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Der Bock und das Messer.
Von R. Both.
Die anscheinend alberne Geschichte von dem Bock, der sich
selbst den Hals abschneidet , hat im vorigen Band S. 604 ff. auch
Böhtlingk's Scharfsinn beschäftigt, scheint mir aber noch nicht ganz
durchsichtig geworden zu sein. Es bleibt zu viel unwahrschein¬
liches iu dem Hergang. Als Liebhaber des begreiflichen und natür¬
licben auch in indischen Sachen suche ich das zu beseitigen.
Zur Bequemhchkeit des Lesers wiederhole ich den Vers aus
Mahäbhärata 2, 2193 welcher lautet:
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leb übersetze dieselben, indem ich fasse wie Pischel,
vor seiner Annahme eines Gerundiums mich aber wohl hüte,
wie folgt: JEin Boch versuchte emst ein Messer zu schlingen,
als aber das Messer — durch (die Bewegungen) seines Kopfes —
auf dein Boden sich umgehehrt hatte, erlitt er eine yrässliche
Verwundung seines Halses.
Schwierigkeiteu sind eigentlich erst durcb den Kommentator
hineingetragen. Seine „Anekdote der Oestlicben" ist übrigens eine ganz richtige Umschreibung, mit Ausnahme des fij<^*l I <Jlf ; mau
muss nur nicht mit Pischel meinen, dass der Bock das Messer auf¬
geklappt habe! Wie sollte er das macben? Es genügt, dass er
dasselbe mit Kopf uud Vorderfüssen in eine andre Lage bringt,
und ebenso genügt es , wenn er sich verwundet. Er hat nicbt
nöthig sich den Kopf abzuschneiden. Und die ganze absonderhche.
372 Roth, Der Boch und das Messer.
zum Sprichwort gewordene Geschichte ruht auf eiuem zwar nicht
wahrscheinlichen aber möglichen Vorgang: ein Bock knuppert an
einem auf dem Boden hegenden Messer, an dessen hölzernem Griff ;
durch das Knuppern ändert sich die Lage des Messers und er be¬
kommt die Klinge in das Maul und verwundet sich. Das docet
der Pabel aber ist: loss dich in keine Sache ein, bei welcher
der Spiess sich gegen dich umdrehen könnte.
Wie stebt es nun mit dem von Pischel aufgefundenen Zu¬
sammenhang zwischen diesem Sprichwort und Rigveda 10, 28, 8?
Dort verschlingt ein Hase das Schermesser, d. h. er vollbringt
etwas unmöglich scheinendes, ebenso wie Indra mit einer Erd¬
scholle den Felsen zerschmeisst. Hier schädigt sich der Bock bei
einem vermessenen Untemehmen. Es bleibt nichts gemeinsames
übrig als das Messer.
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Aus der viceköniglichen Bibliothek in Kairo.
Von Karl Vollerg.
(Vgl. Ztschr. XLUI, 99 ff.)
II. Die medicinische Abtheilung.
Bezüglich der Grundsätze, die mich bei diesen Mittheilungen leiten, darf ich hier kurz auf meiue früheren Angaben (ZDMG. XLlll,
100 f) verweisen. DienstHche Verhältnisse nöthigten micb, deu
von einem fiüberen Beamten der Bibliothek gearbeiteten, für den
Druck bestimmten Katalog (unteu einfach als „der Katalog" citirt)
dieser Abtbeilung auf seiue Brauchbarkeit hin zu prüfen, und ver¬
anlassten micb , die bei einer erneuten Prüfung der Handscbriften
gewonnenen Beobachtungen hier zusammenzufassen. Mit W und
nachfolgender Nummer verweise icb hier auf Wüstenfeld's Geschichte
der arabischen Aerzte und Naturforscher (Göttingen 1840), mit
lAU auf Ibu Abi Useibia, berausgeg. von Aug. Müller (arab. Text,
Kairo, Webbi, 1299 (1882); deutsches Supplement, Königsberg i. Pr.
1884). In der Anordnung scbliesse icb micb im Allgemeinen an
den neuen Gothaischen Katalog an.
Beginnen wir rait den Griechen, so verdient hier der
Coraraentar (^\yj! y^} des Muhammad b. 'Abd-as-saläm zu den
Aphorismen des Hippokrates erwähnt zu werden. Die Abfassung
des li^AsäJ! J^*aftj 3 Jj.ftJl jjiJ^J betitelten Werkes fällt in das
Jabr 887 H. ; da der Verfasser deu Beinaraen a ,!; ^^^JsJU-'l
führt, so trage ich ura so weniger Bedenkeu, ihu zura Leibarzt des
Rasüliden Jüsuf b. 'Omar b. Ismä'il ^o%t'l ^Ul] (regierte 845—855)
zu machen, als wir noch uuten mehrfach Gelegenheit haben werdeu,
das rege Interesse dieser jemeniscben Dynastie für mediciniscbe
Arbeiten kennen zu lernen. Das iu Kairo (lluktataf, 1885, 8",
64 S., davon S. 1 — 16 Einleitung) gedruckte &.jy-^iil ojü
. ijJLJt^ des Hippokrates nenne ich hier nur, um vor einer Ueber-