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Verkaufspreis eines Nachbargrundstücks als Grundlage für Wertermittlung

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DNotI

D e u t s c h e s N o t a r i n s t i t u t

D o k u m e n t n u m m e r : 3 4 w x 4 4 9 _ 1 1 k o s t l e t z t e A k t u a l i s i e r u n g : 9.5.2012

O L G M ü n c h e n, 2 7 . 2 . 2 0 1 2 - 34 Wx 449/11 Kost KostO §§ 19, 31

Verkaufspreis eines Nachbargrundstücks als Grundlage für Wertermittlung

1. Zur Bewertung von Bauerwartungsland unter Heranziehung von Vergleichsflächen. (amtlicher Leitsatz)

2. Ein kürzlich erzielter Kaufpreis für ein vergleichbares Nachbargrundstück kann ein Anhalts- punkt für einen vom Einheitswert abweichenden höheren Wert gemäß § 19 Abs. 2 S. 1 KostO sein. (Leitsatz der DNotI-Redaktion)

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Az.: 34 Wx 449/11 Kost

AG Rosenheim - Grundbuchamt -

In der Grundbuchsache Beteiligte:

wegen Festsetzung des Geschäftswerts

erlässt das Oberlandesgericht München - 34. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Lorbacher als Einzelrichter am 27. Februar 2012 folgenden

Beschluss

I. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim - Grundbuchamt - vom 23. August 2011 abgeändert:

Der Geschäftswert für die Überlassung des Grundstücks FlSt xxx der Gemarkung xxx an den Beteiligten zu 3 wird auf471.706,65€festgesetzt.

II. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

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34 Wx 449/11 Kost - Seite 2 -

Gründe:

I.

Die für den Vollzug eines Grundstücksgeschäfts (Eigentumsumschreibung u. a.) zwischen den Beteiligten zu 2 und 3 ergangene Kostenrechnung vom 23.4.2010 mit einem Wertansatz von 2 € pro m² für land- und forstwirtschaftliche Flächen hat der zuständige Bezirksrevisor am 2.12.2010 im Hinblick auf Kaufverträge über unmittelbar benachbarte Teilflächen beanstandet. Daraufhin hat das Grundbuchamt Kosten über 993,15 €, ausgehend von einem Grundstückswert von 70 € pro m² (bei 10 108 m² insgesamt 707.560 €), nacherhoben. Gegen diesen Kostenansatz wandte sich der in Anspruch genommene Beteiligte zu 3. Das Grundbuchamt hat auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 28.2.2011 schließlich die gerichtliche Wertfestsetzung durchgeführt, mit Beschluss vom 30.3.2011 den Geschäftswert für die Grundstücksüberlassung auf 205.192,40 € (20,30 € pro m²) festgesetzt und der Beschwerde des Bezirksrevisors hiergegen nicht abgeholfen. Der Senat hat mit Beschluss vom 26.4.2011 die Nichtabhilfe- und Vorlageverfügung des Amtsgerichts wegen Verfahrensfehlern aufgehoben und die Sache zur erneuten Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Ausgangsgericht zurückgegeben. Das Amtsgericht hat sodann den ursprünglichen Wertfestsetzungsbeschluss aufgehoben. Es hat den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und schließlich mit Beschluss vom 23.8.2011 den Geschäftswert erneut auf 205.192,40 € festgesetzt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung des Geschäftswerts sei der Wert, den der Gegenstand des Geschäfts zur Zeit der Fälligkeit habe, also der Zeitpunkt der Eigentumsumschreibung am 23.4.2010. Vorliegende Schreiben der Gemeinde vom 27.2. und 5.3.2009 seien nicht hilfreich, da diese nur den Zustand der Bebaubarkeit zu den genannten Terminen bzw. noch früher feststellen konnten. Auf die Anfrage des Gerichts, welche Stufe der Bebaubarkeit das Grundstück am 23.4.2010 erreicht habe, habe die Gemeinde mitgeteilt, dass am 15.10.2009 ein Aufstellungsbeschluss für die Änderung des Flächennutzungsplans sowie die Aufstellung eines Bebauungsplans

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gefasst worden sei. Aus dem Aufstellungsbeschluss ergebe sich, dass eine Umwandlung der Fläche in "Mischgebiet" und "Gewerbegebiet" erfolgen solle. Da der Bebauungsplan aber noch nicht rechtskräftig sei, befinde sich der Entwicklungszustand des gegenständlichen Restgrundstücks in der sog. Stufe "E", so dass der Wert mit 29 % des Wertes der zur gleichen Zeit anderweitig an die F. KG für 70 € pro m² veräußerten angrenzenden Teilflächen anzunehmen sei; dies entspreche 20,30 €pro m².

Die weiteren von den Beteiligten angeführten Umstände in Bezug auf den Verkehrswert rechtfertigten keine andere Festsetzung. Die bestellten Dienstbarkeiten aus dem Jahr 2007 ständen in keinem Zusammenhang mit der Überlassung, ebenso wenig der aktuelle Zustand des Grundstücks, welches vollständig abgeräumt sei und keine Waldflächen mehr erkennen lasse. Dieser Zustand habe auch schon gemäß einem alten Lageplan aus dem Jahr 1990 bestanden.

