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Archiv "Aufgaben und Entwicklung der Medizinischen Psychologie im vorklinischen Studium" (08.03.1979)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT Spektrum der Woche Aufsätze •Notizen

Heft 10 vom 8. März 1979

Aufgaben und Entwicklung

der Medizinischen Psychologie im vorklinischen Studium

Fünf Lernziele zur Orientierung des Unterrichts

Die Medizinische Psychologie gehört zu den Prüfungsfä- chern für die ärztliche Vorprü- fung. Obwohl sie schon seit über hundert Jahren im medi- zinischen Unterricht etabliert ist, gibt es noch immer Pro- bleme in der Gestaltung des Wissensstoffes und der Lern- ziele. Medizinische Psycholo- gie sollte in enger Verbindung mit der Klinik bleiben und als Basis eigentlichen Handelns gelehrt werden.

Theo R. Payk

Im Zuge der in den sechziger Jahren in Angriff genommenen Studienre- form der Medizin wurde im Jahre 1970 mit der neuen Approbations- ordnung für Ärzte die Medizinische Psychologie neben der Medizini- schen Soziologie als vorklinisches Pflichtfach eingeführt (AO vom 28. 10. 1970).

Beide Fächer zusammen sollen den bis dahin weitgehend naturwissen- schaftlich akzentuierten Unterricht im Medizinstudium erweitern und ergänzen.

Begründet wurde dies vornehmlich damit, daß als Ausgleich für die na- turwissenschaftliche Betrachtungs- weise in der Medizin den psycholo- gischen und sozialwissenschaftli- chen Aspekten von Gesundheit und Krankheit mehr Bedeutung zuge- messen werden müsse, da zur Erklä- rung einer Reihe von Erkrankungen die naturwissenschaftliche Betrach- tungsweise allein nicht mehr ausrei- che.

Diese Revision des häufig zu mecha- nistisch betrachteten Modells menschlichen Verhaltens ging Hand in Hand auch mit dem Wunsch von ärztlicher Seite, psychodynamische und allgemein-psychologische Ge- sichtspunkte in den Umgang mit dem Patienten einzubeziehen.

Entsprechend hieß es im ersten Lernzielkatalog vom 9. 10. 1971, daß der Unterricht in Medizinpsycholo- gie zu verstehen sei als „.. . notwen- dige Ergänzung und Erweiterung der vornehmlich naturwissenschaft- lich-somatischen Perspektive des bisherigen vorklinischen Unter- richts." Der Arzt solle „.. . den ver- haltenswissenschaftlichen und den biologischen Aspekt der Medizin in ihrer Eigenständigkeit und in ihrer Beziehung zueinander reflektieren und beide in ein durchschaubares Konzept praktischer Medizin einord- nen können . ".

Es wurden ursprünglich fünf Lern- ziele (psychologische Einstellung, praktisch-psychologische Fähigkei- ten, medizinisch-psychologische Grundkenntnisse, methodenkriti- sches Verständnis, Grundlagen für die Klinik) in Vorschlag gebracht, von denen — unserer Ansicht nach bedauerlicherweise — das zuletzt ge- nannte Lernziel später fallengelas- sen wurde, welches zunächst ge- dacht war als eine Vermittlung psy- chologischen Grundwissens für das Verständnis anderer, vor allem be- nachbarter medizinischer ein- schließlich der ökologischen Fä- cher.

Neu eingeführt wurde auch, daß nunmehr die ärztliche Vorprüfung

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Spektrum der Woche Aufsätze -Notizen

Medizinische Psychologie im vorklinischen Studium

um 60 Prüfungsfragen aus den Be- reichen Medizinpsychologie und Medizinsoziologie erweitert wurde, was etwa 20% des vorärztlichen Prüfungsvolumens entspricht.

Kein „neues" Fach

Bei näherem Hinsehen zeigt sich, daß der Gedanke an eine Veranke- rung psychologischer Gesichts- punkte im Bereich der Medizin kei- neswegs neu ist. Abgesehen von den bis in die Antike zurückzuverfol- genden Ansätzen einer Durchdrin- gung der Heilkunde mit philosophi- schen und psychologischen Gedan- ken — erinnert sei an die Tempera- ments- und Charakterlehre von Em- pedokles und Hippokrates oder an die frühen psychotherapeutischen Methoden in Form von Suggestiv- und kathartischen Verfahren — fin- den wir besonders in der romanti- schen Medizin u. a. bei K.-G. Carus, A. v. Haller, J. Ch. Reil, G. E. Stahl u.

J. Ch. A. Heinroth starke Strömun- gen einer psychologisch-philoso- phischen Betrachtungsweise von Krankheit und Organismus.

