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Academic year: 2022

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Forum neurologicum

der Deutschen Gesellschaft für Neurologie

Bibliografie DOIhttp://dx.doi.org/

10.1055/s-0033-1359936 Akt Neurol 2013; 40: 590–605

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0302-4350

Korrespondenzadresse Prof. Dr. med. Wolfgang Heide Schriftführer der DGN, Chefarzt der Neurologischen Klinik, Allgemeines Krankenhaus Celle Siemensplatz 4

29223 Celle

wolfgang.heide@akh-celle.de

Editorial

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Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Freunde der Neurologie,

in dieser Ausgabe des Forum neurologicum fin- den Sie die noch ausstehenden Berichte über den 86. Kongress der DGN vom 18.–21. September 2013 in Dresden. Dazu gehören die ausführliche Zusammenfassung der Eröffnungsveranstaltung, die auf dem Kongress gehaltenen Laudationes für die DGN-Preisträger, Berichte über die Veranstal- tungen der Jungen Neurologen, das Publikums- programm und den Neurologenlauf.

Der Kongress war mit knapp 5000 Teilnehmern wieder sehr gut besucht, darunter 270 Studenten.

Auch die Publikumsveranstaltung„Sport und Ge- hirn–Bewegung als Medizin“am Tag vor dem Kongress war mit 350 Besuchern bei vollem Saal sehr gefragt. 118 Journalisten besuchten den Kon- gress, das Echo der Presse war überaus positiv. Es gab allein in den drei Wochen rund um den Kon- gress 660 Presseartikel in Online-, Print-, Fach- und Publikumsmedien/Tageszeitungen sowie mehrere Radio- und Fernsehbeiträge, darunter im ZDF Morgenmagazin, MDR TV/Radio, NDR Info und Deutschlandfunk. Aber nicht nur da- durch hat der Kongress seinem Motto„Medizin inBewegung“alle Ehre gemacht, sondern auch in- haltlich, mit 753 eingereichten Abstracts, 370 Vorträgen, 381 Postern und 249 weiteren Vorträ- gen (50 Kurse der DGN-Fortbildungsakademie).

Vielfalt und Qualität im wissenschaftlichen Programm

Das wissenschaftliche Programm wurde von der Programmkommission unter Leitung von Kon- gresspräsident Professor Heinz Reichmann, Di- rektor der Neurologischen Klinik des Universi- tätsklinikums Carl Gustav Carus in Dresden, und Kongresssekretär Professor Alexander Storch in bewährter Weise aus den Vorschlägen deutscher Neurologen zusammengestellt. Es umfasste die ganze Bandbreite der Neurologie mit ihren viel- fältigen Subspezialisierungen: von den neuro- muskulären über die neurodegenerativen Erkran- kungen und zerebrovaskulären Störungen bis hin zur neurologischen Intensivmedizin. Muskeler- krankungen, der Schlaganfall, die Parkinson’sche Erkrankung und die Multiple Sklerose waren die wichtigsten klinischen Themen. Ein weiterer wis- senschaftlicher Schwerpunkt lag auf der transla- tionalen Neurologie mit Zellersatz und genthera- peutischen Ansätzen. Für besondere Aktualität sorgten zwei neue Formate: das Symposium

„Late-Breaking-News“ mit kürzlich publizierten Erkenntnissen zu klinischen Themen und das Symposium„Spotlight 2013 – Höhepunkte des wissenschaftlichen Programms“ als Zusammen- fassung wichtiger freier Beiträge des laufenden Kongresses. Das Präsidentensymposium widmete sich den Fortschritten bei der Erforschung neuro- degenerativer Erkrankungen. Unter den renom- mierten Referenten befand sich auch der meist- zitierte klinische Parkinson-Forscher, Professor Andrew Lees aus London.