Die Vergleichsgrundstücke befänden sich zwar wie das gegenständliche Grundstück auch innerhalb derselben Flächennutzungsplanänderung. Daraus könne aber noch nicht zwingend geschlossen werden, dass alle Grundstücke innerhalb dieses Bereichs den gleichen Wert hätten. Die vom Erwerber der anderen Grundstücke angeführten ungünstigen Bodenverhältnisse dieser Fläche wären schließlich für jeden weiteren Kaufinteressenten zu berücksichtigen und minderten insoweit den Grundstückswert.

Mögliche Auswirkungen könnten letztlich nur durch ein Sachverständigengutachten beseitigt werden, das aber im Rahmen der Wertfestsetzung nicht zu erholen sei.

Schließlich sei im Flächennutzungsplan die Vertragsfläche auch nicht als Ausgleichsfläche zur Genehmigungsfähigkeit ausgewiesen. Dementsprechend sei nur der niedrigere beweisbare Wert festzusetzen, nämlich entsprechend der Wertentwicklung des Bauerwartungslands, wie dies in der Stellungnahme der Gemeinde vom 28.2.2011 ausgeführt worden sei.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde des Vertreters der Staatskasse (Beteiligten zu 1) mit dem Antrag, den Beschluss aufzuheben und den Geschäftswert auf 707.560 € festzusetzen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Vergleichsgrundstücke und das Vertragsgrundstück befänden sich in derselben Entwicklungsstufe. Mit Überlassung der Vergleichsgrundstücke seien weitere Dienstbarkeiten zur Erschließung des Vertragsgrundstücks bestellt und im Grundbuch

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34 Wx 449/11 Kost - Seite 4 -

eingetragen worden. Der heranzuziehende Vergleichswert sei ausreichend dargelegt.

Lediglich der Kostenschuldner sei nicht in der Lage oder Willens, die Wertminderung gegenüber den Vergleichsgrundstücken glaubhaft darzulegen. Insoweit gelte für das Gericht der Amtsermittlungsgrundsatz. Auch für das gegenständliche Grundstück bestehe Baureife. Ein Wertunterschied wegen behaupteter schlechterer Bodenqualität sei nicht anzusetzen. Zutreffend sei, dass der in Aufstellung befindliche Bebauungsplan die gegenständliche Restfläche nicht umfasse.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 31 Abs. 3 KostO statthaft, der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 €; denn im Falle einer Bewertung nach den Vorstellungen des Beteiligten zu 1 ergäben sich nachzuerhebende Gebühren von mehr als 200 €. Gemäß § 31 Abs. 3 Satz 5 KostO i.V.m. § 14 Abs. 7 KostO entscheidet über die Beschwerde der Senat durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter.

In der Sache erweist sich das Rechtsmittel zum Teil als begründet.

1. In Grundbuchsachen erfolgt die Bewertung nach den Vorschriften der Kostenordnung. Gemäß § 19 Abs. 2 KostO ist bei der Bewertung von Grundbesitz der letzte Einheitswert maßgebend, der zur Zeit der Fälligkeit der Gebühr bereits festgestellt ist, sofern sich nicht aus dem Inhalt des Geschäfts, den Angaben der Beteiligten, Grundstücksbelastungen, amtlich bekannten oder aus den Grundakten ersichtlichen Tatsachen oder Vergleichswerten oder aus sonstigen ausreichenden Anhaltspunkten ein höherer Wert ergibt; jedoch soll von einer Beweisaufnahme zur Feststellung eines höheren Wertes abgesehen werden. Zwar ist nach dem Wortlaut der Vorschrift grundsätzlich der letzte Einheitswert maßgeblich; insoweit bildet § 19 Abs. 2 KostO jedoch keine vorrangige Sonderregel gegenüber § 19 Abs. 1 KostO, wonach auf den gemeinen Wert oder Verkehrswert abzustellen ist. Vielmehr ist der Einheitswert nur Ausgangspunkt der Wertermittlung, die zum Ziel hat, sich dem gemeinen Wert zu

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nähern (zu allem Hartmann Kostengesetze 42. Aufl. § 19 KostO Rn. 5; auch Senat vom 25.2.2011 = MDR 2011, 687). Ein höherer Wert als der Einheitswert ist stets dann maßgeblich, soweit sich ausreichende Anhaltspunkte für diesen ergeben.

Ein höherer als der Einheitswert kann sich aus einer dem Grundbuchamt amtlich bekannten bzw. aus dem Grundbuch ersichtlichen Tatsache ergeben (Hartmann § 19 KostO Rn. 32 i.V.m. Rn. 21). Dazu zählt der kürzlich erzielte Verkaufspreis für ein vergleichbares Nachbargrundstück. Demnach ist es im Ansatz nicht zu beanstanden, den im Kaufvertrag mit der F. KG vom 2.4.2009 (Eigentumsumschreibung am 23.4.2010) festgelegten Verkaufspreis von 70 € pro m² für die Bewertung der benachbarten Restfläche aus Anlass ihrer zeitgleich stattgefundenen Überlassung mit heranzuziehen.

