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Archiv "Osteodensitometrie: Hauchdünne Grenze" (17.12.1999)

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A-3209

Seite eins

Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 50, 17. Dezember 1999 (1)

Osteodensitometrie

Hauchdünne Grenze

A

ls vor knapp anderthalb Jahren der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkas- sen die Überprüfung ankündigte, ob die Osteodensitometrie im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung bleibt, es- kalierte der Streit schnell: Selbst- hilfegruppen fuhren nach Bonn und übergaben 100 000 Unter- schriften. Wenn die Knochendich- temessung nicht weiter von den Kassen gezahlt werde, so die Ar- gumentation, würden Millionen Frauen ihrem Schicksal ausgelie- fert sein. Nun darf man gespannt sein, wie die Diskussion nach der Entscheidung des Bundesausschus- ses verlaufen wird, die Indikation zur Knochendichtemessung dra- stisch einzuschränken.

Künftig wird die Methode nur bei solchen Frauen Kassen- leistung bleiben, die bereits ei- ne Fraktur „ohne entsprechendes Trauma erlitten haben“. Damit wird sie bei Frauen bezahlt, die das höchste Risiko eines weiteren Bru- ches haben. Auch am anderen Ende des Risiko-Spektrums dürfte der Bundesausschuß kaum auf Wi- derspruch stoßen: Die Knochen- dichtemessung taugt nicht als Mit- tel einer bevölkerungsweiten Vor- sorgeuntersuchung.

Streit wird es aber um das Spektrum zwischen diesen bei- den Extremen geben. Denn viele Osteoporoseexperten hoffen, durch die Knochendichtemessung Risi- kogruppen herausfiltern zu kön- nen. Auch diesen Einsatz der Osteodensitometrie im Rahmen einer Sekundärprävention lehnt

der Bundesausschuß ab. In die- ser Frage habe man sich einen Überblick über die internationale Literatur verschafft: Der medizi- nische Nutzen der Methode sei,

„wenngleich bisher häufig ange- wendet und propagiert, derzeit nicht wissenschaftlich zuverlässig belegt“. Nüchtern betrachtet be- deutet diese Entscheidung, daß erst ein Bruch passieren muß, be- vor die Methode eingesetzt wer- den darf.

Eine hauchdünne Grenze ent- scheidet demnach darüber, ob die- se Trennungslinie Zynismus ist oder Realismus. Der Bundesaus- schuß gab sich denn vor der Presse auch sichtliche Mühe, die Bedeu- tung der Osteoporose nicht herun- terzuspielen. Doch der Bundesaus- schuß konstatiert hier die entschei- dende Lücke im medizinischen Wis- sen: Es fehlen entsprechende Stu- dien zur Sekundärprävention, die eine Abschätzung erlauben, ob überhaupt und wie viele Brüche sich vermeiden lassen, wenn man gefährdete Frauen anhand der Knochendichte in Risikogruppen einteilt.

Modellrechnungen der Medi- zinischen Universität zu Lübeck deuten aber an, daß unter optima- len Bedingungen der Einsatz der Methode nur einen kleinen Anteil der Brüche vermeiden hilft. Doch in der Praxis ist der Einsatz der Osteodensitometrie alles andere als optimal, da es keinen einheitli- chen Standard und keine ausrei- chende Qualitätssicherung gibt. Die Begründung des Bundesausschus- ses für die Ablehnung der Metho-

de klingt deshalb plausibel. Es er- höht die Glaubwürdigkeit der Ent- scheidung, daß die Kassenärztliche Bundesvereinigung den Vorschlag zurücknimmt, die Knochendichte- messung auf die sogenannte IGEL- Liste zu setzen. Denn wenn die Methode keine brauchbare Aus- kunft gibt, dann kann man sie auch nicht empfehlen, wenn Patientin- nen sie selbst bezahlen. Dennoch zeigt die Entscheidung eine ent- scheidende Schwäche der Institu- tion „Bundesausschuß“ auf. Er hat keine Möglichkeit, die detaillierte Analyse der Fachliteratur, auf die er seine Argumente stützt, selbst zu veröffentlichen. Damit fehlt der Entscheidung ein ausschlaggeben- des Siegel: die Transparenz.

Der Ausschuß muß die Grundlage der Entscheidungen schon deshalb veröffentlichen dür- fen, um seine eigene Glaubwürdig- keit zu schützen. Anderenfalls kann jeder Kritiker dem Ausschuß vor- werfen, entscheidende Argumente ignoriert zu haben, ohne daß die Öffentlichkeit die Möglichkeit hat, sich eine eigene Meinung zu bil- den. Transparenz ist deshalb so wichtig, weil die Institution Bun- desausschuß zur Speerspitze künf- tiger Rationierungen werden wird.

Die Glaubwürdigkeit des Bun- desausschusses wird auch daran zu messen sein, ob er sich ebenso kri- tisch an die Evaluation anderer massenhaft eingesetzter Diagnose- Verfahren herantraut, die dieselben fundamentalen Probleme wie die Knochendichtemessung haben – an Verfahren, hinter denen dann eine mächtige Lobby steht. Klaus Koch

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