Zahlen und Fakten
Bericht
zur Lage der Bibliotheken
2011
205.000.000
Besuche
10.860.000
Bibliothekskunden
H
aben Sie heute schon die Online-Nachrichten gelesen, eine Studie im Internet gesucht oder auf Ihrem Smart- phone nachgesehen, wie das Wetter wird? Falls ja, sind Sie in bester Gesellschaft. Die neuen Medien sind mittlerweile fester Bestandteil unseres Alltags – und dass die fortschreiten- de Digitalisierung unser Leben rasant verändert, zeigt sich auch in den Bibliotheken. Wo noch vor wenigen Jahren das Buch das vorherrschende Medium war, finden sich heute CDs, DVDs, Internet-Zugänge und Online-Kataloge. Die Arbeitsplätze der Bi- bliothekare verändern sich rapide, die Besucher entdecken vie- lerorts neue Welten.Sie haben gerade den „Bericht zur Lage der Bibliotheken 2011“ aufgeschlagen. In diesem Jahr wollen wir Ihnen darin Fakten insbesondere zu diesem gravierenden Wandel geben.
Sie finden Zahlen zum Angebot digitaler Medien in Öffentlichen Bibliotheken. Wir bieten Ihnen Daten zum Umfang der bereits geleisteten Digitalisierung wertvoller historischer Bibliotheksbe- stände. Ebenso haben wir bei den Empfehlungen der Enquete- kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestags nachgeblättert – und sie der Realität gegenüberge- stellt. Anschließend sollte deutlich werden, warum der Deutsche Bibliotheksverband e. V. (dbv) eine nationale Digitalisierungs- strategie fordert, für die jährlich zehn Millionen Euro nötig sind.
Aber das ist natürlich längst nicht alles, was Ihnen der ak- tuelle Bericht zur Lage der Bibliotheken bietet. Wie bereits im vergangenen Jahr haben wir eine Befragung zur Finanzsituation bei unseren Mitgliedsbibliotheken durchgeführt. Für den aktuel- len Bericht haben wir sie auf die wissenschaftlichen Bibliotheken ausgeweitet. Das Ergebnis ist ernüchternd. Die Haushaltslage ist vielerorts zwar etwas besser als im vergangenen Jahr. Von Entspannung kann aber bei weitem keine Rede sein. In nahezu jeder zweiten Bibliothek werden derzeit Maßnahmen zur Haus- haltskonsolidierung realisiert oder geplant.
Eine Aufstockung der Mittel wäre hingegen bundesweit drin- gend nötig: In Deutschland gibt es laut einer neuen Studie der Universität Hamburg rund 7,5 Millionen funktionale Analphabe- ten. Das sind viel mehr Menschen, als bisher geschätzt wurde. In Baden-Württemberg erbrachte die jüngst erfolgte Einschulungs- untersuchung, dass im Mittel jedes fünfte Kind intensiv geför- dert werden muss. Viele Kinder sprechen beim Wechsel in die Grundschule nicht ausreichend Deutsch. Die „Bildungsrepublik“
braucht Nachhilfe. Die Bibliotheken müssen endlich in die Lage versetzt werden, ihrem Bildungsauftrag auch mit einer angemes- senen Finanzausstattung nachkommen zu können.
Ohne ehrenamtliches Engagement gäbe es vielerorts nicht einmal eine Basis-Bibliotheksversorgung. Ehrenamtliche Mitar- beiter betreiben Bibliotheken in kleinen Kommunen und Kirchen- gemeinden. Sie unterstützen an vielen Orten und in Schulen die Bibliotheksarbeit. Sie engagieren sich als Vorlesepaten oder bie- ten Hausaufgabenbetreuung an. Zehntausende Ehrenamtliche spenden ihre Zeit zum Wohl der Bibliotheksnutzer. Der Deutsche Bibliotheksverband fordert deshalb mehr Wertschätzung für die- se Arbeit. Die Betreuung sowie fachliche Aus- und Weiterbildung muss verbessert werden. Gleichzeitig fordert er mindestens für Gemeinden ab 5.000 Einwohnern den fachlich-hauptamtlichen Betrieb von öffentlichen Bibliotheken. Nur so kann eine flächen- deckende, qualitativ gesicherte und internationalen Standards entsprechende Bibliotheksversorgung realisiert werden.
Der dbv will Bibliotheken zum Thema für die Bildungsrepublik machen. Unterstützen Sie uns dabei!
Monika Ziller dbv-Vorsitzende
Editorial 2
Liebe Leserinnen,
Liebe Leser
Aktive Mitglieder im Vergleich:
in Millionen (nur Personen ab 12 Jahren)
Rückenwind aus der Politik
S
agen Sie, wie halten Sie es mit den Bibliotheken? In leiser Anspielung auf Goethes Gretchenfrage hat der dbv bei verantwortlichen Politikern nachgefragt. Hier ihre Antworten:„Ich halte Bibliotheken für eine öffentliche Pflichtaufgabe, die, wie von der Enquete- Kommission ,Kultur in Deutschland‘ vor- geschlagen, in allen Ländern durch Bib- liotheksgesetze verankert werden muss.
Das wäre ein wichtiger Baustein, um den Zugang zu gut ausgestatteten und finanziell entsprechend abgesicherten Bibliotheken zu schaffen.“
Siegmund Ehrmann, Sprecher der Arbeitsgruppe für Kultur und Me- dien der SPD-Bundestagsfraktion.
