ALP aktuell
Fütterung der frisch abgesetzten Ferkel
Merkblatt für die Praxis
Nr. 42 | 2011
Autor
Andreas Gutzwiller Forschungsanstalt
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Tioleyre 4, Postfach 64
CH-1725 Posieux
andreas.gutzwiller@alp.admin.ch
Olivier Bloch, ALP
Eidgenössisches
Volkswirtschaftsdepartement EVD Forschungsanstalt
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP ALP gehört zur Einheit ALP-Haras
Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse
Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Das abrupte Absetzen der Ferkel, die bis zur vierten Lebenswoche praktisch aus- schliesslich Milch aufgenommen haben, widerspricht dem Grundsatz, dass jeder Futterwechsel schrittweise erfolgen soll, damit sich die Verdauungsorgane anpas- sen können. Frisch abgesetzte Ferkel sind deshalb anfällig auf Darmstörungen. Sie fressen während den ersten Tagen nach dem Absetzen wenig und magern ab, bis sie gelernt haben, Festfutter und Wasser aufzunehmen. Im Anschluss an diese mehrtägige Hungerperiode besteht das Risiko, dass sie zu viel Futter aufnehmen, bevor sich die Verdauungsorgane und die Darmflora an das neue Fütterungsregime angepasst haben. Dies kann zu lebensge- fährlichen Durchfällen führen.
Um Probleme nach dem Absetzen zu vermei- den, werden folgende Massnahmen emp- fohlen:
• Die Ferkel müssen animiert werden, nach dem Absetzen rasch genügend Futter und Flüssigkeit aufzunehmen, in dem während den ersten Tagen das gewohnte Saugferkel- beifutter angeboten wird und genügend Fut- terplätze zur Verfügung stehen. Es hat sich gezeigt, dass die frisch abgesetzten Ferkel Flüssigfutter dem Trockenfutter vorziehen.
• Wenn Durchfälle häufig auftreten, kann ein Diätfutter mit einem reduzierten Pro- tein- und Mineralstoffgehalt, das organische Säuren und geeignete Rohfaserquellen ent- hält, das Problem entschärfen.
• Ferkel müssen einen geheizten Ruheplatz haben, solange sie wenig Futter aufnehmen, da Kältestress die Anfälligkeit auf Durchfälle erhöht.
Impressum Herausgeber:
Forschungsanstalt
Agroscope Liebefeld-Posieux ALP www.agroscope.ch
Redaktion:
Gerhard Mangold, ALP Gestaltung:
RMG Design, Fribourg Druck:
Tanner Druck AG, Langnau im Emmental Copyright:
Nachdruck, auch auszugsweise, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Herausgeberin gestattet.
ISSN 1660-7627
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2. Risiken nach dem Absetzen
Die Verdauungsorgane der Ferkel, die im Alter von einem Monat abgesetzt werden, passen sich im Verlaufe von etwa drei Wochen an die Verdauung des vorwiegend aus pfl anzlichen Futtermitteln bestehenden Festfutters an. Bis diese Anpassungsvorgänge abgeschlossen sind, ist der Verdauungstrakt störungsanfällig, wodurch die Ferkel für Darmerkran- kungen wie Coli-Durchfall anfällig werden.
1. Verdauungsvorgänge vor und nach dem Absetzen
In den ersten Lebenswochen sind die Verdauungsorgane des Ferkels auf die Verdauung der Sauenmilch eingestellt. Unter natürlichen Haltungsbedingungen steigt die Aufnahme an Festfutter ab dem zweiten Lebensmonat kontinuierlich an, bis das Schwein im Alter von vier Monaten ausschliesslich Festfutter aufnimmt. Die Verdauungsorgane passen sich unter diesen natürlichen Bedingungen langsam an den Futterwechsel an.
