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HUMBOLDT-UNIVERSIT ¨AT ZU BERLIN

Logische Grundlagen des

Mathematikunterrichts

- Seminararbeit -

Humboldt-Universit¨ at zu Berlin

Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakult¨ at 2 Institut f¨ ur Mathematik

Hauptseminar Fachdidaktik Mathematik

Eingereicht von: Andr´e Henning, Sven Pleger Betreuer: Herr StR. R. Giese

Berlin, den 10. M¨arz 2010

(2)
(3)

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung 5

2 Sachanalyse 7

2.1 Logische Grundlagen . . . 7

2.1.1 Die Aussagenlogik . . . 8

2.1.2 Die Pr¨adikatenlogik . . . 10

2.2 Schlussregeln . . . 12

2.3 Logische Hintergr¨unde . . . 13

2.3.1 Der direkte und indirekte Beweis . . . 13

2.3.2 Die notwendige - und hinreichende Bedingung . . . 14

2.3.3 Die ¨Aquivalenzumformung . . . 17 3 Einordnung in den Berliner Rahmenlehrplan 23

4 Thesendiskussion 27

5 Fazit 31

6 Anhang 35

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(5)

Kapitel 1 Einleitung

Diese Seminararbeit ist im Anschluss an einen Vortrag im Hauptseminar zur Fachdidaktik Mathematik des Masterstudiums entstanden.

Am Anfang der Arbeit werden wir die fachlichen Grundlagen f¨ur eine Besch¨afti- gung mit der Logik darlegen. Hierbei ist der Fokus stark auf die Bereiche ge- richtet, die f¨ur die Schulmathematik relevant sind. Bestimmte Zusammenh¨ange werden daher nur kurz betrachtet, da eine tiefergehende Betrachtung den Rah- men dieser Arbeit sehr schnell sprengen w¨urde.

Nachdem die Grundlagen der Logik und des Aussagen- und Pr¨adikatenkalk¨uls erl¨autert wurden, wird der Blick auf, ausgew¨ahlte, f¨ur die Schule relevante Schlussregeln gerichtet. Im Anschluss hieran werden wir die logischen Hinter- gr¨unde der Beweistechniken

”direkter Beweis“ und

”indirekter Beweis“ darle- gen. Außerdem werden wir das Beziehungsgef¨uge zwischen notwendiger - und hinreichender Bedingung beleuchten. Desweiteren die Hintergr¨unde f¨ur ¨Aqui- valenzumformungen darstellen und auf einige typische Sch¨ulerfehler eingehen.

Alle diese Bereiche spielen in der Schulmathematik und dar¨uber hinaus eine wesentliche Rolle.

Beispiele, die auch in der Schulmathematik vorkommen, unterst¨utzen die theo- retischen Darlegungen in jedem Kapitel und k¨onnen zum besseren Verst¨andnis beitragen und Anlass zur Reflektion des Stellenwerts logischer Grundlagen bie- ten.

Im dritten Kapitel werden wir das Gebiet der Logik in den Berliner Rahmen- lehrplan einordnen.

Teil des Vortrags war auch eine Thesendiskussion, deren Ergebnisse im vierten Kapitel zusammengetragen werden.

(6)

Am Ende der Arbeit steht ein Fazit, in dem wir noch einmal Gedanken zur Stellung der Logik in der Schule und der Lehrerausbildung aufgreifen. Dem Leser w¨unschen wir viel Freude bei der Lekt¨ure unserer Arbeit.

(7)

Kapitel 2 Sachanalyse

2.1 Logische Grundlagen

Die Grundlage der Betrachtungen zum Thema Logik ist der Begriff des lo- gischen Kalk¨uls. Wann immer wir einen Beweis f¨uhren oder Aussagen ¨uber logische Zusammenh¨ange machen, bewegen wir uns in einem bestimmten lo- gischen Kalk¨ul. F¨ur uns und die Schule relevant sind hier der Aussagenkalk¨ul und der Pr¨adikatenkalk¨ul.

Was ist also ein logischer Kalk¨ul? Ein logischer Kalk¨ul ist ein formales Regel- system. Es besteht insbesondere aus einem Alphabet von erlaubten Zeichen und Formationsregeln, durch die die Syntax der Sprache des Kalk¨uls definiert wird. Weiterhin gibt es Axiome, die das Grundwissen repr¨asentieren. Einen Wissensfundus, von dessen Wahrheit ausgegangen wird bzw. dessen Wahrheit postuliert wird. Zuletzt gibt es noch die sogenannten Schlussregeln. Hierbei handelt es sich um Ableitungsregeln zur Generierung neuen Wissens aus be- reits vorhandenem Wissen. Dadurch wird es m¨oglich, dass durch mechanisches Ableiten neues Wissen generiert werden kann.

Der n¨achste Begriff der Logik der f¨ur unsere Betrachtungen relevant ist, ist der der Wahrheitswertefunktion. Um Formeln einen Wahrheitswert zuordnen zu k¨onnen, gibt man eine Wahrheitswertefunktion an, die festlegt wie aus den Wahrheitswerten der Einzelaussagen der Wahrheitswert der Gesamtaussage ge- neriert werden kann.

(8)

A B A ∧ B wahr wahr wahr wahr falsch falsch falsch wahr falsch falsch falsch falsch

Tabelle 2.1: Wahrheitswertefunktion

Die Tabelle gibt an, welchen Wahrheitswert die Verkn¨upfung zweier Aussagen A und B unter dem Operator

”∧“ hat.

Weiterhin wichtig, gerade mit Blick auf sp¨atere Betrachtungen zur ¨Aquivalen- zumformung, sind die beiden Begriffe der Erf¨ullbarkeit und Allgemeing¨ultigkeit von Formeln. Diese sind wie folgt definiert:

• Eine Formel ist erf¨ullbar, wenn es eine Belegung ihrer Variablen gibt, sodass die Formel wahr ist.

• Eine Formel ist allgemeing¨ultig, wenn jede Belegung ihrer Variablen dazu f¨uhrt, dass die Formel wahr ist.

• Eine Formel ist unerf¨ullbar, wenn es keine erf¨ullende Belegung ihrer Va- riablen gibt.

• Ist eine Formel allgemeing¨ultig, so ist ihre Negation unerf¨ullbar und um- gekehrt.

Der letzte an dieser Stelle zu kl¨arende Begriff ist der des Junktors. Junktoren sind schlicht logische Operatoren, mit deren Hilfe Aussagen zu neuen Aussagen verkn¨upft werden k¨onnen.