„Ein Gesetz ist nicht die Lösung aller Prob- leme – das wissen wir. Aber es hilft enorm, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Bibliotheken klar zu fassen und so zu ver- deutlichen, dass Bibliotheken unersetzbare Bildungseinrichtungen sind. Mit einem Bi- bliotheksgesetz unterstreicht das Land die Bedeutung, die es einer flächendeckenden bibliothekarischen Grundversor- gung auf hohem Niveau beimisst.“
Undine Kurth, Parlamentarische Geschäftsführerin und Mitglied des geschäftsführenden Fraktionsvorstands von Bündnis 90 / Die Grü- nen im Bundestag.
„Durch ein Gesetz wollen wir die Bibliothe- ken in der vorhandenen Bildungslandschaft als gleichberechtigte Partner auf Augenhö- he etablieren. Hierzu bedarf es einer soli- den rechtlichen wie finanziellen Ausstat- tung, um den Bildungsauftrag zu erfüllen und Standards zu definieren. Die Bildungseinrichtung ,Bi- bliothek‘ darf nicht mehr nur eine ideelle Wahrnehmung er- fahren, sondern muss auch gesetzlich verlässlich verankert werden.“
Monika Brunert-Jetter, MdL (CDU) Nordrhein-Westfalen, Präsiden- tin des Verbands der Bibliotheken des Landes Nordrhein-Westfalen (vbnw).
Bibliotheksgesetze 3
Quelle: Deutsche Bibliotheksstatistik, BJ 2010. Der deutsche Fitness- und Wellnessmarkt, Deloitte-Studie 2010, www.deloitte.com/de
8,75 Bibliotheken
6,76 Fußball
4,79 Turnen
7,31 Fitness
10.705
Bibliotheken gibt es in Deutschland320.000
Veranstaltungen finden in Bibliotheken statt680.000
Besuche an jedem Werktag10.860.000
Leser sind registriert205.000.000
Besuche zählen Bibliotheken jährlich364.000.000
Medien in den Bibliotheken474.000.000
Medien werden jährlich entliehenZahlen und Fakten
Quelle: Hessisches Bibliotheksgesetz (HessBiblG) vom 20. September 2010
§ 2 Bildung und Medienkompetenz
( 1 )
Bibliotheken sind als Bildungseinrichtungen Partner für lebensbegleitendes Lernen. Sie sind Orte der Wissenschaft, der Begegnung und der Kommunikation. Sie fördern den Erwerb von Wis- sen und damit gesellschaftliche Integration. Sie wirken ak- tiv an der Weiterentwicklung der Gesellschaft mit. Darüber hinaus unterstützen sie mit ihren Beständen das Angebot anderer Kultureinrichtungen.W
ir befinden uns in einer ernsten finanziellen Schiefla- ge – das war die Kernaussage des Berichts zur Lage der Bibliotheken aus dem Jahr 2010. Hat sich daran in der Zwischenzeit etwas geändert? Auch in diesem Jahr hat der Deutsche Bibliotheksverband seine Mitglieder wieder um eine Einschätzung ihrer finanziellen Situation gebeten. Und das Er- gebnis ist ernüchternd: Trotz des dringenden Handlungsbedarfs hat sich die Situation nur leicht gebessert. Eine Entwarnung kann leider nicht gegeben werden. Gut ist die Lage der Bibliotheken noch lange nicht!Die Datenbasis für die dbv-Befragung hat sich in diesem Jahr verbreitert. Neben den öffentlichen Bibliotheken wurden nämlich auch die wissenschaftlichen befragt. So gab es insgesamt knapp 1000 Antworten – 780 aus öffentlichen und 191 aus wissen- schaftlichen Bibliotheken.
Die Befragung hat ergeben, dass derzeit in
32,7
Prozent der öffentlichen Bibliotheken Haushaltskonsolidierungsmaß-nahmen realisiert werden. Im Vorjahr waren es 34,2 Prozent.
In weiteren 17,6 Prozent sind Maßnahmen geplant. Hier waren es ein Jahr zuvor 24,6 Prozent. Ähnlich sieht es in den wissen- schaftlichen Bibliotheken aus: In ihnen werden zurzeit in
32,4
Prozent der Fälle Maßnahmen realisiert. In 15,4 Prozent sind sie geplant. Zu den Maßnahmen zählt etwa eine Kürzung der Mittel, eine angeordnete Einnahmesteigerung wie eine Gebührenerhö- hung oder ein Sparkonzept. Eine Haushaltssperre betrifft in die- sem Jahr
23,8
Prozent der öffentlichen und21,2
Prozentder wissenschaftlichen Bibliotheken.
Diese Situation wirkt sich auch auf den Personalbereich aus.
In
18,6
Prozent der öffentlichen Bibliotheken gilt eine Wieder- besetzungssperre (in 21,3 Prozent der wissenschaftlichen). Für11,9
Prozent (13,2 Prozent bei wissenschaftlichen) wird der- zeit eine dauerhafte Stellenstreichung realisiert. Und der Perso- naletat wird bei 10,8 Prozent der öffentlichen und 15,8 Prozent der wissenschaftlichen Bibliotheken reduziert.Besonders ernst ist die Lage in Städten mit über 100.000 Einwohnern. Dort sind nach wie vor mehr als zwei Drittel der Bi- bliotheken von Sparmaßnahmen betroffen oder bedroht. Fast in der Hälfte der öffentlichen Bibliotheken (48,4 Prozent) besteht in diesen Städten sogar eine globale Haushaltssperre.
