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Archiv "Vakzine-Praxis: Pneumokokken-Impfung im europäischen Vergleich" (12.05.2000)

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ie Pneumokokken-Impfung wird international als Indi- kationsimpfung bei älteren Personen und Risikopersonen propa- giert. Die 23-valente Polysaccharid- vakzine enthält 95 Prozent der für in- vasive Infektionen verantwortlichen Pneumokokken-Serotypen, einschließ- lich der antibiotikaresistenten Stäm- me. In einigen Ländern wie Belgien wird die Impfung bereits vom 60. Le- bensjahr an empfohlen. Die Impfung hat ähnlich günstige Wirkung hin- sichtlich Gesundheit und Kosten wie die Influenza-Impfung.

In Belgien hat sich seit Einführung der 23- valenten Pneumokok- kenvakzine im Jahr 1995 eine jährliche Impfkam- pagne unter intensiver Einschaltung der Me- dien und speziellen Auf- klärungsaktionen für die Ärzte und Schwe- stern in den Monaten September und Oktober als effektiv erwiesen.

Prof. Willy E. Peeter- mans (Leuven) berich- tete auf dem internatio- nalen Workshop „Good Vaccination Practices“

in Monaco über die Analyse von 18 236 Geimpften; 82 Prozent waren älter als 60 Jahre, aber nur in 17 Prozent der Fälle war das Alter die einzige In- dikation für die Impfung. 60 Prozent ließen sich gleichzeitig gegen Influ- enza impfen. Als Risikoindikationen dominierten bronchopulmonale und kardiovaskuläre Erkrankungen.

Informationen über die altersbe- zogene Impfindikation haben sich besser durchgesetzt als über die Risi- koindikationen wie Asplenie, Immun-

suppression, chronisch obstruktive Bronchitis, kardiovaskuläre Erkran- kungen und Diabetes mellitus (siehe Tabelle). Viele Menschen sind sich, wie Peetermans betonte, über ihre Ri- sikosituation nicht bewusst; aber auch bei den Ärzten fehle das Wissen um die Möglichkeiten für eine Prävention schwerer Pneumokokken-Erkrankun- gen durch Impfung.

Auch in England fand sich be- stätigt, dass die Zielgruppe für die Pneumokokken-Impfung über die Al- tersindikation besser zu erreichen ist

als über die Risikoindikationen. Prof.

Paula Mc Donald (Chester) fand bei Propagierung der Pneumokokken- Impfung auf der Basis der Risikoindi- kation in Tameside im Jahr 1995 eine Zunahme der Impfbeteiligung in der Risikogruppe von vier auf 33 Prozent;

in einem 1998 in South Cheshire durchgeführten Aufruf zur Teilnahme an der Pneumokokken-Impfung bei den über 75 Jahre alten Personen er- höhte sich die Impfbeteiligung der Zielgruppe von 19 auf 43 Prozent.

Die größte Fall-Kontroll-Studie zur Pneumokokken-Impfung bei Er- wachsenen wurde im Großraum Stockholm durchgeführt. Dabei wur- den 260 000 Personen im Alter von über 65 Jahren erfasst. In persönlichen Briefen und Postern in Apotheken wurden in den Monaten Oktober und November 1998 und 1999 die Pneumo- kokken- und Influenza-Impfungen zu einem Sonderpreis angeboten. Zu- gleich erfolgten intensive Informati- onskampagnen und spezielle Schulun- gen der Ärzte und Schwestern.

Im Jahr 1998 wurden nach Anga- ben von Prof. A. Örtqvist (Stock- holm) rund 100 000 Personen gegen Influenza und 76 000 Personen gegen Pneumokokken geimpft. In den bis- her ausgewerteten Daten (über sechs Monate) zeigte sich eine signifikante Reduktion der stationären Behand- lungen für Influenza, Pneumonie und invasive Pneumokokken-Erkrankun- gen bei den Geimpften gegenüber den nicht geimpften Personen.

Die Akzeptanz der Pneumokok- ken-Polysaccharidvakzine ist, wie Prof.