Medizin in Bewegung

Bewegung als Medizin

Das Kongressmotto„Medizin in Bewegung“wurde inhaltlich in vielen Facetten präsentiert. Neurolo- gen beschäftigen sich klinisch und wissenschaft- lich auf höchstem Niveau nicht nur mit Bewe- gungsstörungen bzw. neurodegenerativen Er- krankungen–hier sei exemplarisch an die bahn- brechenden neuen Daten der Dresdener Arbeits- gruppe zur Pathogenese der Alpha-Synuclein-Ab- lagerungen bei Morbus Parkinson erinnert–, son- dern sie haben auf diesem Kongress so deutlich wie selten gezeigt, welchen elementaren Stellen- wert körperliche Bewegung für die Prävention von neurovaskulären und neurodegenerativen Er- Prof. Wolfgang

Heide, Schrift- führer

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krankungen hat. Als„Praktikum“dazu gab es den Neurologenlauf mit rund 50 Teilnehmern durch die Dresdner Innenstadt und das Benefizfußballspiel der Deutschen Neurologen-Nationalmann- schaft. Aber auch auf den anderen Gebieten hat sich die neurolo- gische Forschung in Dresden eindrucksvoll vorwärtsbewegt, wie z. B. mit den neuen MS-Immuntherapien, dem Biomarker L-Se- lectin sowie den neuen Erkenntnissen zur Pathogenese der ALS.

Das uralte Phänomen des Höhenschwindels bringt nicht nur das vegetative Nervensystem und eine„archaische Angstreaktion“in Bewegung, sondern auch die systemphysiologische neurologi- sche Forschung, wie Herr Professor Thomas Brandt, München, der diesjährige Träger der Wilhelm Erb-Gedenkmünze, in seinem Festvortrag bei der Eröffnungsveranstaltung eindrucksvoll de- monstrierte.

Berufspolitische Diskussionsbühne und Karrierebörse für den Nachwuchs

Wie viel sich berufspolitischbewegt, etwa im Bereich der Neuro- geriatrie oder der Transparenz und Unabhängigkeit ärztlichen Handelns, konnte man im DGN(forum, der berufspolitischen Dis- kussionsbühne auf dem DGN-Kongress, live miterleben und in Kurzform dem Vortrag des ersten Vorsitzenden, Professor Martin Grond, bei der Eröffnungsveranstaltung entnehmen: Die DGN hat ihre Mitgliederzahl in den letzten 20 Jahren versiebenfacht, jetzt auf über 7500. Die Neurologie ist eine tragende Säule in der Gesundheitsversorgung Deutschlands geworden, wobei durch die demografische Entwicklung die Prävalenz neurologi- scher Erkrankungen sprunghaft zunimmt. Die Tatsache, dass zwei Drittel der Diagnosen in der Altersmedizin neurologisch oder psychiatrisch sind,bewegtuns Neurologen zu immer mehr geriatrischem Engagement. Die zunehmende Breite der neurolo- gischen Versorgung darf nicht verhindern, dass die Neurologie weiterhin über innovative Forschung ihren essentiellen Beitrag zur Spitzenmedizin in Deutschland leistet, um so den enormen Aufbruch der Neurowissenschaften in den letzten 30 Jahren auch in der Zukunft erfolgreich fortzusetzen, so Herr Professor Karl Max Einhäupl, Berlin, in seiner wegweisenden Keynote- Lecture. Das umfangreiche Nachwuchsprogramm, das maßgeb- lich von den Jungen Neurologen gestaltet wurde, sowie die von der DGN ausgelobten Reisestipendien lockten 270 Studenten auf den Kongress, von denen 96 Stipendiaten der DGN und der betei- ligten Chefärzte waren. Auf entsprechend große Resonanz ist das erste„Neurologen-Speed-Dating“gestoßen–eine unkonventio- nelle Gelegenheit zum Austausch, an dem sich 19 Chefs und 26 Nachwuchsneurologen beteiligten. Der DGN-Kongress ist damit auch für Medizinstudenten, PJler und Assistenzärzte eine zentra- le Plattform für den Start in die Neurologie–hier werden erste Kontakte geknüpft, Erfahrungen ausgetauscht und im Rahmen der DGN-Nachwuchsarbeit ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der neurologischen Versorgung geleistet.

Ich wünsche Ihnen einen friedlichen Jahresausklang 2013.

Ihr Wolfgang Heide Schriftführer der DGN

Eröffnungsveranstaltung DGN-Kongress 2013

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Die Eröffnungsveranstaltung gilt als ein Höhepunkt des DGN- Kongresses, da hier Persönlichkeiten der Neurologie zu Wort kommen und geehrt werden sowie über herausragende Themen und grundsätzliche Trends berichtet wird. Tatsächlich fand dieser Festakt auf dem Dresden-Kongress mit knapp 2000 Besuchern den bisher größten Zuspruch.