2.1.1 Die Aussagenlogik

Die Aussagenlogik ist eine klassische Logik. Sie ist sehr intuitiv erfassbar, da sie sich an die nat¨urliche Sprache anlehnt. Dies f¨uhrt allerdings manchmal auch zu Problemen und Verwechslungen. So wird das oder in der Umgangssprache oft wie ein entweder-oder verwendet, sodass hier Missverst¨andnisse vorprogram- miert sind.

Als Grundlage der Aussagenlogik gilt der Satz:

Aus Wahrem folgt nur Wahres.

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Beispiele f¨ur Aussagen sind:

• Der Mars ist kein Planet, wenn das Pferd ein Vogel ist.

• Der Mond ist ein Hund.

• Die Sonne ist ein Stern.

• Wenn die Sonne ein Stern ist, ist der Mond ein K¨ase.

Klassisch werden in der Aussagenlogik folgende Junktoren genutzt:

• Bei der Negation wird eine Aussage durch den Junktor

”¬“ zu einer neuen Aussage. Ist die Aussage wahr, so ist ihre Negation falsch und umgekehrt.

• Bei der Konjunktion bzw. Adjunktion werden zwei Aussagen durch das Zeichen

”∧“ bzw.“∨“ zu einer neuen Aussage verkn¨upft. Die entsprechen- den Wahrheitswerte k¨onnen der Tabelle entnommen werden.

• Bei der Implikation werden zwei Aussagen durch das Zeichen

”⇒“ zu einer neuen Aussage verkn¨upft.

• Die ¨Aquivalenz (A⇔B) ist gleichwertig zu (A ⇒B)∧(B ⇐A)

Eine h¨aufig genutzte Aussagefunktion ist die Kontraposition (¬B ⇒ ¬A). Sie ist gleichwertig zur Implikation (A ⇒B). Die Kontraposition ist ein n¨utzliches Hilfsmittel bei Beweisen.

Beispiele:

• Seien m, naus Z, so gilt: 3 - n ∨ 3- m ⇒3 - (m−n) ∨ 3 -(m+n).

• Ist n2 eine gerade Zahl, so ist auch n eine gerade Zahl.

Aussagenlogische Gesetze:

• Das Gesetz vom ausschließenden Dritten (Tertium non datur). Es besagt, dass die Verkn¨upfung A∨ ¬A allgemeing¨ultig ist.

A ¬A A ∨ ¬A

wahr falsch wahr falsch wahr wahr

Tabelle 2.1.1: Gesetz vom ausschließenden Dritten

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• Die Kontradiktion. Diese besagt, dass die Verkn¨upfungA∧¬Aunerf¨ullbar ist.

A ¬A A ∧ ¬A

wahr falsch falsch falsch wahr falsch Tabelle 2.1.2: Kontradiktion Kommentar:

In der Aussagenlogik gilt das Prinzip ex falso quodlibet - aus Falschem folgt Beliebiges. Mit einer einzigen falschen Grundannahme kann man also, zumin- dest prinzipiell, jede beliebige Aussage beweisen.

Der Legende nach war einer der Altmeister der mathematischen Logik, je nach Quelle Russel oder Whitehead, unvorsichtig genug diese Tatsache einem be- freundeten Journalisten gegen¨uber zu erw¨ahnen, woraus sofort die Aufgabe folgte:

”Gut, dann beweis’ doch, dass, wenn 1+1 = 3 ist, du der Papst bist.“

Kurzes Nachdenken, dann der Konter:

”Nun, 1 + 1 = 3. Davon ziehe ich eins ab, also ist 1 = 2 bzw. 2 = 1. Zwei sind also eins, der Papst und ich sind zwei, wir sind eins demnach bin ich der Papst.“

2.1.2 Die Pr¨ adikatenlogik

Die Pr¨adikatenlogik ist ebenfalls eine klassische Logik. Man kann sie als eine Erweiterung der Aussagenlogik betrachten. Neben den Konstrukten der Aussa- genlogik ist es in der Pr¨adikatenlogik m¨oglich Variablen mit Hilfe sogenannter Quantoren zu quantifizieren. Daneben gibt es in der Pr¨adikatenlogik Variablen, Konstanten, n-stellige Funktionen auf Variablen und Konstanten, sowie Pr¨adi- kate (n-stellige Relationen).

Die meisten dieser Konstrukte sollen f¨ur unsere Betrachtung keine Rolle spie- len. Wichtig sind uns die Quantoren

”∀“,

”∃“ und

”∃!“. Quantoren binden in der Pr¨adikatenlogik Variablen. Auch ihnen kann man Wahrheitsfunktionen beziehungsweise Wahrheitsbedingungen zuordnen.

• Die Aussage ∃ x: F(x) ist genau dann wahr, wenn es wenigstens eine Belegung der Variable x gibt, sodass F(x) erf¨ullt ist.

• Die Aussage ∀x: F(x) ist genau dann wahr, wenn f¨ur alle Belegungen der Variable x F(x) erf¨ullt ist.

(11)

Beispiel f¨ur die Formalisierung sprachlicher ¨Außerungen:

• Ein Mann isst Fisch.

– Es gibt jemanden, der Mann ist und Fisch isst.

– Es gibt ein x, f¨ur das gilt: x ist ein Mann und x isst Fisch.

– ∃ x : x ist ein Mann ∧ x isst Fisch.

• Alle M¨anner essen Fisch.

– F¨ur jedes Ding gilt, wenn es ein Mann ist, dann isst es Fisch.

– F¨ur alle x gilt: ist x ein Mann, dann isst x Fisch.

– ∀ x : x ist ein Mann ⇒ x isst Fisch.

Festzuhalten ist, dass sich in der Pr¨adikatenlogik ein großer Bereich an S¨atzen formalisieren und auf seine G¨ultigkeit innerhalb eines gew¨ahlten Axiomsystems

¨uberpr¨ufen l¨asst.

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2.2 Schlussregeln

Die Schlussregeln sind (in gewissem Sinne willk¨urlich) festgelegte Transformati- onsregeln in einem Kalk¨ul. Mit ihrer Hilfe ist es m¨oglich, bestehende Ausdr¨ucke in neue umzuformen, welche aus den bereits bekannten Ausdr¨ucken folgen. Es sind also Regeln der Folgerung.

F¨ur uns interessant sind einige Schlussregeln f¨ur die klassische zweiwertige Lo- gik.

• Modus ponendo ponens (Abtrennungsregel)

– Hierbei handelt es sich um eine Schlussfigur (modus), die durch das Setzen (ponendo) einer Aussage eine andere Aussage setzt (ponens).

Aus der Implikation A⇒B folgt zusammen mit der G¨ultigkeit von A die Aussage B.

A ⇒ B A B

• Modus tollendo tollens (Aufhebungsregel) – Es handelt sich um die

”durch Aufheben aufhebende Schlussweise“.