37
Prozentder Häuser mussten Stellen streichen, in weiteren 21 Prozent steht dies an.
Viele kleinere Gemeinden haben hingegen ein ganz anderes Problem. Sie verfügen nicht einmal über eine hauptamtlich gelei- tete Bibliothek (s. Karte S. 5). Internationalen Standards entspre- chen sie damit nicht.
Fazit
Die Situation der Bibliotheken hat sich seit dem vergangenen Jahr nicht weiter verschlechtert. Von einer signifikanten Verbes- serung jedoch kann noch lange nicht gesprochen werden. Wenn sie ihrer Rolle in der Bildungsrepublik Deutschland nachhaltig ge- recht werden sollen, muss ihre finanzielle Ausstattung nach wie vor deutlich verbessert werden.
Finanzlage 4
Gut ist die Lage noch lange nicht
Umfrage des dbv zur Finanzsituation, Stand Mai 2011
Maßnahme zur
Haushaltskonsolidierung
in Prozent
Maßnahmen realisiert
Öffentliche Bibliotheken Wissenschaftliche Bibliotheken Dauerhafte
Stellenstreichungen Reduzierter Medienetat
11,9 13,2
32,7 32,4
28,7
23,9
Finanzlage 5
Bibliothekslage in Deutschland
Quelle: Angaben der Bibliotheken zur Deutschen Bibliotheksstatistik – ohne Gewähr Kartengrundlage: © Lutum+Tappert
Schleswig- Holstein
Mecklenburg- Vorpommern
Berlin
Brandenburg Sachsen-Anhalt
Niedersachsen Bremen
Nordrhein- Westfalen
Hessen
Thüringen Sachsen
Bayern
Baden- Württemberg Saarland
Rheinland-Pfalz
Hamburg
• Gemeinde über 5.000 Einwohner ohne hauptamtlich geleitete Bibliothek
Z
ahlreiche Gemeinden über 5.000 Einwohner verfügen nicht über eine hauptamtlich geleitete Bibliothek. Ehren- amtlich geführte Bibliotheken – häufig in Trägerschaft der Kirchen - sorgen hier im günstigen Fall für eine Grundversorgung.Nach internationalen Standards sollte jedoch in Gemeinden ab 5.000 Einwohnern eine haupt- amtlich geleitete Bibliothek zum Bildungsange- bot für die Bürgerinnen und Bürger gehören.
Bibliotheken im digitalen Zeitalter 6
Das Wissen der Welt auf einen Klick
E
in Buch aus Stuttgart, eines aus Dresden, Noten aus Ham- burg, ein Bild aus Bonn. Um diese Sammlung zusammen- zustellen, muss man künftig nicht mehr quer durchs Land reisen. Eine zentrale Plattform, die zurzeit den Titel „Deutsche Digitale Bibliothek“ (DDB) trägt, wird Zugriff auf das Angebot von rund30.000
Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen in Deutschland bieten. Vom heimischen Computer aus können Nut- zer ab 2012 auf Millionen Medien zugreifen – undzwar weitgehend kostenlos. Bibliotheken, Archive und Museen gehen damit einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung ihres Angebots.
Die Deutsche Digitale Bibliothek steht für eine der größten Umwälzungen in der Geschichte des Buchdrucks. Der Schritt vom Papier zur Datei re- volutioniert die Nutzungsmöglichkeiten der Bib- liotheksbestände. Aus Sicht der Bibliotheken sind insbesondere die Druckwerke aus dem 15. bis 18.
Jahrhundert für die Digitalisierung prädestiniert. Wissenschaftler und interessierte Laien müssen dann bei ihrer Arbeit nicht mehr in den kostbaren Originalen blättern. Sie können sich die Daten auf ihrem PC ansehen. Allerdings ist bislang nur ein kleiner Teil der Bestände tatsächlich digitalisiert (s. Grafik unten).
Der Bund, die Länder und die Kommunen finanzieren die Deutsche Digitale Bibliothek. Für den Aufbau der Infrastruktur hat der Bund
8
Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Für die kommenden fünf Jahre haben Bund, Länder und Kommunen2,6
Millionen Euro jährlich für den Betrieb zugesichert. Aus Sicht des dbv ist es begrüßenswert, dass die Deutsche Digita- le Bibliothek eingerichtet wurde. Allerdings sind weitere Mittel nötig, um bei der Digitalisierung zügiger voranschreiten zu kön- nen. Der Verband geht davon aus, dass für die Zeit von 2012 bis 2016 pro Jahr zusätzlich zu der Projektförderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft ein Betrag von etwa10
Mil-lionen Euro benötigt wird. Damit könnten jährlich weitere 200.000 Titel digitalisiert werden. Dieser Betrag sollte vom Bund aufgebracht werden. Die meisten Parteien im Bundestag haben sich mittler- weile dieser Forderung angeschlossen. Regionale Förderprogramme und Koordinierungsaktivitäten der Länder sind zudem notwendig.
