da eine Besicherung des Kredites über das Grundbuch aufgrund der unklaren Besitzverhältnisse nicht möglich ist. Die Überprüfung des Bürgen ist meist innerhalb von sechs Tagen erledigt.

(BAA: Bericht zur Fact Finding Mission Afghanistan, 20-29.Oktober 2010, Dezember 2010)

- Hilfsorganisationen Über vier Millionen afghanische Flüchtlinge und illegale Migranten leben in Iran und Pakistan. Die Rückkehr dieser Flüchtlinge wurde von beiden Staaten gewünscht und IOM arbeitet um die Absorptionskapazitäten der afghanischen Gemeinschaften zu erhöhen und eine nachhaltige Integration zu fördern. Das Programm zielt auf Afghanen, die aus Iran und Pakistan zurückkehrten genauso ab, wie auf Mitglieder der Gemeinschaften von Herat, Farah, Nimroz, Kunduz, Bamyan, Kabul und Nangarhar. (IOM Afghanistan: Emergency and Post-Conflict Migration Management, Mai 2011, http://www.iom.int/jahia/Jahia/afghanistan, Zugriff 14.02.2012)

Das Ministerium für ländliche Entwicklung (MRRD) und das Ministerium für Stadtentwicklung und Wohnungen haben auch die Unterstützung von Rückkehrern, sowohl von Flüchtlingen als auch Binnenflüchtlingen (IDPs), in ihren nationalen Programmen. Andere, darunter NGOs, UN Agenturen und Geldgeber, versuchen auch Unterstützungsprogramme für Rückkehrer in ihre Entwicklungsprogramme einzubauen. (ICG - International Crisis Group: Afghanistan: What now for Refugees? Asia Report Nr. 175, 31.8.2009,

http://www.crisisgroup.org/en/regions/asia/south-asia/afghanistan/175-afghanistan-what-now-forrefugees.aspx, Zugriff 14.2.2012)

Die Website von The Afghanistan Analyst listet über 180 Organisationen auf die im humanitären Bereich in Afghanistan tätig sind. (The Afghanistan Analyst: Non-Governmental and international humanitarian organizations operating in Afghanistan, ohne Datum, http://afghanistan-analyst.org/ngo.aspx, Zugriff am 14.2.2012)

Den Auskunft gebenden Stellen zufolge gibt es vor Ort [Anm.: Kabul] jedoch keine Organisation/Einrichtung, die Rückkehrer [direkt nach ihrer Ankunft] unterstützt. (BAMF - IOM: Anfragebeantwortung Aktenzeichen:

ZC171/19.08.2011,

https://milo.bamf.de/llde/livelink.exe?func=ll&objId=15057924&objAction=Open&nexturl=%2Fllde%2Fliveli nk%2Eexe%3Ffunc%3Dll%26objId%3D14093541%26objAction%3Dbrowse%26viewType%3D1, Zugriff 14.2.2012)

Medizinische Versorgung Die medizinische Versorgung ist - trotz erkennbarer Verbesserungen - aufgrund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Geräten, Ärztinnen und Ärzten sowie mangels gut qualifizierten Assistenzpersonals immer noch unzureichend. Afghanistan gehört weiterhin zu den Ländern mit den weltweit höchsten Kinder- und Müttersterblichkeitsraten. Nach Angaben der WHO liegt die durchschnittliche Lebenserwartung für Frauen bei 50 und für Männer bei lediglich 47 Jahren.

Selbst in Kabul, wo es mehr Krankenhäuser als im übrigen Land gibt, ist für die Bevölkerung noch keine hinreichende medizinische Versorgung gewährleistet. Grund dafür ist unter anderem, dass das staatliche Gesundheitssystem zwar laut Verfassung kostenfrei ist, Patienten de facto aber für aufwändigere Behandlungen

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regelmäßig an teure Privatpraxen verwiesen werden und Medikamente in aller Regel selbst beschaffen müssen.

Zahlreiche Operationen (z.B. Herzchirurgie) können zudem überhaupt nicht durchgeführt werden. (AA - Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, Stand: Jänner 2012)

Die Behandlung in öffentlichen Krankenhäusern ist grundsätzlich kostenfrei und wird durch die internationalen Gelder finanziert. Die reichere Schicht geht vor allem in Privatkliniken oder lässt sich im Ausland (v. a. in Pakistan und Indien) behandeln. Generell ist die medizinische Versorgung eine Frage des Geldes. Wer besser bezahlt, erhält auch bessere medizinische Leistungen. Es gibt eine bessere Abdeckung mit Gesundheitseinrichtungen, als die Anzahl der Menschen, die diese benutzen, vermuten lassen würde. Insgesamt sind für 80% der Bevölkerung (inkl. Kabul) grundlegende Gesundheitseinrichtungen innerhalb von zwei Stunden Fußweg erreichbar. Bei der ländlichen Bevölkerung sind es nur 50%, die diese Einrichtungen innerhalb dieser Zeit erreichen können. Operationen können zwar nicht in den entlegenen Gebieten, jedoch in den Provinzzentren durchgeführt werden.

