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Archiv "Aluminium-Intoxikation durch Antacida?" (11.02.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Aluminium-Intoxikation durch Antacida?

A

luminium ist mit rund 8 Prozent Anteil am Aufbau der Erdkruste eines der am weitesten verbreite- ten Elemente. Entsprechend hoch ist der Gehalt in der belebten Welt. Wir nehmen vor allem in pflanzlicher Nahrung Aluminium auf: Obst, Gemüse und Getreide enthalten 10 bis 12 mg Aluminium/100 g Feuchtgewicht. Unter den Feldfrüchten gibt es allerdings erhebliche Unterschiede: In Wurzel- gemüsen wie in Karotten befinden sich Alumini- umgehalte von 200 bis 300 mg/100 g Feuchtge- wicht. Dagegen liegen die Aluminiumgehalte in Fleischprodukten in der Regel unter 1 mg/100 g Feuchtgewicht. Das Problem des Kochens in Aluminiumgeschirr und in Aluminiumfolien ist entschärft: Die Zunahme der Aluminiumgehalte in der Nahrung wird auf 0,5 bis 3 mg/100 g Trok- kengewicht der Nahrungsmittel geschätzt (8).

Selbst die medizinische Zufuhr von Alumi- nium, das, nebenbei bemerkt, nicht einmal in geringen Dosen eingenommen wird, ist dann un- problematisch, wenn eine Voraussetzung gege- ben ist, nämlich eine intakte Nierenfunktion. So ist gegen die gelegentliche Einnahme von Ant- acida, selbst wenn sie in Tagesdosen von 3- bis 4mal täglich 1 bis 2 Tabletten oder entsprechen- den Mengen der Antacida-Suspension konsu-

miert werden, kein Anlaß zu einer Gefährdung durch Aluminium zu sehen. Die Patienten kla- gen über Verstopfung; deshalb verweisen die Pharmakologen auf eine Rezeptur, die Alumini- umhydroxid zusammen mit Magnesiumoxid in jeweils der Situation angepaßten Mischungen vorsieht, die den genannten Beschwerden ge- recht wird (3).

Eine regelmäßige Einnahme von Antacida kann dann problematisch werden, wenn sie über Monate und ohne Unterbrechung erfolgt. Eine Osteomalazie kann sich einstellen, wenn die täg- liche Aluminiumhydroxid-Dosis von 1 g über ein halbes Jahr erfolgt. Mit der Osteomalazie ist oft eine mikrozytäre Anämie verknüpft. Dagegen gibt es bis heute noch keine gesicherte Beobach- tung von Enzephalosen, die nur auf die orale Zufuhr von Aluminium zurückgeführt werden könnten.

Aus diesen Erfahrungen ist die Empfehlung abgeleitet worden, Antacida nie länger als 6 bis 8 Wochen ununterbrochen einzunehmen. Das gilt übrigens für alle Antacida, auch für jenes Präparat, in dem die Gitterstruktur eine langsa- me Freisetzung von Aluminium gewährleistet.

Aluminium muß, nebenbei bemerkt, freigesetzt werden, wenn es im Magen-Darm-Trakt seine Wirkung entfalten soll:

• Neutralisation des Magensaftes:

Al (OH)3 + 3 HC1 A1C13 + 3 H,0 Al (OH) C12 + 2 H2O

• die Funktion des im Magen entstehenden Aluminiumchlorids als „Phosphatfänger":

AlC13 + Na2HPO4 , NaH2PO4 AlPO4 + 3 NaC1 + 3 HC1

A-348 (56) Dt. Ärztebl. 84, Heft 7, 11. Februar 1987

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Es kann natürlich nicht bezweifelt werden, daß bei der Anwendung unterschiedlicher Anta- cida auch unterschiedliche Konzentrationen von Aluminium im Blut gemessen werden können;

die bisher veröffentlichten Konzentrationen sind jedoch ohne jede toxikologische Bedeutung.

Die toxischen Konzentrationen von Aluminium im Plasma bewegen sich bei Aluminiumvergif- tungen, beispielsweise bei dialysepflichtigen In- dividuen, oberhalb von mehreren 100 Kg/1 bis in den Milligramm-Bereich hinein!

Konzentration von Aluminium in der Dialyseflüssigkeit

Die dialysepflichtigen Patienten sind auch die Gruppe, für die die Gefahr der Enzephalo- pathie, hervorgerufen durch Aluminium, be- steht. Sie ist aber keineswegs ausschließlich auf die Zufuhr von Aluminium zur Fixation von Phosphat im Intestinaltrakt zurückzuführen, das dann mit den Fäces ausgeschieden werden soll.