Die Deutsche Digitale Bibliothek ist Teil eines großen europäischen Gesamtprojekts. Die Internet- Plattform Europeana vernetzt Kultur- und Wissen- schaftseinrichtungen international. Gemeinsam machen sie ihre Schätze weltweit zugänglich. Die Europäer haben dabei einen Wettbewerber. Der Internetriese Google ist ebenfalls auf die- sem Gebiet aktiv. In seinem Projekt Google-Books scannt er Bi- bliotheksbestände aus der ganzen Welt ein. Der Internet-Dienst schätzt, dass im Jahr 2010 rund 130 Millionen Buchtitel existier- ten. Der Anteil der eingescannten Bücher betrage derzeit gerade mal
15
Millionen Exemplare. Es gibt also noch viel zu tun.Das gilt auch in Hinsicht auf die so genannten verwaisten Werke. Gemeint ist damit urheberrechtlich geschütztes Materi- al, bei dem die Rechteinhaber nicht ermittelt werden können.
Um diese Werke nutzbar zu machen, sind sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene dringend rechtliche Rahmenbe- dingungen nötig. Die Bibliotheken sprechen sich dafür aus, nach Möglichkeit im Einvernehmen mit den Verlagen eine entspre- chende Urheberrechtsnovellierung zu schaffen.
Die Verlage sind für das große Projekt Digitalisierung auch an anderer Stelle gefragt. Die Deutsche Digitale Bibliothek wahrt na- türlich die Urheberrechte. Deshalb werden derzeit ausschließlich urheberrechtsfreie Werke eingestellt. Für die Veröffentlichung aller anderen urheberrechtlich geschützten Werke im Internet müssen Urheber und Verlage nun einen fairen Preis verhandeln.
Die Bibliotheken wünschen sich darüber hinaus die rasche Ein- bindung der Metadaten von aktuell von Verlagen angebotenen E-Books in die DDB, insbesondere von Werken aus dem wissen- schaftlichen Bereich. Denn die Zukunft des Buchs, die Zukunft ei- ner demokratischen Wissens- und Informationsgesellschaft wird weitgehend von der Digitalisierung geprägt sein.
www.deutsche-digitale-bibliothek.de www.europeana.eu
16. Jahrhundert
17. Jahrhundert
18. Jahrhundert
Quellen: www.vd16.de, www.vd17.de, vd18-proto.bibliothek.uni-halle.de
Digitalisierung der Bestände
deutscher Literatur aus drei Jahrhunderten
110.000
Buchtitel-Bestand22.000
davon digitalisiert40.000
davon digitalisiert600.000
Buchtitel-Bestand30.000
davon digitalisiert270.000
Buchtitel-BestandBibliotheken im digitalen Zeitalter 7
Neue Zeiten – neue Seiten
P
apier hat ausgedient. Heute liest man auf dem Tablet-PC, dem Smartphone oder E-Book-Reader. Ob diese Prophe- zeiung Wirklichkeit wird oder schlichte Übertreibung ist, werden wir schon in wenigen Jahren wissen. Fakt ist aber, dass die Nutzung digitaler Medien rapide zunimmt. Das zeigt etwa der (N)onliner-Atlas, eine jährlich von TNS Infratest durchgeführ- te Studie zur Nutzung des Internets. Die Erhebung für das Jahr 2011 ergibt, dass rund75
Prozent aller Deutschen online sind.Knapp drei Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Anteil der Onli- ner nimmt in allen Altersgruppen zu. In der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen ist er mittlerweile fast flächendeckend – hier liegt er bei
97,3
Prozent. Für die kommenden Generationen wird die tägliche Nutzung digitaler Medien also selbstverständlich sein.Auch die Beliebtheit der E-Books wächst. Nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels aus dem März 2011 wurden hierzulande im vergangenen Jahr bereits zwei Millionen elektronische Bücher verkauft und damit über
21
Millionen Euro umgesetzt.35
Prozent der Verlage haben sie mittlerwei- le im Angebot. Was heißt das für die Bibliotheken? Sie müssen sich auf dieses Medienverhalten einstellen. Menschen, die digi- tale Medien nutzen, erwarten ein entsprechendes Angebot. Sie wollen E-Books ausleihen, in Online-Zeitschriften blättern oder Hörbücher downloaden. Es ist also höchste Zeit, den digitalen Bibliotheksbestand auszubauen.Die DiViBib GmbH in Wiesbaden ist derzeit der einzige Anbie- ter, bei dem öffentliche Bibliotheken ein elektronisches Angebot erwerben können. Das Unternehmen handelt mit den Verlagen Lizenzen für bestimmte Titel aus und bietet diese anschließend den Bibliotheken zur Nutzung an. Derzeit sind circa 21.000 In- halte erhältlich. Etwa 300 von insgesamt rund 8.300 öffentlichen Bibliothekssystemen in Deutschland bieten ihren Kunden die On- line-Ausleihe bereits an. Für mobile Geräte sind inzwischen auch so genannte „Apps“ für die „Onleihe“ verfügbar. Im Jahr 2010 wurden insgesamt mehr als eine Million Online-Ausleihen erzielt, bisher nur ein winziger Bruchteil aller Ausleihen.
