Berichte und kleine Mitteilungen 149
auf die Initiative von O. G. S. Crawford zuriickgeht.
Als selbstandige Abteilung des ?Ordnance Survey"
verfugt sie uber unerschopfliches Bildmaterial und iiber ideale Arbeitsmoglichkeiten in engster Fiihlung mit den topographischen und photogrammetrischen Abteilungen. Hier wird nichts dem Zufall iiberlassen.
Die Ergebnisse der systematischen Bildauswertung und der Feldforschungen, auf Karteikarten und Ubersichtsblattern sorgfaltig registriert und laufend nach dem Stand der Forschung erganzt und be
richtigt, sind Zeugnisse verstandnisvoller Zusammen
arbeit zwischen einem zweckmaBig gegliederten
Luftbild- und Kartenwesen und zielbewuBter, mit neuzeitlichen Methoden arbeitender Grundlagen
forschung. Wir konnten in Deutschland manches daraus lernen! Ernst Schmidt-Kraepelin
RAUM, STAAT UND GRABOWSKY
?Grundlegung der Geopolitik", dargestellt in Zitaten1)
Peter Scholler
Vorbemerkung
Eingedenk ihrer Erfahrungen kann die deutsche Geographie bedenklichen Publikationen, die das Gebiet der Politischen Geographie behandeln oder
tangieren, nicht teilnahmslos gegeniiberstehen. Sie
hat mit aller Klarheit und Entschiedenheit nicht nur gegen den pragmatischen MiBbrauch geographischer
Fakten und Erkenntnisse, sondern auch grundsatzlich
gegen alle halb- oder scheinwissenschaftlichen ?Er kenntnisse geographischer GesetzmaBigkeit" im Be reich der Politischen Geographie Stellung zu nehmen.
Diese Abgrenzung der wissenschaftlichen Geographie ist um so wichtiger, als der Historisch-Dialektische Materialismus des Ostens die Politische Geographie
in Westdeutschland gerade mit derartigen Tendenzen zu identifizieren sucht und dagegen seine Angriffs position aufbaut. Eigene Kritik wird dieser Propa ganda nicht nur den Wind aus den Segeln nehmen,
sondern auch immer wieder zur Klarung der geistigen
Grundlagen beitragen.
Um eine neuerschienene ?Grundlegung der Geo
politik" kritisch vorzustellen, mochte ich diesmal
Geist und Temperament des zur Besprechung stehen
den Autors selbst zu Wort kommen lassen. Ich bringe nur Zitate. Auch die Gliederungsuberschriften sind
Kapitel- oder Kolumnentiteln entnommen.
Sachlich sehe ich keinen Weg eines Kompromisses.
Zweifellos finden sich in Grabowskys neuem Werk manche originellen Gedanken und Formulierungen.
Aber sie sind derart von Abseitigem iiberwuchert, daB man das ganze Buch als Absurditat empfinden
muB. Es mag Rezensenten geben, die ? daran ist
nach einigen Erfahrungen der jungsten Zeit leider kaum zu zweifeln ? auch dieses Buch ?mit gewissen
Einschrankungen" als ernsthaften Diskussionsbeitrag
zum Problemkreis ?Raum, Staat und Geschichte"
*) Adolf Grabowsky: Raum, Staat und Geschichte.
Grundlegung der Geopolitik. Carl Heymanns Verlag KG Koln, Berlin 1960. 263 S. ? DM 38 ?.
wiirdigen werden. Denn der heute greise Adolf
Grabowsky hat als Dozent der Berliner Hochschule
fiir Politik (1921?1933), als Herausgeber der Zeit schrift fiir Politik" (1907?1933) und der ?Welt politischen Bucherei" (ab 1928) einen Namen ge wonnen; gerade weil er sich frei vom national sozialistischen MiBbrauch der Geopolitik gehalten
hat, 1934 nach Basel emigrierte, wo er das ?Welt
politische Archiv" begmndete und leitete, bis er 1950 eine Lehrtatigkeit an der Universitat Marburg aufnahm und 1952 seine ? Politik im GrundriB"
verofTentlichte ?
gerade deshalb muB man gegeniiber dieser Neuerscheinung, deren politisch gefahrliche Situation dem Verfasser offenbar nicht bewuBt ist, eine klare und eindeutige Position beziehen.
Die Zitate sind deshalb so ausgewahlt und zu sammengestellt, daB sie die ?geopolitische Methode"
innerhalb der politischen Wissenschaft in ihrer ganzen Fragwiirdigkeit darstellen konnen. Doch glaube ich nicht, daB mir Sinnentstellungen durch abgekiirztes Zitieren unterlaufen sind. Langere Passagen, die nur
in weiterem Zusammenhang zu verstehen sind, habe
ich weggelassen. Im iibrigen moge der interessierte Leser selbst priifen und nachschlagen; er wird in diesem Buch noch manche Oberraschung finden.
J. ^Geopolitik als Raumdynamik"
?Die in Deutschland verfemt gewesene Geopolitik hat im Ausland, namentlich in den angelsachsischen Landern und Frankreich, Boden gefaBt, und es ist nicht mehr notig, den kurzen und schlagenden Begriff*
angstlich zu umgehen" (S. 8). ?
