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Archiv "Ärztlich-therapeutisches Vorgehen bei psychiatrischen Notfällen" (01.04.2011)

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Ärztlich-therapeutisches Vorgehen bei psychiatrischen Notfällen

Paraskevi Mavrogiorgou, Martin Brüne, Georg Juckel

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Psychiatrische Notfälle, die zum Beispiel als akute psychomotorische Erregungszustände oder Suizida- lität imponieren, kommen in Allgemeinkrankenhäusern, im Rettungsdienst oder in Praxen häufig vor und sind für alle Beteiligten belastend. Sie sind zum Teil lebensbedrohlich und müssen sofort behandelt werden. Ziel dieser Arbeit ist es, die wichtigsten psychiatrischen Notfallsituationen dar- zustellen, auch hinsichtlich ihrer differenzialdiagnosti- schen Bedeutung, und effektive Strategien für eine rasche Behandlung und Bewältigung aufzuzeigen.

Methode: Selektive Literaturrecherche.

Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Kontrollierte Untersu- chungen und verlässliche Daten zur Häufigkeit und Versor- gung psychiatrischer Notfälle in nichtfachpsychiatrischen Institutionen wie zum Beispiel Allgemeinkrankenhäusern oder hausärztlichen Praxen sind rar. Aus den vorliegenden Studien lassen sich jedoch Hinweise ableiten, dass eine Optimierung bezüglich Diagnostik und Therapie der psy- chiatrischen Notfälle erforderlich ist. Die Behandlung psy- chiatrischer Notfallpatienten stellt hohe Anforderungen nicht nur an das Wissen im Bereich Psychiatrie, sondern auch an Persönlichkeit und Verhalten des Arztes. Zur the- rapeutischen Basis zählt die verlässliche und vertrauens- bildende Beziehung zum Patienten, zum Handlungsreper- toire das ebenso geduldige wie beruhigende Zureden. Kla- re und schnelle therapeutische Entscheidungen unter Be- rücksichtigung effektiver medikamentöser Behandlungs- strategien bringen in der Regel die akute Symptomatik rasch zum Abklingen.

►Zitierweise

Mavrogiorgou P, Brüne M, Juckel G: The management of psychiatric emergencies. Dtsch Arztebl Int 2011;

108(13): 222–30 DOI: 10.3238/arztebl.2011.0222

E

in psychiatrischer Notfall ist ein Zustand, der häu- fig, aber nicht immer zwangsläufig durch eine psychiatrische Krankheit bedingt ist. Um Lebensgefahr oder sonstige schwerwiegende Folgen für den Patienten und andere Personen abzuwenden, zwingt ein psychi- atrischer Notfall zu unmittelbarem Handeln (1). Es ist eine sofortige, an der akuten Symptomatik orientierte gezielte Therapie erforderlich, um subjektive Be- schwerden zu mildern oder selbst- sowie fremdschädi- gendes Verhalten zu verhindern.

Lernziele

Lernziele für den Leser dieses Beitrags sind:

Einen Überblick über die wichtigsten psychiatri- schen Notfallsituationen zu erhalten.

Die rechtlichen Grundlagen zur Abwendung von Eigen- und Fremdgefährdung zu kennen und an- wenden zu können.

Die differenzialdiagnostische Bedeutung und ef- fektive Strategien für eine rasche Behandlung und Bewältigung von psychiatrischen Notfällen ken- nenzulernen.

Über die Häufigkeit psychiatrischer Notfälle in all- gemein- beziehungsweise hausärztlichen Praxen, in der Notaufnahme von Allgemeinkrankenhäusern oder im Notdienst liegen kaum zuverlässige Versorgungsdaten vor. Je nach Untersuchung werden Prävalenzraten psy- chiatrischer Notfallsituationen von 10 bis 60 % angege- ben (2). Dabei kann man eine Reihe methodischer Un- zulänglichkeiten als eine mögliche Erklärung für diese eher breite Streuung heranziehen. Aufgrund der gegen- wärtigen Organisations- und Versorgungsbedingungen einerseits und der andererseits eher kritisch distanzier- ten Einstellung der Gesellschaft allgemein zu psy- chischen Störungsbildern, erscheint es nicht verwun- derlich, dass die Primärversorgung psychiatrischer Notfälle zu einem großem Teil in nichtfachpsychiatri- schen Institutionen erfolgt. So werden vor allem die

Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum:

Dr. med. Mavrogiorgou, Prof. Dr. med. Brüne, Prof. Dr. med. Juckel

Punkte 3

cme

Teilnahme nur im Internet möglich:

aerzteblatt.de/cme

Prävalenz

Die Prävalenzraten psychiatrischer Notfälle

in nichtfachpsychiatrischen Institutionen wie

Allgemeinkrankenhäusern oder hausärztlichen

Praxen liegen zwischen 10 und 60 %.

(2)

M E D I Z I N

Notaufnahmen von Allgemeinkrankenhäusern, die in der Regel schnell erreichbar sind und eine Versorgung rund um die Uhr gewährleisten, auch von psychiatrisch erkrankten Patienten aufgesucht, die nicht einer Stig- matisierung ausgesetzt sein wollen.

