Eine „unbekannte Völkerschaft"
im ,,Buch der Gesetze der Länder"
Von Anton Schall, Tübingen
In dem aus der Schule des Bardesanes (154—222 n. Chr.) stammenden,
vollständig in syrischer Sprache erhaltenen Dialoge mit dem Titel ?to'!»l.(»
fjDOMJy JLafi^ ,,Buch der Gesetze der Länder^)" ist S. 15, Z. 19 die Rede von den „Gesetzender rqmy"' JLiajo'» }r^'^^'i .
G. Levi della Vida, der den Dialog nach der durch Bemerkungen
Nöldekes bereicherten Neuausgabe von F. Nau^) ins Italienische über¬
trugt), bemerkt S. 41 n. 1 zu diesen ,,Recamiti": Popolazione sco-
nosciuta.
Leider fehlen, wie aus Nöldekes Aufsatz ,,Zum Buch der Gesetze der
Länder" ZDGM 64 (1910) p. 557 zu ersehen ist, in dem bei Eusebius,
Praeparatio evangelica auszugsweise erhaltenen griechischen Texte des
Dialogs die rqmy' JLk^aj3°!> der syrischen Ausgabe und damit die Namens¬
form, die einen wertvollen Anhalt für weitere Erkundigungen bieten
könnte.
Die von Thesaurus Syriacus ed. R. Payne Smith in c. 3978 gegebene
Erklärung: rqmy' JLiajs» Racami, Arabes, qui apud Jud. VI, 3 vocantur
benai reqem ^ojpi führt nicht weiter.
In der nabatäischen Epigraphik, für die J. Cantineau ein soweit als
möglich vollständiges Lexikon gab*), kommt Qp"! nach p. 147 dieses
Werks zweimal als Eigenname in Petra vor^). Ebenda wird auf Num.
31,8 verwiesen, wo DpT als Name eines von fünf Midianiterkönigen
belegt ist.
Nach Josephus, Antiquitates Judaicae*) IV 161 ist der Midianiter-
könig 'Pexe(xo<; als Gründer der Stadt Petra zu betrachten, die bis zu des
1) Die Erstausgabe mit engl. Übersetzung: W. Cureton, Spicilegium
Syriacum, London 1855, liegt den folgenden Stellenangaben zugrunde.
2) In Patrologia Syriaca ed. R. Graffin, Pars I Tom. 2, Paris 1907.
3) Bardesane, il dialogo delle leggi dei paesi. Introduzione, traduzione e note a cura di Giorgio Levi della Vida, Roma 1921 (= Scrittori cristiani antichi N. 3).
4) Cantineau, J., Le Nabatöen I Notions g6n6rales, öcriture, grammaire,
Paris 1930; II Choix de textes, lexique, ib. 1932.
5) Nachweis von rqm als n. pr. auch bei Littmann, Semitic Inscriptions,
Section A: Nabataean Inscriptions (Publications of the Princeton Uni¬
versity Archaeol. Expedition to Syria in 1904—5 and 1909 Div. IV),
Leiden 1914, p. XXIa.
6) Ausgabe von B. Niese, Flavii Josephi opera Vol. I, Berlin 1887.
A. Schall, Eine „unbekannte Völkerschaft" 203
Josephus Zeit (i. Text [Ae^po vüv, also Ausgang des ersten nachchristl.
Jahrhunderts) bei den Einheimischen Texe|i.7) heiße. (An anderer SteUe,
Antiq. Jud. IV 82 "ApxT], daneben auch 'Apsxs[i,7). Zum prosthetischen
a vgl. Cantineau I p.47, Z. 7—9).
Diese Tatsachen sind in Pauly-Wissowa-KroU, Real-Encyclopädie der
classischen Altertumswissenschaft, Bd. 19,2 (37. Halbhd.) Sp. 1173 auf-
geführt^). Ein Nachweis des alten einheimischen Namens von Petra über
Josephus und die nabatäische Epigraphik hinaus wird jedoch daselbst
und im Nachtrag zum ArtUcel ,, Petra" in Pauly-Wissowa Suppl. Bd. VII
(1940) Sp. 950—1 nicht erbracht.
Hier ist nun die Stelle im ,,Buch der Gesetze der Länder" anzuführen.
