A 2392 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 48|
3. Dezember 2010STUDIEN IM FOKUS
Bei Patientinnen mit klinisch nodal negativem Mammakarzinom wurde die Biopsie des Sentinellymphkno- tens (SLNB) eingeführt, um ihnen – im Falle einer negativen Lymph- knotenhistologie – die Axillaaus- räumung zu ersparen. Das National Surgical Adjuvant Breast and Bo- wel Project untersuchte in der Stu- die B-32 randomisiert die langfristi- gen onkologischen Ergebnisse die- ser Strategie an insgesamt 5 611 Pa- tientinnen. Bei positivem SLN (n = 1 622) wurden die Lymphknoten der Axilla entfernt, die 3 989 Frau- en mit negativem Knoten wurden randomisiert, die Hälfte erhielt eine Axilladissektion.
Nach median 8 Jahren war die Hazard Ratio (HR) für den primä- ren Endpunkt Gesamtüberleben 1,20 (95%-KI 0,96–1,50, p = 0,12, [1]). Die 8-Jahres-Überlebensrate lag für die Patientinnen mit Axilla- dissektion bei 91,8 % (95%-KI 90,4–93,3), für die übrigen bei 90,3 % (95%-KI 88,8–91,8). Auch
beim krankheitsfreien Überleben ergab sich kein signifikanter Un - terschied (HR 1,05, 95%-KI 0,90–1,22, p = 0,54; nach 8 Jahren 82,4 (95%-KI 80,5–84,4) versus.
81,5 % (95%-KI 79,6–83,4).
In einer Substudie wurden 749 Patientinnen zu Armsympto- men und Lebensqualität befragt (2).
Auf einer speziellen Symptomskala schnitten Patientinnen 6 und 12 Monate nach Axilladissektion si - gnifikant schlechter ab als nach ausschließlicher SLNB. Im Verlauf hatten die Patientinnen nach kom- pletter Dissektion ein signifikant höheres Risiko für ipsilaterale Arm- und Brustsymptome, eingeschränk- te berufliche und soziale Aktivitä- ten sowie eine Einschränkung der Lebensqualität (für alle Vergleiche p ≤ 0,002). Zwischen 1 und 3 Jah- ren nach Operation berichteten in beiden Gruppen weniger als 15 % der Frauen über Symptome oder Aktivitätseinschränkungen von mä- ßigem bis hohem Schweregrad.
Fazit: Dies ist der erste explizite randomisierte Vergleich zwischen SLNB mit und ohne Axillaausräu- mung, der zeigt, dass bei negativem SLN ein Verzicht auf die Dissektion onkologisch sicher ist. Die SLNB, sagte Prof. Dr. med. Marion Kiech- le (München), könne damit als Standardverfahren bei klinisch ne- gativer Axilla gelten, außer beim inflammatorischen Mammakarzi- nom, nach Voroperationen und in der Schwangerschaft. Die Hoff- nung, durch Vermeidung der kom- pletten Dissektion Beschwerden wie Schmerzen und Lymphödeme im Arm zu mindern, habe sich hier nur für das erste Jahr nach dem Ein- griff bestätigt. Josef Gulden
1. Krag DN et al.: Sentinel-lymph-node re- section compared with conventional axilla- ry-lymph-node dissection in clinically node- negative patients with breast cancer: over- all survival findings from the NSABP B-32 randomised phase 3 trial. Lancet Oncol 2010; 11: 927–33.
2. Land SR et al.: Patient-reported outcomes in sentinel node-negative adjuvant breast cancer patients receiving sentinel-node bi - opsy or axillary dissection: National Surgical Adjuvant Breast and Bowel Project phase III protocol B-32. JCO 2010; 28: 29–36.
FRÜHES MAMMAKARZINOM
Wächterlymphknoten zeigt Rezidivrisiko zuverlässig an
Die Einnahme von nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) und COX- 2-Hemmern ist mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert.
Vor allem für Patienten mit entspre- chender Gefährdung wird in Leit - linien zur Behandlung chronischer Schmerzen Paracetamol als Erst - linientherapie empfohlen. Zur kar- diovaskulären Sicherheit des An a lge - tikums liegen jedoch nur wenige und inkonsistente Daten vor. In ei- ner prospektiven doppelblinden Crossover-Studie wurde untersucht, ob Paracetamol bei Koronarkran- ken den Blutdruck verändert. Um schmerzfreie Patienten nicht unnö- tig zu belasten, wurde lediglich die
nach der Fallzahlenschätzung erfor- derliche Mindestzahl rekrutiert.
Randomisiert erhielten 33 Patienten über zwei Wochen in Phase I drei- mal täglich 1 g Paracetamol oder Placebo, in Phase II die jeweils an- dere Behandlung. Endpunkte waren die Änderungen im mittleren systolischen und diastolischen 24-h-Blut druck und in der flussas- soziierten Dilatation (FMD) an der Brachialisarterie nach zwei Wo- chen.
Paracetamol erhöhte im Ver- gleich zu Placebo den Blutdruck signifikant von 122 ±11,9 auf 125,3 ±12,0 mmHg (p = 0,021) bzw.
von 73,2 ±6,9 auf 75,4 ±7,9 mmHg
(p = 0,024). Unter Placebo blieb der Blutdruck konstant. FMD, Herzfrequenz und weitere Parame- ter wie Endothel- oder Plättchen- funktion änderten sich nicht signi- fikant.
Fazit: Paracetamol erhöhte in dieser Studie den Blutdruck von normo- tensiven Koronarpatienten. Damit steht nach Ansicht der Autoren die bislang behauptete kardiovaskuläre Sicherheit des Analgetikums infra- ge. Sie sollte nun ähnlich gründlich wie bei klassischen NSAR und COX-2-Hemmern untersucht wer- den, insbesondere bei Patienten mit erhöhtem koronarem Risiko.
Dr. rer. nat. Susanne Heinzl
Sudano I et al.: Acetaminophen increases blood pressure in patients with coronary artery disease. Circulation 2010; 122: 1789–96.
SCHMERZSTILLUNG BEI HERZKRANKEN