Verdauungsvorgänge beim Saugferkel und beim Mastschwein
Saugferkel Mastschwein
Magen Ansäuerung hauptsächlich durch Milchsäure (gebildet durch Milchzucker spaltende Laktobakterien)
Ansäuerung hauptsächlich durch Salzsäure (von der Magenschleimhaut gebildet)
Dünndarm Verdauung von
- Milchprotein - Milchfett
- Milchzucker (Milchzucker spaltendes Enzym in der Dünndarmschleimhaut gebildet)
Verdauung von - Futterprotein - Futterfett
- Stärke (stärkespaltendes Enzym in der Bauchspeicheldrüse gebildet) Dickdarm wenig entwickelt, da die Nährstoffe aus
Sauenmilch im Dünndarm fast vollständig verdaut werden
Abbau von im Dünndarm nicht verdauten Nährstoffen (vor allem Rohfaser) durch Bakterien zu fl üchtigen Fettsäuren;
Absorption von Wasser, Natrium (Na), Chlorid (Cl), Kalium (K)
Olivier Bloch, ALP
Verdauungstrakt eines kürzlich abgesetzten Ferkels sowie eines Mastschweins (Magen, Dünn- und Dickdarm getrennt). Der Dickdarm des Ferkels ist noch wenig entwickelt und ist deshalb nicht in der Lage, Wasser und Elektrolyte effi zient zu absorbieren. Ferkel verlieren deshalb bei Durchfallerkrankungen mehr Flüssigkeit über den Kot als ältere Schweine.
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Fütterung der frisch abgesetzten Ferkel
Olivier Bloch, ALP
Andreas Gutzwiller, ALP
Ein gut isolierter, geheizter Liegeplatz ist für frisch abgesetzte Ferkel unab- dingbar. Kältestress macht Ferkel anfällig für Durchfallerkrankungen. Der Wärmebedarf steigt von rund 20°C unmittelbar vor dem Absetzen auf über 25°C unmittelbar nach dem Absetzen, bis die Ferkel genügend Futter auf- nehmen.
Eine aus Wasser, Traubenzucker und Elektrolyten bestehende Tränke schützt an Durchfall erkrankte Ferkel vor der Austrocknung; sie kann in schweren Fällen jedoch eine Antibiotika-Therapie nicht ersetzen. Traubenzucker-Elek- trolytmischungen sind im Handel erhältlich oder werden selbst hergestellt.
Abbildung 1. Energieaufnahme von fünf Wochen alten 10 kg schweren Ferkeln unmittelbar vor sowie in den ersten drei Tagen nach dem Abset- zen (ALP-Daten). Am Absetztag wurde praktisch kein Futter gefressen, am zweiten und dritten Tag deckte die Futteraufnahme lediglich etwa den Er- haltungsbedarf von knapp 3 MJ VES. Bei früher abgesetzten Ferkeln ist der Einbruch in der Energieversorgung noch ausgeprägter. Zur Deckung ihres Erhaltungsbedarfes müssen abgesetzte Ferkel täglich rund 20 g Festfutter pro kg Körpergewicht aufnehmen.
Risiko 1
Die Ferkel machen eine mehrtägige Hungerperiode durch, bis sie gelernt haben, den Futtertrog und den Wassernip- pel aufzusuchen und Hunger und Durst zu löschen (Abbil- dung 1). Während dieser Hungerperiode wird Körperfett verbraucht, und der Wärmebedarf der Ferkel ist erhöht.
Risiko 2
Die ungenügende Durchsäuerung des Mageninhaltes in- folge unzureichender Salzsäurebildung führt dazu, dass über das Maul aufgenommene Bakterien im Magen nicht abgetötet werden und den Dünndarm besiedeln können.
Risiko 3
Die im Futter vorhandene Stärke wird unvollständig ver- daut, weil die Bauchspeicheldrüse zu wenig stärkespalten- des Enzym bildet. Im Darminnern verbleibende Stärke för- dert die Vermehrung von Bakterien im normalerweise bakterienarmen Dünndarm.
Risiko 4
Im wenig entwickelten Dickdarm können Wasser und die sogenannten Elektrolyte Natrium (Na), Chlorid (Cl) und Kalium (K) nicht effi zient absorbiert werden. Wenn bei Coli-Durchfall grosse Mengen an Wasser und Elektrolyten aus dem Körper in den Dünndarm abgesondert werden, verliert das Ferkel mehr Wasser und Elektrolyte über den Kot als ein älteres Tier mit einem gut funktionierenden Dickdarm.
Bei Kältestress steigt die Anfälligkeit der Ferkel für Durch- fallerkrankungen stark an. Bei Unterernährung verküm- mert die Dünndarmschleimhaut vorübergehend. Bis zu ihrer Regeneration werden die Nährstoffe im Dünndarm unvollständig absorbiert. Im Darminnern verbleibende Nährstoffe fördern die Vermehrung von Durchfall verursa- chenden Bakterien wie Escherichia coli (= E. coli).
