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^

Chemie oder Chymie?

Von A. F. Pott.

Diese Frage der Ueberschrift schien mir l&ngst zu Gunsten

der ersten Schreibung abgethan. Doch ersehe ich aus: Beiträge

zur Geschichte der Chemie. Von Hermann Kopp, Braunschw.

1869—1875, dass man sich in diesem Puncte noch immer nicht

ganz beruhigt ftthlt-, und mag mir desshalb gestattet sein, auch

meine unmassgebliche Meinung darüber zu Markte zu bringen.

Man findet aber in dem obigen Buche : „Frühestes Vorkommen

des Wortes Chemie" S. 40—54 und „Ueber Bedeutung

nnd Herkunft desselben" S. 54—82 wohl mit ziemlicher Voll¬

ständigkeit das zur Entscheiduug der Frage nöthige Material-, und

kann ich mich , unter Berufung darauf, die meinerseits hinzu¬

gebrachte etymologische Kritik abgerechnet, kurz fassen. Das

Wort Chemie wäre znfolge p. 43 vor dem 4. Jahrh. n. Ch. noch

nicht aufgefunden. Zuerst lese man es beim Julius Maternus

Firmicus, jedoch ohne Andeutung, was eigentlich darunter ver¬

standen werde. Später kommt es öfter, und zwar, wie in Kürze

schon aus Du Cange, Gloss. Graec. p. 1772 (vergl. auch Castelli

Lex. medienm p. 175) ersichtlich, mit verschiedener Schreibung des

Vocals: x^fitia, ^^fiela, ^afieia, nnd der Erklärung: Auri con-

ficiendi ars, vor. Dabei haben wir uns natürlich beständig vor

Augen zu halten, es seien das zum Theil Schreibungen, wo nicht

durch die nivellirende itakfstische Gleichmacherei bei den neneren

Griechen erzeugt, doch zum wenigsten begünstigt; und bleibe für

das Ohr der letzteren, wie man auch schreibe, der Laut im Wesent¬

lichen derselbe, d. h. vorn langes t (wie angeblich bei Olympiodor

Xifitla), und auch, wenn man hinten statt «< zuweilen i gesetzt

findet, ändert das nichts in der Aussprache, höchstens Quantitäts-

Unterschied in Abrechnung gebracht. Siehe z. B. beim DC. XW^^

mit 1?, obschon humor, x^l^^S- XvQccq Tumor praeter naturam

durus et doloris expers, sichtbar nichts anders als altgr. ;^a()ag,

auch j^tpae geschrieben. Die Beweise bei Mullach, Gramm, der

Griech. Vulgarspr. S. 108 fg. Darf man aber die Regel des philo-

(2)

Pott, Chemie oder Chymie f 7

logischen Kritikers, die schwerere Lesart sei der verständlicheren,

weil um desswillen eher eintauschharen, meistens vorzuziehen, auch

anf unseren Fall anwenden: dann mttsste man sich, schon aus er¬

wähntem Grnnde, mit grösserer Zuversicht der ;^i?ji*e/a, vor der

anderen: x^fuia zuneigen. Lag es doch ungemein nahe, da zur

Deutung von ersterem nur die Verzweiflung den tollen Gedanken

eingeben konnte, nach XWV^ das Gähnen, (als wäre es mystischer

Name ftir Schmelzofen Kopp S. 74) zu greifen, sich ;^£)MOff ') Saft,

Flüssigkeit, Geschmack, fuhxyx^f^S, mit oder von schwarzem Safte,

xaxoxvfiia, Schlechtheit der Säfte, als, mindestens scheinbar, ge¬

eignetes Etymon zu Nutze zu machen-, durch welcherlei Volksety¬

mologie sich ja das, wie ich glaube, aus dem Griechischen schlecht¬

hin unerklärbare Fremdwort XW^^^ Allbekanntem anbequemte, indem

es einen nunmehr Griechisch klingenden Laut von sich gab. Ver¬

dankte die Chemie in Wirklichkeit Griechenland, was ich jedoch

höchlich bezweifele, seinen Namen: ich wäre dann gewiss nicht

unter den letzten , ihn von ;^t/jMoe herzuholen , wiewohl das

doch eher anf die organische und pharmaceutische Chemie passte,

als auf die anorganische und metallurgische. Vergl. indess Kopp

S. 76. Uebrigens sei unverschwiegen, es leistete auch das Indische

rasa (ans ras, schmecken) PWB. VI, 290 fgg. jener Vorstellnngs-

weise einigen Vorschub. Dies' Wort namlich hat nicht nur der

rasagQäna, d. i. Kenntniss der Säfte, einem Kapitel der Medicin,

sondern einer Benennung der Alchemie rasaQästra, dann rasa-

siddhi, durch Quecksilber erlangte Vollkommenheit, das Vertraut¬

sein mit der Alchemie, sowie desgl. rasendradar^ana (wörtl.

Untersuchung des Säfte-Herrschers, d. i. Quecksilbers), Lehre der

Alchemisten (dieser heisst rasäyana) seinen Namen geliehen nnd

ausserdem in Compositen einer Menge chemischer Substanzen. Als

Simplex bedentet rasa Saft, pflanzlichen, aber auch den des Leibes.

Ferner Mixtur; Lebenselixir, Zaubertrank; Gifttrank; Quecksilber;

Mineral oder ein metallisches Salz; Geschmack u. s. w. Mähä¬

ra sa (vorn wie mit /w^y«) edles Metall, Gold oder Quecksilber,

und mit Superlativ-Form rasatama, der Saft aller Säfte oder die

Quintessenz aller Quintessenzen. Es ginge auch j^tf^ia (statt

XV/iev-ia mit Einbusse von Digamma) = ;f7;jt*«i/fftff Vermischung,

Vermengung, ans x^fisvco vermischen, vermengen, welche schon im

classischen Alterthum vorkommen, sowie die späteren ;^i;/i«rr%',

oder vielmehr x^l^^^t^i (Chymista), das Adj. ;^Vjun»rtxoV glatt

genug von Statten, als Analoga z. B. von rogüa — TOQSvaig, ferner

TOQtvTTjq, TOQSVTLXos VOU TOQtvto, wie äXfievatg, ctkfiEvzijg von

äXfiBvio. Auch gäben ja ;^(>t;ffo;^oog (s. auch DC.) , der Gold¬

schmelzer, vgl. Gelbgiesser, ;faXxo;fi;roff, von Erz oder Kupfer

1) Selbst xtiiteia (Kopp S. 72) kauu so wenig, als A:*'!"") X'*/^'^*' {vergU Sanscr. hima) Ton x>u kommen.