?Die Geopolitik, zur wissenschaftlichen Politik, nicht zur Geographie gehorig, untersucht den bewegten Staat im Verhaltnis zum bewegten Raum, untersucht das der Politik und Geschichte angehorige Raumschicksal, dem der Staat
entweder unterliegt, oder das er iiberwindet"
(S. 73). ? ?. .. Wahrend die Geopolitik den von der Politik unaufhorlich erfaBten und gefaBten Raum im Auge hat, selber davon dynamisch erregt ist, aber
nun selber gerade nicht in die praktische Politik
ausarten darf ..." (S. 74).
?Halten wir fest, daB die Geopolitik Geschichte und Politik auf ihre raumlichen Fundamente genauso untersucht wie in bezug auf die okonomischen Fundamente der historische Materialismus oder in bezug auf die produktiven Ideen der Einzelmenschen und der Kollektivindividuen Idealismus und Spiri
tualismus . . . Fiir ihre falschen und iiberheblichen
Vertreter ist sie nicht verantwortlich. Eine Norm
wissenschaft kann sie schon deshalb nicht sein, weil sie nicht nur keine verbindlichen Normen, sondern, als bloBe Arbeitsmethode, als Verfahrensweise, uberhaupt keine Normen aufstellt ..." (S. 143).
?Die Normwissenschaft will herrschen, die Methode dient. Dienst an der Wahrheit ohne dogmatische Vorschrift ? was gibt es Hoheres? Wahrheit aber
ist hier die Erkenntnis der Raumgebundenheit der geschichtlichen Vorgange und der Moglichkeit, die Raumgebundenheit durch Raumiiberwindung zu paralysieren. Auf diesem Wege gewinnt die Geo politik weit groBere wissenschaftliche Bedeutung als wenn sie eine Normwissenschaft ware; denn jede
Normwissenschaft enthalt, auch wenn die Dogmen noch so unangreifbar scheinen, kraB subjektivistische Elemente" (S. 143/44).
2. ^Geographie gegen Geopolitik"
?Im ganzen jedoch steht die Geographie in ihrer
doch vorwiegend naturwissenschaftlichen Haltung
(die keineswegs angegriffen werden soli) der geistes wissenschaftlichen Forschung so fern, daB das
Falscheste, was iiber die Geopolitik geauBert worden
ist, gerade von Geographen stammt. Diese natur
wissenschaftliche Betrachtungsweise ubertragt sich auch auf die politische Geographie und bewirkt dort
eben dies statische Denken, das jeder Geisteswissen
schaft fremd ist" (S. 10). ? ?Bei der politischen
Geographie ... ruht der Raum, sofern sie nicht
Anleihen bei der Geopolitik macht. Es ist charak teristisch, daB die iibliche politische Karte eigentlich nur die physikalische ist, angestrichen mit den Farben der einzelnen Landern und durch diese Farbung in der Regel viel weniger reichhaltig als die reine Wieder gabe von Berg und Tal, FluB und See" (S. 9). ?
?Geopolitik und politische Geographie sind aber auch schon deshalb Gegensatze, weil die politische Geographie in ihrer rein deskriptiven Art nicht als Methode gelten darf" (S. 10).
?Mit der Geographie, die es mit dem Erdbild im
Ruhezustand zu tun hat, ob es sich um eine Naturland
schaft oder um eine Kulturlandschaft handelt, ob der urspriingliche, der geformte oder der politisch angemalte Raum im Spiel ist, hat [die Geopolitik]
nur in der Hinsicht Verbindung, daB diese ihr das Material genauso liefert wie etwa die Mathematik
der Baukunst. Deshalb wird der Geograph in der Regel weder an der Geopolitik interessiert sein noch
mit ihr etwas anzufangen wissen ... Kein Wunder
also, daB der typische Geograph, ob er Geomorpho loge oder politischer Geograph oder Wirtschafts geograph ist, iiber die Geopolitik falscher urteilen
wird als ein absolut unbefangener Forscher. Der
beste Geograph, auch der politische, wird sogar der sein, der am wenigsten von der Politik versteht, denn die Geographie ist, wie die Geologie, in alien ihren
Sparten eine rein deskriptive Wissenschaft, die reale Tatbestande herbeizubringen hat, keine Methode, mit deren Hilfe man untersucht und auf ein Ziel
lossteuert. Deshalb wird es fiir alle Teile am besten sein, wenn die Debatte iiber die Geopolitik aus den geographischen Zeitschriften verschwindet, zumal gerade der Geograph, wenn er geopolitisch arbeitet, geneigt sein wird, nur den Raumfaktor zu beachten und ihn nicht in die Zahl der anderen Geschichts
faktoren hineinzustellen" (S. 62).
3. ?Nut%en der raumlichen Betrachtungsweise"
?Eine groBe Aufgabe hat die Geo-Kunstwissen schaft; es muB nur noch ein treffender Name fiir sie gefunden werden ... Es handelt sich namlich nicht darum, darzustellen, wie die Kunstwerke auf die einzelnen Raume verteilt sind, sondern zu schildern, welchen Anteil die Dynamik des Raumes bei der Entstehung der Kunstwerke gehabt hat" (S. 152). ?
?Weiterhin denke man daran, wieviel die Geo jurisprudenz der Rechts wissenschaft in der noch kaum gewurdigten Lehre von dem Emporsteigen des
Rechts aus dem Raum zu leisten vermag ..."
(S. 151). ?
