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Eine lnitiativ~:e;o~~c"hung desministeriums für Bildung u' '
Bioökonomie:
Regionale Wertschöpfung
stärken und Wohlstand
gerechter verteilen
Wohlstand, der durch bestimmte Technologien und Kon-zepte erzielt wird, sollte gerecht verteilt werden. Dies ist maßgeblich für deren gesellschaftliche Akzeptanz. Dies zei-gen beispielsweise Untersuchunzei-gen zum Ausbau der erneu-erbaren Energien im Rahmen der Energiewende.[1] Für die Bioökonomie bedeutet das: Die Wertschöpfung muss mehr in die Breite getragen werden. Das gilt insbesondere für den ländlichen Raum – in Deutschland, Europa und auch darüber hinaus, insbesondere im globalen Süden. Diese Räume sollten zukünftig stärker von der Entwicklung bioökonomischer Akti-vitäten proftieren. Aktuell wird ländlichen Regionen oftmals lediglich die Rolle als Rohstoffieferant für großskalige Wei-terverarbeitungsprozesse andernorts zugeschrieben.[2]–[5] Um regionale Wertschöpfung und fnanzielle Teilhabe zu ent-wickeln, sind Ansätze gefragt, die eine direkte Nutzung und höherwertige Verarbeitung der bereitgestellten Ressourcen durch Akteure vor Ort vorsehen.[2],[6],[7]
Zunehmende Wertschöpfung
Wer aktuell am stärksten von der Bioökonomie profitiert
Profteure der Bioökonomie sind momentan die Indust-riestaaten und kapitalkräftige Branchen sowie Unterneh-men, die biobasierte Produkte herstellen (z.B. im Bereich der Automobilzulieferer, Spezialchemie, Bauwesen) oder die biologisches Wissen für die Entwicklung von Patenten nutzen (im Bereich IT, Design, Pharma, Bionik).[3],[4],[8] Die Biomasseproduktion durch Land- und Forstwirtschaft wirft dagegen vergleichsweise geringen Proft ab. In diesem Sek-tor wird beispielsweise in der Europäischen Union pro be-schäftige Person deutlich weniger an Wertschöpfung erwirt-schaftet als etwa in der Chemie-, Pharma-, Kunststoff- und Gummi-Industrie.[9] Dies illustriert auch das Zwiebelmodell des Bioökonomierats, siehe Abbildung:[8] Das Stück am Bio-ökonomie-Kuchen fällt in Regionen somit kleiner aus, in denen ausschließlich Biomasse bereitgestellt wird. Dieses Ungleichgewicht lässt sich verändern, indem Biomasse vor Ort genutzt und verarbeitet wird oder man dort biobasierte Produkte herstellt.
1. Biomasseproduktion
2. Biomassenutzung
3. Verarbeitung von Biomasse
4. Biobasierte Produkte
lilölw
INSTITUT FÜR ÖKOLOGISCHE WIRTSCHAFTSFORSCHUNG GEFÖRDERT VOM Bundesministerium für Bildung und ForschungWie regionale Wertschöpfung durch Bioökonomie entsteht
Wie der Wohlstand verteilt ist, lässt sich an den erziel-ten Gewinnen der Unternehmen und der Kapitalgeber*innen sowie an den Einkommen von Beschäftigten und anfallen-den Steuern ablesen.[10],[11] Die Wertschöpfung verbleibt nur dann in der Region, wenn ein überwiegender Anteil der Wertschöpfungsstufen und -schritte – von der Biomassebe-reitstellung bis zur Erst- und Weiterverarbeitung der bio-basierten Rohstoffe, einschließlich der Finanzierung aller getätigter Investitionen – durch vor Ort ansässige Akteure erfolgt.[2] Dazu zählen Betriebe, die Biomasse anbauen, ver-arbeiten und veredeln, lokale Unternehmen aus dem Bereich Planung und Beratung, Handwerksbetriebe und das Bauge-werbe sowie private Anleger*innen und regionale Banken.