In einer retrospektiven Untersuchung der Medizini- schen Hochschule Hannover lag im Jahr 2002 die Vor- stellungsrate psychiatrischer Patienten in der Notauf- nahme bei 12,9 % (3). Auch der ärztliche Notdienst ist in 12 bis 25 % die erste Anlaufstelle für psychiatrische Notfälle (4, 5). Bei den Allgemeinmedizinern bezie- hungsweise Hausärzten, die als die am weitesten akzep- tierte und primär aufgesuchte Versorgungseinrichtung gelten, treten psychiatrische Notfälle in 10 % der Fälle auf. Dabei liegen auch hier kaum zuverlässige Daten aus dem deutschsprachigem Raum vor, und länderspe- zifische Unterschiede in den Gesundheits- und Versor- gungssystemen dürften sich zudem limitierend auf all- gemeine Vergleiche und Rückschlüsse auswirken (6, 7).

Aus den geschilderten Gegebenheiten resultiert, dass Grundkenntnisse bezüglich des diagnostischen und the- rapeutischen Vorgehens bei psychiatrischen Notfällen erforderlich sind. Darüber hinaus leitet sich diese Not- wendigkeit auch aus mehreren Studien ab, in denen ge- zeigt werden konnte, dass psychische Störungen im Rahmen der Erstversorgung in primär nicht psychi- atrisch ausgerichteten Institutionen und Kliniken in bis zu 60 % der Fälle nicht erkannt und nicht angemessen behandelt werden (2, 8).

Psychiatrische Notfälle imponieren im Wesentlichen als akute Erregungs- und psychomotorische Unruhezu- stände sowie selbstschädigendes oder suizidales Ver- halten. Ziel dieser Arbeit ist es, diese Notfälle in ihren diagnostischen und differenzialdiagnostischen Bezü- gen darzustellen sowie Behandlungsmöglichkeiten auf- zuzeigen. Die algorithmisch aufgebauten Grafiken 1 und 2 sind als diagnostische und therapeutische Ent- scheidungshilfen gedacht, im Einzelfall kann ein ab- weichendes Vorgehen indiziert sein. Da es keine guten Evidenzgrade in der Notfallpsychiatrie gibt, sind die in dieser Arbeit abgedruckten Algorithmen und Therapie- vorschläge als Empfehlungen und nicht als gesichertes Wissen zu verstehen. Sie basieren auf der klinischen Erfahrung der Autoren und entsprechen dem Vorgehen der Bochumer Universitätsklinik für Psychiatrie. Allge- meine Voraussetzungen, auf die im Folgenden zunächst eingegangen wird, sollten jedoch jedem Arzt geläufig sein, um mit akuten psychiatrischen Notfallsituationen umgehen zu können.

Allgemeine Behandlungsvoraussetzungen

Neben den Grundkenntnissen in Diagnose und Therapie psychiatrischer Notfälle sollten die rechtlichen Rahmen- bedingungen zur Behandlung psychisch Kranker auch bei Ärzten anderer Fachrichtung genau bekannt sein. Das ist wichtig, weil bei psychiatrischen Akuterkrankungen die Krankheitseinsicht und Kooperationsbereitschaft der Pa-

KASTEN 1

Wichtigste rechtliche Grundlagen im Notfall

Rechtfertigender Notstand (Paragraf 34 StGB) erlaubt ärztlich indizierte Behandlungsmaßnahmen

– zur Abwendung von Gefahr im Notfall – auch ohne Einwilligungsfähigkeit des Patienten

PsychKG („Psychisch-Kranken-Gesetz“)

– regelt die Unterbringungsmodalitäten („Zwangsein- weisung“)

– ist bundesländerspezifisch

– Eine Einweisung kann bei Eigen- oder Fremdgefähr- dung durch jeden Arzt und Bürger beim Gericht an- geregt werden.

– Die Unterbringung erfolgt durch einen richterlichen Beschluss.

BtG (Betreuungsgesetz)

– Bei krankheitsbedingtem Unvermögen des Patienten, seine Angelegenheiten zu regeln, kann eine Betreu- ung eingerichtet werden; wenn dies schon besteht, kann der Betreuer hinzugezogen werden.

– Ein Antrag hierfür kann beim zuständigen Gericht eingereicht werden und wird meist nach fachärztli- chem (psychiatrischem) Gutachten entschieden – Die Betreuung kann zeitlich und für umschriebene

Wirkungsbereiche (zum Beispiel Gesundheitsfürsor- ge, Aufenthaltsort) begrenzt werden.

(modifiziert nach [9])

Datenlage

Die spärliche Datenlage bei insgesamt wenigen kontrollierten Untersuchungen sowie länderspezi- fische Unterschiede in den Gesundheits- und Ver- sorgungssystemen erlauben keine genauen Häu- figkeitsangaben.