Zur Verselbständigung der Nor- malpsychologie als empirische Wis- senschaft trugen im 19. Jahrhundert andererseits in erheblichem Maße Physiologen und Ärzte wie E. H. We- ber, G. Th. Fechner, P. Broca, W.

Wundt, G. E. Müller, H. v. Helmholtz, E. Mach, E. Hering sowie nicht zu- letzt auch E. Kraepelin bei.

Eine ausführliche historische Dar- stellung zur Entwicklung der Medi- zinischen Psychologie findet sich bei Huppmann, G. u. Hoffmann, V.

(1977).

Unter „Medizinischer Psychologie"

verstand man bis zur jetzigen neuen Approbationsordnung im wesentli- chen eine Art ärztlicher Seelenkun- de, welche an ärztlichen Aufgaben orientierte psychologische Arbeits- richtungen umfaßte wie beispiels- weise für Fragen der Heilkunde wichtige Erlebens- und Verhaltens- weisen des kranken, leidenden oder abnormen Menschen; sie betraf im wesentlichen die Bereiche der Tiefenpsychologie und Psychoso-

matik, der Psychopathologie, So- zialpsychiatrie und Psychohygiene.

In diesem Sinne gab unseres Wis- sens als erster der Arzt und Philo- soph H. Lotze 1852 einen Sammel- band seiner Vorlesungen unter dem Namen „Medizinische Psychologie"

heraus mit dem Ziel, „... den Zu- sammenhang des geistigen und kör- perlichen Lebens in allen jenen Be- ziehungen zu schildern, die der Heil- kunst von Wert sein können ... ".

Zu erinnern ist auch daran, daß die Medizinische Psychologie in Preu- ßen bereits von 1825 bis 1861 in der hier gemeinten Form einer ärztli- chen Psychologie Gegenstand der ärztlichen Prüfung war. Noch die al- te Bestallungsordnung von 1953 for- derte Kenntnisse in medizinischer Psychologie, als Lehrinhalt angesie- delt in der Psychiatrie.

In seinem „Handwörterbuch der Me- dizinischen Psychologie" von 1930 handelte K. Birnbaum Themen ab, die seinen eigenen Angaben zufolge

„ • • • in den medizinischen An- schauungskreis hineingehören und die von ärztlichem Interesse sind."

1919 bemerkte S. Freud mit Blick auf den notwendigen praktischen Be- zug der Psychologie für die medizi- nische Heilkunde: „In den letzten Dezennien hat die ärztliche Ausbil- dung viel Kritik erfahren. Sie ist ein- seitig, insoweit sie den Mediziner auf das Studium von Anatomie, Phy- sik und Chemie hinweist, ohne ihn gleichzeitig in die Bedeutung der psychischen Faktoren für die ver- schiedenen lebenswichtigen Fakto- ren oder Störungen und ihrer Be- handlungen einzuführen, ein Ver- säumnis, das sich später in der ein- seitigen Einstellung unserer Ärzte auswirkt ... In den letzten Jahren hat eine Reihe von Universitäten den Versuch gemacht, diese fühlbare Lücke durch Kurse in Medizinischer Psychologie auszufüllen ... " (zit. n.

Bräutigam, W. u. Wirsching, M.

[1974]).

Erste institutionalisierte Hochschul- lehrer für Medizinpsychologie nach dem Zweiten Weltkrieg waren C.

Fervers in Bonn sowie V. v. Gebsat- tel in Würzburg.

Bis in die jüngste Zeit hinein wurde Medizinpsychologie in diesem Sinne an vielen Universitäten und Hoch- schulen gelesen, und noch 1965 be- merkte E. Wiesenhütter in seinem Vorwort zur zweiten Auflage der

„Medizinischen Psychologie für Vorkliniker", daß es sich dabei nicht um eine kurzgefaßte und zusam- mengedrängte Übersicht über die gesamte Psychologie handeln könne.

Die ersten Lernziele

Nach einigen mehrsemestrigen Pro- beläufen des neuen Faches an unse- ren Universitäten wurde am 26. 5. 1973 der überarbeitete Lern- zielkatalog vorgestellt, dessen Inhal- te die Überlegungen der Mitglieder der „Ständigen Konferenz der Hoch- schullehrer für Psychosomatik/Psy- chotherapie, Medizinische Psycho- logie und Medizinische Soziologie"

(HPPS) widerspiegeln, genauer ge- sagt: der Lernzielkommission Medi- zinische Psychologie.

