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Etwas näher auseinandergesetzt hat sich mit der Gunapatäkä bisher — soweit mir bekannt ist — nur der indische Literaturhistoriker P

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Zur Frage nach Inhalt und Autor der Gunapataka

Von Siegfried Lienhard, Kiel-Stockholm

Bekanntlich ist uns eine recht große Anzahl von Werken der Sans¬

kritliteratur nur noch dem Namen nach überliefert, und zur Genüge

vertraut ist dem Sanskritisten das Faktum, daß wir heute nicht selten

Handschriften von sogar bedeutenden und zu ihren Zeiten hoch¬

geschätzten Texten vermissen. Über diese Texte wissen wir natur¬

gemäß wenig. Einigermaßen sichere Anhaltspunkte bezüglich ihres

Inhalts, des literarischen Genres, dem sie zugehört haben, ihres Ver¬

fassers, ihrer Entstehungszeit usw. sind bestenfalls aus der Namens¬

nennung und den Zitaten bei anderen Autoren erschließbar.

Zu solchen uns also verlorengegangenen Werken gehört die Guna-

'patäkä, ,,das Banner der guten Eigenschaften", ein Text, der, nach

dem Zeugnis der daraus zitierenden oder ihn bloß nennenden Autoren,

mehrere Jahrhunderte lang als repräsentatives Werk einer bestimmten

Literaturgattung recht angesehen gewesen sein muß. Etwas näher

auseinandergesetzt hat sich mit der Gunapatäkä bisher — soweit mir

bekannt ist — nur der indische Literaturhistoriker P. K. Gode. In

einem in IHQ, vol. XVII, pp. 82ff. publizierten Artikel^ hat Gode,

unter Ausnützung eigener Lesefrüchte, eine Reihe von Sanskrit-

Autoren aufgeführt, welche die Gunapatäkä entweder bloß neimen

oder einige Verse aus derselben zitieren, es sind dies :

1. Näräyana Diksita, Verfasser eines Kommentars zu Subandhus

Väsavadattä, später als 1250 n.Chr. (Namensnennung und zwei Vers¬

zita te)^;

2. Harihara, Verfasser eines Kommentars zu Bhavabhütis Mälati-

mädhava, 1150—1225 n.Chr. (Namensnennung und Zitat eines auch

von Näräyana Diksita angeführten Verses)^ ;

3. Jagaddhara, gleichfalls Verfasser eines Kommentars zum Mälati-

mädhava, zwischen 1300 und 1500 n.Chr. (Zitat desselben Verses

wie bei Harihara)* ;

4. Prthvidhara, Verfasser eines Kommentars zu Öüdrakas Mfccha-

katikä, um 1500 n.Chr. (Namensnennung und Zitat)'; xmd

^ Neudruck in P. K. Gode, Studies in Indian Literary, History, vol. I,

Bombay 1953, pp. 239ff. Die Seitenangaben in vorliegendem Aufsatz folgen

dieser Ausgabe.

- Gode, pp. 239f. und pg. 242. ^ Gode, pg. 241, note 3 und pg. 242.

* Gode, pg. 241, note 3 und pg. 242. ^ Gode, pg. 242.

(2)

Zur Frage nach Inhalt und Autor der Gunapatäkä 163

5. Sesakrsna, Verfasser des Werkes Präkrtacandrikä, ca. 1600 n.Chr.

(Namensnennung und Zitat eines Präkrit-Verses)'.

Aus diesen Daten geht deutlich hervor, daß die Gunapatäkä also

wenigstens zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert bekannt gewesen