Rechtliche Grundlage

Der Paragraf 34 StGB, das „Psychisch-Kranken-

Gesetz“ (PsychKG) sowie das Betreuungsgesetz

stellen die rechtlichen Grundlagen dar, die zur

Abwendung einer akuten Eigen- oder Fremdge-

fährdung angewendet werden können.

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tienten eingeschränkt sein können und bisweilen freiheits- entziehende Maßnahmen eingeleitet werden müssen. Zu den rechtlichen Grundlagen zählt zum Beispiel das Psy- chisch-Kranken-Gesetz (PsychKG). Es variiert etwas von Bundesland zu Bundesland und regelt, dass jeder Arzt – zum Teil mittels Einbindung und Vermittlung des Sozial- psychiatrischen Dienstes – beim zuständigen Gericht an- regen kann, einen Patienten mit einem psychiatrischen Störungsbild wegen einer akut bestehenden Eigen- oder Fremdgefährdung in einem psychiatrischen Krankenhaus

unterzubringen, um Gefahren abzuwenden. Hierbei kön- nen unter Umständen die Polizei und Feuerwehr als Amts- hilfe notwendig sein und angefordert werden (Kasten 1).

Der Aufbau eines Gesprächskontaktes und die Anam- nese in der Notfallsituation unterscheiden sich vom allge- meinen psychiatrischen oder ärztlich-therapeutischen In- terview wegen der Intensität des Krankheitszustandes und der möglichen Gefährdung des Patienten oder anderer Per- sonen durch die Notwendigkeit eines zügigeren Vorgehens und einer stärkeren Strukturierung (9). Neben der Erfas- GRAFIK 1

Differenzialdiagnosen und Akuttherapie psychomotorischer Erregungs- und Unruhezustände AP, Antipsychotika; BDZ, Benzodiazepine; SV, Suizidversuch

Erste Kontaktaufnahme

Ein zielorientiertes, besonnenes, aber auch empa- thisch-verständnisvolles ärztliches Auftreten und Handeln sind beim Erstkontakt mit einem akut psychisch erkrankten Patienten wesentliche erste therapeutische Schritte.

Psychomotorische Unruhezustände

Psychiatrische Notfälle, die als psychomotorische

Erregungs- und Unruhezustände imponieren, kön-

nen sowohl Leitsymptom einer Reihe von psy-

chischen Erkrankungen, aber auch Ausdruck einer

organischen Störung sein.

(4)

M E D I Z I N

sung der vorherrschenden subjektiven Beschwerden ist es erforderlich, das Verhalten des Patienten während der Ex- ploration genau zu beobachten und dabei auf die Spontan- motorik, Zeichen psychomotorischer Unruhe, Anspan- nung und Impulsivität zu achten. Sofern fremdanamnesti- sche Angaben verfügbar sind, sollten gezielt das Verhalten oder andere Auffälligkeiten der betroffenen Person im Vor- feld der psychiatrischen Notfallsituation erfragt werden.

Die Rahmenbedingungen der Erstuntersuchung sollten so gewählt sein, dass für Patient und Untersucher eine größtmögliche Sicherheit gewährleistet ist (10–12). Klare Strukturen – einschließlich der Erwartungen an das Ver- halten des Patienten – vorzugeben, ist in jedem Fall sinn- voller und erfolgreicher, als unkritisch restriktive Maß- nahmen anzuwenden. Festigkeit, Zielorientiertheit, Be- sonnenheit und Empathie sind gerade bei akut psychisch erkrankten Patienten sehr bedeutsam. Diese Grundhaltung sollte sich auch im nonverbalen Verhalten gegenüber den Patienten ausdrücken. Überhaupt ist die Schaffung eines persönlichen Zugangs zu hochgradig erregten oder ängst- lich-suizidalen Patienten durch ein freundlich-empathi- sches sowie respekt- und verständnisvolles Auftreten ein entscheidender Bestandteil erster therapeutischer Schritte und wegweisend für die weitere Behandlung (9, 11).

Vor Beginn einer Therapie sollten, wenn möglich, or- ganische Erkrankungen diagnostisch ausgeschlossen werden. Dabei sind eine genaue allgemein-körperliche und neurologische Untersuchung unerlässlich. Gerade auch in unklaren Fällen sind unverzüglich weiterführen- de diagnostische Maßnahmen wie etwa eine kraniale Computer- oder Magnetresonanztomographie sowie ent- sprechende Laboruntersuchungen zu veranlassen. Medi- kamentös sollte man erst dann behandeln, wenn die vo- rangegangenen situationsberuhigenden und vertrauens- aufbauenden Interventionsmaßnahmen fehlgeschlagen sind. Die Wahl des Medikaments und die Form der Appli- kation richten sich nach Diagnose und Zielsymptomatik.

Wichtige Schritte für ein optimales Vorgehen findet man zum Beispiel in der S2-Leitlinie „Therapeutische Maß- nahmen bei aggressivem Verhalten in der Psychiatrie und Psychotherapie“ der Deutschen Gesellschaft für Psychia- trie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN).