Einfaches Rezept: 5 g Salz (Kochsalz oder Viehsalz) + 50 g Traubenzucker (= Glukose = Dextrose) pro Liter Wasser.
Ausgefeiltes Rezept: 3.5 g Salz + 2.5 g Natriumbikarbonat + 1.5 g Kaliumchlorid + 20 g Traubenzucker pro Liter Wasser.
7
5
6 Saugferkel
abgesetzte Ferkel
4 5
VES
2 3
MJ V
0 1 0
Tag -1 Tag 1 Tag 2 Tag 3
T b h d Ab t
Tage vor bzw. nach dem Absetzen
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Bestellung Bibliothek ALP-Haras Tioleyre 4, Postfach 64 CH-1725 Posieux
Telefon: +41 (0)26 407 71 11 Fax: +41 (0)26 407 73 00 info@alp.admin.ch
Ab 100 Expl. pro Nummer kosten 50 Stück CHF 20.–
Frühere Nummern siehe www.agroscope.ch –>
Publikationen –> Zeitschriften Ziel 1
Ferkel beginnen nach dem Absetzen sofort zu fressen Ab der zweiten Lebenswoche erhalten die Saugferkel ein Ferkelbeifutter, das häufi g in kleinen Mengen am Boden oder in grossen Behältern vorgelegt wird, damit die Ferkel im Gruppenverband das Futter erkunden und fressen können.
Nach dem Absetzen wird während einigen Tagen weiter- hin das gewohnte Festfutter angeboten. Die Ferkel begin- nen nach dem Absetzen rascher, genügend Futter aufzu- nehmen, wenn dieses mit Wasser oder noch besser Kuhmilch (Fotos) ) vermischt wird. Weil Flüssigfutter rasch verdirbt, muss die Flüssigfütterungsanlage besonders sorgfältig gereinigt werden.
Die Tränkevorrichtungen müssen für die Ferkel leicht zu bedienen sein, damit diese genügend Wasser und genü- gend Festfutter aufnehmen. Die Schweizer Tierschutzver- ordnung schreibt bei Trockenfütterung mindestens eine Tränkevorrichtung pro 12 Ferkel, bei Flüssigfütterung min- destens eine pro 24 Ferkel vor.
Ziel 2
Futter wird im Magen angesäuert
Ein mit organischen Säuren ergänztes Ferkelfutter mit einem tiefen Protein-, Kalzium- und Phosphorgehalt erleichtert die Durchsäuerung im Magen (geringe Puffer-
Andreas Gutzwiller, ALP
Frisch abgesetzte Ferkel, welche an einem Flüssigfutterautomaten mit Kuhmilch gemischtes Festfut- ter erhalten. Ein Versuch an ALP hat gezeigt, dass die Ferkel in der ersten Woche nach dem Abset- zen mehr Futter aufnehmen und rascher wachsen, wenn das Fut- ter mit Milch anstatt mit Wasser angerührt wird.
Ferkelkot enthält oft hohe Mengen an Durchfallerregern. Futtertröge, Trän- ken und Beschäftigungsmaterial müssen deshalb vor Verunreinigung mit Kot geschützt werden.
kapazität). Pro kg Diätfutter für Ferkel bis 12 kg Körperge- wicht wird ein Gehalt an 165 g Rohprotein, 6.5 g Ca und 5 g P (bzw. 3.3 g verdauliches P) empfohlen.
Ziel 3
Ansammlung von unverdauter Stärke im Dünndarm vermeiden
Ferkel, die während der Säugezeit viel Festfutter gefres- sen haben, sind besser auf die Stärkeverdauung vorberei- tet. Ein Diätfutter mit einem erhöhten Rohfasergehalt reguliert die Futteraufnahme und reduziert das Risiko des Überfressens und damit einer zu hohen Menge an Stärke im Darm.
Ziel 4
Entwicklung des Dickdarms mit einer stabilen Dickdarmfl ora fördern
Durch ihren Gehalt an geeigneter Rohfaser (z.B. Rüben- schnitzel, Trester, Weizen- oder Haferkleie, Haferspelzen) und ihren reduzierten Proteingehalt fördern Diätfutter die Entwicklung einer gesundheitsfördernden Darmfl ora, welche die Vermehrung von Durchfallerregern wie E. coli hemmt.