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Archiv "Sentinel Lymph Node“: Exstirpation beim malignen Melanom" (07.05.1999)

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A-1196

M E D I Z I N EDITORIAL

(40) Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 18, 7. Mai 1999

ie operative Therapie der regionalen Lymphabflußstation bei Patienten mit primären Melanomen im klinischen Sta- dium I wird seit langem kontrovers dis- kutiert (4). Zahlreiche retrospektive Studien zum Problem der elektiven Lymphadenektomie (ELND) kommen zu unterschiedlichen Ergebnis- sen. Die bisher publizierten prospektiven und ran- domisierten Untersuchungen zeigen keinen Vor- teil der ELND gegenüber der Patientengruppe, bei der lediglich eine operative Entfernung des Primärtumors vorgenommen wurde (5, 12, 13). In der Studie von Balch (5), aber auch in retrospekti- ven Untersuchungen (7) profitieren klinische Sub- gruppen, definiert durch Tumordicke, Alter, Ge- schlecht und Lokalisation, tendenziell von der ELND. In allen Studien zur ELND zeigte sich, daß lediglich in etwa 20 Prozent der Lymphknotendis- sekate histopathologisch okkulte Metastasen nachweisbar waren. Dies bedeutet andererseits, daß bei den meisten Patienten ein unnötiger chir- urgischer Eingriff durchgeführt wurde mit den da- mit möglichen postoperativen Komplikationen (2). Trotzdem hatte die Erfassung klinisch nicht palpabler, melanombedingter Mikrometastasen im regionalen Lymphabflußgebiet durch die ELND eine Bedeutung für ein frühzeitiges Staging der Erkrankung. Außerdem zeigten Studien, daß Patienten ohne ELND, die im weiteren Verlauf palpable regionale Lymphknotenmetastasen ent- wickelten, eine um 20 bis 50 Prozent schlechtere Überlebensrate aufwiesen (11).

Frühzeitiges Staging erforderlich

Zur Lösung dieses Problems – ein möglichst frühzeitiges lymphogenes Staging (lymphatic mapping) bei der operativen Therapie des Pri- märtumors ohne größeren chirurgischen Eingriff – wurde von Morton et al. (10) die Technik der

„Sentinel-Lymph-Node“-Exstirpation eingeführt.

Der theoretische Hintergrund dieser Methode ba-

siert auf der Vorstellung, daß es für jeden Punkt auf der Körperoberfläche ein spezifisches Lymphab- stromgebiet gibt und darüber hinaus in der zuge- ordneten regionalen Lymphknotenstation ein so- genannter Vorpostenlymphknoten (sentinel) exi- stiert. Dieser „Sentinel Lymph Node“ fungiert als Filterbasin für lymphogen abgeschwemmte Sub- stanzen beziehungsweise Zellen. Erst wenn die Fil- terkapazität dieses „Schildwächter“-Lymphkno- tens erschöpft ist, werden nachgeordnete Lymph- knoten in Anspruch genommen. Zur Darstel- lung des „Sentinel Node“ wurde zunächst Patent- blau (10), später radioaktiv markierte Kolloide (1) verwendet. Diese Substanzen werden intradermal in der Peripherie des Primärtumors oder der Exzi- sionsnarbe bei Vorbehandlung injiziert.

Die Erfahrung mit dieser Methode bei mali- gnen Melanomen zeigt eine hohe Sensitivität (95 bis 100 Prozent) für die Darstellung des „Sentinel Lymph Node“ (6, 9, 14). Nach intradermaler Injek- tion von 99m-Technetium-markiertem Nanokollo- id werden die Lymphabstromwege und der „Senti- nel Lymph Node“ mit der Gammakamera darge- stellt. Prä- und intraoperativ wird der „Sentinel Node“ mit einer für 99m-Technetium-kollimierten Meßsonde aufgesucht und gezielt exstirpiert. Bei etwa 20 Prozent der Patienten lassen sich zwei und mehr markierte Lymphknoten feststellen. Die hi- stopathologische Untersuchung des oder der „Sen- tinel Lymph Node“ zeigt in etwa 25 Prozent ei- ne metastatische Absiedlung von Melanomzellen.

Die Patienten mit positiven „Sentinel Node“ wer- den anschließend einer therapeutischen Lymph- knotendissektion zugeführt. In diesen Dissekaten fanden sich bei unseren Patienten in zwei Prozent weitere metastatisch befallene Lymphknoten. Die- ser geringe Prozentsatz weiterer positiver Lymph- knoten spricht für die hohe Spezifität der Methode.

Neben den Erfahrungen im anglo-amerikanischen Schrifttum sind Ergebnisse von drei deutschspra- chigen Arbeitsgruppen publiziert (3, 8, 9).

Um mögliche Fehlerquellen auszuschalten, sind vier Punkte von wesentlicher Bedeutung. !

D

„Sentinel Lymph Node“

Exstirpation beim malignen Melanom

Birger Konz

Arnold Trupka

(2)

A-1197

M E D I Z I N EDITORIAL

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 18, 7. Mai 1999 (41)

1Die zuverlässige Darstellung der Lymphab- stromwege und des „Sentinel“-Lymphknotens durch die nuklearmedizinische Untersuchung.

1Die exakte prä- und intraoperative Ortung des „Sentinel“-Lymphknotens durch ein geeigne- tes Sondensystem.

1Die sorgfältige operative Präparation des oder der radioaktiv markierten Lymphknoten.

1Die serienmäßige Aufarbeitung des gesam- ten Lymphknotens zur histopathologischen Unter- suchung unter Anwendung von routine- und im- munhistochemischen Färbungen (S 100, HMB 45).

