• Keine Ergebnisse gefunden

Die zögerliche Zulassung neuer Therapien führt zu einer stossenden Ungleichbehandlung der Patienten

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Die zögerliche Zulassung neuer Therapien führt zu einer stossenden Ungleichbehandlung der Patienten"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Rückblick 2018/Ausblick 2019

20

ARS MEDICI 1+2 | 2019

1. Welche neuen Erkenntnisse des letzten Jahres in Ihrem Fachgebiet fanden Sie besonders spannend?

Im Jahr 2018 wurde in der Onkologie der Fortschritt der letz- ten Jahre konsolidiert, den wir mit neuen Medikamenten er- zielen. Aufgrund neuer Studienresultate wissen wir nun, wie wir die neuen Substanzen noch effizienter und früher im Krankheitsverlauf einsetzen könnten – in der Hoffnung, die Patienten damit noch besser zu behandeln.

Was die Immuntherapie anbelangt, ist das inzwischen durch- aus gelungen. So gibt es beim nicht kleinzelligen und beim kleinzelligen Bronchuskarzinom inzwischen grosse randomi- sierte Studien, welche zeigen, dass es besser sein dürfte, die in der Regel gut verträgliche Immuntherapie schon mit der Erst- linienchemotherapie zu kombinieren. Damit lässt sich die Überlebensdauer der Patienten verlängern. Beim Melanom ist die Immuntherapie inzwischen sogar in der adjuvanten Behandlungsphase angekommen: Man kann durch deren Einsatz nach der Exzision des Primärtumors und der Lymph- knotenmetastasen das Rückfallrisiko reduzieren. Auch die Kombination von unterschiedlichen Immuntherapien, näm- lich der CTLA-4-Antikörper und der PD-L1/PD1-Antikör- per führt bei einigen Tumorkrankheiten zu guten Resultaten.

So konnte bei Patienten mit hellzelligem Nierenzellkarzinom mit einer eher schlechten Ausgangslage (mittleres und hohes Risiko) das Überleben mit dieser «Immunkombi» im Ver- gleich zu einer der bisherigen Standardtherapien (Sunitinib) ebenfalls recht deutlich verlängert werden.

Es scheint sich zudem zu bewahrheiten, dass das Motto

«mehr ist besser» tatsächlich manchmal stimmt. Bei den bis anhin eher etwas vernachlässigten Männern mit metastasier- tem Prostatakarzinom zeichnet sich immer mehr ab, dass der althergebrachte Reflex, eine «Kastration» sei ausreichend, so nicht mehr stimmt. Inzwischen haben wir Studien, welche be- legen, dass die frühe Hinzugabe einer Chemotherapie oder von modernen, antiandrogen wirkenden Medikamenten zur

«medikamentösen Kastration» oder auch der simultane Ein- satz einer Strahlentherapie des lokal progredienten Tumors, trotz Metastasen, einen Überlebensvorteil verspricht. Ein weiteres Beispiel der Strategie «mehr ist besser» findet man beim Pankreaskarzinom. Hier wissen wir seit einigen Jahren, dass beim metastasierten Pankreaskarzinom eine intensivere

Kombinationschemotherapie mit Oxaliplatin, Irinotecan, Leucovorin und Fluorouracil (FOLFIRINOX) zwar mehr Nebenwirkungen verursacht, aber bezüglich Ansprechrate und Überleben besser ist als der während zweier Jahrzehnte einzige Standard Gemcitabine. Logisch, dass man dieses FOLFIRINOX-Schema nun auch adjuvant, das heisst nach Resektion eines Pankreaskarzinoms, ausprobierte. Die Rech- nung ging auf. Die mediane Überlebensdauer konnte um an- nähernd zwei Jahre verlängert werden.

2. Welche davon könnten Diagnose und/oder Therapie in der Hausarztpraxis ku ̈ nftig verändern?

Für uns Onkologen bedeuten die neuen Erkenntnisse, dass wir unsere Patienten oft etwas intensiver und über einen viel längeren Zeitraum behandeln. Selbstverständlich sind wir dabei sehr auf die Mitarbeit der Hausärzte angewiesen.