(3)

8 Pott, Chemie oder Chymie t

gegossen, nnd ähnliche anf fusio von Metallen bezügliche Wörter

allenfalls der Vermuthung Kanm, ob nicht ;^iji^o's ans könne

auch in besonderem Sinne, wenigstens in x^H-^^^ s. w., auf Me¬

tall-Schmelzung und -Guss bezogen werden. Ich habe indess auch

dieser Verlockung in meinem Wurzel-WB. I. 783 widerstehen zu

müssen geglaubt, indem das schon dort von mir auf Aegypten be¬

zogene Wort Chemie, anders als dem Griechischen dnrch x^f^t«

angepasst zu halten, mich schlechthin unwahrscheinlich bedünkt.

Xvftog hat eben nicht jenen verlangten Sinn von „Guss", sondern

nur den einer sich ergiessenden, oder vergiessbaren Flüssig¬

keit. Selbst die Angaben bei Kopp S. 74 fg. können mich kaum

zu einer Nachgiebigkeit in dieser Richtung bewegen. Wenn Alexan¬

der von Aphrodisias (Kopp S. 75) ;^utx« o(/yava für Schmelz-

Geräthschaften gebrancht hat : da muss er (denn ;^vr(xa ist kaum

zu leseh) die Verantwortung für di* Richtigkeit einer solchen Bil¬

dung selber übernehmen. Xoixöe v,on gleicher Wurzel war frei¬

lich schon anders verwendet. Warum aber gebrauchte er denn

nicht xfi^vsvTixog?

Andere haben es (Kopp S. 69 fg.) mit dem Arabischen ver¬

sucht, durch welche Sprache hindurchgegangen zu sein wenigstens

Alchemie nicht zweifelhaft lässt. Vergebens hat sich etymolo¬

gische Deutelei mit dem a 1 herumgeschlagen, das unbestreitbar der

Arabische Artikel ist. So gnt wie in Elixir aus iksir, falls es

wirklich mit Herleitung aus itjgog (vgl. z. B. Xerion Medica-

mentnm aridum siccum. Castelli Lex. p. 753) seine Richtigkeit hat.

An äkg, Salz, kein Gedanke, obschon der Spiritus asper im Neu¬

griechischen erlischt, und ungeachtet die Salze (weniger : das Koch¬

salz) ja ein fruchtbares Thema des hentigen Chemikers ausmachen.

Das intermediäre o, z. B. in akonr/yia, hätte füglich nicht fehlen

dürfen. Es kommt aber auch eine Form ccgxrjfiicc (Kopp S. 8l)

vor, dessen g rein beziehungsloser Eintausch für A sein könnte,

wie z. B. im Neugr. riX&ov oder rik&a, gemein aber auch '^gß-cc

und -i^gra (Mullach S. 287) oder wie 'Agßavirrjg (türkisch zu

Arnaut verdreht) als Bewohner Albaniens (Gegisch 'Agbtvi-a)

v. Hahn, Albanesische Studien S. 230 im Laute wechseln. Sonst

läge die Vermuthung am Wege, es sei diese Naraensumformung

gewählt mit geheimem Hinschielen etwa nach ägxcti, als den Ur¬

anfängen, oder Elementen, der Dinge, oder man habe es mit La¬

teinischem ars zusammengerückt sich vorgestellt. Und letzteres ist

wirklich geschehen. Es schliesst nämlich Du Cange seinen Artikel

XV/xtla mit den Worten aus Joannes Canabutzes (mir unbekannten

Zeitalters) Ms. : i/ Si Sj]/j.iovgyix{j fivariXTj xal cinoxgvtpog tkxvrj rr,g x^l^^'^'S rivog iariv omor ilea fia, el fir] rrjg hptjlijg xal

■d-tdjgT^rtxfjg rrjg tpvasug rtöv övTtov cpiXoaocpiag. uikyoiitv Si

XVfiiav riv rtveg rüv Aarivuv ßagßaglCovteg Xiyovaiv Agxv-

fiiav, ö(pstXovTsg Xiyuv ägr exv fii a (so mit x), i^roi rixvtj

rijg x^fiiag' Sion Si ra fiiraXXa navra SiaXvei xni dig iSug

(4)

Pott, Chemie oder Chymief 9

SittXB%viiivov noiei avev nvQiq xal x'^vttaetog , Sia rovro

XV fii a liyerai. Der Italiener sagt wirklich arte chimica,

oder auch chimica allein, für Chemie, was aber, da der Zusatz,

richtiger Weise, das Adj. „chemisch" ist, etymologisch den Stand

der Sache verzweifelt anders gestaltet, als wie bei agxvfiia, im

Fall es wirklich mit verstümmeltem ars componirt, oder doch zu¬

sammengeschoben wäre. Im Jagemannischen Wörterb. der Italie¬

nischen Sprache wird unter archimia, archimista auf dieselben

Wörter mit X, und rücksichtlich archimiäre, auf alchimizzäre

verwiesen, sodass wir also dort gewiss nur einen gewöhnlichen

Buchstaben-Wechsel vor uns haben. Unter alchimia wird an¬

gegeben: die Alchemie, Goldmacherkunst; aber auch, sehr weise,

für artificio, inganno, Betrug. Mit anderem Accent alchimia ein

aus Messing, Kupfer und Erz zusammengesetztes Metall. Man

beachte die unwandelbare Schreibung mit i, und nie e. Eine

Scblussfolgerung für die Herkunft des Wortes lässt sich daraus

kaum ziehen. Nur das ersieht man aus ihr, man folgte rücksicht¬

lich des ersten Vocals entweder der Neugriechischen, wo nicht der

Arabischen Aussprache.

Vullers, Lex. Persicum T. II, p. 939 hat Lm-v^, also kimiyä

Chemia, lapis philosophorum, arcanum anri parandi. Dann Stannum,

und (^^Lm-iJ" Elixir, ex quo aurum paratur. (Vgl. Kopp

8. 29). Ausserdem durch Uebertragung: fraus, dolus, artificium,

wie im Italienischen. Ferner: sagacitas senis et magistri. Auch

ohne Zweifel als Liebeszauber: amor. U. dgl. m. Das zweimalige

lange i stimmt aber durchaus nicht zu dem h oder der Aegyptischen

Formen, wesshalb die Araber das Wort nicht füglich direet aus

Aegypten bezogen haben werden, dagegen augenscheinlich sowohl

zu ;^»?^£^a als zu ;f£'|«£t'«, itakistische Aussprache vorausgesetzt;

und erweist sich daher jenes Wort als auf fremdem, nicht ein¬

heimischem Boden, sei es nun dem der Araber oder der Perser,

gewachsen. Man hat freilich mitunter auf einen solchen Gedanken

gerathen, als habe es aus Arabischem kema oder kama,

occultare, seinen Ursprung genommen, was indess für jenes eine

sprachwidrige Bildung voraussetzt. Ohnehin sind die Araber weniger

dafür bekannt, eigne naturwissenschaftliche Entdeckungen gemacht

zu haben, als Verbreiter gewesen zu sein von solcherlei Kennt¬

nissen, welche sie erst selber zuvor anderen Völkern, insbesondere

den Griechen, abgelernt hatten. Das bezeugen denn auch eine

Menge technischer Fremdwörter, welche dieselben in ihre Sprache

aufgenommen haben, was u. A. aus mehreren officinellen Pflanzen-

Namen erhellet, deren eine nicht geringe Zahl in meinen Artikeln:

Naturgeschichtliches in der Lassen'schen Zeitschrift nach¬

gewiesen worden. Bochart (bei Kopp p. 70) argumentirt freilich

SO: Ab Arabibus Alchymia non scribitur, ut Chami nomen per

Cha, sed per Cheph. Unde patet origo nominis toties quae-

5

(5)

10 PoU, Chemie oder Chymiet

Sita nec dum reperta. Arabice nimirum chema est occultare.