Doch den öffentlichen Bibliotheken fehlt oft schlicht das Geld, um dieses Angebot auszubauen. Das ist kein Wunder, denn selbst in kleinen Bibliotheken, die sich in einem Verbund zusam- menschließen, fallen immer noch Kosten für die Erstausstattung von mindestens 4.600 Euro an. Zusätzlich sind in Verbünden zur Qualitätssicherung Mindestabnahmen erforderlich, um die not- wendige Titelbreite zu sichern. Das ist für sie in der Regel kaum erschwinglich. Denn das digitale Angebot muss zusätzlich zum
„realen“ bereitgestellt werden. Hinzu kommt, dass noch nicht alle Verlage bereit sind, über eine Bibliothekslizenz für ihre An- gebote zu verhandeln. Viele Werke, oft attraktive Bestseller, sind dann nicht für die Online-Ausleihe verfügbar. In dieser Situation könnten die öffentlichen Bibliotheken auch politischen Rücken- wind gebrauchen.
Die wissenschaftlichen Bibliotheken gehen mit großen Schrit- ten voran. Zwischen 40 und 80 Prozent ihrer Mittel für Medienbe- schaffung geben sie für elektronische Medien aus. Wenn es ih- nen die Öffentlichen gleichtun sollen, wenn sie ihren Kunden ein adäquates Angebot machen sollen, müssen sie jetzt finanziell in die Lage versetzt werden, die nötigen Investitionen zu tätigen.
www.nonliner-atlas.de
•
81
Prozent der unter 30-Jährigen würden E-Books kaufen.Quelle: Bitkom Webmonitor, März 2011
• Der Onliner-Anteil nimmt in allen Altersgruppen zu. Am größten ist der Zuwachs bei den über
50
-Jährigen.Quelle: (N)onliner-Atlas 2011
• Schüler machen die größte Gruppe der Internet-Nutzer aus.
97,7
Prozent von ihnen sind online.Quelle: (N)onliner-Atlas 2011
Wie digitale Ausleihe funktioniert
Bibliotheken können Titel, die sie ihren Nutzern anbie- ten wollen, aus einer Datenbank auswählen. Diese stel- len sie anschließend zum Download auf ihrer Webseite bereit. Möchte ein Bibliothekskunde einen Titel lesen, meldet er sich mit seinem Bibliotheksausweis und einem Passwort an. An- schließend kann er die Datei auf den eigenen PC oder ein mobiles Gerät herunterladen. Durch den Einsatz eines so genannten digi- talen Rechtemanagements erhält die Datei ein „Verfallsdatum“.
Sie kann nach dem Download also nur für einen bestimmten Zeit- raum genutzt werden. Mahngebühren fallen also nicht mehr an.
Treffpunkt Bibliothek 8
Treffpunkt Bibliothek
D
as Rascheln der Seiten beim Umblättern, der Geruch al- ter Bücher, die Suche in meterlangen Regalen – all das gehört nicht mehr zwingend zu einem Leseerlebnis dazu.In Bruchteilen von Sekunden lässt sich heute der Bibliotheksbe- stand in elektronischen Katalogen nachschlagen, überall, zu je- der Tages- und Nachtzeit. Die Dateien strömen in den PC, ohne dass der Leser auch nur einen Fuß vor die Tür setzen muss. Hun- derte Buchtitel finden auf dem Speicher eines E-Book-Readers Platz. Die Digitalisierung verändert den Umgang mit Literatur un- ausweichlich. Wer einst mit prall gefüllten Taschen die Bibliothek verließ, tätigt heute oft nur noch ein paar Mausklicks. Und was heißt das für die Bibliotheken selbst? Sind sie bald verlassene Orte, werden sie zu Museen einer vergangenen Lesekultur?
Ganz im Gegenteil! Die Bibliotheken erleben derzeit trotz der zahlreichen digitalen Möglichkeiten ihrer Nutzer eine regelrechte Renaissance. In ihnen treffen sich Lernende zu Arbeitsgruppen.
Hier können sie konzentriert arbeiten, ohne isoliert zu sein. Die Mitglieder von Schreibclubs diskutieren ihre Werke. Schüler kommen in Klassen, um „sprechstark“ zu werden. Ausstellungen, Vorträge und Wettbewerbe laden zu Diskussionen und kostenlo- ser Teilhabe an Kultur ein – und das Know-how der Bibliotheks- mitarbeiter/innen kann keine Suchmaschine ersetzen.
Auch der große Bestand an Titeln und die einzigartige Atmo- sphäre sind Argumente, die Leser nach wie vor von einem Besuch des Ortes Bibliothek überzeugen. Hinzu kommt die moderne Ar- chitektur vieler Bibliotheken. Das zeigen die Beispiele Chemnitz, Mülheim/Ruhr, Augsburg. Eine Erhebung der Besucherzahlen in diesen drei Städten zeigt eindrucksvoll, wie sich ein Bibliotheks- neubau auf die Besucherzahlen auswirkt. In Chemnitz etwa pen- delten diese jahrelang rund um die 400.000. Im Jahr 2004 wurde der Neubau eröffnet. Daraufhin gab es einen regelrechten Boom:
Die Zahlen stiegen in den folgenden Jahren auf über 700.000 an.
Der Neubau in Mülheim/Ruhr wurde 2009 eröffnet. Ein Jahr spä- ter kamen statt 239.000 Besuchern 315.000. Augsburg toppte sogar diesen Anstieg. Nach der Eröffnung des neuen Bibliotheks- baus im Jahr 2009 stiegen die Besucherzahlen von 290.000 auf 526.000 im Jahr 2010 an.
Shoppen und lesen
Für einen Besuch in einer Bibliothek spricht oft auch die Lage.