3. Und was «fürchten» Sie am meisten?

Die Schattenseite der neuen Entwicklungen sind zweifellos die Behandlungskosten. Da wären vor allem die Gesundheits - behörden in der Pflicht. Dies gilt nicht nur für die Schweiz, sondern weltweit. Die therapeutische «Mengenausweitung», um für einmal diesen negativen Begriff zu benützen, sollte eigentlich dazu führen, dass die Preise der Medikamente re- duziert werden. Dafür müssten die Arzneimittelbehörden der verschiedenen Länder aber besser zusammenarbeiten.

Immer häufiger werden neue Therapien an den grossen Kon- gressen zu Standardbehandlungen erklärt, die in der Schweiz über viele Monate nicht erhältlich oder noch nicht einmal re- gistriert sind. Ein grosser Wunsch an unsere Behörden ist es, die Zulassung etwas effizienter zu bewerkstelligen. Leider ist die Schweiz in dieser Hinsicht ein schlechtes Beispiel. Das Bundesamt für Gesundheit verzögert die Aufnahme in die Spezialitätenliste (SL) nach der Registrierung oft um viele weitere Monate, was ausgesprochen unbefriedigend ist.

Bekanntermassen gibt es dazu den Artikel 71 der KVV, wel- cher die Bezahlung von Therapien im Rahmen der Grundver- sicherung bei tödlich verlaufenden Krankheiten erlaubt, wenn diese Behandlungen einen grossen Nutzen haben und es keine zugelassene gleichwertige Alternative gibt.

Da sich unsere Behörden oft viele Monate Zeit nehmen, die neuen Medikamente in die SL aufzunehmen, spielen sie den Schwarzen Peter dank Artikel 71 den Ärzten und Kranken- kassen zu. Damit übernehmen die Versicherer die Rolle eines Richters, indem sie entscheiden, ob der Artikel 71 erfüllt ist.

Die Unterschiede zwischen den Krankenkassen sind jedoch extrem. Nebst einigen notorischen Neinsagern gibt es auch sehr kulante Versicherungen. Das führt zu einer sehr stossen- den Ungleichbehandlung unserer Patienten, was inzwischen eine meiner grössten Sorgen in meinem Berufsalltag gewor- den ist. Leider interessiert in der Laienpresse beim alljährli- chen Rating der Krankenkassen nur die Höhe der Prämien.

Ob man aber im Falle einer Krankheit auch mit der Kosten- übernahme von überlebenswichtigen Therapien rechnen darf, wird kaum beachtet. Da wäre ein Kassenrating durch die Leistungserbringer auch einmal interessant.

Onkologie

Dr. med. Thomas von Briel Hirslanden Onkozentrum Zürich

Die zögerliche Zulassung neuer

Therapien führt zu einer stossenden

Ungleichbehandlung der Patienten

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Zwar erhielten ältere Patienten im guten Allgemeinzustand und mit geringen Komorbiditäten überwiegend eine kombinierte Radiochemotherapie, jedoch war die

Der Schlüssel ist, sich auf andere Christen zu verlassen, die dich am besten kennen, am meisten lieben und die sich darin bewährt haben, dir zu sagen, wenn du einen Fehler machst

Zusammenfassend kann gezeigt werden, dass die Einzelbehandlung der H69-Zellen mit Sildenafil keinen signifikanten proliferationshemmenden Effekt erbringt, während sich bei

(23) konnten bei ihrem Kollektiv von 69 operierten Patienten im Stadium I-II keine Korrelation der VEGF- Expression mit der Überlebenszeit zeigen, VEGF hatte in dieser

Diese Untersuchungen zeigen, daß Sp1 und Sp3 aus Kernextrakten der NSCLC-Zellinie 32M1 und der Ratteninsulinoma-Zellinie RIN38A an der Bildung der identifizierten

Patienten mit einem pathologischen Stadium II oder IIIA jedoch, die jünger als 75 Jahre sind, sich postoperativ in einem guten Allgemeinzustand befinden und bei denen

Beim pN2-Kollektiv verstarben in den ersten 12 Monaten der eine Patient mit GI, vier Patienten mit GII und acht Patienten mit GIII und der eine Patient mit einem GIV Stadium..

Zellen unter Zugabe von Mn 2+ anhefteten und ein neuronenähnliches Aussehen annahmen. Auf die Expression der typischen neuroendokrinen Marker nahm die Morphologieänderung der