Alle Reden können Sie als Video im Mitgliederbereich der DGN- Website www.dgn.org mit Ihren persönlichen Zugangsdaten an- schauen. Im Folgenden eine Zusammenfassung:

Begrüßung durch Kongresspräsident Prof. Dr. med.

Heinz Reichmann

Professor Reichmann begrüßt alle Gäste des Kongresses und freut sich über den großen Zuspruch und die Chance, den Besuchern die Wissenschaft und die neurologische Forschung in Dresden nahezubringen.

Dresden ist nicht nur eine Stadt der Kunst und Kultur, sondern auch eine Stadt der Innovationen, der Wissenschaft und der Me- dizin. 2006 wurde die Stadt vom Stifterverband mit dem Titel

„Stadt der Wissenschaft“ausgezeichnet. Dresden ist in Deutsch- land, gemessen an der Einwohnerzahl, die Stadt mit der höchsten Forscherdichte. Es gibt elf Hochschulen, darunter die TU Dresden als einzige Exzellenz-Universität der neuen Bundesländer. Nach der Wende musste die Stadt neu beginnen und sich gegenüber etablierten Forschungseinrichtungen behaupten. Daraus ist eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrich- tungen, Hochschulen und Wirtschaft entstanden. Ausdruck die- ser besonderen Vernetzung ist das„Dresden Concept“ –ein Ver- bund der TU Dresden mit Partnern aus Wissenschaft und Kultur mit dem Ziel, Synergien zu nutzen und gemeinsam Strategien zu entwickeln, um weltweit führende Wissenschaftler für Dresden zu gewinnen.„In Dresden finden Sie für fast jede Idee die idealen Ansprechpartner“, so Reichmann. Entsprechend begehrt ist die Stadt auch bei Studenten: Mit 14 Bewerbern pro Studienplatz liegt Dresden deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

Die Dresdner Hochschulmedizin betreut 60 000 Patienten statio- när und 260 000 ambulant pro Jahr und zählt etwa 6000 Mitar- beiter. Dresden ist bei Parkinson und Demenz, bei Onkologie und Diabetes als Deutsches Zentrum der Gesundheitsforschung ausgewählt worden. Das hat wertvolle Drittmittel eingebracht und hervorragende neue Mitglieder in die Fakultät. Die medizini- sche Fakultät ist mit 77 Mio. Euro der größte Drittmitteleinwer-

Kongresspräsident Prof. Heinz Reichmann © S. Bratulic/DGN

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ber der TU Dresden. 1997 fand der erste DGN-Kongress nach der Wende in Dresden statt, damals betrug das Drittmittelaufkom- men noch 8,2 Mio. Euro.„Das ist eine Leistung auf die wir stolz sind“, so Reichmann. Er lobt die Vielfalt und inhaltliche Breite des Kongresses, mit umfangreichem wissenschaftlichem Pro- gramm, Fortbildungen auf höchstem Niveau, Nachwuchspro- gramm, Patientenorganisationen und Industrieausstellung, be- tont aber auch:„Die Neurologie muss in die politische Gesell- schaft.“ Mit diesen Worten übergibt Professor Reichmann an Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz, die als ehemalige sächsische Sozialministerin eine enge Verbündete der Dresdner Medizin ist.

Grußwort von Helma Orosz, Oberbürgermeisterin der Landeshauptstadt Dresden

Frau OB Orosz bringt ihre Freude zum Ausdruck, dass der DGN- Kongress als einer der größten Kongresse in diesem Jahr in Dres- den stattfindet. Schließlich sei Dresden, wo 1907 die Vorläufer- organisation der DGN gegründet wurde, die„Wiege der Neuro- logie“. Seither habe sich eine hochkarätige Wissenschaftsland- schaft und eine„Allianz der Spitzenforschung“in Dresden etab- liert. Max-Planck-, Leibnitz-, Fraunhofer- und Helmholtz-Institu- te arbeiteten eng mit der Universität und den Wirtschaftsbetrie- ben zusammen. Helma Orosz wünscht für diesen hochinteres- santen Kongress einen regen Gedankenaustausch und hofft, dass die Beteiligten im Sinne der Betroffenen und der Zukunft unserer Gesellschaft zu guten Erkenntnissen und Fortschritten kommen.