,,1939 ... habe ich darzulegen versucht, wie sehr die groBen Menschheitsreligionen gerade aus dem Raum heraus zu begreifen sind und wie sehr
sie deshalb natiirliche Gebilde darstellen. Sie sind wegen der ungewohnlichen Faszination ihrer Lehren
iiber den urspriinglichen Raum hinausgewachsen ...
bleiben aber doch diesem Raum insofern verhaftet,
als sie restlos nur aus ihm erklart werden konnen"
(S.64).
?Vielleicht ist es der groBte Nutzen der Geopolitik, daB sie schlieBlich immer wieder auf die Erde ver weist, auf die gute Erde, wie der Chinese zartlich
sagt. Sie tut dies noch weit mehr als die politische Geographie. Diese hangt zwar, wie jede Art der Erdkunde, unmittelbar mit der physikalischen Geo graphie, die den natiirlichen Aufbau der Erde be
schreibt, zusammen, aber vermag gerade deshalb den
Bodenfaktor nicht so sehr in Erinnerung zu rufen wie eine Disziplin, die dem Bereich der Politik und
der Geschichte zugehort und doch niemals loskommt von den Kraften der Natur. ? Auf diese Weise liefert die Geopolitik einen wichtigen Beitrag zu der heute
leidenschaftlich gefiihrten Diskussion, wie weit in der bildenden Kunst sich der Mensch iiber die Natur hinausschwingen kann und darf" (S. 37). ? ?Als Ergebnis der perfekten, vom Triumphgeheul der
Snobs begleiteten Naturabwendung tut sich ein voll kommener Nihilismus auf, eine Entgotterung der
Welt im Naturhaften wie auch im Geistigen ...
Hier kann die Geopolitik das Heilmittel sein, nicht umsonst wird schon in ihrem Namen die Erde herbei gerufen" (S. 40).
4. ?Gren%en der Naturiibermndung"
?Der Boden mag durch die jeweils herrschende Gesellschaftsordnung in sehr verschiedener Art kulti
viert und ausgenutzt werden, ausschlaggebend bleibt doch immer sein naturhafter Charakter" (S. 45). ?
?Die Technik leistet viel und wird noch weit mehr lei sten, aber sie muB sich doch mit dem zweiten Platz be gniigen, und das ist auch gut so, denn die Natur darf nicht nur ein Schemen sein" (S. 36). ? ?Die An nahme einer im wesentlichen mittelbaren Wirkung des Bodens gibt eine falsche Vorstellung, vielmehr muB man sprechen von einer Mitherrschaft des Bodens
neben Arbeit und Kapital" (S. 146). ? ?... der Boden, der Raum, mindert die Harte der sozialen
Revolution, er wirkt evolutionar, nicht revolutionar"
(S. 46).
?Burckhardt, dieser groBe Basler, konnte trotz
seiner vielen gegliickten Prognosen die Scharfe und Eindeutigkeit einer den kleinen Raum negierenden Entwicklung nicht voraussagen. Es handelt sich hier
sogar um eine Art naturwissenschaf tliches Gesetz, nicht um eine bloBe GesetzmaBigkeit, wie sie den Geistes wissenschaften eigen ist, denn der heutige Staat ist,
etwa im Gegensatz zum losen Staat des Mittelalters,
ein ausgesprochen organisches Wesen, dessen Le
bensauBerungen nur in geringem Grade vom Zufall
Berichte und kleine Mitteilungen 151
beherrscht sind" (S. 94). ? ?Die Gesellschaft der
Trockenzone, in der gewiB die sozialen Auseinander
setzungen nicht fehlen, braucht solange den Zerfall nicht zu f urchten, wie die Region ihren Grundcharak
ter behalt; nur durch eine Erdkatastrophe konnte er sich andern" (S. 45). ? ?Der Fortfall eines schopfe rischen Beduinentums aber ware nichts anderes als eine Vergewaltigung des Raumes, denn der Raum der
Trockenzone hat es erzeugt" (S. 228). ? ?... so
scheint fiir den Bezirk der Trockenzone erst recht,
heute wie einst, die autoritare Einherrschaft von der
Logik der Dinge gefordert zu werden" (S. 236).
5. ?Raumliche Geschichtsbetrachtung"
(Comte, Hegel und Marx) ?waren doch den Ent wicklungskraften so hingebend auf der Spur, daB wir
nunmehr, die Einseitigkeiten hinter uns lassend, im Begriff sind, die Geschichte nicht nur zu verstehen,
sondern sie auch erklaren zu konnen" (S. 49). ?
?In unserem Zusammenhang ist der Umstand hervor
zuheben, daB man die Oberlagerung der Volkstiimer auch als Oberlagerung von Raumen betrachten darf;
jedes Volkstum bringt einen Raum mit und findet einen Raum vor, und es entsteht die Frage, wie sich diese Raume miteinander vertragen" (S. 87). ?
?Ging der hellenistische Raum trotz seiner Abstam mung von griechischer Kunst und Philosophic mehr
in die Breite, weil ihm ein gewisses Parvenutum an
haftete, so ging der agyptische mehr in die Tiefe.
DemgemaB waren die. beiden schlieBlich gleichwertig, und so ergab sich die Mischung, urspriinglich nur auf geistigem, nach und nach aber auch auf biologi schem Gebiet" (S. 89). ?