Die vier Lernziele wurden nun im wesentlichen wie folgt definiert:

0 „Psychologische Einstellung":

Der Arzt solle auch psychologische Faktoren, Bedürfnisse und Gefühls- reaktionen des Patienten wahrneh- men und dessen soziales Umfeld einbeziehen. Er solle auch psycho- logischen und sozialen Faktoren vor Krankheitsentstehung und -unter- haltung Aufmerksamkeit widmen und ein Gespür für die besondere persönliche Situation des Patienten gewinnen.

® „Erwerb praktisch-psychologi- scher Fähigkeiten": Der Arzt solle am Beispiel psychologischer Ver- fahren mit den Arbeitsmethoden der Psychologie vertraut werden, wenn möglich auch auf dem Wege der Selbsterfahrung.

® „Methodenkritisches Verständ- nis": Der Arzt solle spezifische Techniken der Medizin bzw. der ärztlichen Tätigkeit kritisch beurtei- len und handhaben, beispielsweise habe er zu lernen, daß durch seine Persönlichkeit und seine Einstellung

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Medizinische Psychologie im vorklinischen Studium

Krankheitsbefunde mit beeinflußt werden können.

® „Medizinisch-psychologische Grundkenntnisse": Der Arzt solle über die wichtigsten psychologi- schen Fakten Kenntnisse haben, d. h. mit Sachkenntnissen vertraut sein, welche sich auf folgende Ge- biete erstrecken sollten: Methoden- lehre, Ethologie, psychophysische Beziehungen, Motivation und Kon- flikt, Lernen und Intelligenz, psycho- soziales Verhalten, Persönlichkeits- entwicklung und Arzt-Patient-Bezie- hung.

Mediziner oder Psychologen als Lehrer?

Mit der allmählichen Etablierung des neuen Faches wuchsen auch die Fragen nach den formalen Bedin- gungen der Lehre und Forschung, insbesondere hinsichtlich der Aus- bildung und Qualifikation zum Hochschullehrer.

In einem Rundschreiben an die De- kane der Medizinischen Fakultäten forderten Bund Deutscher Psycho- logen und Deutsche Gesellschaft für Psychologie im Juni 1972, daß als Hochschullehrer für das Fach Medi- zinpsychologie ausschließlich Psy- chologen zu berufen seien. Die örtli- chen Fachvertreter der Psychologie seien bei Habilitationsverfahren und Berufungen als zuständige Fachleu- te heranzuziehen. Gegen diese Auf- fassung setzte sich die Ständige Konferenz der HPPS zur Wehr (Brief vom 8. 7. 1972); sie sprach sich deutlich gegen eine Verankerung der Medizinpsychologie innerhalb des psychologischen Fachbereiches aus und verwies darauf, daß bereits im Sommersemester 1972 an 80 Pro- zent der medizinischen Fakultäten Unterricht in Medizinpsychologie abgehalten werde.

„Verblühender Wildwuchs"

Inzwischen liegen verschiedene di- daktische Erfahrungen, hochschul- politische Stellungnahmen und Eva- luierungsberichte mit kritischen An- merkungen vor (u. a. H. Enke, 1972, W. Bräutigam u. M. Wirsching 1974,

K. Hauss u. Mitarb. 1974, G. Hupp- mann u. J. Lützenkirchen 1976, H. P.

Rosemeier u. M. Adler 1976, H. J.

Steingrüber 1976, M. Wirsching 1976, B. Dahme u. Mitarb. 1977, L. R.

Schmidt 1978, siehe ferner Band 3 der „Medizinischen Psychologie"

1977). Sie spiegeln im ganzen die in der Bundesrepublik Deutschland bisher heterogene Unterrichtsge- staltung und -durchführung in die- sem Fach wider trotz der durch den Lernzielkatalog verbindlich festge- legten Inhalte. Es finden sich an den einzelnen Hochschulen und Univer- sitäten Schwerpunktsetzungen, je nachdem ob mehr Berührungsflä- chen zur Allgemeinmedizin, zur Ner- venheilkunde, zur Psychotherapie und Psychoanalyse, zur Gruppendy- namik oder zur Sozialpsychiatrie be- stehen.

Im Vorwort zur Medizinischen Psy- chologie von U. Tewes u. Mitarb.

