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130 DIE PTA IN DER APOTHEKE | März 2021 | www.diepta.de

PRAXIS

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ie Lunge arbeitet un- bemerkt rund um die Uhr. Sie muss den le- benswichtigen Sauer- stoff aus einem Luftgemisch filtern, das immer mehr mit Abgasen durch- mischt ist. Schon kleine Lungenfunk- tionsverluste werden sofort bemerkt und gehen unweigerlich mit schwer- wiegenden Einbußen der Lebensqua-

lität einher. Trotz eines wachsenden Verständnisses der Grundlagen kön- nen noch nicht alle Lungenerkran- kungen geheilt werden. Gleichwohl ist es sehr gut möglich mit der richti- gen Therapie das Fortschreiten zu verlangsamen und ein großes Stück Lebensqualität wiederherzustellen.

Die Voraussetzung ist, abgesehen von der Wahl des geeigneten Wirk-

stoffs, die richtige Anwendung der jeweiligen Applikationshilfe. Wie bei kaum einer anderen Therapie spielt ein Hilfsmittel so eine große Rolle, wie bei der inhalativen Akutversor- gung und Langzeitanwendung.

Wo muss der Wirkstoff hin? Ab- hängig von der jeweiligen Grunder- krankung werden verschiedene Par- tikelgrößen benötigt. Aufgrund von Einflussfaktoren wie unter anderem der Partikelgeschwindigkeit, der In- halationstechnik und der Geometrie der Atemwege ist es in der Regel nicht möglich ausschließlich die be- nötigte Partikelgröße zu erreichen.

Durch den Einsatz verschiedener Applikatoren kann aber eine be- stimmte Größe priorisiert werden.

Sprays, die vorwiegend eine Teil- chengröße von über dreißig Mikro- meter erzeugen, wirken in Nasen-, Mund- oder Rachenraum. Die Wirk- stoffe von abschwellenden Nasen- sprays, desinfizierenden Rachen- sprays oder neutralisierenden Mundsprays sollen genau dort wir- ken, die Partikelgröße darf also nicht kleiner sein. Je tiefer sie in die Lunge eindringen, desto höher ist das Ri- siko eines Asthmaanfalls oder ande- rer unerwünschter Reaktionen.

Diese Teilchengröße unterliegt dem Ablagerungsmechanismus der Im- paktion. Die großen Partikel sind sehr träge und können dem Luft- strom nicht folgen. Sie setzen sich auf den entsprechenden Schleimhäu- ten ab und entfalten dort ihren Ef- fekt. Ist eine Wirkung in tieferen Ge- bieten der Lunge nötig, sollten die Teilchen eine Durchschnittsgröße

DARREICHUNGSFORMEN

Tief durchatmen!

© AntonioGuillem / iStock / Getty Images Plus

Dosieraerosole, Vernebler und Pulverinhalatoren sind die drei Möglichkeiten

der inhalativen Therapie. Doch um die Compliance hier zu perfektionieren,

wird nicht nur ein langer Atem benötigt.

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | März 2021 | www.diepta.de

zwischen einem und fünf Mikrome- ter aufweisen. So wandern sie mit dem Luftstrom in die Bronchiolen, die Alveolargänge und schließlich in die Alveolen, wo sie sich dann durch die Sedimentation absetzen. Dieser Mechanismus ist im Regelfall der ge- wünschte, wenn Therapien von Asth- ma oder chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen eingeleitet werden. Ist die Partikelgröße unter 0,5 Mikrometer, wandern die Teil- chen zwar bis in die Alveolen, aller- dings kommt es hier durch die Diffu- sion auch zum Übergang ins Blut.

Außerdem benötigt diese Größenka- tegorie länger, um sich abzusetzen.

Falls der Patient zu schnell ausatmet, befinden sich die Teilchen noch in der Schwebe und verlassen die Lunge direkt wieder. Auch wenn sich die Teilchen mit der gewünschten Parti- kelgröße schneller absetzen, sollte bei den meisten Applikatoren nach der Inhalation ein paar Sekunden ge- wartet werden, bis der Patient wieder ausatmen kann.

Wie kommt der Wirkstoff zum Zielort? Für diese inhalative An- wendung stehen grundsätzlich drei Inhalatorarten zur Auswahl. Die Arzneistoffe zur Inhalation liegen in den jeweiligen Inhalatoren in flüssi- ger oder fester Form vor. Die spätere Applikation kann als Dampf, Aerosol oder Pulver erfolgen. Eine Möglich- keit stellen Druckgas-Dosierinhala- toren dar. Der Wirkstoff befindet sich in einem verflüssigten Treibgas, dessen Siedepunkt unterhalb der Raumtemperatur liegt. Norfluran ist ein Beispiel für ein verträgliches Treibmittel. Bei Ventilöffnung wird die Lösung durch Druck herausge- presst und verdampft direkt. Der Wirkstoff ist dann sehr fein verteilt in den winzigen Gaströpfchen ver- teilt. Probleme bestehen hauptsäch- lich in der Synchronisation von Sprühstoß und Einatmung.