?Die Renaissance ist, einmal anders betrachtet, eine Kompensation fiir die politischen und kommerziellen Verluste, die Italien erlitt, ein kulturelles Aufbegehren gegen den Wechsel der Lage. Umgekehrt profitierte GroBbritannien am meisten davon" (S. 76). ? ?Dabei haben das unter dem EinfluB des Golfstromes stehende bewegliche Volkstum des Siidens und das unter einem rauhen Klima hart und geschaftstuchtig gewordene Schotten
tum einander auf s glucklichste erganzt, ein bemerkens werter Beweis fiir die noch naher zu erorternde Ver
kettung von Raum und Volkstum" (S. 77). ? ?Aber
wenn die Seevolker untereinander in Streit geraten,
so geht ja auch die Kraft des einen auf den anderen iiber, nicht natiirlich so, daB der erste sie einfach einbiiBt. Und das ist gut, denn es zeigt, daB das Sich messen der Krafte Volker und Staaten im letzten Effekt einigt" (S. 25). ? ?Als die FeuerwafTen die mittelalterliche Ritterwaffe ablosten, brach zuerst die Technik in den militarischen Faktor ein" (S. 206).
? SchlieBlich noch ein Wort zur Berechenbarkeit des ,weltgeschichtlichen Individuums'. Die Kalkula
tion ist hier, wie wir andeuteten, keineswegs leicht, aber doch nicht schlechthin unmoglich" (S. 49). ?
?Aus der Zahl der Tage, an denen Napoleon wahrend seiner Regierung in Paris gewesen ist, konnte man feststellen, daB es eine erstaunlich kurze Zeit war"
(S. 196). ?
?Ungleich dem Einzelmenschen, der seinem privaten Nutzen nachlauft und nur das ihn unmittelbar Angehende sieht und damit vor den Toren der Geschichte steht, weilt der hohe Mensch
im inneren Bezirk der Geschichte, vergiBt aber leicht, daB drauBen ungezahlte Mengen mit ihrem Kummer und ihrer Freude sich drangen, die insofern mehr
sind als eine bloBe Summierung torichter Einzelner, als sie auf Rufe aus dem Innern der Geschichte warten.
Ihrerseits rufen diese vielen laut oder leise, und wenn der hohe Mensch ihre Sehnsucht uberhort, so gerat er nur immer tiefer in die Einsamkeit hinein und schafTt fiir eine Biihne, auf der eine abstrakte Mensch heit, doch nicht der sehnsiichtige Einzelmensch
agiert. Burckhardt hat diese Problematik kaum herausgearbeitet, Nietzsche hat sie vollig miBachtet"
(S. 161).
6. ?Die Disposition %um Imperialismus"
?Wie dort, wo das Privateigentum herrscht, nur
ein gewisses MaB von Eigentum zur Freiheit und Selbstandigkeit verhilft, es sei denn, daB man sich als
Diogenes auftut, so vermag nur der Staat wirkliche
Freiheit und Selbstandigkeit aufzuweisen, der in Raum und Bevolkerung ansehnlich ist, und der in
dieser Hinsicht sich weiterentwickelt" (S. 93). ?
?Weiterhin wird erganzend gesagt, es handle sich heute um den Existenzkampf zweier verschieden
gearteter sozialer Systeme, verkorpert in zwei ver
schiedenen GroBmachten und ihren Trabanten. Wir werden noch sehen, wie es um diese kurzsichtige Vereinfachung bestellt ist, die nur geschehen konnte, weil Hallgarten ohne eine Vorstellung, was Imperialis mus bedeutet, ein Buch dariiber geschrieben hat.
DaB er die GegensatzbegrifFe Imperialismus und Kolonialpolitik durcheinanderwirft, ist bei dieser
Sachlage selbstverstandlich" (S. 127). ?
(China:)
?Gehetzt ist man durch den allzu groBen Raum, gegen den es zu arbeiten gilt, um die Entwicklung
vorwarts zu treiben" (S. 98). ?
?... Wie denn
Island (gedeckt durch die Sowjetunion) es gewagt hat, zum Schutz seiner Fischerei seine Kiistenzone auf zwolf Seemeilen zu erweitern, ein Beweis, daB der gesamte Erdball in den Imperialismus verstrickt
ist ..." (S. 101).
?Besonders intensiv geht die Umwerbung der Lander vor sich, die als Dritte Kraft gelten wollen.
Sie sind fast durchweg viel zu schwach fiir solche Mission und mochten sich nur durch Schielen, bald nach Amerika, bald nach der Sowjetunion, ein gutes Leben verschaffen. Jugoslawien ist das Haupt beispiel" (S. 111). ?
?Es handelt sich bei den ,neu
tralistischen' Landern um gleichsam schwimmende Raume ..." (S. 112). ?
?Die russische Staatsfigur
hat immer noch nicht ihre Komplettierung erfah ren ...
So drangt sich auch, um einen dritten Welt
krieg unmoglich zu machen, ein Austausch der Inter essengebiete auf, wahrscheinlich die Hauptaufgabe der Weltpolitik von heute und eine Aufgabe, die ernstlich uberhaupt noch nicht erkannt, geschweige denn in AngrifF genommen worden ist. Notwendig dazu ist die Weltkunde, wie sie nur die Geopolitik vermitteln kann" (S. 201).