Grundsatzrede des Ersten Vorsitzenden Prof. Dr. med. Martin Grond

Die DGN hat sich verändert: Die Anzahl der Mitglieder hat sich in den vergangenen 20 Jahren versiebenfacht. Allein im Jahr 2012 ist die DGN-Mitgliederzahl um 8 % gewachsen, die meisten Neu- mitglieder waren Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung. Die Ver- jüngung zeigt sich auch daran, dass 70 % der Fachärzte für Neuro- logie unter 50 Jahren alt sind. Natürlich steigt auch in der Neuro- logie der Frauenanteil: von 27 % in 1990 auf 39 % in 2012. Das Wachstum und die veränderte Mitgliederstruktur bringt neue Aufgaben mit sich: War die DGN früher eine rein akademisch- wissenschaftliche Vereinigung, müssen wir uns heute mehr ge- sundheitspolitischen Fragen widmen, denn das zweifellos her- vorragende klinisch-wissenschaftliche Fach Neurologie muss

sich auch ökonomisch abbilden lassen. Auf diesem Feld ist die DGN sehr stark und engagiert unterwegs.

Beispiel Altersmedizin:Zwischen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie und der DGN besteht in der Grundauffassung der Geria- trie ein tiefer Graben, denn die DGG vertritt die Meinung, dass es nur einen Geriater mit einem Facharzt für Innere Medizin und Geriatrie geben könne. Dem gegenüber steht die Ansicht der DGN, dass auch ein Neurologe mit geriatrischer Weiterbildung ein Geriater ist und die Geriatrie kein Teilgebiet der Inneren Me- dizin sein darf. Wenn es zu einer Bagatellisierung der neurologi- schen Inhalte durch andere Fachgebiete kommt, dann diskrimi- niert das die älteren Menschen und ist mit den Zielen der Neuro- logie nicht vereinbar. Dazu gehört auch, dass sich geriatrisch täti- ge Neurologen stärker in der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie engagieren und in diese Fachgesellschaft eintreten. Professor Grond fordert auf, mit einem Eintritt seinem Beispiel zu folgen und auch die Mitgliederversammlung der DGG zu besuchen.

Weiterbildungsordnung:Die Geriatrie spielt auch in die Weiter- bildungsordnung hinein: Der Ärztetag hat eine Veränderung der Weiterbildung beschlossen, wobei in Zukunft die zeitliche Struk- turierung der Weiterbildungsinhalte durch eine Strukturierung mit Kompetenzfeldern abgelöst werden soll. Wo und wie lange diese abgeleistet werden, ist nicht vorgeschrieben, lediglich die Gesamtzeit der Weiterbildung.

Die DGN hat einen politischen motivierten Vorstoß gemacht und in den Entwurf der WBO geschrieben, dass die Weiterbildung in Zukunft 6 Jahre dauern soll, dafür aber mit dem Facharzt für Neu- rologie und Geriatrie abgeschlossen wird–nicht zuletzt deshalb, weil eine sechsjährige Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin und Geriatrie bereits beschlossene Sache ist. Dies soll ein klares politisches Zeichen sein und hier muss die Neurologie vielleicht unangenehme Wege gehen. Doch das Engagement in der Altersmedizin ist ein sehr wichtiges Ziel und die DGN muss sich hier klar positionieren. Dieser Vorschlag ist noch in der Dis- kussion, zum Beispiel auf Ebene der Landesärztekammern.

Austauschjahr Psychiatrie: Mit der veränderten Struktur der Weiterbildungsordnung ist auch das Austauschjahr Psychiatrie wieder in der Diskussion. Prof. Grond fragte die Besucher nach Handzeichen, ob das psychiatrische Jahr beibehalten werden sol- le, und eine augenscheinliche Mehrheit meldete sich.

Neuroradiologie:Problematisch ist, dass es zu wenig Neuroradio- logen in Deutschland gibt und daher die neuroradiologische Ver- sorgung nicht flächendeckend möglich ist. Vorschläge eines Common-Trunk- oder Quereinsteiger-Modells für Neurologen

Prof. Martin Grond, Erster Vorsitzender der DGN © S. Bratulic/DGN

Kongresspräsident Prof. Heinz Reichmann (m.) begrüßt zwei Gäste: Helma Orosz, Oberbürgermeisterin von Dresden, und Prof. Karl Max Einhäupl, Neurologe und Vorstandsvorsitzender der Charité in Berlin © S. Bratulic/

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blieben von der Deutschen Röntgengesellschaft und der Deut- schen Gesellschaft für Neuroradiologie ohne Resonanz, obwohl schon die Kollegen der Kardiologie offiziell angeboten hatten, die Interventionelle Neuroradiologie mit zu betreuen. Dieses Thema ist noch nicht abgeschlossen.