Verbum ea significatione in usu prima, quarta et quinta, con-

jugatione. Inde igitur Chemia vel Alchemia est ars occulta.

Quo non potuit dari nomen aptius sive rem ipsam respicias, sive

docendi modum. Stände Herleitung mit den Bildungs-Gesetzen der

Arabischen Sprache in Einklang: ja, dann liesse sich die Sache

eher hören. Es ist aber nichts damit. An sich ist Bochart's Ein¬

wurf, den er von der Schreibung mit ^ x, und nicht

Arabischen hernimmt, kein unvernünftiger. Allein man ist zu der

Gegenfrage berechtigt: warum hat denn der Grieche in ;|;j?/teta

immer x-! "^d nicht, wie man doch bei Entlehnung aus dem Ara¬

bischen erwarten sollte, ausser etwa einmal ganz vereinzelt, x? Ans

anderem Gmnde behält der Italiener ch in chimica bei, genau so wie

z. B. in chimo, die Masse Blut, so in der Leber von Milchsafte

erzeugt wird, d. h. also ;ft;/*o'?. Chy mus, die Flüssigkeit des

Magens, Seren. Sammon. 48, 900 und chylisma (x^hßfice), aus¬

gekochter Pflanzensaft. Scribon. Compos. 23. Bei Hesychius x^^og-

nsfifidttov iygüv ixnUafia ' xvfioi ' yevasig • x^f*^? ' oi^Xog xtX .

Ausserdem erweist sich der Einwand als nichtig Angesichts der

unweigerlich dem Griechen abgeborgten Wörter (j*jJUy j^i^Ao's,

und f < x^og , welche, sogar noch mit der Griechischen

Endung -og versehen, Vullers 1. c. aufführt. Wie sehr sich nun

für rrjv xexgvfi/iivrjv rix^iiv trjg x^fisiceg , die Bochartische Er¬

klärung nach Sache wie Begriff (vgl. arcanus, im Kasten, area,

verborgen) schickte : sie ist aus grammatischen Gründen nicht an¬

nehmbar, und kimiyä verdanken die Araber erst den Griechen,

nicht umgekebrt. Wird aber bei Kopp S. 9. fg. 55. 70 x^f^

als ein, durch Dazwischenkunft höherer Wesen dem Menschen mit¬

getheiltes „Geheim- oder verborgenes Wissen" gedentet: so muss

ich, ob und iu wie weit das begründet sei, meine Unwissenheit

bekennen, wünschte mich aber darüber aufgeklärt. Gerade das x in

jenem dunkelen xVf^^ harmonirte nicht mit dem hauchlosen Ara¬

bischen kama, occultare. Syncellus bringt p. 11 ed. Paris, aus

Zosimus Panopolita eine Erzählung bei, in welcher berichtet wird,

gewisse Engel, von Begierde nach Frauen ergriffen, wären herab¬

gekommen, und hätten die Menschen ra Trjg (pvaswg i'gya gelehrt.

Darauf heisst es weiter: avrüv tpaaxovai ai airai ygatpai

xal rovg yiyavrag ytytvvrja&ai . 'iari ovv avriöv rj ngürr) na-

gaSoaig x^l^'^ '^^P* rovruv rwv rtxväv . ixdXeaav §i ravrtjv

Tjjv ßißXov x^fiä, üvß-tv Ss r, rexvT] XVf^i'" xalsirai. Freilich steht auch dahin, ob man sich auf den Text genügend verlassen könne.

Nachdem wir in allem Vorgehenden nicht den wahren Ur¬

sprung des Wortes ;|f>2/*f<a zu erkennen vermochten: ziehen wir

vor eine andere Schmiede, welche hoffentlich, schon von Anderen,

wie z. B. Alex. v. Humboldt, dafür gehalten, sich als die wirk-

5

(6)

Pott, Chemie oder Chymiet 11

lich rechte erweist. Aegypten hiess von seiner Bodenbeschaffenheit

das schwarze, wie uns bereite aus Plut. de Is. et Os. c. 33

bekannt war: "Eti, riiv A'iyvnTov iv rciig fidXtara fx.sXäyyuov

ovaav, äaiTSQ to fiikav rov ocpß'ttXixov , Xrifiiav xaXovai.

Heyne ad Apollod. II. 1, 4. Vol. I. p. 116, wo auch die Nach¬

weise, dass MiXag und Melo für den Nil gebraucht worden.

Plutarch's Angabe aber bestätigt sich vollkommen durch die Hiero¬

glyphen, welche Khaac, Xhaii für Aegypten, Champollion, Gramm.

Egypt. I. 152, haben, was von mir schon: Ungleichheit der mensch¬

lichen Rassen S. 62 und 67 geltend gemacht wurde, wo auch an¬

genommen worden, tiEQlr), das dunkle, als Epitheton für Aegypten

möge auf jene einheimische Benennung des Landes anspielen. Das

gäbe denn auch für die Stelle bei Isidor, Buch IX, in dem II. de

gentium vocabulis handelnden Kapitel, welches unter Anleitung der

Genesis glücklich 73 oder 72 Völker nnd Sprachen herausbringt,

§.60 Aufschluss, wo gesagt wird: Aegyptii ab Aegypto quodam

rege suo vocati sunt. Nam antea Aerii (var. Hebraei) dieebantur.

Allein VII, 6, 17 weiss es anders: Cham (var. Kam) calidus

(nach dem Hebräischen, Tuch zu Genes. X. S. 203. Ausg. 1, aber

anch mit Anklängen im Koptischen, Schwartze, Gramm. S. 286.

289) et iste ex praesagio futuri (das wäre!) cognominatus est.

Posteritas enim ejus eam terrae partem possedit, quae vicino sole

calentior est. Inde et Aegyptus usque hodie Aegyptorum lingua

Kam dicitur. Demzufolge also noch im siebenten Jahrh., worin

der Bischof von Sevilla lebte; und das erschiene, unter Berttck¬

sichtigung des Koptischen, nicht schlechthin unmöglich. Man sehe

nur Schwartze, Koptische Gramm. S. 2. 223 nach, wo man M.