7. ?Die Lehre von den Schicksals- und Deckungsseiten"
?Alle geopolitischen Einsichten gipfeln in der Lehre von den Schicksals- und Deckungsseiten der Staaten"
(S. 190). ? ?Drei Grundregeln sind bei der Lehre von den Schicksals- und Deckungsseiten zu beachten:
einmal muB moglichst jeder Schicksalsseite eine Deckungsseite entsprechen; zweitens ist jede Haufung
von Schicksalsseiten zu vermeiden; drittens ist aufs peinlichste die wechselnde Potenz jeder Schicksals
seite und jeder Deckungsseite zu berucksichtigen ..."
(S. 191). ?
(Japan:) ?... man schuf sich zwei
Schicksalsseiten, eine maritime und eine kontinen
tale" (S. 197). ? ?So bietet das heutige Griechenland den seltenen Anblick, daB es weder eigentliche
Schicksalsseiten noch eigentliche Deckungsseiten be sitzt ..." (S. 200). ? ?Aus der Lehre von den Schicksalsseiten ergibt sich politisch die vom Druck und Gegendruck, militarisch die der Aufmarschplane.
Soviel auch heute von der Abriistung geredet wird, so sehr ist leider zu betonen, daB zu keiner Zeit diese beiden Lehren wichtiger gewesen sind als in der Gegenwart. Ohne geopolitisches Verstandnis bleibt
jedoch alle Miihe vergebens" (S. 203).
8. ?Die Konstanten der russischen Staatsraison"
?Besonders bemerkenswert ist das Problem der Schicksals- und Deckungsseiten bei RuBland, weil dort mit uberraschender Wendigkeit immer wieder ein Wechsel der Hauptschicksalsseite vorgenommen worden ist. Man hat sie sich also nicht aufnotigen
lassen, sondern hat aktiv mit ihr gearbeitet ..."
(S. 201). ? ?In RuBland lassen sich raumliche und sonstige Konstanten folgendermaBen bezeichnen:
Drang nach den offenen, warmen Meeren, allzu
wenig OfFnungen bei allzu groBer Landmasse, eurasi scher Drang, Erlosungssehnsucht des Volkes, Slavo philie, und vor allem Mythos vom Dritten Rom.
Im Jahre 1472 vermahlte sich Iwan III. mit Sophie,
der Tochter des Thomas Palaologos ..." ?Am rich tigsten ist es, ... wenn man den Mythos vom Dritten Rom als alle anderen Konstanten iiberragend be
trachtet .. . Selbst dialektisch laBt sich dies be griinden: Das erste Rom, die These, ist heute der Kapitalismus, das zweite Rom, die Antithese, der
westliche Sozialismus, ... das dritte Rom aber, die
Synthese, die Vereinigung der beiden auf hoherer Stufe, ist der von RuBland erstrebte Kommunis
mus ..." (S. 131). ?
?Der Kommunismus als groBe
Gemeinschaft des Lebens und des Sterbens, am besten nur des Lebens, denn das Goldene Zeitalter, das neu heraufgefiihrt werden soil, riickt vielleicht durch die Fortschritte der Wissenschaft den Tod in unendliche Feme" (S. 131/32). ? ?Unter Chruschtschow ist die Verpflegung des Volkes und seine Versorgung mit
Konsumwaren in Ordnung gekommen ..."
(S. 206). ? >>Der bereits erwahnte Mythos vom Dritten Rom ... ist schon deshalb fundamentaler
als der rote Drang, weil er seit einem Jahrtausend und mehr im russischen Volke wurzelt. Nur hat RuB
land immer dann diese wichtigste raumliche' Kon stante zunickgestellt, wenn sie offensichtlich erfolglos geblieben war" (S. 202).
9. ?Die Funktion der Fliisse"
?Geomorphologisch ist Deutschland ... durch zwei entgegengesetzte Orientierungen zertrennt: alle
groBen Strome, mit Ausnahme der Donau, flieBen nach Nordwesten und Norden, nach Nordsee und Ostsee; da sich aber die Donau mit ihrem Lauf nach Siidosten extrem davon abkehrt, reiBt sie die Haupt masse Siiddeutschlands vom Gesamtkorper ab. Wer
fahig ist, Landkarten zu erleben, spurt das schmerz haft" (S. 191). ? ?Gehen wir zum FluBmiindungs
staat Uruguay iiber, so ist er so ausgesprochen an der
Mundung des La Plata-Stromsystems gelegen und hat so wenig eine andere Bedeutung, daB es iiber
seine geopolitische Einordnung keinen Zweifel gibt.
Hochstens darf man Uruguay noch als Pufferstaat charakterisieren, als Zwischengebilde, das die StoBe zwischen Brasilien und Argentinien auffangen soil"
(S. 179). ?
?Man muB hier die grundsatzliche Be deutung der Fliisse bedenken. Sie sind, auch wenn .
sie klein und unschifTbar sind, wichtige Leitlinien ..."
(S. 171). ?
?Erst eigentlich mit der Entstehung der Eisenbahn ist die Leitlinienfunktion der Fliisse ein
wenig zuriickgetreten. Ein wenig, denn an der AuBen
politik des wilhelminischen Deutschlands haben wir gesehen, wie sehr auch noch in neuester Zeit die groBen Aktionen von den Fliissen bestimmt sind.