Psychomotorische Erregungs- und Unruhezustände

Diagnostik

Psychomotorische Erregungs- und Unruhezustände sind diagnostisch vieldeutig und können sowohl Ausdruck ei- ner organischen Störung als auch Leitsymptom einer Rei-

KASTEN 2

Pharmakotherapie eines

psychotischen Erregungszustandes*

1

Levomepromazin: 50 mg i.m. beziehungsweise 100 mg oral. Cave: Blutdruck- abfall, Tachykardie und Kollapsneigung

Haloperidol: 5–15 mg i.m. oder i.v. Cave: Frühdyskinesien

Diazepam: 5–10 mg i.v.; Tageshöchstdosis 40–60 mg; langsame Injektion, da Atemdepression möglich; Lorazepam 2 mg

Zuclopenthixol: 100–200 mg i.m. als Kurzzeitdepotneuroleptikum (akute schi- zophrene Psychosen, Manie)

Olanzapin: 5–20 mg als Schmelztablette oder i.m.

Risperidon: 2–4 mg als Schmelztablette

*1modifiziert nach (10)

KASTEN 3

Risikofaktoren für Suizidalität*

1

psychische Erkrankungen

– Depressionen, Sucht, Schizophrenie, bipolare Störungen

vorbestehende Suizidalität – Suizidankündigungen

– nach Suizidversuchen (vor allem kurz zurückliegend)

hohes Lebensalter

– Vereinsamung, Verwitwung

– schmerzhafte, einschränkende, chronische Erkrankungen

junges Lebensalter

– Entwicklungs- und Beziehungskrisen – familiäre oder Ausbildungsprobleme – Drogenprobleme

traumatische Lebensereignisse – Partnerverlust, schwere Kränkungen

– Verlust des sozialen, kulturellen oder politischen Lebensraumes – Identitätskrisen, Anpassungsstörungen

– Langzeitarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit

– Kriminalität/Verkehrsdelikte (Verletzung, Tötung eines anderen)

körperliche Krankheiten, die die Lebensqualität stark einschränken

*1modifiziert nach (17)

Differenzialdiagnostische Überlegungen Wenn möglich, sollten unverzüglich diagnostische Maßnahmen eingeleitet werden, um die hinweis- führenden differenzialdiagnostischen Überlegun- gen zu unterstützen.

Eigenschutz vor Fremdschutz

Ein Erstkontakt mit Patienten in akutem Erregungs- und Unruhezu-

stand sollte im Beisein von Pflegekräften erfolgen, da Patienten und

ihre Kräfte in Notfallsituationen nicht einschätzbar sind und dann Ei-

genschutz vor Fremdschutz geht.

(5)

he von psychischen Erkrankungen sein (12) (Grafik 1).

Psychomotorische Unruhe kann sich – in Abhängig- keit von der affektiven Grundstimmung und vom Schweregrad – als leichte, ängstlich getönte Unruhe zeigen, aber auch bis hin zu schwersten aggressiven Er- regungszuständen reichen. Organisch bedingte Erre- gungszustände können auftreten bei:

demenziellen Erkrankungen

internistischen Erkrankungen wie Hyperthyreose oder Herzinfarkt

neurologischen Störungen wie Enzephalitiden, Sub- arachnoidalblutungen oder bei postiktalen Dämmer- zuständen.

Erregungszustände bei demenziellen Erkrankungen sind meistens mit räumlichen und zeitlichen Orientie- rungsstörungen und darüber hinaus nicht selten mit Ver- haltensauffälligkeiten assoziiert. Die Wahrscheinlichkeit einer internistischen Erkrankung sollte durch eine sorgfäl- tige Diagnostik organischer Ursachen ausgeschlossen be- ziehungsweise eingegrenzt werden. Akute hirnneurologi-

sche Störungen gehen meist mit Bewusstseinstrübungen einher, die Differenzialdiagnose zu Intoxikationen durch psychotrope Substanzen kann im Einzelfall schwierig sein. Bei impulsiv-feindseliger Erregtheit steht vor allem eine intensivmedizinische Überwachung mit Schutzmaß- nahmen vor Selbstschädigung und vor fremdaggressiven Aktionen im Vordergrund.

Therapiemaßnahmen

Allgemeine Ziele der Behandlung akuter Erregungs- und Unruhezustände bestehen im Schutz vor Eigen- und Fremdverletzung. Sie gehen in der Regel mit einer me- dikamentösen Therapie einher – meistens im Sinne ei- ner Sedierung –, die jedoch eine weitere differenzialdi- agnostische Abklärung nicht behindern darf (13). Als oft erfolgreiche Maßnahme gilt das sogenannte „talking down“. Hierbei wird durch ein gleichmäßiges, freundli- ches Ansprechen und Aufrechterhalten des Gesprächs- kontaktes versucht, den Patienten verbal zu beruhigen (1). Erregungszustände können kurzfristig abklingen GRAFIK 2

Differenzialdiagnosen und Akuttherapie selbstverletzenden-suizidalen Verhaltens;