Xhjuii, B. Khaii, Th. Khjuc als (terra) nigra für das Land Aegyp¬

ten, je nach den drei verschiedenen Mundarten, Memphitisch, Basch-

murisch und Thebaisch, findet. Allein Parthey Vocab. Copt.

p. 400 bietet nns v. Niger unter Khjul, und mit a: K*.Aie, Ka.&iH,

X&Aie, X&4UH die Auswahl. Ein Wechsel zwischen k und Xi

worüber s. Schwartze Gramm. S. 280. Die Einwohner des Landes

heissen M. peii en Xhjui, Sah. pexi en Khaic, Leute von

Aegypten. Dass nun Cham, der dritte vou Noah's Nachkommen,

deute man ihn in Gemässheit mit dem Aegyptischen als den

„Schwarzen", oder im Sinne der Hebräer, die ihn wahrschein¬

lich bloss umdeuteten, den „Heissen", in naturgemässer Weise

den Repräsentanten der schwarzen, oder äthiopischen, Rasse in

südlicher Zone abgiebt : kann Niemanden Wunder nehmen. Wir

werden später darauf zurückkommen.

Dem Griechen und Römer musste die dunklere, wennschon nicht

negerartige, Färbung des Aegypters auch schon, ihnen selbst gegen¬

über, abstechend genug vorkommen. Mich bedünkt es hiernach keinen

Augenblick zweifelhaft, Italienisch ghezzo ein Schwarzer; schiavo

ghezzo ein Neger; von Weinbeeren: schwärzlich, sei ebenso wie

der Englische Name der Zigeuner Gipsies, (d. i. Aegyptiaci

(7)

12 Pott, Chemi« oder Chymiet

in Adelungii Gloss.) um den Kopf gekürztes Aegyptius, mit zz

nach Weise von nözze (nuptiae), mezzo (medius) u. dergl.

Das etwas auffallende Verhalten im Vokale mag durch die ursprüng¬

liche Fremdheit des Wortes entschuldigt sein. Zu weiterer Be¬

glaubigung hievon dient vielleicht wieder bei Isidor XVI. 11, 3

unter den schwarzen Edelsteinen: Aegyp tilla nigra est radice,

coerulea facie, ex Aegypto; ubi invenitur, vocata. Jedoch, dafern

man dies lieber von dem Fundorte als nach der Farbe benannt

wähnt: dann beachte man in Adelung's Glossar: Aegyptium,

fuscum, subnigrum, und Aeguptium, cpaiöv. AlyvnTiaCto, braun,

sonnverbrannt sein wie ein Aegypter (vgl. in DC. fislavid^siv

Livere. Tinctus colore noctis. Petron. p. 233 ed. Gabbema), aber

auch: schlau, tückisch sein. Ueber den Vergleich wird man sich

nicht wundern, z. B. in Anbetracht von Mauro obscurior

Indus Juv. Sat. XI, 125 oder concolor Indo Maurus. Lucan.

IV, 678. MavQog bedeutet ja gerade auch „schwarz". Ahd.

suarze liuti, aethiopes; suarzen liuten, pppulis aethiopum

Graff VI, 900 aus Notk. 73, 14. Äl&ion^eg xslaivoi Theocr.

XVII, 87. Nur muss man sich hüten, unseren Ausdruck Mohr,

welcher natürlich darauf zurück geht, immer auf Neger (zu Lat.

niger, was auch im Sinne von Neger gebraucht, s. DC) zu deuten.

Der Mohr von Venedig z. B. ist kein Neger, sondern nur ein Maure,

ein Araber, mit dunklerem Teint. Jam pol ego illam pugnis totam

faciam ut sit morula (aus fiavgog, oder maulbeerfarben von

fiwQov, (lögovl). Ita replebo atritate, atrior multo siet, quam

Aegyptii. Plaut. Poen. 5, 5, 11. Ob nicht auch in dem Namen

des alten Sehers MeXdfjinovq , der Schwarzfüssige (DC. hat unter

fitXavog aus Demetrius Constantinop. rovg Si nobag kni-

fA-ekdvovg xai ipv^QOvg), welcher durch geheime Opfer und Süh¬

nungen die Heilkunst übte, eine leise Hindeutung auf Aegypten

stecke. Lasse ich ungefragt. Herodot 2, 49 wenigstens glaubt, Me-

lampus habe den aegy pti sehen Dienst des Dionysos dnrch Kad¬

mos und die Phoeniker, die mit diesem nach Böotien gekommen

seien , kennen gelernt, und in Griechenland eingeführt. Jacobi,

Handwb., S. 603. Creuzer, Symb. III, 161. Scholia Mureti ad

Prop. II. 3, 51. (II. 2, 15. Bip ). Ueber den angeblichen Grund

des Namens Schol. zu Theocr. III, 43. Melampus soll den Gebrauch

des schwarzen Nieswurzes, (itXaftnoStov , gelehrt haben, und

dieser danach benannt sein. Mhd. siterwurz, süterwurz, helle-

borum nigrum. Etwa weil kXXißoQog als Heilmittel gegen Seelen¬

krankheiten diente? Man halte aber dazu, dass laut Apollod.

2, 1, 4. MtXdfinoStg alter Name der Aegypter gewesen. Ein, wenn

das nicht etwa „von schwarzem Nilboden an den Füssen beschmutzt"

heissen soll, etwas seltsamer, aber doch kaum (s. Heyne ad 1.)

anfechtbarer Name. Das komische Beiwort, welches Arist. Thesm.

857 von den Aegyptern gebraucht, hat den absichtlichen Doppel¬

sinn: in schwarzem Schleppkieide (avQfia) sowie das Purgirmittel

(8)

PoU, Chemie oder Chymie t Vi

vom langen Kettig, gacpavig, anwendend. Uebrigens verdient in

unserem Zusammenhange noch besondere Beachtung die Stelle Her.

II, 57 von Stiftung des Orakels zu Dodona dnrch zwei schwarze

Tanben von Theben aus. Mdlaivav öe Xiyovtsg elvat rriv

nekeidöa (auch ja von sriAftog, schwarz), atj/uxivovoi ort Alyvn-

rit], (weil schwarz von Farbe, oder aus dem schwarzscholligen

Lande, Xrjfüa?) rj yvvrj ^v. Dann aber stimmt wieder zum Me¬

lampus, dem berühmten Seher, der die Vogelspraehe Apollod. I.

9, 11 mit Heyne's Noten (also auch wohl die weissagender Holz-'

tauben?) verstand: "Eart Sk xal rm> tgwv r\ fiavTiKrj «x

Aiyvnrov üjnyftivrj.