Diese besagt, dass aus der G¨ultigkeit von ¬B und der Implikation A⇒B auf die Wahrheit von ¬A geschlossen werden kann.

A ⇒ B

¬B

¬A

• Kettenschluss

– Der Kettenschluss ist die Verkn¨upfung mehrerer Implikationen. Gel- ten A ⇒B und B ⇒C, so folgt daraus die G¨ultigkeit von A⇒C.

A ⇒ B B ⇒C A ⇒ C

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2.3 Logische Hintergr¨ unde

2.3.1 Der direkte und indirekte Beweis

Das Beweisen von Aussagen spielt eine zentrale Rolle innerhalb der Mathema- tik. Unter einem Beweis einer Aussage A versteht man eine endliche Kette von Umformungen, die mit Hilfe g¨ultiger Schlussregeln vorgenommen werden und die von wahren oder als wahr angenommenen Aussagen ausgehen und zu der Aussage A f¨uhren. Zu den wichtigsten Beweistechniken geh¨oren der direkte - und der indirekte Beweis.

Beim direkten Beweis gehen wir von einer bereits bewiesenen -, als wahr aner- kannten - oder als wahr angenommenen Voraussetzung aus, die mit Hilfe von g¨ultigen Schlussregeln nach einer endlichen Anzahl von Schritten in die Be- hauptung ¨uberf¨uhrt wird.

Als Beispiel wird der folgende Satz aus der Analysis direkt bewiesen:

Satz: (xn)0 =n·xn−1, n∈N Beweis:

f0(x) = lim

h→0

f(x+h)−f(x)

h = lim

h→0

(x+h)n−xn h

= lim

h→0

xn+n·h·xn−1+h2·R−xn

h = lim

h→0

n·h·xn−1+h2·R h

= lim

h→0 n·xn−1+h·R

=n·xn−1

2 Es gibt aber auch S¨atze, die nur sehr schwer direkt beweisbar sind. Bei die- sen S¨atzen kann u.a. das indirekte Beweisverfahren helfen. Der Ausgangspunkt stellt die ImplikationA ⇒B dar. Die Implikation l¨asst sich aber auch mit Hilfe der Adjunktion und der Negation ausdr¨ucken.

A B A ⇒B ¬A ∨ B ¬B ∧ A

w w w w f

w f f f w

f w w w f

f f w w f

Tabelle 2.3.1: Wahrheitswertetabelle

(14)

Die Implikation ist wahr, wenn die Voraussetzung - und die Behauptung wahr ist. Die Implikation ist aber auch dann wahr, wenn ihre Verneinung falsch ist.

Die Verneinung ¬(A⇒B) ist gleichwertig zu ¬(¬A∨B) und f¨uhrt mit den Regeln von de Morgan zu ¬B∧A.

Genau diese Tatsache nutzen wir beim indirekten Beweisverfahren aus:

Beim Beweis der Behauptung gehen wir von einer Annahme aus, die durch Negation der Behauptung gebildet wird. Aus der Annahme schließen wir mit g¨ultigen Schlussregeln so lange weiter, bis ein Widerspruch zur Voraussetzung oder zur Annahme gefunden ist.

Haben wir einen Widerspruch zu einer Voraussetzung gefunden, so folgt (mit g¨ultigen Schlussregeln) aus der Annahme eine falsche Aussage. Demzufolge muss die Annahme falsch - und damit die Behauptung wahr sein, weil aus et- was Wahrem nichts Falsches folgen darf.

Haben wir einen Widerspruch zu unserer Annahme gefunden, so muss die An- nahme falsch - und die Negation der Annahme wahr sein, sonst w¨urden wir wieder aus einer wahren Aussage eine falsche folgern.

Als Beispiel wird der folgende Satz aus der Zahlentheorie indirekt bewiesen (Euklid, ca. 300 v.Chr.):

Satz: Es existieren unendlich viele Primzahlen.

Beweis:Wir negieren die Behauptung und gehen davon aus, dass nur endlich viele Primzahlen {p1, p2, . . . , pn|n∈N} existieren. Als n¨achstes konstruieren wir die Zahl p∗ wie folgt: p∗ = p1 ·. . .· pn + 1. Die Zahl p∗ hat keinen der Primteiler p1. . . pn, ansonsten m¨usste dieser Primteiler auch die Differenz von p∗ und p1 ·. . .· pn, also 1 teilen. Demzufolge muss die Primfaktorzerlegung von p∗ mindestens eine

”neue“ Primzahl aufweisen. Wir haben also damit die Annahme widerlegt und die Behauptung bewiesen.

2

2.3.2 Die notwendige - und hinreichende Bedingung

Das Beziehungsgef¨uge zwischen notwendiger - und hinreichender Bedingung kann anhand der Implikation erl¨autert werden.

B ist notwendig f¨ur A genau dann, wenn A ⇒ B gilt.

• Das heißt, wenn wir wissen, dass B nicht gilt, so kann auch A nicht gelten.

Dies liegt daran, dass etwas Wahres nichts Falsches implizieren darf.

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A ist hinreichend f¨ur B genau dann, wenn A⇒ B gilt.

• Das heißt, wenn wir wissen, dass A gilt, so muss B gelten. Erneut liegt dies daran, dass aus etwas Wahrem nichts Falsches folgen darf.

A B A ⇒ B

wahr wahr wahr wahr falsch falsch falsch wahr wahr falsch falsch wahr

Tabelle 2.3.2: Wahrheitswertetabelle der Implikation

Als Beispiel betrachten wir den Zusammenhang zwischen Stetigkeit und Diffe- renzierbarkeit. Eine differenzierbare Funktion ist immer auch stetig. Das heißt:

Differenzierbarkeit ⇒ Stetigkeit

Stetigkeit ist also notwendig f¨ur Differenzierbarkeit, w¨ahrend Differenzierbar- keit hinreichend f¨ur Stetigkeit ist.

Eine stetige Funktion ist jedoch nicht immer differenzierbar, das gel¨aufigste Beispiel f¨ur die Schule ist hier die Betragsfunktion. Es gilt also:

Stetigkeit ; Differenzierbarkeit

Differenzierbarkeit ist also nicht notwendig f¨ur Stetigkeit und Stetigkeit nicht hinreichend f¨ur Differenzierbarkeit.

Ein weiteres, in der Schule h¨aufig vorkommendes, Beispiel sind notwendige und hinreichende Bedingungen f¨ur lokale Extrema. Hier finden sich auch in der Lite- ratur immer wieder falsche oder zumindest missverst¨andliche Formulierungen.