In Deutschland wirkte das verwirrend, in Belgien war es verbindend" (S. 217). ? ?Man kann nach wie vor fragen, ob Belgien als Nation bezeichnet werden darf, aber es ist doch ein leidlich konsolidiertes Staats wesen. Da prinzipiell zwei Volker, die Flamen und
die Wallonen, den Staat zu gleichen Rechten tragen
sollen, gehort es ... zur Kategorie des Mehrnationen
staates, doch besteht hier immer die Aufgabe, die
Mehrzahl der Nationen zur Einzahl zusammen
wachsen zu lassen, eine Mission, die bei Belgien wohl nur landschaftlich, hauptsachlich von den Fliissen aus, gelost ist" (S. 218).
10. Geopolitische Lebensweisheit oder
?Spieltrieb und Raumgefiihl"
?Wie in der Familie haufig der Kleinste am meisten verwohnt wird, so nimmt innerhalb des roten Blocks sich jetzt die Sowjetunion Albaniens in besonders
herzlicher Weise an ..." (S. 200). ?
?Wahrscheinlich
hangt auch der berlinische Mutterwitz mit dem ge
sunden Klima zusammen ..." (S. 33). ?
?Seit
Schiller wissen wir, daB der Spieltrieb dem Menschen als lebendiges Schopfertum innewohnt, daB er weit mehr ist als kindliches Vergniigen. Als Trieb wurzelt er in der Natur, steigt aber in den seelischen Bereich empor, erfiillt uns mit Elementaritat, ohne daB wir der Brutalitat anheim fallen. So spielt das Raumgefuhl mit der Erde, schopferisch und ohne daB Natur und
Seelenkraft zu trennen sind" (S. 157). ? ?Was chro nologisch der Begriff* der Masse bedeutet ..., das
ist chorologisch das Aufbegehren der Natur gegen die extremen EingrifFe des Menschen" (S. 55). ?
?Es gibt kaum einen taglich gebrauchten Gesamt begrifT, der so viele Verschiedenheiten enthalt wie der des Hundes, trotzdem ist fiir uns Dogge wie Zwergpinscher ein Hund. Liegt dieser Universal begrifT den vielfachen Arten und Erscheinungen des Hundes als etwas Reales voraus oder sind Dogge wie Zwergpinscher zielstrebig erfiillt von dem Ober begrifF des Hundes, so daB sie beide auf den Idealhund
Berichte und kleine Mitteilungen 153
als inneres Vorbild hin orientiert sind . . . ?"
(S. 210). ? ?. . . der Vertreter der Geopolitik aber
hat bei Strafe des Unterganges seiner Disziplin in den Grenzen der Erkenntnis zu bleiben" (S. 75).
Folgerungen:
1. Wesensmerkmale der Geopolitik
Wenn auch anzunehmen ist, daB sich die ?Grund
legung der Geopolitik" von Adolf Grabowsky durch die angefiihrten Zitate selbst richtet und daB es sich der Verlag uberlegen wird, ob er den vom Verfasser angekiindigten zweiten Band einer Regio
nalen Geopolitik herauszugeben verantworten kann,
scheint es mir doch geboten, einige allgemeine Folge
rungen anzuschlieBen. ? W. Czajka hat jiingst in
einem Grundsatzbeitrag: ?Die Wissenschaftlichkeit der Politischen Geographie" den pragmatischen MiB brauch der politisch-geographischen Argumentation wiederholt als die wesentliche Gefahr der Geopolitik
und Politischen Geographie herausgestellt2).
Zweifellos ist das ein wichtiger, grundsatzlicher Gesichtspunkt, der die gesamte Diskussion iiber die Geopolitik seit dem Entstehen des BegrirTes und dem Beginn geopolitischer Arbeitsrichtungen begleitet.
Und doch wird am Beispiel Grabowskys deutlich, daB tendenziose oder gar propagandistische Aus richtung nicht das einzige Wesensmerkmal der Geo politik darstellt, wie das in ganz zweckbestimmter Vereinfachung ja von kommunistischer Seite immer
wieder betont wird. Weder von Grabowsky noch
von Goblets Werk3) wird man behaupten konnen, daB sie auf Legitimierung oder Unterbauung natio nalistischer Machtpolitik angelegt sind. Grabowsky hat sich ? und dies in deutlichem Gegensatz zu Goblet ? auf seine Art auch von ideologisch be
griindeten Tendenzen der Machtpolitik freizuhalten
gesucht.
Dafur aber werden bei G. andere Kennzeichen der
?geopolitischen Methode" besonders deutlich, die bereits in seinem 1928 verdffentlichten AbriB ? Staat und Raum"4) angelegt sind: Die kausale Ableitung politischer und geistiger Entwicklungen aus dem physisch-geographischen Bereich und das Streben
nach ?allgemeinen Gesetzen" der raumlichen Ent
wicklung der Staaten aus der Determination der
Naturfaktoren. Damit verbinden sich weitere typi
sche Merkmale der Geopolitik: tlberwertung rein machtpolitischer Gesichtspunkte und militarstrategi
scher Argumente, Sammlung und Verbindung von raumlich und zeitlich unvergleichbaren Beispielen, oberflachlicher Ekklektizismus und undifferenzierte Behandlung der geographischen Substanz, insbeson
dere der Kulturgeographie, die bei O. Maull noch weithin die Beszugsbasis der Politischen Geographie
darstellte. Erst mittelbar ergibt sich dann auch aus einer solchen Geopolitik die Gefahr politischen MiB brauchs: durch die Vernebelung der Hirne mit sugge
2) Geographisches Taschenbuch 1960/61, S. 464?487.