Nachwuchs:Obwohl sich die Neurologie über eine junge Alters- struktur freuen kann, ist die Nachwuchsarbeit weiterhin ein wichtiges Betätigungsfeld für die DGN. Neben den vielen Aktivi- täten, auch der Jungen Neurologen, etwa den zahlreichen Sum- mer Schools, wird es bald eine Economic Summer School geben, damit in Zukunft Neurologen mit den kaufmännischen Klinik- mitarbeitern auf Augenhöhe argumentieren können.

Kommunikation:Die Öffentlichkeitsarbeit ist wichtig, damit die Neurologie auch wahrgenommen wird, und die DGN engagiert sich hier sehr stark. Die Schwerpunkte liegen derzeit auf der in- ternen Kommunikation, also dem Dialog mit den Mitgliedern. So gab es ein Forum auf der Website, in dem man den Entwurf der aktuellen„Handlungsrichtlinien der DGN zum Umgang mit öko- nomischen Interessen“ kommentieren konnte. Professor Grond weist auch auf die Website-Familie der DGN mit der Hauptseite www.dgn.org, dem Stellenmarkt und den Jungen Neurologen hin, die 2,5 Millionen Abrufe pro Jahr verzeichnen können. Die Mitglieder sollen diese Informations- und Diskussionsplattform durchaus noch mehr nutzen.

Die Frage nach der Zukunft der DGN-Zeitschriften hat gezeigt, wie wichtig Meinungsbefragungen der Mitglieder sind: Bei einer Umfrage hatte sich vor Kurzem herausgestellt, dass 80 % der Mit- glieder die Fachzeitschriften schätzen und zwar alle Titel etwa gleich hoch. Nur 25 % möchten die Zeitschrift in Zukunft nur noch online lesen. Dabei gab es schon die Meinung, dass Zeit- schriften nur noch digital herausgegeben werden sollten. Diese Meinung muss nun revidiert werden.

Transparenz:Es ist ein allgemeiner Trend, dass mehr Transparenz in Bezug auf die Zusammenarbeit mit der Industrie gewünscht wird, auch in der DGN. Darum hat die DGN eine Transparenzini- tiative gestartet. In diesem Zusammenhang muss gesagt werden, dass die DGN–wie nur wenige andere Fachgesellschaften–keine institutionellen Mitgliedschaften hat und keine Spenden von der Industrie akzeptiert. Alle Geldflüsse der Industrie auf diesem Kongress sind auf Seite 5 des Hauptprogramms detailliert auf- führt.

Die Unabhängigkeit ärztlichen Handelnsist ein weiteres wichti- ges Thema, das die DGN verfolgt. Die DGN sieht das Thema recht breit und hat dazu eine Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Profes- sor Günther Deuschl gegründet. Es gibt zum Beispiel die Forde- rung, dass Leitlinienautoren keine Industriekontakte haben dür- fen. Wenn man diesen Satz durchdenkt, dann wird es wahr- scheinlich keine Leitlinienautoren mehr geben. Denn es gibt kei- ne objektive Wahrheit und Leitlinienarbeit ist immer eine Inter- pretation von Daten und Studien. Bei der Interpretation hat jeder seine individuelle Brille auf, die immer getönt ist mit Interessen- konflikten: ob von einem Mitglied eines Advisory Boards der Pharmazeutischen Industrie, von einem Industriekritiker, einem Niedergelassenen oder Klinikangestellten. Die Aufgabe der DGN ist es, dafür zu sorgen, dass keine dieser Einzelinteressen über- handnimmt. Es steht auch die Frage im Raum, ob Industrieunter- nehmen vom Kongress ausgeschlossen werden sollen, um den Einfluss auf die Unabhängigkeit ärztlichen Handelns zu minimie- ren. Diese Frage kann der Vorstand nicht alleine beantworten, sondern nur zusammen mit den Mitgliedern. Professor Grond lädt alle Besucher zur Diskussionsveranstaltung im DGN(forum zu diesem Thema ein.

Professor Grond dankt allen engagierten Mitgliedern für ihr eh- renamtliches Engagement und hofft auf weitere zahlreiche Ein- tritte in die Gesellschaft, denn nur so kann die DGN eine bewegte und etwas bewegende Gesellschaft bleiben.