war und natürlich schon vor dem 12. Jahrhundert n.Chr. entstanden

sein muß. Über ihren Inhalt und ihren Verfasser sagt uns der Aufsatz

Godes nicht viel bzw. überhaupt gar nichts. In Frage gestellt wird

dort nur die vage Annahme, daß das Werk vielleicht ein lyrisches

Theaterstück (lyrical play) dargestellt haben mag', eine Annahme, zu

welcher sowohl Abhinavaguptas Erwähnung eines Schauspiels mit

Namen Gunamälä (in seinem Kommentar zum Nätyasästra)^, uns

ebenfalls nicht mehr erhalten, als auch das Zitat einer Präkrit-Strophe

bei Sesakrsna verlocken. Sicherer ist Gode dagegen in der Beurteilung

des Titels des Werkes, der höchstwahrscheinlich, wie wir einer Text-

steile im Kommentar Hariharas ablesen können, eine Frauengestalt

mit gleichem Namen bezeichnet. Unsere Kenntnis der Gunapatäkä

ist damit nicht gerade sehr stark gefördert, und Godes Appell an die

Sanskrit-Philologen, unser Wissen um dieses Werk durch weitere

Forschungen besser zu erhellen, mag unter diesen Umständen nur

allzu berechtigt erscheinen^".

Unerwarteterweise ließ mich nun eine längere Beschäftigung mit der

Literatur des kämasästra wie auch der Neväri-Spraclie auf Referenzen

zur Gunapatäkä stoßen, welche das von Gode vorgelegte Material

ganz ausgezeichnet ergänzen und, was noch wichtiger ist, uns erstmals

wirklich konkrete Aufschlüsse darüber geben, was dieses Werk denn

eigentlich war. Zu meiner Überraschung durfte ich erkennen, daß das

Ratirahasya des Kokkoka" recht gründlich aus unserem Werke ge¬

schöpft hat. Durch diese Tatsache wurde zunächst die schon von Gode

erhärtete Abfassungszeit der Gunapatäkä bestätigt: Da Kokkoka

wahrscheinlich im 12. Jhdt. n.Chr. gelebt hat, muß die Entstehung des

von ihm mehrfach herangezogenen Textes noch etwas früher, also

spätestens in der ersten Hälfte desselben Jahrhunderts angesetzt

werden.

» Gode, pg. 240 und pg. 243. ' Gode, pg. 241.

8 Gode, pg. 239 und pg. 241. » Gode, pg. 241, note 3 (vorletzter Ab¬

satz) und pg. 242 (unter Harihara). Gode, pg. 243.

11 Die von mir benutzte Textausgabe ist: Ratirahasyam näma kämasästram.

Mahäkavi-äri-Kokkoka-viracitam. Rati-Rahasya or The Secret oj Sexual

Pleasure hy Kokkoka. With Notes & Commentary. Sri-Käncinäflm-krtayä

dipikäkhyayä tikayä sanätham. Sri-Devidatta-Sarmanä tippanikayä visadl-

krtya Mhitam, Benares 1922. — Auf meuie Übertragung desselben Textes

(Kokkoka, Ratirahasya. Geheimnisse der Lieheskunst, Schmiden/Stuttgart 1960) verweise ich hier unter GLK.

11*

(3)

164 Siegfried Lienhabd

Sämtliche auf die Gunapatäkä bezüglichen Stellen des Ratirahasya

— zweimal Namensnennung und zwei Zitate — begegnen uns im

IV. Abschnitt, dem sämanyadharmädhikära (,,Von allgemeinen

Wesenszügen"). Nur ein letzter Hinweis, der nicht den Titel des

Werkes, sondern, wie ich noch zeigen werde, den Autor anführt, ist in

Abschnitt V, dem desajnänädhikära (,,Von der Kenntnis der einzelnen

Länder"), enthalten. Was die beiden Zitate betrifft, so entspricht das

eine sehr genau einer auch beim Kommentator Näräyana Diksita, das

andere einer sowohl bei Näräyana Diksita als auch Harihara (und

nach ihm Jagadhgara) wiedergegebenen Strophe. Das erste Zitat ist

Ratirahasya IV, 1, wo es heißt:

bälä syät sodasäbdät tadupari taruij.i trimsatir yävad ürdhvam /

praudhä syät pancapancäsadavadhi parato vrddhatäm eti näri^^ jj

,,Eine Frau ist bis sechzehn Jahre ein Mädchen, von da bis dreißig

eine junge Frau, darüber hinaus bis zu fünfundfünfzig eine reife Frau.

Darnach kommt sie in Alter"i*.