Das trifft auch für Autohaler zu.

Zwar kann sich hier der Anwender auf die Einatmung konzentrieren, da der Sprühstoß automatisch ausgelöst wird, trotzdem muss er auf die rich-

tige Inhalation achtgeben. Bei vielen Autohalern besteht auch der Nach- teil, dass entsprechende Zählwerke fehlen. Die Führung von Listen über die Häufigkeit der Anwendung ist bisher die einzige Möglichkeit, um einen genauen Überblick für die zu- künftigen Einsätze zu behalten. Für Kleinkinder und ältere Problempati- enten stehen zur Hilfe sogenannte Spacer zur Verfügung. Diese werden zwischen das Dosieraerosol und den Patienten installiert. Der Wirkstoff kann so in mehreren Atemzügen in- haliert werden und die Synchronisa- tion ist hinfällig. Auf diese Weise verbleibt auch weniger Wirkstoff im Mund- und Rachenraum. Das Ne- benwirkungspotenzial sinkt. Auch der Kältereiz der durch das verdamp- fende Treibmittel entsteht, kann so umgangen werden. Wer trotz des Spacers Probleme mit den Druck- gas-Dosierinhalatoren hat, kann auf Pulverinhalatoren ausweichen. In einer großen Auswahl an verschiede- nen Inhalatormodellen liegt der Wirkstoff in mikronisierter Form vor. Teilweise benötigen die Wirk- stoffe Trägerstoffe, die dann im Ra- chenraum vom Wirkstoff getrennt werden. Bei Austausch der Inhalato-

ren aufgrund von Rabattverträgen sollte streng abgewogen werden, ob der Therapieerfolg weiterhin ge- währleistet ist. Insbesondere bei Langzeitanwendern erhöht sich das Risiko, die Therapie zu gefährden, wenn diese die neuen Applikatoren falsch anwenden. Pharmazeutische Bedenken müssen geltend gemacht werden, wenn der Verdacht besteht, dass der Patient zu Hause nicht mit dem Gerät umgehen kann. Bei den Pulverinhalatoren gibt es sowohl Einmalsysteme als auch wiederver- wendbare Systeme. Gegenüber den Druckgas-Dosierinhalatoren haben Pulverinhalatoren den Vorteil, dass diese keine Synchronisation der Ein- atmung und des Sprühstoßes benöti- gen und keinen Kältereiz auslösen.

Zu beachten ist allerdings der benö- tigte inspiratorische Fluss, also die Atemkraft, die der Patient aufbrin- gen muss. Die hohen technologi- schen Anforderungen an die einge- setzten Pulver führen dazu, dass nicht alle Wirkstoffe in dieser Art In- halator eingesetzt werden können.

Die bisherigen beiden Inhalatorarten haben aber einen großen Vorteil. Sie können ohne große Umstände in den Alltag integriert werden.

Die dritte Gruppe der Inhalatorarten bilden die Vernebler. Ihre Größe und lange Inhalationsdauer aufgrund der geringen Wirkstoffkonzentration führen leider nicht zu einer großen Beliebtheit. Demgegenüber steht aber das resultierende Partikelspekt- rum, das dem der ersten beiden In- halatorarten überlegen ist. Auch bei Kleinkindern und anderen Problem- patienten (zum Beispiel Tieren) bie- ten Vernebler gute Alternativen, da sie ihre Atmung nicht speziell verän- dern müssen. Hier ist besonders die Hygiene zu beachten: Das Mund- stück und der Verneblerkopf sollten nach jeder Anwendung kurz gerei- nigt werden, um einer potenziellen mikrobiologischen Verunreinigung vorzubeugen.  n

Manuel Lüke, Apotheker und PTA-Lehrer für Gefahrstoffkunde BERATUNGSHINWEISE

+Zu allen gängigen Inhala- toren stehen Anwendungs- videos kostenlos auf der Internetseite der Atemweg- liga zur Verfügung.

+Druckgas-Dosierinhalatoren müssen vor der Anwendung geschüttelt werden.

+Beim Austausch von Do- sieraerosol, Autohalern und Pulverinhalatoren können pharmazeutische Bedenken geltend gemacht werden.

+Bedenke Sie: Die inhala- tive Therapie ist auch ohne Austausch der Präparate eine der Therapien mit dem höchsten Risiko für Non-Compliance. Eine aus- führliche Beratung ist hier besonders wichtig.

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