Zutreffend ist auch, dass im Rahmen der Teilflächenveräußerung an die F. KG Grunddienstbarkeiten bestellt wurden, die ersichtlich die Erschließung der gegenständlichen Restfläche sichern sollen (Regenwasserkanalleitungsrecht, Abwasser- und Regenwasserkanalrecht; Geh- und Fahrtrecht). Auch werden sämtliche Grundstücksflächen vom Umgriff der damals beabsichtigten 11. Änderung des gemeindlichen Flächennutzungsplans erfasst.

2.Entscheidend für eine differenzierende Bewertung der Restfläche im Verhältnis zum Teilflächenveräußerung an die F. KG ist jedoch folgender Umstand:

Der zeitgleich mit dem Aufstellungsbeschluss für die Änderung des Flächennutzungsplans gefasste Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans umfasst im Gegensatz zu den an die F. KG veräußerten Teilflächen die fragliche Restfläche nicht. Die vergleichsweise herangezogenen und offensichtlich für eine konkret beabsichtigte Firmenerweiterung vorgesehenen Flächen befinden sich in einem anderen - höheren - planunungsrechtlichen Entwicklungszustand als die gegenständliche Restfläche. Für die an die F. KG veräußerten Flächen war die Aufstellung eines Bebauungsplans bereits beschlossen, was der Entwicklungsstufe E der vom Grundbuchamt herangezogenen, auch von den Beteiligten nicht beanstandeten Bewertungstabelle (nach Sprengnetter, Grundstücksbewertung) für die Entwicklung von Bodenpreisen entspricht. Für das gegenständliche Grundstück gilt diese Stufe

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34 Wx 449/11 Kost - Seite 6 -

planungsrechtlich nicht. Es handelt sich um eine Fläche, für die Planungsabsichten bestehen, die sich aus dem Aufstellungsbeschluss für den Flächennutzungsplan dokumentieren. Erst aus dem - bestandskräftigen - Flächennutzungsplan sind Bebauungspläne zu entwickeln (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Bebauungspläne sind gemeindliche Satzungen, auf deren Erlass der einzelne Bürger, auch ein betroffener Grundstückseigentümer, keinen Anspruch hat (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Es zeichnet sich zwar eine gewisse Bebauungserwartung ab, diese befindet sich aber aufgrund der planungsrechtlichen Situation noch in einem verhältnismäßig frühen, wenig verfestigten Stadium, zumal selbst der Flächennutzungsplan seinerzeit noch nicht bestandskräftig war. Der Umstand, sich die Erschließung dieses Grundstücksteils durch Dienstbarkeiten zu sichern, hat hier keine derart erhebliche Bedeutung, als dass dies schon die Gleichsetzung mit den an die F. KG veräußerten Flächen rechtfertigen würde. Die Vorsorge dafür lag angesichts der eingeleiteten Bauleitplanung und auch der konkreten Lage des Grundstücks nahe, wenn sich auch - möglicherweise durch die individuellen Verhältnisse am Grundstück - konkrete Umstände für eine zeitlich nahe Bebaubarkeit daraus nicht ergaben. Es spricht auch nichts dafür, dass das Grundstück nach seiner Lage außerhalb des zukünftigen Geltungsbereichs eines Bebauungsplans schon Qualitäten aufweisen würde, die mit denen der Vergleichsflächen völlig identisch wären.

3. Dementsprechend kann anhand der gemeindlichen Auskunft vom 28.3.2011 - diese ist in der Sache unbestritten - die Bewertung vorgenommen werden. Angemessen erscheint angesichts des Planungszustands der gegenständlichen Restfläche ein Wert von 20 % des Werts vollentwickelter Baulandflächen (Stufe C der im Ausgangsbeschluss herangezogene Bewertungsrichtlinien). Anders als das Amtsgericht können die für Vergleichszwecke herangezogenen Grundstücksflächen indessen nicht schon in die höchste Kategorie I (100 % für sofort bebaubare Flächen = Baureife) eingeordnet werden. Vielmehr befinden sich diese an die F. KG übertragenen Flächen anhand der zugrunde gelegten Tabelle entsprechend dem gemeindlichen Auskunftsschreiben noch im Entwicklungszustand der Stufe E (Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans ist gefasst), wofür der Senat hier (gerundet) 30 % des Werts einer Baulandfläche veranschlagt. Diese nur Vergleichszwecken dienende Zuordnung erscheint sachgerecht. Das hat zur Folge, dass für die Berechnung ein m²- Preis in Höhe von 46,66 € anzusetzen ist (70 : 30 x 20) woraus sich für die Gesamtfläche der angesetzte Wert ergibt.

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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Lorbacher

Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht

.

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34 Wx 449/11 Kost - Seite 8 - Leitsatz:

§ 19 Abs. 2, § 31 KostO

Zur Bewertung von Bauerwartungsland unter Heranziehung von Vergleichsflächen.

OlG München, 34. Zivilsenat Beschluss vom 27.2.2012 34 Wx 449/11 Kost .

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