Interessant für unsere Untersuchung ist nun, daß wir etwas ganz

Ähnliches, nur noch ausführlicher, auch in einem anderen käma-

Text lesen, nämlich dem Nägarasarvasva des Padmasri", das spätestens in die Mitte des 14. Jahrhunderts gehört^^:

bäleti glyate näri yävacchodasavatsaram j

tatah pararn ca tarurß sä yävac ca trirnsatani bhavet //

tadürdhvam abhirüdhä syäd yävat pancäsatarn punah j

vrddhä tatah pararn jneyä suratotsavavarjitä jj^^

,,Bis sechzehn Jahre nennt man eine Frau Mädchen; darnach gilt sie

als junge Frau, bis daß sie dreißig wird. Darüber aber heißt sie reife

Frau, bis fünfzig. Hernach hat sie als Greisin zu gelten, die frei ist von

(jedem) Fest des Liebesvergnügens".

Das Vorhandensein dieser, wie es den Anschein hat, recht konven¬

tionellen und auf Tradition fußenden Aussage über die Altersstufen

1^ Stellenweise minimal abweichende Lesarten zeigt das Zitat bei Näräyana

Dik§ita; s. Gode, pg. 240. " = GLK, S. 56.

" Textausgabe: Padmasri-viracita-Nägarasarvasva. Pt. Bhagirathasvämi dvärä pariiodhit sarnskaran. Anuvädak: Pandit Srt-Eäjadhar Jhä kävyatirtha.

Caleutta 1952.

" Die Zeitbestimmung bei Rich. Schmidt, ca. 1400 n.Chr. (s. Beüräge zur indischen Erotik, 3. Aufl., S. 47), kann unter Berücksichtigung der Tatsache, daß viele Strophen aus dem Nägarasarvasva in der Särngadharapaddhati

des Särngadhara (1363 n.Chr.) zitiert werden, noch um mindestens fünfzig

Jahre höher hinaizfgerückt werden.

" Vers XVI, 2 und 3 der Textausgabe.

(4)

Zur Frage naeh Inhalt und Autor der Gunapatäkä 165

der Frau in gleich zwei Werken des kämasästra fällt auf. Die Frage

erhebt sich, ob die Gunapatäkä, auf die sie (nach Näräyana Diksita)

zurückgeht, nicht vielleicht auch ein erotisches Werk war, etwa ein

Text, der die Eigenschaften [guna) der Frauen dargestellt hat? Ich

werde diese Vermutung im Folgenden bekräftigen können.

Der zweite Vers aus der Gunapatäkä ist Ratir. IV, 4. Ihn kennen,

wie schon erwähnt, auch Näräyana Diksita, der ihn zur Gänze anführt,

und die Kommentatoren Harihara und Jagaddhara, die nur den

ersten Viertteil zitieren. Die Strophe nimmt gleichfalls auf die weib¬

lichen Altersstufen Bezug und lautet wie folgt :

hälä tämhülamäläphalarasasurasähärasammänahäryä

mugdhälankärahärapramukhavitaranai(h) rajyate yauvanasthä j

sadbhävärabdhagädhodbhataratasukhitä madhyama rägalubdhä

vrddhäläpaih prahrstä bhavati gatavayä gauravenätidüram^'' //

„Das Mädchen erobert man durch Betel, Girlanden, Früchte, Elixiere,

gut gewürzte Speisen und Ehren. Die jugendliche Schöne entzückt

man durch Schenkung(en) von Schmuckstücken, Ketten usw,. Die

Mittlere, nach Leidenschaft verlangend, wird durch in rechter Weise

getätigten, verstärkten, heftigen Geschlechtsgenuß beglückt. Die Alte,

deren Jugendzeit hingeschwunden, erfreut man am meisten durch

Unterhaltung und Ehrerbietung"i8.

Auch die Aussage dieser Strophe kommt unserer Annahme über den

vermutlichen Inhalt der Gunapatäkä sehr gut entgegen. Man kann

unschwer ersehen, daß auch sie, wie schon die erstgenannte Strophe,

nicht eigentlich Poesie ist, sondern Belehrung und Unterweisung an¬

strebt. In dieselbe Richtung wie ihr Inhalt weist der wichtige Umstand,

daß beide Verse einem so bedeutenden Kompendium der Erotik wie

dem Ratirahasya^^^ einverleibt worden waren: Auch die Gunapatäkä

war wahrscheinlich ein erotisches Handbuch gewesen, ein Lehrbuch,

welches vielleicht von besonderer Art war, nachdem die Zitate und

Namensnennungen im Ratirahasya auf einen ganz bestimmten Ab¬

schnitt, den sämänyadharmädhikära, konzentriert sind. Dies läßt

sich vor allem den Äußerungen ablesen, die Kokkoka im Zusammen¬

hang mit der Nennung des Werkes bzw. seines Verfassers vorbringt.