Notwendige Bedingung f¨ur lokale Extrema:

Sei f eine einmal differenzierbare Funktion. Dann gilt:

Hat f an der Stelle x ein lokales Extremum, so istf0 an der Stelle x gleich null.

Lokales Extremum (x, f(x)) ⇒ f0(x) = 0

Die Nullstelle der ersten Ableitung ist also notwendig f¨ur das lokale Extremum.

Hinreichende Bedingung f¨ur lokale Extrema:

Sei f eine zweimal differenzierbare Funktion. Dann gilt:

(16)

Istf0 an der Stelle x gleich null und istf00 an der Stelle x ungleich null, so hat f an der Stelle x ein Extremum.

f0(x) = 0 ∧ f00(x)6= 0 ⇒ lokales Extremum bei (x, f(x))

Warum ist f00(x) 6= 0 keine hinreichende Bedingung? Hierf¨ur betrachtet man zum Beispiel die Funktion f : f(x) = x3. Deren erste Ableitung f0(x) = 3x2 und die zweite Ableitung f00(x) = 6x. F¨urx = 1 gilt dann f00(1) = 66= 0. Die Funktion f hat hier jedoch kein lokales Extremum.

Ist die notwendige Bedingung immer in der hinreichenden Bedingung enthal- ten?

Dies ist eine Frage, die in der Veranstaltung zur Didaktik der Mathematik der Sekundarstufe II von einem Studenten gestellt wurde.

Der Stein des Anstoßes waren notwendiges und hinreichendes Kriterium f¨ur lokale Extrema:

• (x, f(x)) ist ein lokales Extremum⇒ f0(x) = 0

– f0(x) = 0 ist notwendig f¨ur ein lokales Extremum

• f0(x) = 0 ∧ f00(x)6= 0 ⇒ (x, f(x)) ist ein lokales Extremum

– f0(x) = 0 ∧ f00(x)6= 0 ist hinreichend f¨ur ein lokales Extremum Nun ist an diesem Beispiel die notwendige Bedingung sogar explizit in der hinreichenden

”enthalten“.

”Enthalten“ ist allerdings ein ziemlich schwammiger Begriff. Unsere Interpretation und die wohl einzig sinnvolle, ist diejenige, die sagt, dass wenn eine Aussage A hinreichend f¨ur eine Aussage B ist, alle f¨ur B notwendigen Aussagen auch notwendig f¨ur A sind. Anders l¨asst sich das umgangssprachliche

”enthalten“ nicht sinnvoll ¨ubersetzen.

In die Sprache der Mathematik ¨ubertragen und verallgemeinert bedeutet die Frage also: Man hat einen Sachverhalt B und eine hinreichende Bedingung A f¨ur diesen (A ⇒ B gilt). Außerdem habe ich f¨ur den Sachverhalt B auch eine notwendige Bedingung C (B⇒ C gilt). Dann soll diese notwendige Bedingung f¨ur C in der f¨ur B hinreichenden Bedingung A

”enthalten“ sein (Gilt dann auch A ⇒C ?).

(17)

Jetzt kann man eine reine Betrachtung der Zusammenh¨ange

”notwendig“ und

”hinreichend“ vornehmen. Es ist alles, was irgendwie (mittelbar oder unmittelbar) aus B folgt,

”notwendig“ f¨ur B. Außerdem ist

”hinreichend“ f¨ur B alles, aus dem B (mittelbar oder unmittelbar) folgt. Damit ist aber alles f¨ur B ”Notwendige“ auch

”notwendig“ f¨ur das f¨ur B

”Hinreichende“, denn aus dem f¨ur B

”Hinreichenden“ l¨asst sich ¨uber den

”Umweg“ B auch alles f¨ur B

”Notwendige“ schließen. Damit kann die Ausgangsfrage mit ja beantwortet werden.

Selbst f¨ur nur zwei Aussagen l¨asst sich eine Hilfskonstruktion finden, die hier nur an Hand eines kurzen Beispiels gezeigt werden soll:

x >1 ⇒ x2 >1 Außerdem gilt:

x2 >1⇔ (x >1∨x <−1) und damit insbesondere:

x2 >1⇒ (x >1∨x <−1)

Damit kann nun wieder der Kettenschluss genutzt werden, denn nun gilt wieder:

x >1 ⇒ x2 >1 ∧ x2 >1⇒ (x >1∨x <−1) Daraus folgt:

x >1 ⇒(x >1∨x <−1)

Abschließend kann man also feststellen, dass tats¨achlich die notwendige immer in der hinreichenden Bedingung enthalten ist.

2.3.3 Die ¨ Aquivalenzumformung

In den bisherigen Kapiteln haben wir uns vorwiegend mit Aussagen besch¨aftigt, die dadurch charakterisiert waren, dass ihnen ein Wahrheitswert in eindeuti- ger weise zugeordnet werden konnte. Die Grundlage dieses Kapitels bildet die Aussageform. Eine Aussageform A(x, y,. . . ) ist ein sprachliches Gebilde, das mindestens eine Variable enth¨alt und nach geeigneter Ersetzung in eine (wahre oder falsche) Aussage ¨ubergeht. Ein Beispiel f¨ur eine Aussageform w¨are:

B(x, y) : x+ 2y=−5

(18)

Die L¨osungen einer Aussageform, also die Belegungen f¨ur die eine Aussageform wahr wird, bezeichnen wir als Erf¨ullungsmenge ¨uber der Grundmenge Gn.

M ={ (x, y,. . . ) ∈ Gn | A(x, y, . . .) } Zur¨uck zu unserem Beispiel:

B(x, y) :x+ 2y=−5, M = { (x, y) ∈ R2 | x+ 2y=−5 }

= {(s,−5−s2 ) | s∈ R }

Zwei AussageformenA(x, y,. . . ) undB(x, y,. . . ) sind, unter der gleichen Grund- menge Gn, genau dann ¨aquivalent, wenn ihre Erf¨ullungsmengen ¨ubereinstim- men. Eine Umformung einer Gleichung bzw. Ungleichung, die die Erf¨ullungs- menge unver¨andert l¨asst, wird als ¨Aquivalenzumformung bezeichnet.

Zu den ¨Aquivalenzumformungen von Gleichungen geh¨oren:

• die Addition eines Terms - und

• die Multiplikation eines Terms, ungleich null, auf beiden Seiten der Glei- chung.

Verallgemeinert bedeutet das:

Die Anwendung einer injektiven Abbildung f auf beide Seiten einer Gleichung ist eine ¨Aquivalenzumformung.

Wir m¨ussen zeigen:

1. Wenn (x, y, . . .) eine L¨osung der Gleichung t =v (wobei t und v Terme sind), dann ist auch (x, y, . . .) eine L¨osung der Gleichung f(t) = f(v).