AP, Antipsychotika; BDZ, Benzodiazepine; SV Suizidversuch

KASTEN 4

Häufige Fehler im Umgang mit Suizidpatienten

Suizidankündigungen nicht ernst nehmen

psychiatrische Störung übersehen

stationäre Einweisung verzögern/unterlassen

Bagatellisierungstendenzen des Patienten fehldeuten

mangelnde Exploration der jetzigen und eventuell frühe- ren Umstände, die zu Suizidalität geführt haben

Missachtung der Fremdanamnese

zu rasche Suche nach positiven Veränderungsmöglich- keiten

überhöhte Ansprüche an die eigenen therapeutischen Fähigkeiten (Omnipotenzgefühl des Arztes/Therapeuten)

Fehlbeurteilung der Ruhe nach dem Entschluss und vor dem geplanten Suizid

einseitige und unverbindliche Therapieempfehlungen

modifiziert nach (17)

Talking down

Therapiemaßnahmen akuter Erregungs- und Un- ruhezustände beinhalten ein „talking down“ so- wie den Einsatz sedierender Medikamente wie Benzodiazepine oder sedierender Antipsychotika.

Suizidalität

Suizidalität und selbstschädigendes Verhalten

nehmen in der Versorgung psychiatrischer Notfäl-

le mit bis zu 15% einen breiten Raum ein und

stellen in Bezug auf die adäquate Einschätzung

eine Herausforderung dar.

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M E D I Z I N

(„Ruhe vor dem Sturm“) und rasch wieder und noch stärker aufflammen und somit ein falsches Bild von der tatsächlichen Gefährdung geben. Deshalb sollte man stets versuchen es einzurichten, dass zum Beispiel ge- schulte Pflegekräfte oder andere Hilfspersonen während des Erstkontaktes mit aggressiv-gespannten Patienten anwesend sind. Zu forsches Auftreten kann die Aggres- sivität steigern, auch sollte man sich vor Selbstüber- schätzung hüten, da Patienten im Erregungszustand zum Teil große Kräfte entwickeln können. In solchen Fällen geht Eigenschutz vor Fremdschutz.

Ängstlich gefärbte Erregungszustände unter Psycho- stimulanzien und Halluzinogenen erfordern eine Medi- kation mit Benzodiazepinen (14) (Grafik 1). Bei Unru- hezuständen infolge von Alkohol-, Opioid- oder Hypno- tikaentzug ist zur Verhinderung eines Delirs oder bei be- reits eingetretener deliranter Symptomatik Clomethiazol per os Mittel der ersten Wahl – gegebenenfalls ergänzt durch Clonidin oder einen β-Rezeptorblocker bei ausge- prägter vegetativer Begleitsymptomatik beziehungswei- se Antipsychotika bei psychotischen Symptomen. Eine weitere wesentliche Option zur Behandlung von Alko- holentzugssyndromen vor allem bei Entzugskrampfan- fällen sind auch Benzodiazepine wie zum Beispiel Dia- zepam oder Lorazepam. Gegen Opioidentzugssyndrome werden eher sedierende Antidepressiva wie Doxepin eingesetzt. Bei Benzodiazepinentzug ist stets darauf zu achten, die entsprechende Substanz nicht abrupt abzuset- zen. Psychomotorische Erregungszustände mit aggressi- vem Verhalten bei schizophrenen Psychosen, die nicht selten einen polizeilichen Einsatz erforderlich machen (15), können durch die Gabe von Antipsychotika effek- tiv behandelt werden (16) (Kasten 2).

Psychomotorische Erregung und Unruhe sind des Wei- teren ein wichtiges Charakteristikum agitierter Depressio- nen, bei denen in der Regel jedoch die depressive Grund- stimmung nicht zu übersehen ist. Auch hier bietet sich aufgrund des verzögerten Wirkeintritts antidepressiver Substanzen die sofortige additive Behandlung mit Ben- zodiazepinen oder niedrigpotenten Antipsychotika an. Er- regungszustände bei Panikattacken sind medikamentös am ehesten mit Benzodiazepinen zu beherrschen. Erre- gungs- und Unruhezustände können ebenfalls im Rah- men akuter Belastungsreaktionen oder Erkrankungen aus dem Spektrum der Angststörungen auftreten. Auch hier sind Benzodiazepine indiziert, sollten jedoch möglichst rasch aufgrund des Abhängigkeitspotenzials durch geziel- te psychotherapeutische Interventionen ersetzt werden.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Unruhezustände

auch die Folge einer antipsychotischen Medikation oder anderer antidopaminerg wirkender Substanzen wie Metoclopramid sein können. Dieses als Akathisie bezeichnete Symptom ist gekennzeichnet durch bein- betonte, rastlose Bewegungen im Sitzen und Stehen, häufig begleitet von einem subjektiv quälenden Unru- hegefühl. Die Akathisie kann als psychotische Sympto- matik verkannt werden, so dass es durch eine weitere Erhöhung der Antipsychotikadosis zu einem Circulus vitiosus kommen kann. Therapie der ersten Wahl der akuten Akathisie ist die Gabe von Anticholinergika, Benzodiazepinen, dem Antidepressivum Amitriptylin oder dem β-Rezeptorblocker Propanolol. Darüber hi- naus sollte eine Dosisverminderung beziehungsweise eine Umstellung des Akathisie-induzierenden Antipsy- chotikums erfolgen.