Klar bezeugt wird die Zugehörigkeit des Werkes zur kämasästra-

" Das Zitat derselben Strophe bei Näräyana Diksita weist recht viele Ab¬

weichungen auf; s. Gode, pg. 240. In der Wiedergabe Godes folgt der Strophe

oin Prosasatz, der m. E. wohl dem eigentlichen Kommentartext Näräyana

Diksitas und nicht (wie naeh Gode) der metrisch abgefaßten Gunapatäkä

entstammt. = GLK, S. 56.

1" In Nägarasarvasva XXXVIII, 16 als parama-Ratirahasya aufgeführt.

(5)

166 SlBGFBrED LrENHABD

Literatur außerdem durch eine Stelle in der Neväri-Version der

Vetälapancavim äatikä .

In Ratirahasya IV, 3 verweist Kokkoka auf die in der Gunapatäkä

für die einzelnen Altersstufen genannten Liebeshandlungen, die, wie

er sagt, beachtet und mit Schlauheit und Verstand ausgeführt werden

sollten^" {uktä Gunapatäkäyäm avasthäsu kriyä ca yäj täm api nyäya-

sanivittisiddhatväd ädriyämahc), worauf die Strophe hälä tämbüla^

zitiert wird. Die zweite Stelle mit Namensnennung der Gunapatäkä,

Ratirahasya IV, 7, sagt uns dann weiter, daß ,,auch die Merkmale,

welche in der Gunapatäkä noch darüber hinaus für die Konstitutions¬

typen genannt werden, durch Erfahrung bestätigt sind" {yat prakr -

tinäm laksanam abhihitam adhikan ca Gunapatäkäyäm j tac cäpy

anubhavasiddham) und daß ,,dies nun etwas deutlicher angezeigt

werden" sollte^^ {sphutataram abhidhiyate kim api). Was folgt, sicher¬

lich die Strophen Ratir. IV, 8 bis 13, möglicherweise aber auch 14 bis

21, geht also gleichfalls auf die Gunapatäkä zurück oder ist vielleicht

sogar direkt aus ihr übertragen. Das durchgehende Thema aller

dieser Strophen sind die Typen der Frau : die Altersstufen, die Kon¬

stitutionstypen und die Wesenstypen. Die Annahme, daß die Gunapa¬

täkä ein autoritatives Spezialwerk zur Erotik war, das die

verschiedenen Arten von Frauen und ihre Eigenschaften {guna) be¬

handelt hat, scheint mir durch all das bestens gestützt^^. In der 21. Er¬

zählung der Neväri-Version der Vetälapancavimsatikä^ä heißt es zudem

über einen von vier Brüdern, die jeder eine andere Wissenschaft

lernten : hanam meba-hma kijän : kämasästa abhyäs yätarn,. Ghotaka-

mukha : Bärsyä * mana-* : Gunapatäkä : Latirahasya thva ädin samasta

kämasästa sava^'°, ,,Und ein anderer Bruder studierte die Lehrbücher

der Liebe. Er kannte alle Liebeslehrbücher (wie) Ghotakamukha^ß,

Vätsyäyana, die Gunapatäkä, das Ratirahasya usw."

Man wird nun mit Recht aber auch die Frage aufwerfen, wer nun der

Autor dieses interessanten Textes gewesen sein mag. Godes Aufsatz

gibt uns keinerlei Auskunft darüber, führt aber eine Stelle im Kommentar

Vgl. GLK, S. 56. " Vgl. GLK, S. 57.

Der Kommentator des Ratirahasya, Käneinätha (frühestens 11. Jhdt.

n.Chr.; s. Rieh. Schmidt, Beitr. zur ind. Erotik, S. 67), bezeichnet die Guna¬

patäkä in seinen Erläuterungen zu Ratir. IV, 3 \md 7 ausdriicklicb als

Ounapatälcäkhyasästra, „Lehrbuch namens Gunapatäkä".