2. Es gibt keine L¨osungen von f(t) = f(v), die nicht auch L¨osungen von t =v sind.

Beweis:Der erste Punkt folgt aus der Definition einer Funktion. Eine Funkti- on ist eine Zuordnung, bei der jedem Element des Definitionsbereichs eindeutig ein Element des Wertebereichs zugeordnet wird.

Der zweite Punkt folgt aus der Definition der Injektivit¨at. Sind zwei Funkti- onswerte identisch, so sind auch die jeweiligen Urbilder identisch. Die Funktion ist demnach eineindeutig.

2

(19)

Die ¨Aquivalenzumformung ist ein wichtiges Werkzeug um u.a. lineare Glei- chungssysteme zu l¨osen. Die Erfahrung zeigt, dass dabei Sch¨ulern oftmals ein typischer Fehler unterl¨auft, den wir an dieser Stelle einmal aufgreifen wollen.

Ein Sch¨uler beginnt das folgende lineare Gleichungssystem (¨uber R) zu l¨osen:

x−1 = 5y−3z 2x−3y = 5z+ 6 5y+x−1 = 2z

I in III

⇐⇒ 2x−3y = 5z+ 6 5y+ 5y−3z = 2z Abbildung 2.3.1: Gleichungssysteme

Wie kann dieser Fehler dem Sch¨uler bewusst gemacht werden? Wieso ist das eigentlich falsch?

Dieser typische Fehler ist zum Teil

”hausgemacht“. Bei der Behandlung von linearen Gleichunssystemen, bestehend aus 2 Gleichungen mit 2 Unbekannten, in der Sekundarstufe I lernen die Sch¨uler drei wesentliche L¨osungsstrategien:

• das Additionsverfahren,

• das Einsetzungsverfahren und

• das Gleichsetzungsverfahren.

Alle drei Verfahren laufen bei der Bearbeitung ziemlich ¨ahnlich ab. Die Sch¨uler machen aus 2 Gleichungen mit zwei Variablen eine Gleichung mit einer Variable, l¨osen diese und setzen danach die L¨osung in eine der Ausgangsgleichungen ein. Anscheinend setzt sich an diesem Punkt bei den Sch¨ulern der Gedanke fest, dass man mit diesen Verfahren die Gleichungen eines Gleichungssystems reduzieren kann. Das ist jedoch nicht der Fall, denn jede Gleichung f¨ur sich stellt eine Information ¨uber die Beziehung der Variablen zueinander dar. Wird die Anzahl der Gleichungen reduziert verliert man i.A. eine Information und kann das Gleichungssystem, falls es vorher eindeutig l¨osbar war, nicht mehr eindeutig l¨osen.

Wie k¨onnen wir nun den Fehler sichtbar machen?

Die erste M¨oglichkeit besteht darin, die beiden Gleichungssysteme analytisch zu l¨osen und die L¨osungsmengen zu vergleichen.

(20)

x−1 = 5y−3z 2x−3y = 5z+ 6 5y+x−1 = 2z

I in III

⇐⇒ 2x−3y = 5z+ 6 5y+ 5y−3z = 2z L1 = {(1915,−415,−815) } L2 = { (13t4 + 3,t2, t) |t ∈R } Abbildung 2.3.2: Gleichungssysteme und L¨osungsmengen

Die L¨osungsmengen stimmnen nicht ¨uberein. Das bedeutet, dass die Glei- chungssysteme nicht ¨aquivalent zueinander sind und die angewandte Umfor- mung demnach keine ¨Aquivalenzumformung ist.

Eine weitere M¨oglichkeit den Fehler zu entlarven besteht darin, das Problem graphisch (DGS) zu bearbeiten. Beim ersten Gleichungssystem schneiden sich 3 Ebenen in einem Punkt. Das 2. Gleichungssystem besteht aus 2 Ebenen, die sich in einer Geraden schneiden.

Um zu verdeutlichen zu welchen Ergebnissen man kommen kann, wenn man nicht ¨aquivalente Umformungen benutzt, betrachten wir das folgende Beispiel:

1 = x | ·x

x = x2 | −1

x−1 = x2−1

x−1 = (x−1)·(x+ 1) | ÷(x−1)

1 = x+ 1 |x= 1

1 = 2

Abbildung 2.3.3: Beweis f¨ur 1 = 2

Offensichtlich haben wir den lange gesuchten Beweis daf¨ur gefunden, dass 1 = 2 ist. Oder vielleicht doch nicht? Dem aufmerksamen Leser wird vielleicht aufge- fallen sein, dass in der 4. Zeile durch null dividiert wurde.

Ein weiterer typischer Sch¨ulerfehler wird im folgenden Beispiel dargestellt:

√x+y = −2 |2 x+y = 4

Abbildung 2.3.4: Typischer Sch¨ulerfehler I

(21)

Das Quadrieren einer Gleichung (¨uber R) ist keine ¨Aquivalenzumformung, weil die quadratische Funktion ¨uber den Bereich der reellen Zahlen nicht injektiv ist. Zwar sind alle L¨osungen der Ausgangsgleichung auch L¨osungen der ”neuen“ Gleichung, jedoch sind nicht alle L¨osungen der

”neuen“

Gleichung auch L¨osungen der Ausgangsgleichung. Dieses Problem kann man u.a. damit umgehen, dass man den Definitionsbereich auf die positiven - bzw.

negativen reellen Zahlen beschr¨ankt, oder die gefundenen L¨osungen mit Hilfe der Ausgangsgleichung ¨uberpr¨uft.

Zum Abschluss dieses Kapitels wollen wir uns mit dem Wurzelziehen besch¨afti- gen. Wir betrachten dazu folgende Rechnung:

a2+b2 = c2 |√ . . .

√a2+b2 = c

Abbildung 2.3.5: Typischer Sch¨ulerfehler II

Anscheinend besitzt die erste Gleichung mehr L¨osungen als die zweite Glei- chung. Die Wurzelfunktion ist injektiv. Wie kann das sein? Der Fehler in diesem Beispiel ist nicht die Umformung, sondern die Vereinfachung die vorgenommen wurde.

a2+b2 = c2 |√ . . .

√a2+b2 = √ c2

Abbildung 2.3.6: Typischer Sch¨ulerfehler II An dieser Stelle d¨urfen wir nicht √

c2 zu c vereinfachen, weil wir ansonsten die L¨osungsmenge ver¨andern. Besonders deutlich wird dieser Fehler, wenn wir die Graphen dieser Funktionen betrachten. Die Funktion f(c) = c ist eine lineare Funktion durch den Koordinatenursprung. Sie kann positive-, sowie auch negative Werte annehmen. Die Funktion f(c) = √

c2, auch Betragsfunktion genannt, ist achsensymmetrisch und stimmt f¨ur alle positiven reellen Zahlen mit der linearen Funktion f(c) = c ¨uberein. Die Funktionen sind also nicht gleichwertig (¨uberR) und d¨urfen daher nicht durch einander ersetzt werden.