Selbstverletzendes und suizidales Verhalten

Diagnostik

Suizidalität und selbstschädigendes Verhalten nehmen in der Versorgung psychiatrischer Notfälle mit bis zu 15 % einen breiten Raum ein (3, 15, 17). Zu den schwierigsten Aufgaben zählt die Einschätzung des Risikos nach bereits stattgefundenen Suizidversuchen oder bei bestehenden Suizidgedanken. Die klassischen Phasen nach Pöldinger (18) oder das präsuizidale Syn- drom nach Ringel (19) sind nicht immer ausgeprägt (17). Im Allgemeinen nimmt die Selbsttötungsrate mit steigendem Alter zu (20). Weitere Faktoren, die mit ei- nem erhöhten Risiko einhergehen können, sind

frühere Suizidversuche

Alkohol- und Drogenabhängigkeit

der Verlust naher Bezugspersonen

lang andauernde depressive Episoden

vorausgegangene psychiatrische Behandlungen

körperliche Erkrankungen

Arbeitslosigkeit oder Berentung

Zurückweisung von Hilfsangeboten

gewaltbereites Verhalten in der Vorgeschichte.

Etwa 98 % der Menschen, die einen Suizid begehen, sind psychisch oder körperlich krank. Bei alleinstehen- den älteren Männern ist die Selbsttötungsrate höher als bei Frauen. Urbanizität und Frühling/Sommer gelten als weitere Risikomerkmale. Insgesamt ist die Dunkel- ziffer der Suizidversuche nach wie vor hoch (bei circa 12 500 Suiziden jährlich in Deutschland circa 5- bis 30-fach höher). 80 % der Menschen, die einen Suizid begangen haben, haben ihn vorher angekündigt (oft zum Beispiel beim Hausarzt durch Bemerkungen wie:

Stationäre Behandlung

Bei Suizidversuchen, Vorliegen komplexer, psy- chosozialer Belastungsfaktoren sowie schwer ein- zuschätzenden, nicht absprachefähigen suizidalen Patienten sollte eine stationäre Behandlung auch gegen den Willen des Patienten erfolgen.

Wesentliche Therapieschritte

• Aufbau eines als hilfreich und tragfähig erlebten therapeutischen Arzt-Patient-Verhältnisses • Einsatz sedierender Medikamente wie Ben-

zodiazepine, Antipsychotika sowie schlafansto-

ßender Antidepressiva

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„Es hat alles keinen Sinn mehr“ oder Ähnliches). Etwa 30–40 % der Suizidopfer hatten einen Selbsttötungs- versuch in der Vorgeschichte (9, 17) (Kasten 3).

Eine schwierige Entscheidung ist, ob eine stationäre Behandlung erforderlich ist oder ob eine ambulante Be- treuung ausreicht. Gründe für eine Krankenhauseinwei- sung sind

das Fehlen sozialer Bindungen

impulsives Verhalten in der Vorgeschichte

konkrete Pläne einer suizidalen Handlung bezie- hungsweise parasuizidales Verhalten.

In der Notfallsituation ist es zunächst häufig schwer zu bewerten, ob der stattgefundene Suizidversuch appel- lativen Charakter hatte oder als autoaggressive Hand- lung mit ernster Selbsttötungsabsicht einzuordnen ist.

Therapiemaßnahmen

In jedem Fall sollte bereits in der Notfallsituation ne- ben der unmittelbaren medizinischen Versorgung (Dia- gnose und Therapie der zugrundeliegenden psychi- atrischen Erkrankung) und Klärung unmittelbarer Konflikte versucht werden, ein als hilfreich und trag- fähig erlebtes therapeutisches Bündnis mit konkreten Absprachen herzustellen. Hierzu zählt auch, den Pa- tienten über die Möglichkeit und eventuell Notwen- digkeit einer fachpsychiatrischen Untersuchung zu in- formieren und ihn darauf vorzubereiten. Verhält sich der Patient unkooperativ und abweisend, bagatelli- siert er die Gefährlichkeit des Suizidversuchs oder schlägt seine Gefühlslage in eine gelassene oder euphorische Gestimmtheit um, ist besondere Vorsicht angezeigt. Bei fortgesetzter Suizidalität und fehlender Verlässlichkeit von Absprachen ist in jedem Fall eine stationäre Behandlung auf einer geschützten psychi- atrischen Station mit engmaschiger Beobachtung und Überwachung erforderlich. Im Einzelfall ist daher die gesetzliche Unterbringung gegen den Willen des Pa- tienten nicht zu umgehen. Von suizidalem oder para- suizidalem ist (repetitives) selbstverletzendes Verhal- ten zu unterscheiden, beispielsweise bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen, die natürlich auch darüber hinausgehend ein erhebliches Risiko für Suizid- versuche und Suizide aufweisen. Automutilatives Verhalten mit Bewegungsstereotypien selbstschädi- genden Charakters kommt vermehrt bei geistig Behinderten und bei autistischen Störungen vor. Bei erheblicher Automutilation ist eine stationäre psychi- atrische Krisenintervention und eventuell eine Fixie- rung unumgänglich.