David Fedson (Lyon) er- wähnte, in Deutschland im vergangenen Jahr ebenfalls deutlich ange- stiegen. Allerdings beste- hen Unterschiede von bis zu 400 Prozent zwischen den verschiedenen Bun- desländern. In den neuen Bundesländern konnte, wie bei anderen Impfun- gen auch, eine erheblich bessere Impfakzeptanz erreicht werden als in den alten Bundeslän- dern.

Die immunogene Wirkung der Polysac- charidvakzinen ist vor dem zweiten Lebensjahr gering. Die von schweren Pneumokokken-Infek- tionen am stärksten betroffene Al- tersgruppe kann mit Konjugatvakzine geschützt werden. Konjugatvakzine ist bereits im frühen Säuglingsalter im- munogen. Sie induziert im Gegensatz zur Polysaccharidvakzine eine Me- mory-Immunantwort. Die Einbezie- hung der Pneumokokken-Impfung in die Kinderimpfpläne wird nach Anga- be von Fedson revolutionäre Folgen haben. Er erinnerte daran, dass welt- A-1277 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 19, 12. Mai 2000

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Vakzine-Praxis

Pneumokokken-Impfung im europäischen Vergleich

Informationen über die altersbezogene Impfindikation haben sich besser durchgesetzt als über die Risikoindikationen.

D

Bei 40 bis 70 Prozent aller Gesunden ist die Rachenschleimhaut mit Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae) kolonisiert. Foto: Pasteur Merieux Connaught

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A-1280

P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 19, 12. Mai 2000 weit jedes Jahr mehr als

eine Million Kinder im Alter von unter fünf Jah- ren an einer Pneumokok- ken-Pneumonie sterben, die meisten davon in den Entwicklungsländern.

Pneumokokken sind heute nach der nahezu vollständigen Elimination der Haemophilus-influen- zae-Typ-b-(Hib-)Infektio- nen in Ländern mit konse- quenter Impfung mit Hib- Konjugatvakzine die häu- figsten Erreger der schwe- ren bakteriellen Meningi- tis. Pneumokokken sind für etwa ein Drittel der Fälle von eitriger Mittel-

ohrentzündung verantwortlich, wobei vor allem die schweren Verläufe auf Pneumokokken zurückzuführen sind.

Bereits vorliegende Daten aus zwei großen Feldstudien, die mit einer 7-valenten Konjugatvakzine durchge- führt wurden, ließen, wie Prof. Juhani Eskola (Lyon) darlegte, hohe Schutz- wirkung vor invasiven Infektionen mit den in der Vakzine enthaltenen Sero- typen erkennen. Die Vakzine enthält etwa 80 Prozent der Serotypen, die als Erreger von lokalen oder invasiven Pneumokokken-Infektionen bei Kin- dern in Nordkalifornien isoliert wur-

den. Die doppelblinde, multizentri- sche Kaiser-Permanente-Studie um- fasste 37 868 Neugeborene. Zwischen Oktober 1995 und August 1998 erhiel- ten 18 927 Kinder im Alter von zwei, vier, sechs und zwölf bis 15 Monaten nach Randomplan eine heptavalente Pneumokokken-Konjugatvakzine.

18 941 Kinder erhielten eine Kon- jugatvakzine gegen Typ-C-Meningo- kokken. Die Pneumokokken-Vakzine wies bei einer Verlaufsbeobachtung bis April 1999 einen 97,4-prozentigen Schutz gegen invasive Pneumokok- ken-Erkrankungen auf. Der Schutz

gegen Otitis media wurde bis April 1998 verfolgt. Die Anzahl der Mittelohrentzün- dungen war in der gegen Pneumokokken geimpften Gruppe um sieben Prozent, die An- zahl der Arztbesuche wegen Otitis media um 8,9 Prozent geringer als in der Vergleichsgrup- pe. Die Zahl der rezi- divierenden Mittelohr- entzündungen war um 9,3 Prozent, die der Fälle, die eine Behand- lung mit Belüftungs- tubus erforderten, um 20,1 Prozent geringer als in der Kontrollgruppe. Insgesamt wurden durch die Impfung 66,7 Pro- zent der Infektionen durch die im Impfstoff enthaltenen Pneumokok- ken-Serotypen verhindert.

In einer finnischen Studie zeigte sich eine Reduktion der Anzahl von kulturell gesicherten Mittelohrentzün- dungen durch Streptococcus pneumo- niae um 57 Prozent, aller Pneumokok- ken-Infektionen um 34 Prozent und der Gesamtzahl der Mittelohrentzün- dungen um sechs Prozent.