Die regionale Wertschöpfung kann durch die Integration von bioökonomischen Aktivitäten in regionale Entwick-lungsstrategien gefördert werden. Dazu gehört auch, die Potenziale einer Region bezogen auf das Rohstoff- und Flä-chenangebot, das vorhandene Know-how sowie die Wirt-schafts- und Infrastrukturen zu ermitteln. Handelt es sich beispielsweise um eine strukturschwache oder eine sich im Strukturwandel befndliche Region? Ist die Region agrarisch oder forstlich geprägt? Gibt es verarbeitendes Gewerbe und Industrien, liegen Städte und somit größere Absatzmärkte in der Nähe?[12]
Fazit – Was wir für die Diskussion mitnehmen!
Die Bioökonomie bietet für ländliche Regionen viele Chancen. Um sie zu nutzen, brauchen wir Strategien und Maßnahmen, die eine weitergehende regionale Nutzung und Verarbeitung von Biomasse zu Halb- und Fertigwaren vorsehen. Proftieren können ländliche Räume insbesondere, da die Nachfrage nach regionalen Produkten in den letzten Jahren gestiegen ist – vor allem im Lebensmittelbereich.[18]
Auch für den Strukturwandel in vielen Regionen eröffnen sich neue Möglichkeiten. Unternehmen, die vor Ort ansässig sind oder Chancen für die Ansiedlung in ländlichen Räumen sehen, sollten wo nötig für die Verarbeitung von Biomasse vor Ort übergangsweise durch die Politik und Wirtschafts-förderung unterstützt werden. Dazu gehört auch, den
Wis-BEISPIELE ZUR STÄRKUNG
DER REGIONALEN
WERT-SCHÖPFUNG
An der Bioenergie als Teilbereich der Bioökono mie lässt sich sehr gut zeigen, wie sich bestimmte Technologien auf die regionale Wertschöpfung auswirken. Aktuell wird der überwiegende Teil der Biogasanlagen durch landwirtschaftliche Be triebe bewirtschaftet.[13],[14] Somit verbleiben Gewinne, Einkommen und Steuern in der Region. Dieser Anteil kann höher ausfallen, wenn vor Ort spezialisierte Unternehmen ansässig sind, die Bioenergieanlagen auch selbst planen und bauen.[15],[16]
Weitere Handlungsspielräume für eine stär ker in den Regionen verortete Bioökonomie gibt es insbesondere für die Ernährungswirtschaft in stadtnahen Gebieten, die regional verarbeitete Lebensmittel bereitstellen kann. Auch Bau- und Dämmstoffe oder Verpackungsmaterialien kön nen nachhaltig und lokal erzeugt werden. Hier bietet sich als Alternative zur Entnahme von Rohstoffen teilweise auch die höherwertige Nut zung von Reststoffen wie zum Beispiel von Holz spänen und Rindenmaterial statt von Vollholz an.[2],[17]
senstransfer zwischen Forschung und Innovation und der Praxis zu fördern, ebenso wie zwischen Regionen mit ähn-lichen Ausgangsvoraussetzungen, die sich bisher unter-schiedlich entwickelt haben. Das lässt sich zum Beispiel über regionale sowie überregionale Partnerschaften realisieren. Ein weiterer Baustein ist die Entwicklung neuer, koopera-tiver Geschäfts- und Finanzierungsmodelle, damit Akteure sich vernetzen und fnanziell proftieren können. Dies gilt beispielsweise für die Mobilisierung von regionalem Kapital für regionale Projekte, in etwa durch Genossenschaften. So entstehen neue Wertschöpfungsketten, die auch ökologisch nachhaltig sein können, wenn Klimaschutz und der Erhalt der biologischen Vielfalt berücksichtigt werden.