In Kabul gibt es ca. 80 private und auch öffentliche Spitäler, die über eine vergleichsweise gute Ausstattung verfügen. Die Lage in Kabul stellt sich in den meisten Bereichen besser dar als im übrigen Land. So ist der Zugang zu Krankenhäusern besser. Alle Einwohner der Stadt Kabul haben die Möglichkeit, eine Behandlung in den Krankenhäusern zu erhalten. In der Umgebung von Kabul sieht es bereits wieder anders aus. (BAA: Bericht zur Fact Finding Mission Afghanistan, 20-29.Oktober 2010, Dezember 2010)

Der generelle Mangel an Gesundheitszentren besteht vor allem in den ländlichen Gebieten bereits seit längerer Zeit. Die aktuelle Regierung arbeitet an der Wiedereröffnung von Krankenhäusern und der Kapazitätserhöhung auf dem medizinischen Sektor. Darüber hinaus sind Ressourcen zum landesweiten Bau von Kliniken bestimmt worden. Problematisch bleibt jedoch weiterhin die Frage des kompetenten medizinischen Personals.

Das Land hat eine der höchsten Sterblichkeitsraten der Welt. Mit der Unterstützung von ausländischen Sponsoren und internationalen Hilfsorganisationen wurden in den Krankenhäusern einiger Städte chirurgische Abteilungen wiedereröffnet. Spezielle Behandlungszentren wurden eingerichtet, um Opfer von Landminen zu rehabilitieren.

Trotz dieser Anstrengungen beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung nur 44 Jahre. Krieg, wiederkehrende Dürren, schlechte sanitäre Verhältnisse und fehlende Immunisierungsprogramme haben zu weit verbreiteter Unterernährung und dem Ausbruch von Krankheiten wie Cholera (die durch unsauberes Trinkwasser ausgelöst wird), Malaria, TBC, Typhus sowie weiteren Krankheiten, die durch Parasiten ausgelöst werden, geführt. Die Weltgesundheitsorganisation und andere Gesundheitsorganisationen arbeiten zusammen mit dem Ministerium für Gesundheit daran, das betreffende Bewusstsein für diese Krankheiten zu schärfen und insbesondere eine zeitnahe Behandlung solcher Krankheiten zu ermöglichen.

Eine bessere medizinische Versorgung von Frauen und Kindern ist dringend geboten; die Sterblichkeit von Kindern unter 5 Jahren beträgt in Afghanistan 191 pro 1000 Geburten. Eine Behandlung in Krankenhäusern wird von Personen, die sich die entsprechende Anreise leisten können, gewöhnlich in angrenzenden Ländern, insbesondere in Peshawar (Pakistan) durchgeführt. Das Fehlen eines Gesundheitssystems trägt zur Ungleichheit in der Frage des Zugangs zu medizinischen Dienstleistungen bei. Medikamente, überwiegend Importe aus Pakistan und Iran, sind immer leichter erhältlich. Die Diskrepanz zwischen ländlichen und städtischen Gegenden ist in diesem Bereich jedoch nach wie vor auffällig. Es ist wichtig, frühzeitig die Verfügbarkeit von Medikamenten zu prüfen. (IOM - International Organization for Migration: Länderinformationsblatt Afghanistan, Oktober 2011)

- Medizinisches Personal In ganz Afghanistan gibt es rund 3000 Ärzte (Stand 2008), davon sind 23%

Frauen. Es mangelt in Afghanistan nicht nur an der Qualität, sondern an der Quantität der Ärzte. Dies gilt vor allem in ländlichen Gebieten. Ärzte gehen manchmal nicht in die ländlichen Gebiete, da sie nicht aus diesen Gegenden stammen, dort schlechter bezahlt werden und die Sicherheitslage sowie die Lebensqualität schlechter ist, als in den Städten. Außerdem findet die Ausbildung in den Zentren statt.

Generell ist das Gesundheitssystem stark von NGOs abhängig. Diese haben aber nicht in alle Gebiete des Landes Zugang. (BAA: Bericht zur Fact Finding Mission Afghanistan, 20-29.Oktober 2010, Dezember 2010)

Der Bedarf an gut ausgebildetem afghanischem Personal, das in der Lage wäre, der Bevölkerung auf nachhaltige Weise medizinische Versorgung zukommen zu lassen, ist groß. (IOM - International Organization for Migration:

Länderinformationsblatt Afghanistan, Oktober 2011)

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