Siehe H. Jöbgensen, Ein Beitrag zur Kenntnis des Neväri, ZDMG 75

(1921), S. 219 bzw. 227.

-'' Wahrscheinlich Vätsyäyana.

JÖBGENSENS Transkription des Neväri-Textes wiude von mir in ge¬

wissen Einzelheiten geändert und z.B. kijän statt kijäna usw. geschrieben.

^'^ Uns bisher unbekannt.

(6)

Zur Frage nach Inhalt und Autor der Gunapatäkä 167

Hariharas auf 2', welche mir, wenn mit Strophe 22 im desajnänädhikära

(= Abschnitt V) des Ratirahasya konfrontiert, recht aufschlußreich

scheint. In Hariharas Kommentar wird die Strophe Mälatimädhava

V, 30-': asärarn sarnsärarn mit den Worten erläutert : samsäre kirn säram^^

iti Ounapatäkayä prsto Müladevah särarn nihitapadeti , ,, da Gunapatäkä

den Müladeva verhörte, was denn in diesem Leben (der Unbeständig¬

keit) von Bestand sei, sagte er: Beständig ist usw." (letzteres ein Zitat

aus der Gunapatäkä). Pür Gode war diese Stelle nur deshalb von

Interesse gewesen, weil sie, wie er sagt, auf den ,, weibliehen Charakter

des Namens Gunapatäkä" deutet. Dies ist auch sicherlich richtig.

Sehr gut dürfen wir uns vorstellen, daß die Lehren in der Gunapatäkä,

oder wenigstens ein Teil derselben, von einer Frauengestalt, etwa einer

erfahrenen Hetäre mit Namen Gunapatäkä, vorgetragen werden, wie

dies ähnlich auch im Kuttanimata des Dämodaragupta der Fall ist,

und daß der Verfasser mit diesem Frauennamen außerdem ein Wort¬

spiel verknüpft hat, das gleichzeitig auf den Inhalt des Werkes ver¬

weist, nämlich die Behandlung der ,, Eigenschaften der Frauen". Die¬

selbe Stelle bei Harihara ist aber auch weiter bedeutend, weil m.E.

mit Müladeva der Autor der Gunapatäkä genannt wird. In V, 21

beschreibt Kokkoka die Frau aus Utkala (= Orissa) und führt dann im

folgenden Vers die Meinung desselben Müladeva an :

vividhanakhavikäraih praudhapäniprahärair

janitaparamamodäm auparistaprakäraih /

avirataratayuddhäkänksinirn vitalajjärn

vadati bahalarägäm ütkalirn Müladevah //^"

Daß hierunter der Autor der Gunapatäkä gemeint ist, läßt sich wohl

kaum bezweifeln, zumal das Ratirahasya, wie wir gesehen haben, so

stark aus der Gunapatäkä geschöpft hat und auch hier wieder Frauen¬

typen, in diesem Fall die geographischen Besonderheiten im Liebes¬

gebaren der Frauen, zur Sprache kommen. Wie alle übrigen Texte

des kämasästra^^ scheint also auch die Gunapatäkä einen Abschnitt

über desajnäna, ,,die Kenntnis der einzelnen Länder (und ihrer Frauen¬

typen)", enthalten zu haben.

Wie sieh aus dem Gesagten ergibt, stimmen demnach die Stellen des

Ratirahasya mit den von Gode aufgespürten Zitaten und Referenzen

Siehe Gode, pg. 241, note 3, Abschnitt 4.

Zitiert naoh der Ausgabe der Nirnaya Sagar Press, ed. Mafigesa Räma-

krsna Telang, Bombay 1936.

Ein Wortspiel mit samsäre. . .särarn findet sieh auch Ratirahasya I, 7.

Möglicherweise gab die Gunapatäkä Anregung hierzu.

Übersetzung s. GLK, S. 69.

^1 Zum Beispiel Kämasütra II, 5, 12; Ratirahasya V; Nägarasarvasva XX.