Zum Projekt Literaturverzeichnis unter Autor/innen:
Diese Veröffentlichung wurde als Hintergrund- www.ioew.de/perspektivwechsel- Johannes Rupp,
material für eine kritische Refexion mit dem biooekonomie Hannes Bluhm
Konzept der Bioökonomie im Verbundvorhaben
„Perspektivwechsel Bioökonomie“ erarbeitet. Herausgeber: Gestaltung:
Projektpartner sind der Bund für Umwelt und Institut für ökologische Sarah Heuzeroth
Naturschutz Deutschland (BUND) und das Insti- Wirtschaftsforschung (IÖW)
tut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW). Potsdamer Straße 105 Datum:
Das Projekt wird im Rahmen des Wissenschafts- D-10785 Berlin November 2020
jahres 2020/21 – Bioökonomie vom Bundesmi- Tel. +49 30 884 594 0 nisterium für Bildung und Forschung gefördert. mailbox@ioew.de
Literatur
[1] Local Energy Consulting, „Akzeptanz und lokale Teilhabe in der Energiewende. Handlungsempfehlungen für eine umfassende Akzep-tanzpolitik“, Agora Energiewende, Berlin, 2020.
[2] J. Rupp u. a., „Potenzialfelder einer ländlichen Bioökonomie. Analyse und Bewertung von Wertschöpfungsketten einer nachhaltigen Koppel- und Kaskadennutzung von nachwachsenden Rohstoffen“, Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), Schriftenreihe des IÖW 217/20, Berlin, 2020.
[3] E. N. Mills, „The Bioeconomy: A Primer“, Transnational Institute (TNI), Amsterdam, 2015.
[4] C. Priefer, J. Jörissen und O. Frör, „Pathways to Shape the Bioeconomy“, Resources, 6(1), 10, 2017.
[5] F.-T. Gottwald und J. Budde, „Mit Bioökonomie die Welt ernähren?“, World Food Institute e.V. — Institut für Welternährung, Berlin, 2014.
[6] D. McGlynn und E. Di Federico, „Durchgängige Berücksichtigung der Bioö konomie“, EU-Magazin Ländlicher Raum, Bd. 28, 2019.
[7] F. Grossauer und G. Stoeglehner, „Bioeconomy – Spatial Requirements for Sustainable Development“, Sustainability, 12(5), 1877, 2020.
[8] J. von Braun, „Die wachsende Bioökonomie – Schwerpunkte für die Zukunft“, Deutsche Biotechnologietage: Dokumentation, S. 30-32, 2015.
[9] T. Ronzon und R. M’Barek, „Socioeconomic Indicators to Monitor the EU as Bioeconomy in Transition“, Sustainability, 10(6), 1745, 2018.
[10] B. Hirschl u. a., „Kommunale Wertschöpfung durch Erneuerbare Energien“, Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW),
Schrif-tenreihe des IÖW 196/10, Berlin, 2010.
[11] A. Aretz, K. Heinbach, B. Hirschl und A. Schröder, „Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte durch den Ausbau Erneuerbarer
Ener-gien“, Greenpeace e.V., Hamburg, 2013.
[12] J. Böhmer u. a., „Ländliche Bioökonomie - Stärkung des ländlichen Raumes durch eigene dezentrale bioökonomische Ansätze“, Institut
für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS), Birkenfeld, 2019.
[13] trend:research, „Eigentümerstruktur Biogasanlagen“, „Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), Berlin, 2018.
[14] Deutsches Biomasseforschungszentrum GmbH (DBFZ), „Anlagenbestand Biogas und Biomethan – Biogaserzeugung und -nutzung in
Deutschland“, Leipzig, 2017.
[15] J. Rupp, K. Heinbach, A. Aretz und A. Schröder, „Ermittlung der Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte in drei ausgewählten
Bio-energie-Regionen“, Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), Schriftenreihe des IÖW 214/17, Berlin, 2017.
[16] C. Arbach, „Biogaserzeugung in Nordwestdeutschland: Akteure und regionale Wertschöpfung“, in: B. Klagge und C. Arbach,
„Governan-ceprozesse für erneuerbare Energien“, Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL), Hannover, 2013.
[17] Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg (MLUK), „Nachhaltige Bioökonomie in
Branden-burg. Biobasierte Wertschöpfung - regional und innovativ“, Potsdam, 2020.
[18] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), „Deutschland, wie es isst. Der BMEL-Ernährungsreport 2020“, Berlin,