Unter Bezugnahme auf die Aegyptischen Wörter hat man aucb

je znweilen der schwarzen Kunst sich erinnert Mit einigem

Scheine des Kechts; allein kaum der Wahrheit gemäss. Du Cange

führt unter: MeXaveia, Praestigiae, aus Theodorus Lector Eck

1 in Marciano an: rifio&eog 6 AiXovgog nglv rj ävaige&ijvak

Hgorigtov, fuXcevsitf rivl XQ^dfievog wxrog iv rotg rüv.fioi

vaxüv xekXioig negieg^ofievog k^ övofuxrog kxdXu 'exaarov

fiova^ov etc. Hinc libri nigri, Necromantici, ut docemus in

Gloss, med. Lat. quo spectant haec Martiani Capellae lib. 2.

Erantque quidam (libri) S acrä uigredine colo rati, quorum

literae animautium credebantur effigies. Also etwa Aegyptische

Hieroglyphen, unter denen ja genng Thiergestalten, welche letztere

daher Creuzer (Symb. 1. S. 574) sogar „die Runen des Morgenlandes"

nennt? Das wird zur Gewissheit, wenn man die Stelle des Mart.

Capella in der altdeutschen Uebers. Graff S. 103 im Zusammeu¬

hange liest. Dort werden mit verschiedenem Material hergestellte

Bücher hergezählt, aus Papirus {veer demo egypzisken Mneze, also

aus ägyptischer Binse); carbasinis uoluminibus complicati libri (iu

der Uebers. in lininen Inzucchen, das wäre lihteis tegumentis,

Bezügen Graff WB. V, 614), was also fast eher auf leinenen Um¬

schlag hinzielte, als wirklich scbon auf Leinen (oder : Baumwollen-)

Papier geschriebene Bücher bezeicbnete; andere: ex ovillis tergo-

ribus (aus Pergament : acaphinia pSrgaminia) ; selten aus Linden-

Kinde (an d^o rindon dia pöumes phülire). Dann kommen aber

nun die mit sacra uigredine colorati, von deren „heiligem"

Schwarz jedoch in der Uebersetznng lediglich die ganz prosaische

Dinte {üudren sumelichiu mit Hnciun geseribeniu) übrig bleibt,

welche nach ihrer gewöhnlichen Schwärze, bei DC. sehr begreiflich :

fUXav, oder fieXdvtj, fieXävi- (Kürzung aus fieXäviov, Atramentum

von ater) heisst. Auch mit Zusatz (leXdv ygaipixov dgl., wogegen

/iidXav IvSixov in Glossis Chymicis wohl nichts anderes als der

Indigo (bei Plinius: Indicum) sein wird. Im Sanskr. ist nila

dunkelfarbig, namentlich blau, dunkelblau, schwarzblau, und hat

davon die Indigopflanze ihren Namen nilä oder nili (daher, nach

arabisirter Form, die Ani lin-Farben). Auch erklärt sich, wenn

MiXav, Chymicis, Plumbum dicitur, indem sich ja das Blei leicht

(9)

u PoU, tarnte oder Chymief

schwärzt. Doch hören wir nun Martianus weiter. Er fährt fort:

Quasque librorum notas Athanasia conspiciens, quibusdam emi¬

nentibus saxis jussit ascribi atque intra specum per aegip-

tiorum adita (tVi dien Srdlücheren dero egypziacon cMUchon, d. i.

Kirchen I) collocari, eademque saxa Stellas appellans, deorum stem-

mata praecepit continere. Im Adelnng'schen Glossar steht 1. Ni-

gromantia, pro Necromantia. Ebrardus in Graecismo cap. 8.

Libri nigri (wovon oben die Rede), necromantici, apnd Eckehardum

de Casibus S. Galli cap. 2. Aber auch 2. Negromanticus, pro

Necromanticua , Gall. Necromantien , qui ad divinandum evocat

animas mortuorum. Mithin : Geisterbeschwörer. Es bringt mich

aber das lautliche Angrenzen von niger, Ital. n^gro, an vexgog

fast zu dem Glauben, die Schwarzkünstler seien ursprünglich vsxqo-

fidvtsie, indem sich die schwarze Farbe bloss ans Missverstand in

den Ansdmck hineinstahl. Mögen Andere darüber entscheiden.

Begreiflicher Weise umgiebt sich die Zauberei gern, physisch wie

moralisch, mit geheimnissvollem Dnnkel, so dass die schwarze Farbe

schon ans diesem Grunde sich als passendes Symbol für sie schickte.

Und nehmen wir sodann die vsxgoi als Bewohner des finsteren

Orcus hinzn, nnd die Schilderung seines Beherrschers Pluto oder

Dis bei Martianus p. 59 mit [aertum] kebenum ac tartareae noctis

obacurüate furveacens, qui quidem multo ditior fratre (Neptuno).

Kommen wir jetzt schliesslich zu der Frage, ob sich das Wort

Chemie dem Nameu und der Sache nach als ars Aegyptia

bewähre, etwa wie man von Chaldaicae rationes spricht?

Als vorzügliche Art Essig wird Aegyptinm acetnm von Cic.

Hortens. bei Nonius erwähnt. Bei der mythischen Beziehnng, welche,

sahen wir oben, allem Vermnthen nach zwischen dem Noachiden

Cham nnd dem alten Namen Aegyptens wirklich bestand, läge, ttber

den eitelen Anklang an Chemie hinaus, wohl noch ein Fünkchen

innerer Wahrheit , darin, wenn man die Chemie meinte auf Ch a m ,

als deren Urheber, des mythischen Gewandes entkleidet, will sagen :

auf Aegypten, zurückführen zn können. Siehe Kopp S. 66. 78

aus Bochart: Priori de Zoroastro commento simile aliud de Al¬

chymia, cujus authorem faciunt Ohamum; quasi de nomine authoris

pro Chamia dicatur Chemia et Chymia, et Arabico articulo prae-

fixo, Alchymia. Natttrlich beruht derlei Zurückführung auf eine,

selbst mythische Persönlichkeit anf Aberwitz. Sonst würde die von

Bochart in der Differenz des Gütturals und Stammvokals (siehe

früher Arabisch-Koptisch käme , x'^me oder k jj m fttr schwarz)

gesuchte Widerlegung an sich nicht entscheidend sein. Nicht besser

steht es selbstverständlich um den Xvfirjg, Xifitjg oder Xijfiijg, den man (siehe Kopp S. 77 fg.), vielleicht um einen anscheinend näheren

Anklang zu gewinnen, anstelle des Cham, auch zum Erfinder der

Chemie gemacht hat. — Dass auch der angeblich achte König von

Aegypten, und Erbauer von Pyramiden, Namens Xi/aßrig 6 Mifi-

(pirrie Diod. S. I cap. 63, sowie die in der Thebais gelegene, dem

5 *

(10)

FoU, Chemie oder Chymief 15

Pan eponyme Stadt Xefifiu (oder Xififtig) bemüht werden, nm bei

der Chemie Gevatter zn stehen : begreift sich, weun man die Wirth¬

scbaft bedenkt, vrelche ehemals (ja stellenweise noch heute) in der

edlen Kunst der Etymologie so toll geführt wurde, dass es in der

Alchemie kaum unvernünftiger kann ausgesehen haben. Die An¬

knüpfung hängt völlig in der Lnft , und es ist nicht gleichgültig,

dass anch das kurze e jener beiden Namen sei es nun von dem rj

in dem überlieferten Landesnamen Xtjfiia oder von sämmtliehen

Formen für Chemie in deren Vocal abweicht. Uebrigens mag, wie

mich fast bedttnkt, noch ein anderer Grnnd mit im Spiele sein.