(1978) gab hierzu K. P. Kisker fol- genden kritischen Kommentar:

. Wir stehen in einem verblühen- den Wildwuchs der medizinischen Psychologie als ausgewalzte Psy- chodynamik, als verdünnte psycho- logische Medizin, als hausgemachte Psychologie für den Arzt, als thera- peutisches Interaktions-Ritual, als leg iti mationsbesessene klinische Psychologie, als individualistisch re- duzierte Medizinsoziologie oder als Einübung in Polit-Medizin . "

In der Tat ist diese Beurteilung trotz aller Überspitzung unserer Ansicht nach ernst zu nehmen, da einerseits sich hier der engagiert tätig werden- den akademischen Psychologie die Möglichkeit eines entscheidenden Einflusses auf die Gestaltung des Medizinstudiums und der ärztlichen Ausbildung bot und andererseits diese infolge eines mit theoreti- schem Wissen überfrachteten Fa- ches überdehnt zu werden droht.

Nach dem Stand vom Sommer 1978 waren von 26 Abteilungen und Lehr- stühlen für Medizinische Psycholo- gie in der Bundesrepublik 14 von Psychologen besetzt, 6 von Medizi- nern und 6 weitere von in Medizin und Psychologie ausgebildeten Hochschullehrern.

Suche nach richtiger Orientierung Zweifelsohne ist unserer Ansicht nach der Gefahr einer Unterrichts- gestaltung als Wissensvermittlung quer durch die gesamte Psychologie entgegenzutreten und jede weitere Entwicklung zu begrüßen, welche sich an den tatsächlichen Erforder- nissen einer psychologischen Medi- zin orientiert und nicht in erster Li- nie an den Bedürfnissen der einzel- nen Fachvertreter, die unseres Erachtens auch eigene Erfahrungen zur ärztlichen Ausbildung und zur praktischen Tätigkeit innerhalb der Heilkunde besitzen sollten.

Zu unterstreichen wären in diesem Zusammenhang von W. Bräutigam gemachte Ausführungen anläßlich des ersten Kongresses der Sektion Medizinische Psychologie der Stän- digen Konferenz der HPPS im Juni 1976 in Ulm: „ ... Die Einführung der Medizinischen Psychologie ge- schah doch in der Erwartung, die Arzt-Patient-Beziehung in ihrer psy- chologischen Dimension zu er- schließen, sie für Medizinstudenten zugänglich zu machen und die psy- chologischen Aspekte von Gesund- heit und Krankheit zu erforschen.

Sie erfolgte nicht, um Mediziner mit dem ganzen unnötigen Ballast der Schulpsychologie, die eine über- spitzte objektive Psycholggie ist, zu belasten ... Wir müssen vor allem, wenn Medizinische Psychologie als Fach für die Mediziner relevant wer- den soll, den Unterricht mehr aus den konkreten, d. h. klinischen Si- tuationen ärztlicher Entscheidungen aufbauen. Wer hier als Lehrer tätig wird, muß selber ärztlich oder psy- chotherapeutisch der Klinik verbun- den bleiben ... " Auch M. Wirsching (1976) hebt ab auf eine psychothera- peutische Qualifikation mit Elemen- ten der Eigenerfahrung für den Hochschullehrer in Medizinpsycho- logie, welche er letztlich sich nur als im klinischen Bereich eingegliedert vorstellen kann.

In einer am 6. 6. 1974 verfaßten ge- meinsamen Stellungnahme von acht Vereinigungen, die sich in bezug auf die Probleme der Medizinpsycholo- gie angesprochen fühlten (Sektion

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DEUTSCHES ÄRZ 1EBLATT Heft 10 vom 8. März 1979 649

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Spektrum der Woche Aufsatze ·Notizen

Medizinische Psychologie im vorklinischen Studium

Medizinische Psychologie der Stän- digen Konferenz der HPPS, Deut- sche Gesellschaft für Psychothera- pie und Tiefenpsychologie, Deut- sche Gesellschaft für Psychiatrie und Nervenheilkunde, Sektion Psy- chosomatik/Psychotherapie der Ständigen Konferenz der HPPS, All- gemeine ärztliche Gesellschaft für Psychotherapie, Deutsche Gesell- schaft für Psychologie, Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psy- chologie und Psychopathometrie, Berufsverband Deutscher Psycholo- gen) zu Grundsatzfragen der Medizi- nischen Psychologie wurde hin- sichtlich der Qualifikation zum Hochschullehrer in diesem Fach ein abgeschlossenes Studium der Psy- chologie mit mehrjährigen thera- peutischen bzw. diagnostischen und methodischen Erfahrungen im me- dizinisch-klinischen Bereich oder eine ärztliche Grundausbildung mit mehrjähriger, qualifizierter prakti- scher und wissenschaftlicher Tätig- keit im medizinisch-psychologi- schen Bereich bei gründlichen Kenntnissen ·der psychologischen Methoden und Theorien gefordert. Auf die Fülle der bisher angebote- nen alten und neuen Lehrbücher und Lehrtexte für Medizinische Psy- chologie einzugehen, würde den Rahmen dieser Darstellung bei wei- tem sprengen.