Grußwort von Prof. Dr. med. Reinhard Dengler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung

Professor Dengler überbringt die Grüße der DGKN. In der Part- nergesellschaft der DGN sind hauptsächlich Neurologen organi- siert. Die DGKN hat sich auch stets dafür eingesetzt, dass die Kli- nische Neuropsychologie bei der Klinischen Neurologie bleibt.

Den Weg, die klinische Neurophysiologie als eigenständiges Fach zu etablieren, wie in anderen europäischen Ländern, hält die DGKN nicht für richtig.

Professor Dengler weist auf den 30. ICCN 2014 (30thInternational Congress of Clinical Neurophysiology of the IFCN) vom 20.–23.

März in Berlin hin, der gemeinsam mit der Jahrestagung der DGKN stattfindet und den er zusammen mit Professor Witte or- ganisiert. Das Vorprogramm beinhaltet viele namhafte interna- tionale Experten, wobei Berlin durchaus eine gewisse Anzie- hungskraft als Veranstaltungsort entwickelt hat. Auf diesem großen Kongress wird die klassische klinische Neurophysiologie angeboten, aber auch Neues aus den Bereichen der Epileptologie, der Schlafforschung, Schmerzforschung, Kognition und der Hirn- stimulationen. Ein solch umfassendes und internationales Pro- gramm ist eine Gelegenheit, die man als Neurologe in Deutsch- land nutzen sollte.

Grußwort der Jungen Neurologen durch

Dr. med. Helge Hellriegel und Dr. med. Christiana Ossig

Dr. Helge Hellriegel berichtet, dass die Jungen Neurologen auch im vergangenen Jahr wieder gewachsen sind, viele neue Projekte angestoßen haben und viele neue kreative Köpfe für das organi- satorische Kernteam gewinnen konnten. Er bedankt sich für die große Unterstützung der Jungen Neurologen, durch die vielen ehrenamtlichen Referenten ihrer Veranstaltungen sowie den Vorstand der DGN. Er weist auf die knapp 100 Stipendiaten, PJ- Studenten, Studenten und Doktoranden hin, die dank des DGN- Programms diesen Kongress besuchen können. Die zweijährige Zeit des Sprechers der Jungen Neurologen endet nun und er übergibt an Dr. Christiana Ossig, die gewählte neue Sprecherin der Jungen Neurologen.

Dr. Christiana Ossig setzt den Fokus der Arbeit auf die an der Neu- rologie interessierten Studierenden und die Assistenzarztkolle- gen. Gerade während des PJs, in dem sich viele zwischen zwei Fä- chern entscheiden, sollten die Studierenden von der Leidenschaft und der Freude am Fach begeistert, dann aber auch mit einer en- gagierten Ausbildung unterstützt werden. Für die Assistenzärzte und -ärztinnen werden sich die Jungen Neurologen weiterhin für eine qualitativ hochwertige Weiterbildung einsetzen und tragen- de Modelle entwickeln, um auch die jungen Familien zu unter- stützen.

Preisverleihung Journalistenpreis Neurologie

Im Rahmen der Eröffnung wurde auch der Journalistenpreis Neu- rologie verliehen. Die beiden Preisträger wurden von einer Jury aus Neurologen und Journalisten aus rund 50 eingereichten Bei- trägen in den Kategorien elektronische Medien und Wort ausge- wählt. Dr. Andreas Bernard nimmt die Auszeichnung für seinen durchaus kritischen Beitrag zur Hirnforschung im SZ-Magazin entgegen, der laut Jury dem Leser schonungslos vor Augen führt,

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wie dessen dankbare Gläubigkeit dazu führt, dass zu wenig hin- terfragt wird, was „Neurokoryphäen“ verbreiten. „Der Artikel geht zurück auf ein Unbehagen meinerseits in der öffentlichen Berichterstattung über die Neurowissenschaften und bildgeben- den Verfahren. Man sieht die bunten Bilder und glaubt, das sei der Mensch selbst, seine Gefühle, seine Wünsche, seine Geheim- nisse“, so der Autor Dr. Bernard, der bei seinen Recherchen aber auch bemerkt hat, dass die Neurologen selber sehr viel behutsa- mer und vorsichtiger den Verfahren gegenüberstehen als viele Wissenschaftsjournalisten und Bestsellerautoren.