Neubauten entstehen – wenn möglich – dort, wo sie für ihre Nutzer gut erreichbar sind. Mitunter heißt das sogar, dass in Einkaufszentren Platz für sie ist. In Berlin beispielsweise gibt es Filialen im Steglitzer Shopping-Center „Das Schloss“ oder den
„Neukölln-Arcaden“. Die moderne Archi- tektur ermöglicht auch den Bibliotheken ansprechende Räumlichkeiten. So haben die Nutzer auch in einem kommerziellen Umfeld einen Ort zum Wohlfühlen.
Auswirkungen eines Neubaus
auf die Besucherzahlen von Bibliotheken
Quelle: www.bibliotheksstatistik.de, Stand: 08.07.2011 Chemnitz StB
Augsburg StB Mülheim/Ruhr StB
00 02 04 06 08 2010 800.000
600.000
400.000
200.000
526.432 315.755 726.912
Neubau
Neubau Neubau
Bibliotheksdienste für bildungsbenachteiligte Kinder und Jugendliche 9
Fürs Leben lesen
D
ie Buchstaben an der Tafel sehen noch etwas krakelig aus, aber schon viel besser als wenige Wochen zuvor.Markus macht große Fortschritte beim Schreiben. Auch mit dem Lesen tut er sich schon nicht mehr ganz so schwer.
Schon bald wird er zusammen- hängende Texte verstehen.
Markus ist kein Grundschüler.
Er hat die Schule längst verlas- sen, ist ein erwachsener Mann.
Dass er dennoch nicht richtig lesen und schreiben kann, ist aber kein Einzelfall in Deutsch- land. Wie eine Studie der Uni- versität Hamburg Anfang 2011 festgestellt hat, gibt es rund 7,5 Millionen funktionale Analpha- beten in Deutschland – das sind viel mehr, als bisher gedacht.
Im Sommer 2008 verließen deutschlandweit etwa 65.000 junge
Menschen die allgemein bildenden Schulen ohne einen Haupt- schulabschluss. Etwa
20
Prozent aller Jugendlichen können den Übergang von der Schule ins Erwerbsleben nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten bewältigen. Jedes 4. Kind wächst mit mindestens einer Risikolage auf, die seine Bildungsentwick- lung erheblich beeinträchtigen kann. Das ist beispielsweise eine schwierige finanzielle Situation der Familie, ein Migrationshinter- grund oder Arbeitslosigkeit der Eltern. Vielen Kindern fehlt es im Elternhaus an Förderung, Anregung und Zuwendung. Die Ursa- chen für Analphabetismus bei Erwachsenen sind vielfältig: eine Herausforderung für öffentliche Institutionen. Die Bibliotheken sind dabei ein wesentlicher Akteur. Sie müssen einen stärkeren Beitrag für die Integration von Bildungsbenachteiligten leisten.Lesen ist die elementare Grundvoraussetzung für Bildung.
Lesefähigkeit ist eine Schlüsselkompetenz für den Austausch mit anderen, für die Teilhabe an unserer Gesellschaft und für die Nutzung von Medien. Damit sich bei jungen Menschen Begeiste- rung fürs Lesen und für Kultur entwickeln kann, ist freier Zugang zu Büchern und anderen Medien notwendig. Bibliotheken stellen ein breites und kostengünstiges Angebot sicher. Der Zugang ist niedrigschwellig und wohnortnah. So leisten Bibliotheken einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Lesekompetenz.
Das Angebot der Bibliotheken ist ein unverzichtbarer Beitrag für die Bildungslandschaft in Deutschland. Die Forderung nach Verbesserung des Bibliotheksnetzes und der Ausstattungsstan- dards gewinnt im Kontext der Förderung von Lesefähigkeit be- sondere Bedeutung. Öffentliche Bibliotheken setzen nämlich bei den Jüngsten an. Wie die Erhebung „Lernorte oder Kulturtempel“
(St. Augustin: ARCult Media, 2010) zeigt, erreichen sie mit ihren kulturellen Bildungsangeboten heute 9 Prozent der unter 6-jäh- rigen Kinder sowie
29
Prozent der Kinder im Grundschulalter.Das ist – gemeinsam mit Theatern – die größte Reichweite in diesem Alterssegment. Keine andere
Kultureinrichtung richtet so viele Bildungsformate auf Grundschul-
klassen (43,1 Prozent), Kita- gruppen (22,3 Prozent) und Vor- schulkinder (26,1 Prozent) aus.
Bundesweit nutzen 34 Prozent der 6- bis 15-jährigen Kinder und Jugendlichen mit Migrati- onshintergrund Öffentliche Bib- liotheken (Von Kult bis Kultur.
Von Lebenswelt bis Lebensart.
Düsseldorf, 2010).
Dabei sind es keineswegs nur Migranten, die sich mit der deutschen Sprache schwertun.