(22)
(23)

Kapitel 3

Einordnung in den Berliner Rahmenlehrplan

Der Bereich Logik wird im Berliner Rahmenlehrplan konkret nicht erw¨ahnt.

Warum sollten wir uns dann mit ihm besch¨aftigen? Das folgende Kapitel stellt den Versuch dar, auf diese Frage eine Antwort zu geben.

Um den Rahmen dieser Seminararbeit nicht zu sprengen beschr¨anken wir uns dabei auf das Beweisen.

Der Mathematikunterricht hat nicht nur die Aufgabe Wissen zu vermitteln, sondern auch den Erwerb der folgenden Kompetenzen zu erm¨oglichen:

• Argumentieren

• Probleme l¨osen

• Modellieren

• Darstellungen verwenden

• Mit symbolischen, formalen und technischen Elementen der Mathematik umgehen

• Kommunizieren

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Mathematisches Argumentieren umfasst dabei das Erkunden von Situationen, das Aufstellen von Vermutungen und das schl¨ussige Begr¨unden von

vermuteten Zusammenh¨angen. In der Sekundarstufe I kommen beim Argumentieren unterschiedliche Grade der Strenge zum Tragen: vom

intuitiven, anschaulichen Begr¨unden bis zum mehrschrittigen Beweisen durch Zur¨uckf¨uhren auf gesicherte Aussagen.1

Die Sch¨uler sollen zudem im Bereich des Argumentierens, mit dem Abschluss ihrer 10-j¨ahrigen Schullaufbahn, folgende prozessbezogene Standards

ausgebildet haben.

Die Sch¨uler:2

• erkunden mathematische Situationen und stellen Vermutungen auf,

• begr¨unden die Plausibilit¨at von Vermutungen oder widerlegen diese durch Angabe von Beispielen oder Gegenbeispielen,

• entwickeln schl¨ussige Argumentationen zur Begr¨undung mathematischer Aussagen,

• hinterfragen Argumentationen und Begr¨undungen kritisch, finden und korrigieren Fehler.

Diese prozessbezogenen Standards sind nicht explizit auf einen Themenbereich der Mathematik (etwa der Logik) ausgerichtet, sondern stellen vielmehr Ar- beitsweisen im Unterricht dar. Der Mathematikunterricht soll demzufolge nicht nur mathematische Inhalte transportieren, sondern die Sch¨uler in die Lage ver- setzen diese kritisch zu pr¨ufen. Um zu kl¨aren ob ein Satz g¨ultig ist oder nicht muss man ihn beweisen. Der Rahmenlehrplan bietet hier einige Hinweise:3

• P6 7/8 Konstruieren und mit ebenen Figuren argumentieren X X beweisen den Satz des Thales

X X beweisen den Satz ¨uber die Winkelsumme im Dreieck

• P1 9/10 Neue Zahlen entdecken

X X X indirekter Beweis der Irrationalit¨at einer Quadratwurzel

• P2 9/10 L¨angen und Fl¨achen bestimmen und berechnen X X erkl¨aren einen Beweis f¨ur den Satz des Pythagoras X X X beweisen den Satz des Pythagoras und seine Umkehrung

1Vgl.: Rahmenlehrplan Mathematik (06/07), Sekundarstufe I, Berlin, S.10

2Vgl.: Rahmenlehrplan Mathematik (06/07), Sekundarstufe I, Berlin, S.20

3Vgl.: Rahmenlehrplan Mathematik (06/07), Sekundarstufe I, Berlin

(25)

• P5 9/10 Mit Winkeln und L¨angen rechnen

X X X beweisen den Sinus- und Kosinussatz in beliebigen Dreiecken

• W2 9/10 Fl¨achens¨atze am rechtwinkligen Dreieck X X X beweisen die Kathetens¨atze und den H¨ohensatz

Als besonders problematisch stellt sich der indirekte Beweis zur Irrationalit¨at einer Quadratwurzel dar. Die Sch¨uler wissen zu diesem Zeitpunkt nicht wie ein indirekter Beweis gef¨uhrt wird, oder warum dieses Beweisverfahren ¨uberhaupt funktioniert. Die theoretische Grundlage daf¨ur wird erst, und ausschließlich, im Profilkurs der 11.Klasse geschaffen. Desweitern behandelt der Profilkurs:4

• den Aufbau eines mathematischen Satzes

• die Begriffe: Voraussetzung, Behauptung, Kehrsatz, All- und Existenz- aussagen, wahre und falsche Aussagen, notwendige und hinreichende Be- dingungen

• das Beweisen eines mathematischen Satzes

• die verschiedenen Formen des direkten Beweises

• den Beweis durch vollst¨andige Induktion

Abschließend ist festzuhalten, dass das Beweisen sowohl in der Sekundarstufe I, als auch in der Sekundarstufe II eine wichtige Rolle spielt. Demnach ist auch die Logik, u.a. als Grundlage der Beweisverfahren, in der Schule nicht zu vernachl¨assigen.

4Vgl.: Rahmenlehrplan Mathematik (06/07), Sekundarstufe II, Berlin, S.8

(26)
(27)

Kapitel 4

Thesendiskussion

Am Ende unseres Vortrags stand eine Thesendiskussion. Es wurden drei The- sen diskutiert. Die Ergebnisse der Diskussion wollen wir hier kurz vorstellen.

These 1:

Die Logik ist eine wichtige Grundlage f¨ur die Mathematik und sollte daher in der Lehrerausbildung eine wichtigere Rolle einnehmen.

Diese These fand breite Zustimmung unter den Studierenden. Ge¨außert wurde insbesondere, dass die Logik zwar in allen Veranstaltungen benutzt wird, je- doch daf¨ur keine Voraussetzungen geschaffen werden. Die Schule leistet hierbei keinen Beitrag, da Logik in diesem Sinne nicht Thema ist. Im Studium dann, wird Wissen ¨uber Logik vorausgesetzt.

Aquivalenzumformungen und indirekte Beweise werden st¨¨ andig benutzt. F¨ur die Studierenden ist oft allerdings weder klar, warum es sich um ¨Aquivalen- zumformungen handelt, noch warum ein Beweis indirekt gef¨uhrt wird und auf welcher Grundlage der Beweis als richtig gewertet wird. Die Struktur wird hier einfach vorausgesetzt, ohne dass Grundlagen geschaffen worden w¨aren.

