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er Professionalisierungsprozess bei den Psychologischen Psycho- therapeuten und Kinder- und Ju- gendlichenpsychotherapeuten schreitet voran. Konstituierende Elemente eines solchen Prozesses sind: tendenzielles Monopol auf einem bestimmten Markt, standardisierte wissenschaftliche Aus- bildung und klare Außenabgrenzung, weitgehende berufliche Autonomie.Der 4. Deutsche Psychotherapeutentag am 9. Oktober in Stuttgart zeigte, dass die Psychotherapeuten seit In-Kraft- Treten des Psychotherapeutengesetzes zum 1. Januar 1999 und nach der Schaf- fung von Länderkammern bereits eine beträchtliche Wegstrecke zurückgelegt haben. Die in Stuttgart geführte Debat- te über die rasche Umsetzung einer (Muster-)Weiterbildungs- und (Muster-) Berufsordnung signalisierte, dass das Professionalisierungstempo auch in Zukunft nicht gedrosselt wird.
Ausreichend Gehör finden
Genauso wichtig wie die Schaffung einer weitgehend autonomen Binnen- struktur ist auch, sich bei Gesetzge- bungsverfahren, die den eigenen Tätig- keitsbereich betreffen oder gegebenen- falls erweitern, ausreichend Gehör zu verschaffen. In seinem Tätigkeits- bericht verwies der Präsident der Bun- despsychotherapeutenkammer (BPtK), Detlef Kommer, auf aktuelle Gesetzes- pläne, die eine berufspolitische Interes- senvertretung auf Bundesebene unab- dingbar machen. So sei es überaus wichtig, bei der Vorbereitung des Präventionsgesetzes das Kompetenz- profil der Psychotherapeuten zu ver- mitteln. Es müsse langfristig gewähr- leistet sein, dass Prävention eine ge- sellschaftliche Querschnittsaufgabe dar-
stellt, an der Psychotherapeuten in zentraler Funktion beteiligt sind. Kurz- fristig sei aber beim derzeitigen Vorbe- reitungsstand zum Präventionsgesetz an einen solch breiten Handlungs- spielraum der Psychotherapeuten nicht zu denken.
Auch bei anderen wichtigen gesund- heitspolitischen Entscheidungsprozes- sen mahnte Kommer Mitwirkungsrech- te der Psychotherapeuten und ihrer Selbstverwaltungsorgane an. So will er beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) bei jeder die Berufsgruppe betreffenden Angelegenheit ein An- hörungsrecht durchsetzen. Hier sieht er sich in einem Boot mit der Bundes- ärztekammer, die mit gleichem Nach- druck darauf besteht, vom G-BA nicht nur im Einzelfall angehört werden zu können, sondern bei allen die Berufs- ausübung der Ärzte betreffenden Ge- genständen angehört werden zu müs- sen. Aktueller Handlungsbedarf für die BPtK bestehe auch, so Kommer, bei den weiteren Planungen zur Einführung des elektronischen Berufsausweises und der elektronischen Gesundheitskarte.
Gerade was die Refinanzierung dieser technischen Neuerungen anbelange, müsse alles vermieden werden, was eine überproportionale Belastung der psycho- therapeutischen Praxis darstelle.
Großen Diskussionsbedarf sahen die Länderdelegierten bei den „Eckpunk- ten für eine (Muster-)Weiterbildungs- ordnung“. Im Gegensatz zu der im Mai verabschiedeten (Muster-)Fortbildungs- ordnung gibt es für Weiterbildungsrege- lungen keine verpflichtende gesetzliche Vorgabe. Denn auf das Studium der Psychologie oder der Sozialpädagogik (bei Kinder- und Jugendlichenpsycho- therapeuten) folgt bereits eine drei- bis fünfjährige Ausbildung, die der ärztli- chen Weiterbildung entspricht. In einer
Weiterbildungsordnung für Psychothera- peuten liegen denn auch „Chancen und Risiken“, betonte der Sprecher der Weiterbildungskommission der BPtK, Dr. Walter Ströhm. Chancen sieht er darin, neue Berufsfelder erschließen zu können, die sonst von anderen Heil- berufen wahrgenommen würden. Die Risiken liegen in einer eventuellen Abwertung der Ausbildung und in einem eingeschränkten Tätigkeitsprofil.
Zur Diskussion stehen zurzeit folgende
„Kompetenzbereiche“: Klinische Neuro- psychologie, Kinder- und Jugendli- chenpsychotherapie für Psychologische Psychotherapeuten, ein Zweit- oder Drittverfahren sowie Rehabilitations- psychologie. Der Begriff „Kompetenz- bereich“ wurde gewählt, um sich deut- lich von den ärztlichen Weiterbildungs- bezeichnungen zu unterscheiden. In der Diskussion wurde deutlich, dass klarere Kriterien für die Unterscheidung zwi- schen Fortbildung und Weiterbildung gefunden werden müssen. Hans-Jochen Weidhaas, Psychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz, machte einen Vor- schlag, der Zustimmung fand: „Nur was die Kompetenz über die Appro- bation hinaus erweitert, darf Weiter- bildung heißen.“
Zügiges Tempo
Berufsordnungen wurden schon in verschiedenen Landeskammern ver- abschiedet. Diese unterscheiden sich jedoch in einigen Punkten. Deshalb wählten die Delegierten eine Arbeits- gruppe, die eine (Muster-)Berufsord- nung mit Empfehlungscharakter erar- beiten soll. Über diese wird bereits auf dem nächsten Deutschen Psychothera- peutentag am 23.April 2005 in München abgestimmt. Petra Bühring, Thomas Gerst P O L I T I K
Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 4322. Oktober 2004 AA2851