58
Prozent der Analphabeten sprechen Deutsch als Mutter- sprache, zeigt die Hamburger Studie. Viele Analphabeten haben sogar einen Schulabschluss. Doch wer nicht liest und schreibt, verlernt die Sprache auch wieder.Die Leo-Studie
Der so genannte Level-One Survey (leo) der Uni Hamburg kam zu dem Ergebnis, dass etwa
2,3
Millionen Menschen in Deutsch- land beim Lesen zwar einzelne Wörter verstehen, nicht jedoch vollständige Sätze. Deutlich höher als bislang vermutet ist die Zahl der funktionalen Analphabeten: etwa7,5
Millionen Men- schen beziehungsweise14
Prozent der erwerbsfähigen Deut- schen. Sie können zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben. Sie sind aber nicht in der Lage, zusammenhängende, auch kürzere Texte zu verstehen. Fehlerhaftes Schreiben auch bei gebräuch- lichen Worten betrifft laut der Studie rund21
Millionen Men- schen in Deutschland.Mit der Studie liegen erstmals belastbare und differenzierte Da- ten zur Literalität vor. Das ist die Fähigkeit, mit Schrift lesend und schreibend umzugehen. Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit
1,3
Millio-nen Euro gefördert.
www.bibliotheksportal.de/themen/bibliothek-und-bildung/
alphabetisierung.html
Medien- und Informationskompetenz 10
Kompetent mit Informationen umgehen
Einführungsveranstaltungen in die Bibliotheks- und Mediennut- zung einschließlich des Internets durchgeführt.
Dieser Bedarf wird weiter steigen. Die Bibliotheken müssen deshalb zum einen finanziell in die Lage versetzt werden, Men- schen aus allen sozialen Schichten und aus allen Altersgruppen lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Zum anderen müssen drin- gend die politischen Rahmenbedingungen im Bund, in den Län- dern und in den Kommunen angepasst werden. Ein bundesweiter Gipfel für Medien- und Informationskompetenz etwa könnte die nötige Sensibilisierung in der Gesellschaft schaffen. In vielen Ländern fehlen noch immer entsprechende Bibliotheksgesetze.
In den Kommunen muss unter anderem die Zusammenarbeit mit Kindergärten und Schulen ausgebaut werden.
Die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“
des Deutschen Bundestags erarbeitet derzeit politische Hand- lungsempfehlungen, die der „Verbesserung der Rahmenbedin- gungen der Informationsgesellschaft in Deutschland dienen.“ In ihrem Zwischenbericht wird die Arbeit der Hochschulbibliothe- ken explizit erwähnt, ebenso die Rolle der Bibliotheken bei der Vermittlung von Medienkompetenz an Eltern. Die Kommission empfiehlt auch die Aufnahme der Medienpädagogik in die außer- schulische Bildungsarbeit etwa in Bibliotheken. Diese begrüßen die Empfehlungen ausdrücklich. Denn erst der kompetente Um- gang mit Information ermöglicht echte Teilhabe an der digitalen Gesellschaft. Er ist überdies ein wichtiger Standortfaktor für die
„Bildungsrepublik“ und den Forschungsstandort Deutschland.
www.informationskompetenz.de
1
28.957 Treffer in 0,045 Sekunden – mit solchen Ergeb- nissen können Internet-Suchmaschinen ihre Nutzer zur Verzweiflung treiben. Wer sucht, der findet im world wide web zwar Vieles, nicht immer aber die gewünschte Infor- mation. In der digitalen Gesellschaft stehen Wissens-Sucher vor besonderen Herausforderungen. Studierende etwa müssen sich schnell und verlässlich in die Grundlagenliteratur zu einem neuen Thema einarbeiten, sie benötigen Branchenberichte oder Bilanzdaten. Damit sie sich im digitalen Informationsdschungel zurechtfinden, zeigen ihnen Bibliothekare effektive und effiziente Zugänge zu Wissensquellen. Sie erklären Studierenden, wie sie richtig zitieren und was ein Plagiat ist.In wissenschaftlichen Bibliotheken wurden im Jahr 2010 zum Beispiel 48.905 Schulungsstunden erteilt. 486.470 Studieren- de, Schüler, Tutoren oder Doktoranden nahmen daran teil. In Baden-Württemberg etwa hatten
38,3
Prozent der Angebote Suchstrategien und Suchtechniken zum Inhalt.15,7
Prozentder Schulungsangebote widmeten sich speziell der Internet-Re- cherche.
Dennoch können die Bibliotheken dem Bedarf nur bedingt gerecht werden. Im Jahr 2010 reichten ihre Kapazitäten lediglich, um etwa die Hälfte der 442.000 Studienanfänger im gleichen Jahr mit einem einführenden Schulungsangebot zu versorgen. In- dividuelle Angebote für Wissenschaftler, eine systematische Un- terstützung des Übergangs von der Schule zur Hochschule oder die Entwicklung von E-Learning-Angeboten sind aufgrund man- gelnder personeller Kapazitäten häufig nicht zu realisieren. Eine stabile Einbindung der Vermittlung von Informationskompetenz in die Curricula, die Berücksichtigung dieser Aufgaben bei der Personalausstattung sowie die didaktische Weiterqualifizierung der Bibliothekare sind deshalb dringend nötig.
Die Vermittlung von Medien- und Informationskompetenz ist aber nicht nur eine Kernaufgabe wissenschaftlicher Bibliotheken.