Ahnlich verh¨¨ alt es sich mit den Begriffen notwendig und hinreichend. Die Be- griffe werden zwar oft schon in der Sekundarstufe II genutzt, k¨onnen aber mangels logischer Grundkenntnisse nicht mit Leben gef¨ullt werden und bleiben daher bestenfalls als auswendig gelernte Struktur h¨angen. In der Universit¨at wiederum wird das Wissen um die Begriffe und ihre Bedeutung ebenfalls vor- ausgesetzt, sodass sich hier ebenfalls kein Verst¨andnis ergibt.

Abschließend kann man festhalten, dass ein Wunsch nach einer Festigung (oder Schaffung) mathematischer Grundlagen am Anfang des Studiums besteht.

(28)

These 2:

Das Beweisen von S¨atzen bringt den Sch¨ulerinnen und Sch¨ulern keine neuen Erkenntnisse und kann daher im Unterricht vernachl¨assigt werden.

Zu dieser These gab es ein leicht geteiltes Echo, es ¨uberwogen jedoch die die These verneinenden Beitr¨age.

F¨ur die These wurde vorgebracht, dass ¨uberlegenswert sei, warum man Bewei- se lehren sollte, wenn die Sch¨uler keine Grundlage daf¨ur haben, einen Beweis selbst zu f¨uhren. Hierzu ist nat¨urlich zu bemerken, dass man diese Grundlagen durchaus legen k¨onnte, wodurch dieses Argument entkr¨aftet w¨urde.

Gegen die These sprach, dass das Erlernen und Trainieren der Beweistechni- ken als solcher bereits einen Erkenntnisgewinn darstelle. Dem k¨onnen wir uns nur anschließen. Auch das

”Gehirnjogging“ beim indirekten Beweis wurde vor- gebracht. Die Sch¨uler werden dadurch dazu gebracht, sich intensiver mit den betrachteten und zu beweisenden Zusammenh¨angen zu besch¨aftigen.

Als letzter wichtiger Punkt wurde von den Studierenden vorgebracht, dass ein Beweis auch immer eine Herleitung sei. Dies gebe den Sch¨ulern die M¨oglichkeit, sich Dinge selbst herzuleiten, anstatt sie stupide auswendig zu lernen. Auch die- sem Argument k¨onnen wir uns nur anschließen.

These 3:

Die umgangssprachliche und intuitive Verwendung logischer Verkn¨upfungen, wie ”oder“ oder

”wenn ..., dann“ f¨uhrt zu Missverst¨andnissen und Schwierig- keiten im Umgang mit den tats¨achlichen logischen Verkn¨upfungen.

Diese These wurde von den Studierenden insbesondere f¨ur

”oder“ und

”entweder- oder“ bejaht. Auch wurde ge¨außert, dass es auch bei Studierenden noch zu Schwierigkeiten in der Formulierung komme. Die Formulierung und Verbali- sierung seien wichtige T¨atigkeiten, die zu einem besseren Verst¨andnis auf der einen Seite und zu einem klareren Umgang mit der Sprache auf der anderen Seite f¨uhren k¨onnten. Bemerkt wurde außerdem, dass die Junktoren - und Quantorensymbole nicht unbedingt verwendet werden m¨ussten, sondern dass stattdessen die entsprechenden Zusammenh¨ange ausformuliert werden k¨onnten.

(29)

Wir sind ebenfalls der Meinung, dass es zu Missverst¨andnissen kommen kann, dass dies jedoch nicht dazu f¨uhren darf, die Betrachtung der logischen

Verkn¨upfungen in den Hintergrund zu dr¨angen, sondern dass stattdessen gerade deshalb die logischen Verkn¨upfungen eine Rolle spielen sollten.

(30)
(31)

Kapitel 5 Fazit

”Logische Grundlagen des Mathematikunterrichts“ sind ein wirklich spannen- des Thema. Diese Aussage erlauben sich die Autoren dieser Seminararbeit an den Anfang dieses Fazits zu stellen.

Das Thema erscheint zun¨achst sehr trocken. Vielleicht ist es das auch. Aber auch trockene Themen der Mathematik haben ihre Berechtigung. Die Logik ist ein Teilbereich der Mathematik der, wie dargelegt wurde, im Mathematik- unterricht der Schule eine nicht unwesentliche Rolle spielt. H¨aufig allerdings im Verborgenen, Versteckten, Impliziten. Die Grundlagen der Logik als solche kommen n¨amlich im Rahmenlehrplan gar nicht vor. Und was nicht im Rah- menlehrplan vorkommt, ist auch Nichts? Weit gefehlt!

Der Mathematikunterricht in der Schule wie wir ihn verstehen, soll Sch¨ulern erlauben die Mathematik, die sie in ihrem Leben begleitet, zu verstehen, zu nut- zen und kritisch zu hinterfragen. Dazu z¨ahlt auch, scheinbar logische Schlussfol- gerungen als Fehler zu entlarven. Dazu geh¨ort auch, einen mathematischen Beweis f¨uhren - oder zumindest nachvollziehen zu k¨onnen. Dies f¨ordert insge- samt die F¨ahigkeit zu Argumentieren und zu reflektieren. Insofern m¨ochten wir unsere Arbeit auch als ein Pl¨adoyer f¨ur die Logik in der Schule verstehen.

(32)

Wer in der Sekundarstufe I und II Beweise f¨uhren soll, muss auch zumindest in Ans¨atzen verstehen, was hinter diesen Beweisen steckt. Andernfalls werden die Beweise leere H¨ullen bleiben, die vom Lehrer vorgegeben werden und die f¨ur den Erkenntnisgewinn v¨ollig irrelevant sind. Ein Sch¨uler dem nie

vermittelt wurde worum es sich bei notwendigen und hinreichenden Kriterien handelt wird bei der Kurvendiskussion schematisch einen Algorithmus

abarbeiten und kein Gef¨uhl daf¨ur entwickeln warum dieses oder jenes

Kriterium das gew¨unschte Ergebnis liefert. Vielleicht k¨onnte ein wenig mehr logisches Grundverst¨andnis auch dazu beitragen, dass Kurvendiskussion nicht ein auswendig gelernter Algorithmus ist, der f¨ur die in der Schule betrachteten Funktionen schon zum gew¨unschten Ergebnis f¨uhren wird, sondern ein Kasten mit Werkzeugen, deren Funktionsweise, Anwendungsbereiche und Grenzen man hinterfragen und erkl¨aren kann.