Da es sich bei den folgenden Namen JLo»>o| , jv (S. 15,20) und
(S. 15,22) um arabische oder wenigstens arabisch geführte Gemeinwesen
handelt, ist wohl anzunehmen, daß wir in den } -v>>^< des ,, Buches der
Gesetze der Länder" die Bewohner Petras vor uns haben, dessen alter
Name also noch zur Zeit der Abfassung des Dialogs^) im Anfang des
3. Jhdts. n. Chr. bekannt war.
1) Zu reqem = Petra vgl. auch Dalman, G., Neue Petraforschungen imd
der heilige Felsen von Jerusalem, Leipzig 1912, p. 14, ferner Hommel, Fr.,
Ethnologie und Geographie des Alten Orients (Hdb. der Altertumswiss.
III, 1,1), München 1926, p. 620.
2) Über die Abfassungszeit handelt H. H. Schaeder in seinem Aufsatz
,, Bardesanes v. Edessa in der Überlieferung der griechischen und syrischen Kirche" in Zeitschrift für Kirchengeschichte 51 (1932), p. 21—74, S. 39 u.a.
Neues über Ibn Quzmän
Von Wilhelm Hoenebbach, Bonn
Von Ibn Quzmän, dem 555 H verstorbenen zagal-TUcliter, entdeckte
H. Ritter in der Saflna betitelten Anthologie des 'Ali b. Mubaraksäh (um
850 H), FayzuUah-Hschr. 1609 — das Werk fehlt bei Brockelmann —
eine Anzahl von Liedtexten. Solche Texte, z. T. dieselben, begegneten
ihm dann wieder in der historisch-theoretischen Abhandlung über das
zagal u. a. Vulgärlieder al-'^Ätil al-häll des Hill! in der Umumi-Hschr.
5542. Er exzerpierte das Material imd schickte es mir mit den Kopien
der Umumi-Hschr. zu. Ich verschaffte mir die Münchener Hilli-Hsehr. ,
stellte einen verhältnismäßig sicheren Text her und entwarf die erste
Übersetzung. Nach gemeinsamer Überprüfung liegt nun die Ausbeute —
ca. 50 zagals, z. T. in kleineren Fragmenten — zur Veröffentlichimg im
Oriens bereit.
38 dieser Lieder sind im bisher als einzig betrachteten Diwän des Ibn
Quzmän (Isähat dl-agräd, ed. Nykl 1933) nicht enthalten. Das Unicum
der Isäha bietet von 98 Folien nur 74. Es scheint, daß unsere fraglichen
Lieder nicht auf den fehlenden Folien der Isäba gestanden haben, sondern
einem zweiten Diwän angehören, einem sog. ,, Großen Diwän", den
Hüll zitiert und dessen Existenz bisher übersehen worden war.
Der Inhalt der Lieder (Motive der Beziehung zum Geliebten) ist gewiß
weniger künstlich erdacht als wirklich erlebt. Wie weit einige, in der
Poesie immer wiederkehrende Figuren (muhtasib und mu'addin) als
originell anzusprechen sind, läßt sich schwer entscheiden. Interessante
Parallelen würden aus einem genauen Vergleich der Diwäne des Ibn
Quzmän und des Abü Nuwäs — welcher wörtlich angeführt wird — her-
vorgehn. Ibn Quzmäns Größe liegt für uns in seiner seelischen Spann¬
weite zwischen Frivolität und zarter Empfindung.
Der Kontext aus Hüll führt uns in die Problematik einer lebhaften
Diskussion um unsern Dichtern ein: Ibn Quzmän hat Schule gemacht,
und nach seinem Tode verbindet sich eine ungeschriebene Liste der
zagra^-Gesetze mit seinem Namen. Er selbst richtet sich aber nach keinem
einzigen dieser Gesetze, so daß als die ersten, die gegen die Schulregeln
verstoßen, die Begründer der Gattung selbst erscheinen. Die Epigonen
üben eine verfeinerte zagbMCritik nach handwerklichem Können. Zagal-
Dichten wird zu einem Problem dialektsprachlicher Paragraphen, die im
einzelnen für eine Skizze des hispano-arabischen Dialektes von höchster
Bedeutung sind.
Hüll ist für die Theorie imd Geschichte des zagal ganz besonders er¬
giebig. Als neu erweist sich seine Angabe, der Dichter Ibn (jturla — die