DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung
Alte Leier
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ie SPD hat sich offenbar geschworen, keine Gele- genheit auszulassen, um der „Rechtskoalition aus CDU, CSU und FDP" (so die SPD-Ar- beitsgemeinschaft für Arbeit- nehmerfragen) eine böse Ab- sicht anzuhängen: Unter der Ägide von Heiner Geißler und Norbert Blüm würde der So- zialstaat systematisch demon- tiert, würden hart erkämpfte soziale Besitzstände angetastet und ein Umverteilungsprozeß von unten nach oben betrieben.Die schrillen Töne der Arbeits- gemeinschaft der Sozialde- mokraten im Gesundheitswe- sen (ASG) mochten noch als Unmutsbekundungen und Stimmungsmache einiger neu gewählter Exponenten durch- gehen, doch setzte die Bundes- konferenz der SPD-Arbeits- gemeinschaft für Arbeitneh-
merfragen (AfA) kaum eine Woche später noch eins drauf.
Die AfA bietet sich als Sachwal- terin der sozialen Gerechtigkeit an. Sie will der „Wirtschaftskri- minalität", der Plünderung des Sozialstaates und „Manipula- tionen im Gesundheitswesen"
einen Riegel vorschieben. Man mag dies als überzogen hinstel- len, die Anwürfe der AfA sind jedenfalls gewichtiger einzu- stufen als die von ASG-Oberen losgelassenen Rundum-Schlä- ge. Denn immerhin ist die AfA zur mitgliederstärksten und einflußreichsten Gruppierung innerhalb der SPD gediehen.
F
ür die SPD sind die „Buh- männer" des Gesundheits- wesens ausgemacht: Sämt- liche „Anbieter", insbesondere die Ärzte und Zahnärzte sowie die pharmazeutische Industrie;sie sollen an die straffe staat- liche Kandare genommen wer- den. Die Preisentwicklung im Gesundheitswesen müsse sich auch künftig an der Meßlatte
der Grundlohnsummenent- wicklung orientieren. Daß bei einer solchen verzerrten Sicht die Versicherten ausgenom- men bleiben müssen, daran ließ auch die SPD-AfA keinen Zweifel.
W
ie bereits früher werden als probate Rezepte empfohlen: Alle Ange- stellten sollen unbegrenzt ge- setzlich kranken-versichert werden; die Bemessungsgren- ze soll hochgeschraubt werden.Auch die Beamten sollen in die gesetzliche Versicherung ge- pfercht werden. Eine „Positivli- ste für Arzneimittel" soll die
„ungefügigen" Ärzte ebenso wie die Pharmaindustrie end- lich Mores lehren. Trotz all die- ser strukturverändernden Vor- schläge fordert die SPD, die Sb- zialpolitik solle von Stetigkeit geprägt sein. Worauf wir uns, zumindest was die verbal-pro- grammatische Seite der SPD betrifft, verlassen können: im- mer wieder die alte Leier. HC
Inhaltsverzeichnis
Aktuelle Politik
Licht ins Dunkel
der „Selbsteinweisung" 329 Der Kommentar
BAT-Falle 330
Nachrichten
Aus Bund und Ländern: Beschränkungen der Kassenarztzulassungen in Bayern auf- gehoben — Einführung in die Arbeitsmedi- zin — Privatrezepte: Wiederholungsvermerk soll entfallen — Privat-Universität in Witten/
Herdecke expandiert — Psychiatrie: Modell- erprobungen in 14 Regionen — Zentrum für Herzchirurgie in Stuttgart — 4,5 Millionen Schwerbehinderte — Zusatzversichert im Krankheitsfall — Aus der DDR: Weiterbil- dung für Teilgebiete „nur bei Bedarf" — 257 neue Ärzte — Europa: 3,7 Prozent mehr Ärz- te — Aus aller Welt: Ein Kinderarzt wurde
Präsident — Nieren für Ausländer 331
Die Reportage
islamische Medizin —
mehr Wunsch als Wirklichkeit 333 Einreise nach Persien (IV)
Norbert Jachertz
Fasten als Heilmittel für physische
und psychische Krankheiten 334
Dr. med. M. Farrukh Hussain
Der Kommentar
„Milliarden-Ding" noch nicht abgehakt 337
Die Glosse
Sozialkybernetik — Komma Null 338
Themen der Zeit
Ein neues Preis-System
für das Hospital: Beispiel USA .339
Dr. med. Karl Jeute
Selbstmord im Justizvollzug 341 Ursachen und Abhilfemaßnahmen
Dr. med. Annemarie Wiegand
Ausgabe A 81. Jahrgang Heft 6 vom 10. Februar 1984 (1) 313