3) Y. M. Goblet: Political Geography and the World Map. London and Liverpool 1955. ? Dazu meine
Kritik in: Erdkunde Bd. XI, 1957, S. 10?14.
4) A. Grabowsky: Staat und Raum. Weltpolitische Biicherei, Bd. 1, hrsg. von A. Grabowsky, Berlin 1928.
stiven Vereinfachungen und scheinwissenschaftlichen Ergebnis sen, aus denen nur zu leicht tendenziose
Schlagworte und Thesen entliehen werden konnen.
Geopolitik ist eine Fundgrube fiir Demagogen.
Es bleibt deshalb noch einmal mit Nachdruck fest zustellen: Aus dem Thema geographischer Bedingt heiten eine eigene geopolitische Lehre zu entwickeln, bedeutet bereits einen Fehlansatz. In jedem Versuch, Naturraume in direkte Beziehung zu politischen
Strukturen und Prozessen zu setzen und zwangs lauflges Geschehen zu erkennen oder vorauszusagen,
enthiillt sich ein Determinismus, den die wissen schaftliche Geographie langst iiberwunden hat und den sie gerade in diesem Forschungsbereich ganz
entschieden bekampfen wird.
2. Keine Aufgabe der Allgemeinen Politischen Geographie
Der untaugliche Versuch Adolf Grabowskys, aus
den Beziehungen zwischen Staat und Raum eine
neue ?Grundlegung" zu entwickeln, nachdem ahn
liche Werke von Goblet und Maull abgelehnt werden muBten, mag die Frage erharten, ob kiinftig
uberhaupt noch eine allgemeine systematische Dar stellung dieses Grenzgebietes erwartet werden kann und erwartet werden soil. Denn nicht allein die volkerrechtliche Situation hat sich seit Ratzel ge wandelt. Es wird auch heute immer klarer, daB ein Denken in den Macht- und Strategievorstellungen, die Riistzeug und Terminologie der Politischen Geo graphie noch vor wenigen Jahrzehnten bestimmten,
im Zeitalter weltweiter Vernichtungs- und Aus
rottungsmittel nicht mehr zulassig ist.
Dazu kommt mit dem unaufhaltsamen Ausbau der
Kulturgeographie und der sozialgeographischen For
schungsrichtungen eine innere Wendung in unserer
Wissenschaft selbst: Nicht mehr staatliche Morpho metrie und Klassifikations- Schemata stehen im Vordergrund der politisch-geographischen Arbeit.
Vor allem geht die Bemuhung um vertiefte Einsicht
in die Zusammenhange von Wirtschaftsstruktur, Sozialstruktur und Staatsform, um das raumliche
Verstandnis auch des Innenlebens und der Organi sation der Lander und damit um die innere Durch dringung von sozialgeographischer, landeskundlicher und politisch-geographischer Problemstellung in
Einzeluntersuchungen. W. Czajka hat diesen Grund zug am SchluB seines Aufsatzes sehr deutlich formu
liert: ?Die Politische Geographie ist fiir uns heute
mehr eine eingeschlossene, grundsatzlich zu be
achtende Fragestellung als ein Abschnitt der All gemeiner Geographie" (S. 486).
Trotzdem wiirde ich es fiir bedenklich halten,
wenn aus dieser Feststellung und anderen Hinweisen
des Verfassers auf iiberholte enzyklopadische System tendenzen die Folgerung abgeleitet wiirde, daB kiinftig jede Bemuhung um eine Allgemeine Politi
sche Geographie aufgegeben werden sollte. Sicher wird man von einer Allgemeinen Politischen Geo
graphie nie eine so ausgefeilte Systematik erwarten diirfen, wie sie im Bereich der Geomorphologie notig und geboten ist. Aber ein modernes Handbuch der Wirtschaftsgeographie wie das von E. Otremba zeigt m. E. doch schon den Weg, der kiinftig auch
einmal fiir die Politische Geographie gangbar werden sollte: Eine allgemeine um Probleme gruppierte Darstellung ohne Anspruch auf lexikalische Voll
standigkeit, bezogen auf die Krafte des Geschehens, erortert im geographischen Vergleich und vertieft
an Beispielen ausgewahlter Einzeluntersuchungen.
Kann denn die Politische Geographie uberhaupt, so muB man schlieBlich fragen, den allgemeinen politisch-geographischen Zweig aus ihrem Arbeits programm ausscheiden, ohne sich selbst in ihren
Erkenntnis- und Aussagemoglichkeiten ernsthaft zu
beschneiden? Wir brauchen doch nur einmal das
betreffende Arbeitsfeld anzuleuchten, um uns dariiber
klar zu werden, daB eine solche Aufgabe eine sehr bedenkliche Amputation bedeutet. Es kamen in Betracht: Die vergleichende Untersuchung inner
staatlicher Gliederung und Raumordnung; das Hauptstadtproblem und die Grundfrage staatlicher Kernraume; Typen politisch gelenkter Verkehrs
erschlieBung und Binnenkolonisation; kulturgeo graphische Grenzprobleme; geteilte Staaten, Volker, Nationen; uberstaatliche Zusammenschliisse und
politisch bestimmte Wirtschaftsunionen; Bildung und
Aufstieg neuer Nationalstaaten; ? das sind gewiB
nur einige Problemkreise, deren Ausschaltung aus allgemeiner vergleichender Untersuchung fiir die innere Entwicklung der Geographie selbst ver hangnisvoll sein wiirde.