Im akuten suizidalen Stadium ist die Gabe sedie- render Medikamente, wie beispielsweise Benzodiaze- pine, schlafanstoßende Antidepressiva oder niedrig- potente Antipsychotika sehr hilfreich (Grafik 2). We- sentliches Ziel hierbei ist eine symptomatische Thera- pie zur Anxiolyse beziehungsweise raschen Beruhi- gung. Dazu hat sich Lorazepam als besonders gut ge- eignet erwiesen und etabliert. Darauf zu achten ist, dass der Patient die Medikamente nicht für einen er- neuten Suizidversuch sammelt, das heißt hier ist die Gabe der Dosis für einen oder wenige Tage unter eng- maschiger Kontrolle des Arztes sinnvoll. Während bei geistiger Behinderung Jaktationen (rhyth misches Hin- und Herbewegen des Körpers) oder Beißen in Lippen, Hände und Arme im Vorder grund stehen, sind wiederholte Schnittverletzungen ein häufiges Symp- tom bei emotionaler Instabilität beziehungsweise bei emotional instabilen Persönlich keitsstörungen vom Borderline-Typ oder bei Impuls kontrollstörungen.

Die Schmerzempfindung ist bei diesen Patienten meist herabgesetzt. Ursachen für diese Form repetiti- ver Selbstverletzungen sind meist Konflikte mit dem sozialen Umfeld, die – bei geringer Frustrationstole- ranz – als Kränkung erlebt werden, oder der Wunsch, innere Anspannung abzubauen. Die Herstellung eines tragfähigen Kontaktes in der psychiatrischen Notfall- situation ist bei diesen Patienten besonders schwierig, wie auch der Umgang mit suizidalen Patienten im Allgemeinen, und es können gravierende Fehler pas- sieren (21) (Kasten 4).

Bei allen suizidalen Patienten, beziehungsweise Patienten nach Suizidversuch, sollte eine psychothe- rapeutische Begleitung und Aufarbeitung, sei sie ein- zeln oder in der Gruppe, erfolgen (22).

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Manuskriptdaten

eingereicht: 1. 2. 2010, revidierte Fassung angenommen: 10. 8. 2010

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Voraussetzungen

Psychiatrische Notfälle erfordern ein besonne- nes, nicht selbstüberschätzendes, multiprofes- sionelles, aber auch empathisches ärztliches Auftreten und Handeln.

Gründe für eine

Krankenhauseinweisung sind

• das Fehlen sozialer Bindungen

• impulsives Verhalten in der Vorgeschichte

• konkrete Pläne einer suizidalen Handlung be-

ziehungsweise parasuizidales Verhalten

(8)

M E D I Z I N

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77: 14–8.

22. Bronisch T: Psychotherapie von Suizidalität. Stuttgart, New York:

Thieme 2002.

Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Georg Juckel

Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum Alexandrinenstraße 1, 44791 Bochum

SUMMARY

The Management of Psychiatric Emergencies

Background: Psychiatric emergencies such as acute psychomotor agi- tation or suicidality often arise in non-psychiatric settings such as gene- ral hospitals, emergency services, or doctors’ offices and give rise to stress for all persons involved. They may be life-threatening and must

senting features, differential diagnoses, and treatment options for the main types of psychiatric emergency, as an aid to their rapid and ef- fective management.

Method: Selective literature review.

Results and conclusion: The frequency of psychiatric emergencies in non-psychiatric settings, such as general hospitals and doctors’ offices, and their treatment are poorly documented by the few controlled stu- dies and sparse reliable data that are now available. The existing evi- dence suggests that the diagnosis and treatment of psychiatric emer- gencies need improvement. The treatment of such cases places high demands on the physician’s personality and conduct, aside from requi- ring relevant medical expertise. Essential components of successful treatment include the establishment of a stable, trusting relationship with the patient and the ability to “talk down” agitated patients calmly and patiently. A rapid and unambiguous decision about treatment, in- cluding consideration of the available options for effective pharmaco- therapy, usually swiftly improves the acute manifestations.

Zitierweise

Mavrogiorgou P, Brüne M, Juckel G: The management of psychiatric emergencies. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(13): 222–30.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0222

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Dieser Beitrag wurde von der Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung zertifiziert.

Die erworbenen Fortbildungspunkte können mithilfe der Einheitlichen Fortbildungsnummer (EFN) verwaltet werden.

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Wichtiger Hinweis

Die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung ist aus- schließlich über das Internet möglich: cme.aerzteblatt.de Einsendeschluss ist der 13. 5. 2011.

Einsendungen, die per Brief oder Fax erfolgen, können nicht berücksichtigt werden.

Die Lösungen zu dieser cme-Einheit werden in Heft 21/2011 an dieser Stelle veröffentlicht.