Nat¨urlich sind wir uns bewusst, dass der Rahmenlehrplan wie er ist, schon voll genug ist. Welches Thema sollte man denn weglassen, um Raum f¨ur die Logik zu schaffen? Diese Frage k¨onnen wir nicht beantworten. Aber vielleicht stellt sich die Frage auch gar nicht. Was spricht dagegen, an den Anfang der Klasse 8 einen kurzen Exkurs zur Aussagenlogik zu stellen? Bestandteil unseres Vor- trags und dieser Arbeit ist kein Unterrichtsentwurf und auch kein Entwurf einer ganzen Unterrichtseinheit zu diesem Thema, aber vielleicht w¨are es eine ¨Uber- legung wert, einen solchen einmal anzufertigen. Die Grundlagen, die mit einem solchen kurzen Exkurs gelegt werden, k¨onnten dann in den sp¨ateren Schul- jahren immer wieder aufgegriffen werden. Beweise w¨urden dadurch dann von Anfang an zwingend notwendig und akzeptiert, um die Richtigkeit eines Sach- verhalts zu pr¨ufen. (Innerhalb des gew¨ahlten Axiomsystems, dies auszuf¨uhren scheint f¨ur den Schulunterricht jedoch weder m¨oglich noch sinnvoll.)

Einerseits w¨urde also die Logik thematisiert und f¨ur Sch¨uler handhabbar ge- macht, andererseits st¨unden viele Bereiche der Schulmathematik pl¨otzlich auf einem viel festeren Fundament. Dadurch, dass sich die Elemente der Logik wie Aussagen, Folgerungen, Implikation und so weiter dann einfach wie ein roter Faden durch den Unterricht z¨ogen, k¨onnten beide Bereiche gewinnen.

Nicht zuletzt w¨are daf¨ur allerdings auch eine ¨Anderung der Lehrerausbildung notwendig, denn Logik kommt, wie bereits erw¨ahnt, in der Schule nicht explizit vor, wird dann im Studium allerdings als selbstverst¨andlich vorausgesetzt, was jedoch der Realit¨at nicht gerecht wird.

(33)

Unsere Arbeit hat aufgezeigt, welche Elemente der Logik der

Schulmathematik zu Grunde liegen, in welchen Bereichen immer wieder Probleme auftauchen und welche ¨Uberlegungen notwendig w¨aren, um diese zu vermeiden.

Wir hoffen, der Leser hatte Freude und Gewinn bei der Lekt¨ure unserer Arbeit.

(34)
(35)

Kapitel 6 Anhang

Ausf¨uhrliches Beispiel eines direkten Beweises.

Satz: F¨ur alle Vierecke gilt:

Wenn das Viereck ein Parallelogramm ist, so halbieren seine Diagonalen ein- ander.

Voraussetzung (V): Gegeben sei ein beliebiges Parallelo- gramm ABCD. Der Schnittpunkt von AC und BD sei M.

Satz (V1): In jedem Parallelogramm sind die Ge- genseiten gleich lang.

Satz (V2): Wechselwinkel an geschittenen Paralle- len sind gleich groß.

Definition (V3): Dreiecke sind genau dann kongruent, wenn sie in den L¨angen aller Seiten und den Gr¨oßen aller Winkel ¨ubereinstim- men.

Kongruenzsatz (V4): Dreiecke, die in der L¨ange einer Seite und den Gr¨oßen der dieser Seite an- liegenden Winkel ¨ubereinstimmen, sind kongruent.

Defintion (V5): Ein Viereck mit zwei Paaren paralleler Seiten nennt man Parallelogramm.

(36)

Behauptung: |AM| = |M C| und |BM| = |M D|

Beweis: Wegen Schlussfigur

Wenn ABCD ein Parallelogramm ist, (V1) p → q so ist |AB| =|CD|.

ABCD ist ein Parallelogramm. (V) p (1)

|AB| =|CD| q

Wenn ABCD ein Paralellogramm ist, (V5) p→ r so ist AB || CD.

ABCD ist ein Parallelogramm. (V) p (2)

AB || CD r

WennAB ||CD, so MDC = MBA (V2) r → (s∧t) und MCD = MAB.

AB || CD (2) r (3)

MDC = MBA und MCD = MAB s∧t

Wenn|AB| =|CD| (V4) (q∧s∧t) → u

und MDC = MBA und MCD = MAB,

so ∆ ABM ist kongruent zu ∆ CDM.

|AB| =|CD| und MDC = MBA (1),(3) q∧s∧t (4) und MCD = MAB

∆ ABM ist kongruent zu ∆ CDM u

Wenn ∆ ABM kongruent ist zu ∆ CDM, (V3) u → (v ∧w) so|AM| =|M C| und |BM| = |M D|.

∆ ABM ist kongruent zu ∆ CDM (4) u (5)

|AM|= |M C|und |BM|= |M D| v∧w

2

(37)

Ausf¨uhrliches Beispiel eines indirekten Beweises.

Satz: √

2 ist eine irrationale Zahl.

Satz (V1): Jede rationale Zahl x l¨asst sich durch tei- lerfremde ganze Zahlen e und f in der Form x= fe darstellen.

Satz (V2): Jede gerade ganze Zahl y l¨asst sich in der Form y= 2z mit z ∈ Z darstellen.

Behauptung: √

2 ist eine irrationale Zahl.

Annahme (A): √

2 ist eine rationale Zahl.

Beweis: Wegen Schlussfigur

Wenn √

2 eine rationale Zahl ist, dann l¨asst (V1) p → q sich√

2 mit teilerfremden nat¨urlichen Zahlen a und b in der Form √

2 = ab darstellen.

√2 ist eine rationale Zahl. (A) p (1)

√2 = ab q

Wenn √

2 = ab, so a2 = 2b2. q → r

√2 = ab (1) q (2)

a2 = 2b2 r

Wenn a2 = 2b2 gilt, dann muss a gerade sein. (V2) r → s

a2 = 2b2 (2) r (3)

a ist gerade s

Wenn a gerade ist, dann l¨asst sich a als (V2) s → t a= 2c mit c ∈N darstellen.

a ist gerade (3) s (4)

a= 2c t

(38)

Beweis: Wegen Schlussfigur Wenn 2b2 =a2 und a= 2c, so b2 = 2c2. r∧ t → u

2b2 =a2 und a= 2c (3),(4) r ∧ t (5)

b2 = 2c2 u

Wenn a gerade ist, dann muss auch (V2) s → v b gerade sein.

a ist gerade (3) s (6)

b ist gerade v

Wenn a und b gerade sind, dann l¨asst sich (V1) s∧v → ¬q

√2 nicht mit teilerfremden nat¨urlichen Zahlen a und b in der Form ab darstellen.

a und b sind gerade (3),(6) s∧v (7)

√2 l¨asst sich nicht mit teilerfremden ¬q nat¨urlichen Zahlen a und b in der

Form ab darstellen.

2

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