Stephanos (Physici et medici graeci minores von IdelerVol. IL

p. 246) hat, von Kopp S. 78 citirt. Folgendes: tie ydg ioriv 6

ocpig (etwa die Aegyptische oigatog Creuzer's Symb. I. 504 fg.)

6 ISytav rd Svo avv&iu-ara xai rov lov. iv yag ro ndv Si'

T * V - c, V , , ^ ^ i. \ ~

ov ro nav Svvarog x^f^VS- xat et ^ri ro nav exoi ro nav,

ovSiv ro ndv (pTjalv 6 näv Svvarog ;|ft/*»?ff. Beim Diodor

vili Xtfifito als fiB&egfttjvevofiivf] Jlavog noXig genannt; und

dann berücksichtige man wieder: Pan, obwohl seinem wahrhaften

Namen und Wesen nach bloss „Erhalter", und Schirmer, der

Heerden, ist oft unter falschem Hinblick nach to näv (siehe mein

Wnrzel-Wörterb. I. S. 215), zum Weltall aufgebauscht, was denn

unstreitig auch Stephanos im Kopfe hatte. Ich weiss nicht, ob

wohl gar jene etwas sonderbaren Sto avv&kfiara (Himmel nnd

Erde?) einen gewissen Bezug haben auf den Hermopan, vou

welchem Euseb. Praep. Ev. III p. 114. Colon, gesagt wird: 'Eg-

(wnav Si iv rtp navri. Und Plat. Crat. cap. 24. xal ro yt

rov näva rov 'Egfiov tlvat viov Si^vfj (Creuzer, Symb. III, 246)

'dxu ro elxög. Die Sache bekommt aber vielleicht ein noch schluss¬

gerechteres Aussehen durch die von Kopp S. 68 aus Stephani By-

zantii Ethn. T. 1. p. 44 ed. Meineke s. v. A'iyvnrog beigebrachte

Stelle: dkXd xal 'Siyvyla ixaXtiro xal 'Egjwxvfuog {oder'Eg/io-

Xrifitog'i Creuzer, Symb. I. 372) xa« fjukaixßuXog (darum hiess

ja eben Aegypten Xt](ita) xal Hcpatarla. War nämlich Xtfifiu

dem ägyptischen Ildv eponym: da suchte man doch gewiss in der

Zwillings-Bildung ' Egfioxvfiiog mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit

ein Synonymon von 'Egfwnav. Wie hiess aber jener, vom Men-

desischen zufolge Pricbard Aegyptische Mythol. S. 104 verschiedene

Pan von Xsfifiu in Aegyptischer Namensform? Erst daraus Hesse

sich mit Sicherheit ersehen, ob er mit dem Namen des schwarzen

Landes Xkui etymologisch zusammenhänge. Einigermassen wird

aber die Sache zweifelhaft durch Egfioxoiviog yij' ij Atyvnrog

ro ngortgov ovrtog ixaXtno bei Hesychius. Man hat es, als

anscheinend sinnlos, in das Stephanische 'Egfioxtifuog umändern

wollen, nnd könnte erstere Schreibung wegen Gleichheit der Aus¬

sprache von ot mit v nnd tj im Neugriechischen und der Lautnähe

von . V und fi auf Gehörfehler beruhen. Parthey , Vocab. Copt.

p. 526. Reiske wollte ' Egfioaxoiviog emendiren, und erklärte dies :

(11)

16 Pott, Chemi* odar Chymief

ab Hermete in axoivoiig di^a. Käme axolvos, Binse, auch auf

die Papyrus-Staude bezogen vor : da verfiele man sonst leicht auf

eine Verbindung dieser mit dem schreibekundigen Hermes. Dass

auf den Hermes die sog. Hermetischen Bücher, darunter auch

mediciniscbe, über die sechsunddreissig Kräuter der Horoscope u. s. w.,

zurückgeführt werden (Pricbard S. 6 fg.): mag bei der Paarung

des Hermes mit Pan auch kein ganz gleichgültiger Umstand sein.

Siehe anch Creuzer (Symb. I. 376), wo ferner nach Nicomachus

bei Atb«na«as XI. cap. 55 von einer Weltleuchte des Hermes

die Rede ist, „die kosmische nnd raagische Laterne, worin er

alle Wesen sieht, Steine, Kraut, Bäume, Pflanzen, Blumen, Nasses

und ■Trocknes, den Bau der Erde und den Bau der Leiber — jenen

Weltspiegel hater, das Kleinod Josephs, Salomo's, Dschemschid's

und Iskanders (Alexanders) ; es ist 'Egfiov invog , des Hermes

Laterne und Feuerbeerd". Für dies Alles bedarf es freilich

mehr als des engen Raumes in einem chemischen Laboratorium;-

allein könnte sich der Chemiker Besseres als eine solohe Laterne

und eineu solchen Heerd — natürlich in unendlich verjüngtem Mass¬

stabe —■ wünschen? Weiter beachtenswerth sind aber die Nach¬

richten, bei Creuzer III. 235 von Pan-Städten. Also dass Xefifiu

bei Diodor noch gegenwärtig, wohl mit müssigem, wo nicht artikel¬

artigem Vorschlage, A chmi n heisse. „Anch dort Stadt und Gott

Eines Namens: Chemmo, Chemmis. Das war kein anderer,

als jener grosse achte Cabire, als jener Eschmun der phoe-

nicischen Theogonie. [Das mag dahin gestellt bleiben; wie etwaiges

Verhältniss zu DJaxot« Hermopolis magna. Parthey Vocab. Copt.

p. 527. Wichtiger für mich ist das darauf folgende.] Die Araber

nennen ihn Schmin, Sohn des Mizraim [bekanntlich als heb¬

räischer Dual „die beiden Aegypten", Arab, .j^oa, in DC. rrjv

Aiyvnrov ro Mißtigi, fierd ravra rriv Aißvav, riyovv ttjv

Mnagfinaglav, Berberei, ans Theophyl. Hierodiac. Homil. 12],' nnd

Leo Africanus (p. 724 p. 549 nach der Uebers. von Lorfibäch)

erzählt uns, dass die grosse Stadt Ichmin (so nennt er Chemmis)

von Ichmin gebaut sei, dem Sohne des Mii raim, der von

Ohus, des Ham Sohne, seinen Ursprung herleite. So isl also auch

er (fügt Creuzer hinzu) nach der alten Weise in die menschliche

Geschichte eingeführt. In Chemmis fällt nnn Pan ganz und gar

[wirklich?] mit dera Hermes ithyphallicus zusanltneh". Memph.