Die Lernziele heute

Die von der Sektion Medizinische Psychologie der HPPS im April1975 eingesetzte neue, zweite Lernziel- kommission (vgl. B. Dahme u. Mit- arb. 1977) unterzog die alten, oben genannten Lernziele einer Revision.

Dies führte zu einer Auffächerung in die folgenden fünf neuen Lernziele, an denen sich derzeit der Unterricht der Medizinpsychologie orientieren solle:

..,.. Mit dem Lernziel 1 ("Selbst-und Fremdwahrnehmung") soll erreicht werden, daß Motivationen, affektive Reaktionen und sozialpsychologi- sche Elemente der Kommunikation wahrgenommen und in die Arzt-Pa- tient-Beziehung einbezogen werden sollen;

..,.. mit dem Lernziel 2 ("Problembe- wußtsein für medizinisch-psycholo- gische Methodik") wird angestrebt, daß medizinisch-psychologische Konzepte kritisch angewendet und beurteilt werden sollen;

..,.. beim Lernziel 3 ("psychologisch aufgeschlossene Haltung gegen- über dem Patienten") soll Ziel sein, Verständnis für die Bedürfnisse und die besondere Situation des Patien- ten zu entwickeln;

..,.. mit dem Lernziel 4 ("Elemente ärztlich-psychologischen Han·

delns") sind gemeint Methoden der ärztlichen Gesprächsführung, der psychologischen Aspekte der Dia- gnostik und der Grundlagen der Psychodiagnostik sowie psychologi- sche Aspekte der Therapie ein- schließlich der Psychotherapie;

..,.. mit dem Lernziel 5 ("professio- nelle Kooperation") soll der Student den Einfluß von Sozialisation und Institution auf Berufswahl und be- rufliches Handeln erkennen lernen.

Hinsichtlich der "medizinisch-psy- chologischen Grundkenntnisse"

blieb es im wesentlichen bei densel- ben Themenkreisen, die der Gagen- standskatalog für die ärztliche Vor- prüfung vom 19. Juni 1970 wie folgt aufführt: Methoden, Ethologie, psy- chophysische Beziehungen, Motiva- tion und Konflikt, Lernen und Intelli- genz, psychosoziales Verhalten, Persönlichkeitsentwicklung sowie Arzt-Patient-Beziehung.

Es fällt auf, daß Gebieten wie z. B.

Methodenlehre oder Motivation oder Konflikt ein relativ breiter Raum gewidmet wurde, während anderen wichtigen Themen wie dem der Ausdruckspsychologie oder dem der Sprache, des Sprechens und dem Gespräch oder denen über Gesundheit, Krankheit und Sterben oder dem Erstellen des psychischen und psychopathalogischen Befunds demgegenüber .nicht die gebühren- de Beachtung geschenkt wurde.

Es ist davon auszugehen, zumindest zu erhoffen, daß bisherige Unter- richtserfahrungen und Auswertun-

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

gen der Prüfungsergebnisse aus der ärztlichen Vorprüfung dazu führen werden, die Integration des neuen Faches so sinnvoll und ökonomisch wie möglich innerhalb des Medizin- studiums zu gestalten. Eine Erstar- rung der Medizinpsychologie zu ei- nem theoretischen Prüffach, für wel- ches die per Katalog abgefragten Fakten aus einem Kompendium ein- gepaukt werden, kann nicht Ziel der Studienreform gewesen und noch weniger als Element der Ausbildung zur ärztlichen Heilkunde tauglich sein.

Literatur beim Verfasser

Anschrift des Verfassers:

Privatdozent Dr. med. Dr. phil.

Theo R. Payk

Universitätsnervenklinik und Poliklinik

Sigmund-Freud-Straße 5300 Sonn-Venusberg

Z I T A T - - - ,

Ein Rädchen im Getriebe

" ... Kritiker unseres medizi-

nischen Systems machen es sich entschieden zu einfach, wenn sie den Arzt zum Hauptangeklagten in' einem Entwicklungsprozeß ma- chen, in dem er zwar oft die Endstation der Schu ldzu- schreibung sein mag, in Wahrheit aber immer noch nur ein Rädchen in einem gi- gantischen Getriebe ist, das der Zeitgeist in Gang gesetzt hat und in Gang hält. Gerade der Allgemeinarzt ist ja wider seinen Willen zum Vollzugs- gehilfen des Gesetzgebers gemacht worden ... "

Prof. Dr. med. Karl Kremer, Ordinarius für Chirurgie an der Universität Düsseldorf, in

"Die Weit"

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