Die cme-Einheit „Portsysteme als integraler Bestandteil von Chemotherapien“ (Heft 9/2011) kann noch bis zum 15.04.2011 bearbeitet werden.

Für Heft 17/2011 ist das Thema „Schwerhörigkeit“ vorge- sehen.

Lösungen zur cme-Einheit in Heft 5/2011:

Delank K-S, Wendtner C, Eich HT, Eysel P: Behandlung von Wirbelsäulenmetastasen.

Lösungen: 1b, 2d, 3c, 4e, 5b, 6e, 7c, 8d, 9c, 10a

(9)

Bitte beantworten Sie folgende Fragen für die Teilnahme an der zertifizierten Fortbildung. Pro Frage ist nur eine Antwort möglich. Bitte entscheiden Sie sich für die am ehesten zutreffende Antwort.

Frage Nr. 1

In bis zu wie viel Prozent der Fälle werden psychiatrische Notfäl- le in primär nicht psychiatrisch ausgerichteten Institutionen nicht erkannt und nicht angemessen behandelt?

a) bis zu 20 % b) bis zu 40 % c) bis zu 60 % d) bis zu 80 % e) bis zu 100 %

Frage Nr. 2

Was bedeutet die Abkürzung PsychKG?

a) „Psychologisch gestützte Krankengymnastik“

b) „Psychotherapeutisches Klientengespräch“

c) „Psychisch-Kranken-Gesetz“

d) „Psychiatrische Kooperationsgemeinschaft“

e) „Psychiatrie-Kranken-Gesetz“

Frage Nr. 3

Rechtliche Grundlagen zur Abwendung von Eigen- und/oder Fremdgefährdung bei psychiatrischen Notfällen finden sich in?

a) Paragraf 34 StGB, PsychKG, BtG b) Paragraf 203 und Paragraf 227 BGB c) Artikel 2 GG und BtG

d) PsychKG und Paragraf 249 BGB e) Paragraf 230 StGB und Artikel 104 GG

Frage Nr. 4

Welches Medikament kommt am wenigsten zur Therapie von Erregungs- und Unruhezuständen infrage?

a) Diazepam b) Zuclopenthixol c) Haloperidol d) Sertralin e) Levomepromazin

Frage Nr. 5

Was ist das therapeutische Ziel des “talking down”?

a) den Patienten verbal zu beruhigen

b) den Patienten durch Meditationsübungen zu entspannen c) den angespannten Zustand mit dem Patienten zu diskutieren d) den Patient durch Körperkontakt zu beruhigen

e) sich mit dem Patienten leise zu unterhalten

Frage Nr. 6

Was ist einer der Faktoren, mit dem ein erhöhtes Risiko einher- geht, einen Suizidversuch vorzunehmen?

a) festes Arbeitsverhältnis b) kurze melancholische Episoden c) lange Partnerschaft

d) körperliche Erkrankung e) großer Freundeskreis

Frage Nr. 7

In die psychiatrische Notaufnahme wird eine Patientin mit depressi- vem Syndrom und bekannter Alkoholabhängigkeit eingeliefert. Sie hat bereits früher einen Selbsttötungsversuch unternommen und ist jetzt bei dem Versuch der Selbsttötung aufgefunden worden.

Was sollte im Rahmen der Akuttherapie als nächste Behand- lungsschritte erfolgen?

a) ausführliche internistische Anamnese und begleitende Verhaltens- therapie

b) ambulante Psychotherapie und Gabe von niedrigdosierten Antipsy- chotika

c) ambulante Gestalttherapie und medikamentöse Therapie mit Ben- zodiazepinen und Valproat

d) psychologische und psychotherapeutische Intervention, gegebe- nenfalls medikamentöse Therapie mit Benzodiazepinen und Valpro- at

e) Abklärung von Suizidgefahr und parasuizidalem Verhalten gegebe- nenfalls stationäre Aufnahme

Frage Nr. 8

Was ist ein häufiger Fehler im Umgang mit Suizidpatienten?

a) Lebenspartner in die Therapie einbeziehen

b) psychotherapeutische Begleitung durch Gruppentherapie c) Bagatellisierungstendenzen des Patienten fehldeuten d) rasche stationäre Einweisung und Behandlung veranlassen e) empathische Gesprächsführung

Frage Nr. 9

Welches sedierende Antidepressivum wird gegen Opioidentzugs- syndrome im ärztlich-therapeutischen Vorgehen bei psychiatri- schen Notfällen eingesetzt?

a) Alfentanil b) Pipamperon c) Valproinsäure d) Lithium e) Doxepin

Frage Nr. 10

Wie imponieren psychiatrische Notfälle selten?

a) als optische Halluzinationen, illusionäre Verkennungen, Suggestibi- lität und Nesteln

b) als Denkstörungen und wechselnde Desorientiertheit c) als Dermatozoenwahn und Zwangssymptomatik

d) als psychomotorische Erregungs- und Unruhezustände oder selbst- schädigendes oder suizidales Verhalten

e) als depressives Syndrom

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