Sah. ^jmm und Memph. Xaiiai, urbs Xefifiü, Xkfifiiq finden sich

in der That mit wohlbegründeiom , obschon seltenera Wechsel

zwischen Guttural X und Zischlaut IQ = sch bei einander.

Schwartze, Kopt. Gramm. § 330.

Kann nun, fragen wir, das Wort xVft-^i« mit dem Landesnamen

XfuuLi in regelrechte grammatische Beziehung gebracht werden?

Xrjfiia für Aegypten scheint sich geradeweges mit dem Aegyptiscben

Namen zu decken, indem man bloss einen Feraininal - Ausgang

anfügte. Stände Xrjfitla mit Diphthong: da müsste es unter Er-

(12)

Pott, Chemie oder Chymiet 17

gänzung von (Aegyptia tellus. Ov. M. V. 323), etwa gebildet

sein, wie z. B. rj 'Agyela, von dem Adj. 'Agyetog, dessen Diph¬

thong freilich darin seinen Grund hat, dass to "Ägyog, ovg im

Gen. uncontrahirt s-og, d. h. mit Verlust von a (yivog = Sanscr.

ganas, Gen. ganas-as), die Ac^ectiv-Endung to-g angefügt er¬

hält, worans dann u entspringt. Für gewöhnlich wird -t'a, nicht

«ia (dies ja anch nnr als e-ta), als Ausgang für Ländernamen ge¬

heischt, wie z. B. 'Agaßia, KaQfiavia, KannaSoxla, Avxla,

Maaonorafiia , 'Aala, MaxeSovia, Bouoxia, Jaxla, 'IraXla,

rtQfiavla u. a. m. Hienach befremdete Xtjfitia mit Diphthong.

Zwar würde das Schluss-e in der Thebäischen Namensform Kiuuie

den Diphthongen erklären, widerstrebte nicht gerade sein k, sodass

man sich doch lieber der Memphitischen Wortgestalt Xhaii für

Aegypten zuwendet. Wäre aber hievon ein Adjeetiv, nach Analogie

von Xtog (st. Xi-iog), ans ri Xiog, ausgegangen: dann hätte sich

keiü ei gebildet, nnd man erwartete Xt]fiia, wie auch zuweilen fttr

Chemie geschrieben wird, als sprachgerechter. Doch Länge des i

Ȋre anch dann fttr letzteres, wie man Grund hat zu glauben, durch

das Arabische kimiyä gefordert, welches, abgesehen vom Wohllauts

halber eingeschobenen Jot, sich mit xWil<* oder ;^V|its/a vollkom¬

men deckt. Indess uns zwingt diese kleine Ungenauigkeit in der

Analogie doch kaum dazu, von der Vereinbarung von Xrjfitla mit

Xhjuli Abstand zu nehmen, die sich vielleicht geradezu ohne beabsich¬

tigte adjectivische Mittelform vollzog. Sonst haben wir ja auch nicht

nur 0otvlx-iog (als von dem Namen des Volkes 0olvixes ausgehend)

beim Steph. B.; allein ra (Poivixij-ia ygdfifiata Her. 5, 58 von

^>otvlxr}, Phönicien, nnd mit Kürzung Ü^oivlxHog, wie fieXäyyetog statt fieldyyaiog aus yd; 'A&rjva'iog, Qijßaiog, Böot. Qußelog.

Auch z. B. Ion. ;^i?p»:tos aus X'^QI^ gekürzt ^VQ^og, Somit stände

nun auch gerade nichts im Wege, ;i;i?/i«^a, hier jedoch unter Er¬

gänzung von rix^V, sich als Aegyptische Kunst vorzustellen.

Ich gebe indess zu , bedenken , ob nicht bei Bildung des Wortes

Analogien, oder meinetwegen blosse Schein-Analogien , wie fiayela

Ma^ie, Kunst oder Betrügerei des Magiers, von fiaysvto, eig. Magier

ifiayog) sein, dann Zauberei treiben, mitgewirkt haben könnten.

Mayela verdankt seinen Diphthongen dem Zusammenfliessen von

ev-ta nach Ausfall des v, oder Digamma, wie in ifinogeia (von

iunogevofiai) , aber ifinogia (wohl eher von ifinogog), Handel,

paaikela, igfirjvela, ngayfiateia, legartla, iegela, xvg^la, und

2. B. ;ft;/*«i»r^e setzt, wenigstens ideal, ein Verbum auf evm voraus,

was denn , so viel als gleichsam : sich nach Aegyptischer Art,

Alyvnxiatl, (mit chemischen Künsten) beschäftigen, hätte müssen

besagen wollen. Xaveia das Schmelzen nnd Giessen des Metalls,

zu xf^vtvto aus xoavevto. Findet man aber neben x^f^^vrtxog, als

von ;^w^«wT??s (wie ngaxrixog von ngdxrrjg) abgeleitet, auch

XVfiixog oder j^j^jMtxdg (Kopp S. 41): so ist das nach Weise von

jßa(fix6g, (fvatxog, fieraXhxog (allein jj^ü^txo's nicht etwa: aul

Bd. XXX. 2

(13)

18 PoU, C/iniiic utier Cliymiet

Säfte oder Gesclimäcke bezüglicli, sondern „ohemisch", oder (nach

Personen) futyixug , dcivgovofuxog , uatgofiavTixi, , laTQixog,

yfwQyixag, wiewohl sprachlich niclit strengcorrect, gebildet. Von

xegu/iiivu) entspringt i; xsQaf.ievTi,xi'i , allein auch ij XEga^tütt

Töpferei, Topferkunst, Töpferwaare. Der Ort abpr, wo die x«pa-

fieig ihre Waare feil hielten, wurde Kegafitixog (also mit Bei¬

behaltung des 6 vor t) genannt, womit nicht zu verwechseln xequ-

fieixog, irden, das aus xegccfxewg (mit dem Suffixe des Stoffes uog), irden, thönern, hergeleitet ist.

Nachdera hiemit wohl so ziemli(;h die grammatischen Schwie¬

rigkeiten beseitigt worden, welche etwa Zurückführung der chemi¬

schen Wissenschaft saramt ihrer trügerischen Halbschwester, der

Alcheraie, entgegen ständen, wäre jetzt nur noch zn erörtern, welche

geschichtliche Zeugnisse vorliegen , auf die sich die Annahme

eben erwähnter Herkunft stützen dürfe. Der Hauptsache nach

müsste ich vollgültige Nachweise freilich den Aegyptologen über¬

lassen, und ist vielleicht Ebers ira Stande, aus seinera kürzlich

veröffentlichten Papyros, „in welchem ein vollständiges Exeraplar

des den Griecheu bekannten Buches über die Arzneimittel vorliegt,"

dergleichen beizubringen. Andeutungen solcher Art sind vorhanden.