(7)

168 Siegfried Lienhabd, Inhalt und Autor der Gunapatäkä

zur Gunapatäkä wirklich gut überein. Erst die Angaben im Ratirahasya

ermöglichen uns, den Namen des Autors und den ungefähren Inhalt

dieses verlorengegangenen Werks zu bestimmen. Ein schwieriges und

vorderhand kaum lösbares Problem bietet nur die in der Präkrtacan¬

drikä aufgeführte Präkrit-Strophe^^, die nach Öesakrsna ebenfalls zur

Gunapatäkä gehört. Präkrit-Verse sind in Sanskrit-Werken vom Typ

eines Lehrbuchs (sästra) ja durchaus nicht üblich; denkbar wäre des¬

halb, daß diese Strophe dort falsch zitiert ist und gar nicht der Guna¬

patäkä, sondern einem anderen Werke ähnlichen Namens, vielleicht

dem schon genannten Schauspiel Gunamälä, das Abhinavagupta

gekannt hat, entstammt.

ä2 Siehe Gode, pg. 240:

samsäro kämäo hämo nivvähat yuvairaanäo /

jom tammi tena särarn blianiam bahujäguräna phvdarn jj

(8)

Ein neues Bindeglied zwischen abendländischer

und indischer Kunst

von Hermann Goetz, Heidelberg

Bisher galt die Gandhära-Kunst, ein ungleichmäßiges Amalgamat

hellenistischer, römischer, indischer und iranischer (parthischer, später

sasanidischer) Stil- und Formelemente, als das Bindeglied zwischen der

abendländischen und der eigentlichen indischen Kunst. Nach und nach

haben sich aber die Anzeichen vermehrt, daß es noch mehr solcher

Querverbindungen geben müsse. In der Skulptur der großen Handels¬

stadt Mathurä (zwischen DeUii und Agra) ist zwar eine starke Infiltration

abendländischer Einfiüsse, aber zugleich eine ebenso vehemente Reaktion

dagegen festzustellen, so daß von einem eigentlichen Misch- oder Über¬

gangsstil nicht die Rede sein kann. Dagegen wiesen ein Teil der Terra¬

kotten von Süratgarh (Bikäner), der Frühgupta-Tempel von Bhitargäon

(südlich Känpur) und zahlreiche tjrpologische und Stilelemente in der

Guptakunst auf ein anderes Vermittlungsgebiet hin, welches der Ver¬

fasser dieser Notiz im Kshatrapa-Reich des westlichen Indiens suchte,

dessen eigene Kunst freilich bisher fast unbekannt war.

Diese ist nun durch die Ausgrabungen zu Devni-Mori bei Sämlaji

Bhiloda Taluk, Sabarkänta Distrikt) in Gujarat endlich identifiziert.

Schon 1936 hatte der Leiter des Erziehungswesens im damaligen Mahä-

räja-Staate Idar, P. A. Inamdar, auf dort gefundene, höchst interessante

frühe Guptastatuen hingewiesen, welche 1952 in das Regierungsmuseum

von Baroda gelangten und von Dr. U. P. Shah, dem Vizedirektor des

Orientalischen Instituts der Universität Baroda, 1960 publiziert wurden.

Schon Dr. Shah sprach die Vermutung aus, daß wir es hier mit einem

bedeutenden Kunstzentrum aus der Kshatrapa-Periode zu tun hätten.

Als zwischen dem Städtchen Sämla ji (mit einem berühmten Wallfahrts¬

tempel des Gottes Krishna = Öyämala) und dem etwas weiter talauf¬

wärts gelegenen Devni-Mori ein großer Staudamm in Angriff genommen

wurde, ersuchte das Archäologische Institut der Universität Baroda die

Regierung um Erlaubnis, auf dem schon als so wichtig erkannten Gelände

Ausgrabungen vornehmen zu dürfen.

Diese, erst von Dr. B. Subba Rao, dann nach dessen Tode von

Dr. R. N. Mehta in Zusammenarbeit mit S. N. Chowdhaby unter¬

nommen, brachten die Reste eines großen Stüpa und buddhistischen

Klosters zutage. Der Stüpa, aus Ziegeln imd Terrakotta erbaut, ähnelt

sehr dem von Mirpur Khäss in Sind, welchen man bisher versuchsweise

Referenzen

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