Verhangnisvoll aber ware auch die Riickwirkung auf Stellung und Ansehen der Geographie in der OrTentlichkeit, wenn sie nicht versuchen wiirde,
sachlich und sauber zu den Lebensfragen der staat
lichen Raumorganisation von der wissenschaftlichen Position ihres Faches her allgemeine Beitrage zu
leisten. Auch die Folgen fiir den Schulunterricht sollten beachtet werden. Eine starke und aktive Vertretung und Mitarbeit in dem fiir die Oberstufe
der Hoheren Schule neugeschafTenen ungliicklichen Fach der ?Gemeinschaftskunde" ist doch nur einem Fach ofTen, das sich nicht selbst von allgemeinen politisch-geographischen Fragen isoliert. ? Wie unerlaBlich die Mitarbeit der Geographie in dem wei ten Grenzbereich zu Politik, Geschichte und Soziolo gie ist, zeigt doch wohl gerade das hier ausfuhrlich zitierte Buch von Adolf Grabowsky, das sich von der Position der Politischen Wissenschaft aus und in Kampfstellung gegen die Politische Geographie in
Absurditaten verstiegen hat.
HUMBOLDT-DOKUMENTE AUS DEM MUSEUM JIJON Y CAAMANO IN QUITO
Hanno Beck
Das A. v. HuMBOLDT-Gedenkjahr 1959 hat die Geschichte der Geographie um bedeutsame Unter
suchungen bereichert und zahlreiche neue Quellen erschlossen. Viele Archive wurden der Forschung zuganglich, und selbst einige Privatschatullen gaben ihre Geheimnisse preis. Besonders dankbar muB empfunden werden, daB Eigentumer von Archivalien ihre Schatze groBziigig zur Verfiigung stellten, weil sie iiberzeugt waren, daB die Quellenforschung nichts
entwertet, sondern im Gegenteil erst den Wert von
Dokumenten erhellt und kennen lehrt.
Eines der bemerkenswertesten Beispiele ist die von wahrer Munifizenz zeugende Handlungsweise des Direktors des Museums fiir Kunst und Geschichte
der Stadt Quito, Jorge A. Carges G. Er lieB Carl Troll iiber die dortige deutsche Botschaft Mikro
filme der wichtigen Humboldt-Dokumente aus dem Museum Jijon y Caamano mit der Bitte zugehen, sie
der Forschung zur Verfiigung zu stellen. Der Ver
fasser erhielt die Filme durch die Vermittlung Carl Trolls, zog sie vollstandig fiir den zweiten Band seiner Humboldt-Biographie heran und gibt hier einen kurzen Oberblick iiber die Archivalien im
einzelnen, um die Forschung darauf hinzuweisen:
I, Handschriften (Originalmanuskripte)
a) ? Plantae subterraneae Europ. 1794. cumlconibus".
13 Bl., teil weise in zwei Blatthalften zerschnitten, 19 vollstandig oder teilweise beschriebene Seiten mit Feder- und Bleistiftzeichnungen.
Vermutlich ist diese Arbeit unveroffentlicht ge
blieben; vgl. hierzu Humboldt, A. v.: Plantae subterraneae (Fribergensis) descriptae. In: Anna
len der Botanick hrsg. v. Paulus Usteri III. 1792,
S. 53?58; ders.: Florae Fribergensis specimen, plantas cryptogamicas praesertim subterraneas exhibens ... Berlin 1793 u. Beck, Hanno:
Alexander von Humboldt. Bd. I, Wiesbaden 1959,
S. 40f., 62.
b) ?Ueber die deutsche Oberse[t]zung vor Arago's samtlichen Werken". 4?, 2% engbeschriebene
Seiten.
Vgl. hierzu Humboldts Vorrede in Aragos
?Oeuvres completes", hrsg. v. J. A. Barral.
17 Bde. Paris 1854?1862; deutsche Ubersetzung von W. G. Hankel. 16 Bde. Leipzig 1854?1860.
c) Berechnung der Hohe eines siidamerikanischen
Berges. 2 Seiten.
d) Eine Routenskizze. 1 Seite. Humboldt bemerkt
dazu, er habe diese Skizze konstruiert nach Manuskripten des Gouverneurs der Provinz
Quixos, Don Apollinario Diez de la Fuerte, aus dem Jahr 1778. Unterschrieben: Humboldt Quito Avril 1802.
2. Briefe von Humboldt 1. an Eduard Buschmann
o. O., 5. 1. 1849
1 S.
2. an Eduard Buschmann
o. O. mit Bemerkung Buschmanns: c. 28. 5. 1856 1 S. Adresse
3. an Dietrich Ludwig Gustav Karsten Paris, a l'ecole polytechn[ique]., 10. 3. 1805 3 S.
4. an Dietrich Ludwig Gustav Karsten Rom, 22. 6. 1805
4S.
5. an August Ferdinand Mobius Potsdam, 20. 12. 1839
1 S. Adresse