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„Die Henne mit dem Messer".
Als Ergänzung zu der so viel verhandelten Fabel von der
Ziege oder dem Bock mit dem Messer 43, 604—606; 44, 371 f.,
497—500; 46, 737—740: 47, 86—91 ist vielleicht die folgende
Parallele nicht unerwünscht. Sie findet sich in der „Ulmisch-
Kaiserlichen Glückwünschungspredigt", welche D Conrad Dieterich
1619 aus Dan. 2, 20. 21 hielt „als K. Ferdinand II zu Frankfurt
am Mayn zum röhmischen Kaiser erwählt worden' (gedruckt Ulm
1619. 4**. Leipzig 1620; auch in seinen „Sonderbaren Predigten
von untei-schiedenen Materien'. 4 Theile. Ulm 1619—32. 4*.
Leipzig 1630—32, 1669. 70; citirt in den „Münsterblättern',
herausg. von Bey er und Presse 1. 3/4. Heft. Ulm 1883, S. 22).
Er klagt, dass „mehrentheils Geistlichen und Weltlichen jetzo allent¬
halben zu nichts so jäh als zum Krieg ist : sie suchen Krieg, machen
Krieg, wünschen Krieg und gehet nichts in ihrem Him, Sinn, Ge¬
danken, Mund und Zungen herum, als Krieg, Krieg, Krieg!" Und
fährt fort: „Da ich grosse Sorg trag, es werde deren viel gehen,
wie es der Henne in der Fabel gangen; die wollt
allenthalben scharren, wo es ganz und eben war,
auch sich um nichts davon erwehren lassen; aber sie
scharrt und kratzte so lange um sich, bis sie ein
Messer herauskratzte, damit ihr endlich die Köchin
die Gurgel abgestochen".
Ich habe nicht Gelegenheit, dem Ursprung und der Verbreitung
dieser Form der Fabel weiter nachzugehen , denke aber , sie werde
auch neben den indischen, griechischen und arabischen Formen sicb
sehen lassen dürfen.
Ulm, 10. Dez. 1894. E. Nestle.
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Das Alifu'l Wasli.
Eine Erwiderung von F. Philippi.
Die Ansichten über den Ursprung und das Wesen des Alifu'l
Wasli sind zur Zeit noch recht getheilt. J. Barth, der über
beide eine von der alten , der auch Caspari-Müller^) und
Wright'-) folgen, verschiedene Annahme aufgestellt hatte'*), ver¬
theidigt dieselbe mit Eifer in dieser Z. *) unter dem Titel: „Zur
vergleichenden semitischen Grammatik", II gegen die von mir,
zuletzt in den Beiträgen zur Assyriol. u. vergleichenden semitischen
Sprachwissenschaft^) erhobenen Einwände. Ob ihm diese Ver¬
theidigung gelungen ist, soll diese Abhandlung zeigen.
Ich habe schon in BAVS *) auf einen methodischen Fehler
B a r t h 's in seiner gegen mich gerichteten Antikritik aufmerksam
gemacht , dass er nämlich , wo entsprechende aber doch von ein¬
ander abweichende Formen in den verschiedenen Dialecten sich
zeigen, diese ohne Weiteres gleichsetzt, ohne sich darum zu kümmern,
ob diese Abweichungen auch die Identificirung rechtfertigen oder
nicht? So z. B. sei ihm ^jt == "ja, = Dia etc., JJüüi =,
bup: etc.
Indem nun Barth wiederum in 8 Fällen die arabischen
Formen mit Alifu'l Wasli den entsprechenden der anderen Dialecte
einfach gleichsetzt, fährt er fort: „Wenn Sprachvergleichung über¬
haupt einen Sinn hat, so lehrt diese constante Correspondenz mit
VDitrüglicher Sicherheit, dass von den selbstständigen Wörtern mit
)
Juoo! oiJ! nicht ein einziges mit Doppelconsonanz begonnen hat
1) S. Arab. Grammatik'^ § 18 flgd.
2) S. A grammar of the arab. Language* I, § 18 flgd.
3) S. diese Z. 1890, pp. 681. 695; auch A. Müller in dieser Z.
1891, p. 235.
4) 1894, p. 7.
.'«) ed. Fr. Delitzsch und P. Haupt H, 2, p. 359 flg.
11) II, 2, p. 359. Ich habe für diese Beiträge zur Assyriol. u. s. w. das¬
selbe Siegel gewählt, das Barth in dieser Z. 1894, p. 7, Anm. 2.
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