Ein weiterer Aspekt der Pneu- mokokken-Impfung im Säuglings- und Kindesalter ist die Reduktion der Besiedelung mit Pneumokokken im Nasen-Rachen-Raum. Der rapide An- stieg der Penicillinresistenz bei Pneu- mokokken in manchen Ländern ist eng mit der Besiedlung der Kinder durch resistente Stämme assoziiert. In den Kindertagesstätten können sich die resistenten Stämme ungehindert auf andere Kinder, die Betreuungsper- sonen und die jeweiligen Familien aus- breiten. Ron Dagan (Beer Sheba) konnte bereits vor einigen Jahren nachweisen, dass die Pneumokokken- Impfung nicht nur eine deutliche Re- duktion der invasiven Pneumokok- ken-Infektionen bewirkt, sondern ins- gesamt die Besiedelung mit diesem Erreger vermindert. Derzeit ist eine 11-valente Pneumokokken-Konjugat- vakzine in Entwicklung, deren Einsatz nach Angabe von Fedson auch bei Erwachsenen erwogen werden sollte.

Dr. med. Elisabeth Gabler-Sandberger MEDIZINREPORT

Tabelle

Risikofaktoren für Pneumokokken-Erkrankungen

Eine Infektion wird durch Abwehrschwäche begünstigt:

1. Angeborene Immundefekte (Agammaglobulinämie oder IgG-Subklassenmangel, Komplementmangel)

2. Erworbene Immundefekte (CLL, Plasmazytom, Lymphom, HIV-Infektionen, Neutropenie)

3. Hypo- oder Asplenie

4. Verstärkte Exposition, Kinderbetreuungsstätten, Kasernen, Seniorenheime, Asylantenheime

5. Vorangegangene oder bestehende entzündliche Atemwegs- erkrankungen, Influenza, Asthma, Zigarettenrauchen, COPD 6. Verschiedenes: Glukokortikosteroid-Behandlung, Unterernäh-

rung, Diabetes mellitus, Leberzirrhose, Nierenversagen, Alkoholismus, Stress, Unterkühlung

DNA-Bild-Zytometrie international standardisiert

Der Nachweis von Aneuploidie in den Zellkernen dysplastischer Epithelzellen der Cervix uteri mittels DNA-Zytometrie entspricht einer obligaten Präkanzero- se beziehungsweise einer frühen Form von In-situ-Karzinomen. Dies ist das Er- gebnis der „International Consensus Conference on the Fight against Cervical Cancer“, die kürzlich unter Beteiligung von 22 Fachgesellschaften in Chicago stattfand. Damit ermöglicht es die DNA-Bild-Zytometrie, therapiebedürftige Cer- vixläsionen (H-SIL) von lediglich kontrollbedürftigen Läsionen (L-SIL) abzu- grenzen. Das individuelle Risiko einer Progression zu Krebs kann den Patientin- nen nunmehr mit hoher Sicherheit vorhergesagt werden.

Die DNA-Zytometrie misst die optische Dichte der Feulgen-gefärbten Zell- kerne, die bei präkanzerösen und malignen Zellen aufgrund Veränderungen des Chromosomensatzes erhöht ist. Nach Angaben von Prof. Alfred Böcking (Uni- versität Düsseldorf), einem Pionier dieser Methode, ist es inzwischen gelungen, europaweit die diagnostische Bildzytometrie zu standardisieren. Im Rahmen des EG-Projektes EUROPATH wurde in Zusammenarbeit mit der TechnischenUni- versität Dresden ein über Internet und ISDN kostenlos für jedermann nutzbarer Server (EUROQUANT) entwickelt. DNA-zytometrische Daten können dorthin transferiert werden, um die Messpräzision und die diagnostische Interpretation anonym zu überprüfen. EUROQUANT dient somit der Standardisierung und Qualitätssicherung. Neben der Früherkennung von Tumoren hat die DNA-Zyto- metrie eine wichtige Bedeutung hinsichtlich der Malignitätsgradierung. Aner- kannt ist vor allem die DNA-zytometrische Beurteilung der Dignität von Border-

line-Tumoren des Ovars. zyl

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