So erwähnt Kopp selbst S. 61 aus alchemistischen Schriften eine

Stelle: „In dem Schreiben der Isis an ihren Sohn Horus (s. ihn

hierüber S. 11) giebt jene, als Einleitung alchemistischer Vor¬

schriften an diesen, an, dass sie dahin gegangen sei, wo die heilige

Kunst Aegyptens geheimnissvoll betrieben wird (önov rj Isqu

rixvr] Tijg Aiyvnrov /ivarixüg xaraaxsva^srai). Ein Fingerzeig,

der kaum auf etwas anderes als Chemie oder Alchemie hinweist.

Ausserdem ist bei ihm Stück 1 von S. 83—96 ein ganzer Ab¬

schnitt : Ueber frühe Beschäftigung mit Alchemie in

Aegypten, dem Gegenstaude gewidmet (vgl. ihn auch Stück 3

S. 9 fg.), und darauf bis 102 als „Aelteste chemische Hand¬

schrift" unter griechischen, aus Aegypten stammenden Papyros-

llandschrifteu naraentlich Eine besprochen, „die für die Geschichte

der Chemie von hohem Werth ist", und von Reuvens, den

Schriftzügen nach, in das (vierte) Jahrh. der Constantine oder etwas

neuere Zeit gesetzt wird. Und wenn Julius Maternus Fir¬

micus im vierten Jahrhundert, freilich zweifelhaft, in welchem

bestimmteren Sinne, „Chemie" gebraucht, so findet auch Kopp S. 53

in nicht geringem Grade wahrscheinlich, dieserlei Kenntniss bei ihm

entstamme dem Nil-Lande, indem Firmicus in der Einl. zura fünften

Buch zu erklären versuche: Quicquid divini veteres ex Aegyptiis

adytis protulerunt. Auch beziehen sich des Johannes von An¬

tiochien (siebentes oder achtes Jahrh.) und Suidas Nachrichten

Betreffs ;^>//t6«a xgvaoii xai dgyvgov ebenfalls auf Aegypten. Kopp

hält dies Alles S. 69 unbeweisend für Benennnng der Chemie nach

dem Aegypterlande. Aus dem selbst so räthselhaften XW^ ^^^^

wüsste ich wenigstens nichts zu machen, und hätte eine Herleitung

(14)

Batt, Chemie oder Chymiet 19

darans ohnehin eher ^W^^** lauten mttssen, ala xVf^'i** oder

XVf*i»-

Indem ich nun schliesslich die Schreibung ;fVftc/a sammt Her¬

leitang aus x^f^S als auf irriger Anffassnng der späteren Griechen

beruhend verwerfe und mich als Genossen derer bekenne, welche

Xrifuia als „Aegyptische" Kunst auslegen: sei mir noch ge¬

stattet, die Aufmerksamkeit auf die Notae Chemi cae hinzulenken,

welche hinter Du Cange, Gloss, ad Scriptores mediae et infimae

Graecitatis Lugd. MDLXXXVIII. in den Notae p. 8—18 stehen.

Sie verdienten wohl, einmal von einem Kundigen darauf angesehen

zu werden, ob sich unter den nicht abbreviirten solche finden,

welche ursprünglich von Aegyptischen Hieroglyphen herrühren. Sie

tragen mindestens mit den symbolischen darunter einen analogen

Charakter. Z. B. zwei über einander gestellte Wellenlinien be¬

zeicbnen &aXäaaia vSata , drei dergleichen , mithin als grössere

Mehrheit, &äXaaaa, womit (was freilich — der Natur der Sache

wegen — auf Zufall beruhen kann) die hieroglyphische Figur für

das Wasser, Champollion Gramm, figypt. p. 7 übereinkommt.

norafwg als Schlangenlinie p. 13, und eine dergleichen mit zwei

Puncten darüber für fiaxQov. In dem Zeichen für Gold erkennt

man unschwer eine strahlenschiessende Sonne (aureus Sol), was

sich eben so leicht begreift als ein, nach rechts gewendetes Monds¬

viertel (vgl. den silbernen Mond) für das zweite der edlen Me¬

talle, während ein nach links stehendes Viertel, mithin in einem

Gegensatze dazn, vSgugyvgog, also Quecksilber anzeigt. Die

Elemente werden bezeichnet p. 18: das Fener durch ein flammen¬

ähnliches Dreieck mit der Spitze anfwärts. Wird ein solches

Dreieck von einem Querstrich durchzogen, der wohl den Himmel,

oder das Oben, andeutet: dann ist es Luft. Ein Dreieck mit der

Spitze nach unten, nnd zwei Wellenlinien daneben, zeigt natur¬

gemäss das nach unten strebende Wasser an ; nnd eben ein

solches Dreieck mit einem Horizontal-Striche , im Gegensatze zur

Luft, Erde. — Zur Bezeichnnng von Tag dient, oben auf einen

Kreis gestellt, ein Vertikal-Strich , während die Nacht nmgekehrt durch einen solchen Strich nnten sich verräth. Natttrlich Symbole,

hergenommen von der auf- oder absteigenden Sonnenscheibe. Davon

sind ijfitQovvxTiov 69 als Tag und Nacht; ausserdem 66 rjfthQut

sowie diese Zeichen auf den Kopf gestellt, 99 vvxttg S. 9, was sich

leicht begreift, nur geringe Varianten. S. 6 ist das zu dem im Druck

verschobenen rjfii()ai auch durch zwei der Sechs ähnliche Zeichen

wiedergegeben, aber vvxreg durch 9, mit einigen Nebenstrichen.

Dann aber anch vv^ durch eine Neun, deren Bauch nach rechts steht.

— Der Himmel stellt sich dar durch eine wagrechte Linie mit

einer Wölbung nach oben in der Mitte, zuweilen noch mit einer

Horizontal-Linie, als Sinnbild der Erdfläche, darnnter. Die letztere

Figur passt aber auch sehr gut, um das Verfahren des Sublimirens

S. 18 anszudrttcken , nnd wird die erstere ttber das Zeichen für

(15)

Pott, Chemie oder Chymie f

Mercurius gesetzt , da bedeutet das S. 17: Mercurius sub-

limatus. Umgel£ehrt hat die Bezeichnung der Erde zu ihrem Aus-

druclce eine Horizontal-Linie mit Einbiegung nach unten erhalten. —

Ein Kreis mit Pnnkt, als Centrum, drin stellt den Kreis (xvxXos)

vor, aber mit einer Kreuzlinie in ihm eine Kugel (acpaiga) nnd

demgemäss auch die Welt. — Man wird an diesen Beispielen

genug habeu.

(16)

Himjarisclie JnschrifUTi.l

j,titBchnMD.M.G.yXJ. S. ZI. TaF.l.

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