Auch die Mitarbeiter der Bibliotheken in kommunaler oder kirch- licher Trägerschaft helfen ihren Besuchern, Literatur in Online- Katalogen oder Datenbanken zu finden. Sie zeigen, wie man das Internet sicher nutzt oder das Urheberrecht wahrt. In den öffent- lichen Bibliotheken wurden deshalb im Jahr 2010 rund 100.000
Wiss. Bibliotheken: Schulungsstunden
Öffentl. Bibliotheken: Einführungen in die Bibliotheksbenutzung
48.905 98.558
Deutsche Bibliotheksstatistik 2010
Suchstrategien und Suchtechniken
Internetrecherche
Fernleihe/Dokumentlieferung
Rechtliche, ökonomische und ethische Fragen
Themen der Schulungsangebote zur Informationskompetenz in Baden- Württemberg (Auswahl):
Prozent aller Veranstaltungen
Quelle: Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg
38,30 15,72 12,19
§ 1,06
Ehrenamt und bürgerschaftliches Engagement 11
D
en grünen Daumen von Leni und Uwe Wolf kann die Bru- no-Lösche-Bibliothek in Berlin-Moabit gut gebrauchen.Der 1964 errichtete Bau ist so angelegt, dass er seinen Besuchern kleine Lese-Oasen bietet. Bei schönem Wetter gibt es hier die Gelegenheit, in der Tageszeitung oder einem spannen- den Krimi unter freiem Himmel zu lesen. Dass in diesem Kleinod die efeubewachsene Bergmispel, die Rosen und Anemonen gut gedeihen, ist das Werk von Ehepaar Wolf.
Die beiden Rentner sind schon seit vielen Jahren im Förder- verein der Bibliothek aktiv. „Vor sieben Jahren hatten wir dann die Idee, die kleinen Gärten für unsere Besucher attraktiver zu machen“, sagt Leni Wolf. „Bib-
liotheken sind schließlich Orte, an denen man sich wunderbar aufhalten oder mit Gleichgesinn- ten treffen kann“, fügt Ehemann Uwe hinzu. Und da die beiden ihren privaten Kleingarten zufäl- lig zu der Zeit aufgegeben haben, brachten sie noch ein paar Blu- men mit und kümmerten sich fortan ehrenamtlich um den rund 100 Quadratmeter großen Le- segarten und die restlichen 500 Quadratmeter Grünfläche der Bibliothek.
Leni und Uwe Wolf sind zwei von insgesamt rund 50.000 Men- schen, die den Bibliotheken eh- renamtlich viel von ihrer privaten Zeit widmen. Sie unterstützen die
25.000
hauptamtlich Be- schäftigten an vielen Orten, en- gagieren sich beispielsweise alsVorlesepatinnen und -paten, bieten Hausaugabenbetreuung an.
Mit diesem Engagement wird in vielen kleinen Kommunen und Kirchengemeinden sogar die Basis-Bibliotheksversorgung gesi- chert. Im ländlichen Raum könnte ohne sie vielfach nicht einmal die flächendeckende Literaturversorgung aufrecht erhalten wer- den. In privaten und in wissenschaftlichen Bibliotheken helfen sie, wichtige Sammlungen zu betreiben und kulturelles Erbe zu sichern.
Dieses Know-how schütteln Ehrenamtliche aber nicht ein- fach aus dem Ärmel. In der Regel werden sie vor Beginn ihrer Tätigkeit geschult oder während ihrer Tätigkeit weitergebildet.
Das ist in 97 Prozent der kirchlichen, 84 Prozent der kommu- nalen und 77 Prozent der wissenschaftlichen Bibliotheken der Fall. Der Deutsche Bibliotheksverband fordert deshalb neben der
höheren Wertschätzung für die Arbeit auch die Sicherung der Be- treuung und der fachlichen Aus- und Weiterbildung für die Ehren- amtlichen. Gleichzeitig fordert er mindestens für Gemeinden ab
5.000
Einwohnern den hauptamtlichen Betrieb von öffentli- chen Bibliotheken. Nur so kann eine flächendeckende, qualitativ gesicherte und internationalen Standards entsprechende Biblio- theksversorgung realisiert werden.Leni und Uwe Wolf kommen mehrfach in der Woche in die Bruno-Lösche-Bibliothek. Sie gießen die Pflanzen, beschneiden die Triebe, jäten Unkraut. Ohne ihre Arbeit müssten die Besucher auf eine attraktive Aufenthaltsmöglichkeit verzichten. Ihr Einsatz
und der ihrer ehrenamtlichen Kollegen erhöht die Qualität des Bibliotheksangebots und damit die Zufriedenheit der Besucher.
Das bestätigten in einer Befragung des dbv drei Viertel der kom- munalen Bibliotheken und sogar über 80 Prozent der kirchlichen Bibliotheken, die Ehrenamtliche beschäftigen. Ebenso viele schätzen, dass die engagierten Bürger wichtige Brücken in die Zivilgesellschaft bauen und das Image der Bibliotheken verbes- sern. Zudem helfen sie dabei, den Einfluss auf Entscheider zu stärken. Bibliotheken können auf Ehrenamtliche nicht verzichten.
www.bibliotheksverband.de/dbv/themen/ehrenamt-in-biblio- theken.html
Gemeinsam für Bibliotheken
Leni und Uwe Wolf in „ihrem“ Garten in der Bruno-Lösche-Bibliothek.
Deutscher Bibliotheksverband e.V. (dbv) Bundesgeschäftsstelle
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Redaktion:
Dr. Jan-Pieter Barbian Barbara Schleihagen Dr. Frank Simon-Ritz Ulla Wimmer Monika Ziller
www.bibliotheksverband.de www.bibliotheksportal.de www.treffpunkt-bibliothek.de www.bibliotheksstatistik.de
Umsetzung:
Docwork Orange
Franziska Loh (Gestaltung) Leo Pompinon (Foto) Roland Koch (Text) Druckerei:
Dinges & Frick GmbH