Der zweite Preisträger, Volkart Wildermuth, nimmt die Zuhörer in seinem Radiofeature im Deutschlandfunk:„Das Prion-Prinzip.

Der neue Blick auf Alzheimer, Parkinson und Huntington“mit in die internationalen Labore, wo Neurowissenschaftler an der grauen Substanz Verstorbener nach den Ursachen neurodegene- rativer Erkrankungen fahnden. Er bedankt sich für die intensiven Einblicke, die ihm Wissenschaftler im Rahmen seiner Recherche ermöglicht haben. Sein Appell an das Publikum:„Sie arbeiten am Gehirn und am Sitz der Persönlichkeit–viele Ihrer Patienten ha- ben große Ängste, wissen gar nicht, welche Möglichkeiten es in- zwischen gibt. Für das Bekanntmachen Ihres Faches in der Öf- fentlichkeit sollten Sie Journalisten nutzen. Die sind natürlich auch manchmal kritisch, tragen aber vor allem dazu bei, dass die Menschen erfahren, was Sie können und zu Ihnen kommen.

Dafür lohnt es sich, den Journalisten die Tür aufzumachen.“

Verleihung Heinrich Pette-Preis

Für ihre wissenschaftlichen Erfolge in der Schmerztherapie wird Prof. Dr. med. Ulrike Bingel von der DGN mit dem Heinrich Pette- Preis ausgezeichnet. Die im Juli 2013 aus Hamburg an das Univer- sitätsklinikum Essen berufene Professorin konnte in viel beachte- ten Studien zum Placebo-Effekt zeigen, wie Erwartungen oder negative Vorerfahrungen die Wirksamkeit von Medikamenten entscheidend beeinflussen und wie sich die Placebo-Wirkung medizinisch nutzen lässt. Laudator Prof. Dr. med. Christian Ger- loff spricht von einer Bilderbuchkarriere der erfolgreichen Wis- senschaftlerin und Ärztin, die„engagiert, präzise und mitreißend und mit unendlicher Energie“ihren Weg verfolgt. Die Laudatio von Professor Gerloff finden Sie im Wortlaut auf S. 596 dieser Ausgabe.

Verleihung Wilhelm Erb-Gedenkmünze

100 Jahre nach der Verleihung der ersten Wilhelm Erb-Gedenk- münze im Jahr 1913 an Robert Bárány, einen der Begründer der Schwindelforschung, verleiht die DGN diese höchste Auszeich- nung erneut an einen der weltweit führenden Wissenschaftler auf dem Gebiet der klinischen und experimentellen Erforschung von Schwindelerkrankungen: Prof. Dr. med. Dr. h. c. Thomas Brandt.„Brandt hat sein Gebiet in Deutschland zu international hoch anerkannter Blüte gebracht“, sagt Laudator Prof. Dr. med.

Klaus Toyka und nennt die Bewilligung des bundesgeförderten Deutschen Schwindelzentrums IFB der LMU und die Verleihung der deutschlandweit ersten Hertie-Seniorprofessur als zwei sei- ner jüngsten Hochleistungen und Erfolge seines akademischen Lebens. Die Laudatio von Professor Toyka finden Sie im Wortlaut auf S. 597 dieser Ausgabe.

Festvortrag Prof. Dr. med. Dr. h. c. Thomas Brandt

„Der Höhenschwindel als archaische Angstreaktion“ist Thema des Festvortrags von Prof. Thomas Brandt. Trotz der weiten Ver- breitung des Phänomens–rund 4 % der Bevölkerung leiden an einer phobischen Höhenangst, 28 % sind von einer visuellen Hö-

henintoleranz betroffen–gibt es bisher kaum Untersuchungen und keine andere internationale Arbeitsgruppe dazu. Professor Brandt will mit seiner Arbeitsgruppe Anleitungen zum Verhalten Anfälliger in der Höhe liefern: Wo gucke ich hin, wie soll die Kör- perhaltung sein, wie bewege ich mich–als Ergänzung zur Prä- vention und Behandlung von Bewegungskrankheiten. Dabei kommen modernste Methoden zum Einsatz: Die Forscher nutzen ein mobiles Augenbewegungsmesssystem mit einer zusätzlichen Kamera und Sensoren, die die Kopfbeschleunigung erfassen. Da- bei zeigte sich, dass anfällige Personen dazu neigen, den Blick auf den Horizont zu richten. Sie führen weniger Augenbewegungen zur Erkundung der Umgebung aus, vor allem wird der Kopf in al- len Ebenen deutlich weniger bewegt. Weitere Experimente so- wohl mit natürlicher als auch virtueller Höhenreizung sollen nun helfen, neue Therapien zu entwickeln, denn wirksame Medi- kamente gibt es bisher nicht.„Womöglich können wir aus unse- ren Daten eine Verhaltenstherapie ableiten, bei der die Angst vor der Höhe durch konkrete Anleitungen zum Blick-, Stand- und Gangverhalten verbessert wird“, hofft Brandt. Den Festvortrag