Diese Untersuchungen können noch durch die re- verse Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion zum Nachweis von Tyrosinase-mRNA ergänzt werden.

Selektive Exstirpation möglich

Die heute vorliegenden Daten bestätigen die bekannte Tatsache, daß mit zunehmender Tumor- dicke das Risiko lymphogener Metastasen im re- gionalen Abflußgebiet ansteigt. Durch die Technik der selektiven Lymphknotenexstirpation der ra- dioaktiv markierten Lymphknoten mit genauer anschließender histopathologischer Untersuchung lassen sich diejenigen Patienten auswählen, die von einer therapeutischen Lymphknotenexstirpation am wahrscheinlichsten profitieren können. Da- durch lassen sich unnötige chirurgische Eingriffe am regionalen Lymphabstromgebiet vermeiden.

Dies trifft nach heutigem Stand der Dinge für etwa 75 Prozent der Melanompatienten zu. Ob die dar- gestellte Methode auch eine therapeutische Be- deutung für die Prognose der Melanomerkran- kung hat, kann erst durch Langzeitbeobachtungen und Studien erwiesen werden. Eines kann jedoch mit Sicherheit gesagt werden, daß der minimal in- vasive Eingriff der „Sentinel-Lymph-Node“-Ex- stirpation eine wesentliche Bedeutung für ein früh- zeitiges Staging der Melanomerkrankung hat. Da- mit beginnt eine neue Ära in der Behandlung von Patienten mit malignen Melanomen. Durch das lymphatic mapping können diejenigen Patienten erfaßt werden, die einmal von einer frühzeitigen therapeutischen regionalen Lymphknotendissekti- on profitieren und des weiteren für die neuen adju- vanten Therapiekonzepte (beispielsweise Inter- ferone) in Frage kommen. Patienten mit malignen Melanomen, die eine sonographisch meßbare Tu- mordicke über 1 mm aufweisen, sollten auf diese neue Technik zum Staging der Erkrankung hinge- wiesen werden, bevor das klinisch diagnostizierte Melanom operativ entfernt wird. Bei nicht vorope-

rierten Melanompatienten ist die Darstellung der Lymphabstromwege und insbesondere des „Senti- nel Lymph Node“ deutlich aussagekräftiger, da postoperative Entzündungsreaktionen hier keine Rolle spielen. Die kritischen Stimmen gegenüber der Methode, die den therapeutischen Wert be- zweifeln, sollten nicht übersehen, daß der Nutzen für ein frühzeitiges Staging der Melanomerkran- kung unübersehbar ist. Die Motivation der Patien- ten zu diesem minimal invasiven Eingriff ist an un- serer Klinik groß und es hat sich gezeigt, daß bei den 75 Prozent „sentinel“ negativen Befunden ein zusätzlich beruhigender und psychologisch positiv stimulierender Effekt für die Patienten hinzu- kommt.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1999; 96: A-1196–1197 [Heft 18]

Literatur

1. Alex JC, Krag DN: Gamma-probe-guided localization of lymph nodes. Surg Oncol 1993; 2: 137–144.

2. Baas PC, Koops HS, Hoekstra HJ: Groin dissection in the treat- ment of lower extremity melanoma: Short and long term morbi- dity. Arch Surg 1992; 127: 281–286.

3. Bachter D, Balda BR, Vogt H, Büchels H: Die „sentinel“ Lym- phonodektomie mittels Szintillationsdetektor. Hautarzt 1996; 47:

754–758.

4. Balch CM: The role of elektive lymph node dissection in mela- noma: rationale, results and controversies. J Clin Oncol 1988; 6:

163–172.

5. Balch CM, Soong SJ, Bartolucci AA et al.: Efficacy of an elective regional lymph node dissection of 1 to 4 mm thick melanomas for patients 60 years of age and younger. Ann Surg 1996; 224:

255–266.

6. Brady MS, Coit DG: Sentinel lymph node evaluation in mela- noma. Arch Dermatol 1997; 133: 1014–1020.

7. Drepper H, Köhler CD, Bastian B et al.: Prognosevorteil für de- finierte Risikogruppen durch die Lymphknotendissektion. Haut- arzt 1994; 45: 615–622.

8. Koller J, Rettenbacher L, Gmeiner D, Dietze O: Selektive re- gionale Lymphadenektomie. Z Hautkrankh 1997; 72: 492–496.

9. Konz B, Weiss M, Sander CH et al.: „Sentinel-Lymph-Node“- Exstirpation. München Med Wschr 1998; 140: 320–325.

10. Morton DL, Wen DR, Wong JH et al.: Technical details of intra- operative lymphatic mapping for early stage melanoma. Arch Sug 1992; 127: 392–399.

11. Ross MJ: The case for elektive lymphadenectomy. Surg Oncol Clin N Am 1992; 1: 205–222.

12. Sim FH, Tylor WF, Pritchard DJ, Soule EH: Lymphadenectomy in management of stage I malignant melanoma: a prospective study. Mayo Clin Proc 1986; 61: 697–705.

13. Veronesi U, Adamus J, Badiera DC et al.: Inefficacy of immedia- te node dissection in stage I melanoma of the limbs. N Engl J Med 1977; 297: 627–630.

14. Weiss M, Roßmüller B, Konz B et al.: Lymphszintigraphie und intraoperative Sondenmessung zur Lokalisation des „sentinel- lymph-node“ – Erste Erfahrungen. Lymph Forsch 1998; 2: 23–28.

Anschrift der Verfasser

Dr. med. Birger Konz

Dermatologische Klinik und Politik Dr. med. Arnold Trupka

Chrirurgische Klinik und Poliklinik Ludwig-Maximilians-Universität Frauenlobstraße 9–11

80337 München

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