Durch diese Maßnahme kann die Dialysefre- quenz herabgesetzt werden. Ausschlaggebend für die hohe Aluminiumzufuhr war vor allem die Tatsache, daß bis noch vor einigen Jahren, ehe man diese Zusammenhänge erkannte, ver- gleichsweise hohe Aluminiumgehalte in den Dialyseflüssigkeiten geduldet wurden. Immer- hin ist festzustellen, daß ein erwachsener Dialy- sepflichtiger im Jahr mit 18 000 bis 36 000 Litern Flüssigkeit „ausgetauscht" wird.

In Kenntnis der großen Gefahr der perma- nenten Zufuhr von Aluminium über die Dialyse selbst hat die Commission of the European Community, Health and Safety Directorate, Lu- xemburg, die Konzentration von Aluminium in der Dialyseflüssigkeit auf < 30 li.g/1 festgelegt.

Diese Werte sind nur mit komplizierten und auf- wendigen Verfahren, beispielsweise mit der Elektroosmose, überhaupt zu erreichen. Es ist wichtig zu wissen, daß in vielen Wasseraufberei- tungsanlagen das Trinkwasser zum Beispiel mit Aluminiumhydroxid, seiner großen adsorptiven Oberfläche wegen, geklärt wird. Die zum Teil hohen Aluminiumgehalte in Trinkwasser, Ge- tränken und Nahrungsmitteln haben kürzlich Schlagzeilen gemacht (7).

Noch eine letzte Anmerkung zur Dialyse- Enzephalopathie; sie ist nicht mit der Alzhei- merschen Erkrankung zu vergleichen, wenn auch die Leitsymptome wie Demenz und Sprachschwierigkeiten ähnlich sind. Genauso häufig treten bei Patienten mit einer Alumini- um-Enzephalopathie übrigens auch Myoklonie

auf. Bei über 50 Prozent der Fälle stellen sich Krampfanfälle ein (siehe Literatur in 6). Die Frage, ob die Alzheimersche Erkrankung even- tuell die Folge einer Aluminiumintoxikation ist, wurde zu Beginn der 80er Jahre in der Literatur diskutiert. Heute ist man hier eher zu der Über- zeugung gekommen, daß Aluminium keine pathogenetische Rolle spielt. Die Alzheimer- sche Erkrankung, die im wesentlichen auf einen Transmitter-Defekt im Zentralnervensystem zu- rückgeführt werden kann, hat deutliche geneti- sche Komponenten (5). Vor siebeneinhalb Jah- ren haben wir uns im Deutschen Ärzteblatt schon einmal mit der Frage befaßt, ob Alumini- um ungiftig ist (2). An der Bewertung hat sich in der Zwischenzeit nichts, aber auch gar nichts ge- ändert. Erwähnt werden sollte, daß bei Alumi- niumvergiftungen mit Deferoxamin eine erfolg- reiche Ausschleusung durchgeführt werden kann (1, 4, 9).

Literatur

1. Andreoli, S. P. et al.: Intraperitoneal Deferoxamine Therapy for Aluminium Intoxication. J. Pediatr. 107 (1985) 760-763 2. Becker, G. et al.: Ist Aluminium ungiftig? Dt. Ärztebl., Heft

24 (1979) 1639-1642

3. Forth, W.; Henschler, D.; Rummel, W.: Allgemeine und spe- zielle Pharmakologie und Toxikologie, S. 306, Tab. 3, BI-Wis- senschaftsverlag, Mannheim (1983) 4. Auflage

4. Freundlich, M. et al.: Treatment of Aluminium Toxicity in In- fantile Uremia with Deferoxamine. J. Pediatr. 109 (1986) 140-143

5. Hardy, J. A.: Alzheimers Disease-Pathology and Genetics. Fu- tura, Heft 3 (1986) 32-36

6. Knoll, 0.: Aluminium (Al). In: Spurenelemente (H. Zumkley Hgb.), G. Thieme; Stuttgart, New York (1983) 45-57 7. Knoll, 0.: Aluminium Contamination of Tap Water and Food.

Trace Elements in Med. 3 (1986) 172-175

8. OndreiCla, P. et al.: Aluminium, its Absorption, Distribution and Effects an Phosphorus Metabolism. In: Intestinal Absorp- tion of Metal Ions, Trace Elements and Radionuclides (S. C.

Skoryna, D. Waldron-Edwards Eds.) Pergamon Press; Oxford, Braunschweig (1971) 293-305

9. Warady, B. A. et al.: Aluminium Intoxication in a Child:

Treatment with Intraperitoneal Desferrioxamine. Pediatrics 78 (1986) 651-655

Professor Dr. med. Wolfgang Forth Vorstand des Walther-Straub-Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universität München

Nußbaumstraße 26, 8000 München 2 Dt. Ärztebl. 84, Heft 7, 11. Februar 1987 (59) A-349

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