„Höhenschwindel–eine archaische Angstreaktion“können Sie im Mitgliederbereich der DGN-Website www.dgn.org als Video in voller Länge anschauen.

Keynote-Speech von Prof. Dr. med. Karl Max Einhäupl, Vorstandsvorsitzender der Charité in Berlin

In seinem Festvortrag„Spitzenmedizin in Deutschland: Wie viel Innovation kann sich die Neurologie noch leisten?“zeigt Profes- sor Karl Max Einhäupl die heutigen und zukünftigen Herausfor- derungen der Innovationskraft, der Universitätsmedizin und der Neurologie im Kontext gesellschaftlicher und politischer Ent- wicklungen auf.

Im Gegensatz zu der Zeit vor etwa 40 Jahren ist die neuromedizi- nische Wissenschaft heute eines der prosperierendsten Fächer in der wissenschaftlichen Medizin, die Neurologie hat gesellschaft- lichen Einfluss bis in Industrie und Wirtschaft hinein. Das öffent- liche Interesse und damit auch die besondere Verantwortung der Neuromedizin begründet sich in ihren Themen: Es geht um das Verhalten der Menschen, wie Emotionen, Antrieb, Trieb, Intelli- genz, Beurteilung, Entscheidungen, Ambivalenz oder den freien Willen, der seit einigen Jahren ein stark beachtetes Thema ist. Da- mit stehen die Neurowissenschaften nicht mehr allein, sondern haben Geistes-, Sozial,- Rechts- und Wirtschaftswissenschaften als Partner, was zwar immer einfach ist, aber ihre besondere Stel- lung im Wissenschaftssystem unterstreicht. Die Neurowissen- schaft mobilisiert damit auch Ängste, provoziert Widersprüche und es geht an die Grenzen des gesellschaftlichen Konsensus, etwa beim Thema Hirntod. Das Gehirn ist das konstituierende Element der menschlichen Existenz. Auf dem Weltwirtschafts- forum in Davos 2012 wurde gesagt, dass die Neurowissenschaf- ten eine Revolution hervorgerufen haben. DFG-Zahlen sagen aus, dass die Neurowissenschaften auch auf Förderebene wichtig sind: In den Jahren 2010 bis 2012 haben die Neurowissenschaf- ten 20 % der Fördermittel verbraucht. Das alles zeigt, dass es doch um eine besondere Wissenschaft geht.

Es wird später in Geschichtsbüchern über die Neurowissenschaf- ten die Zeitvorund die Zeitnach der CTunterschieden. Durch die CT ist die Krankheitsdifferenzierung erst möglich geworden. Frü- her war die Neurologie eher ein kontemplatives Fach, spätestens in den 80er-Jahren – und auch mit dem Therapie-Buch von Brandt, Diener und Dichgans–wurde die Neurologie zu einem expliziten Therapiefach. Dies schlägt sich in vielen anderen Berei-

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chen nieder. Im Rückblick denkt man bisweilen, dass manche frü- here Methoden lächerlich erscheinen oder sogar gefährlich.

Diese positive Entwicklung der Neurowissenschaften muss man aber einbinden in den gesellschaftlichen Kontext. Die zukünftige Entwicklung wird von den Rahmenbedingungen abhängen. Der- zeit ist viel von Krise die Rede, wobei die Finanzkrise überwun- den werden kann. Vielmehr liegt die Krise bei den öffentlichen Dienstleistungen. Wenn man in die Schulen und Universitäten schaut, muss man sich fragen, wie noch eine konkurrenzfähige Ausbildung von jungen Leuten durchgeführt werden kann. Auch die öffentliche Förderung von Wissenschaft ist extrem schwierig.

Es fällt schwer, die Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die Neu- rowissenschaften brauchen, um ihre Entwicklung zu organisie- ren.

Wer in der Klinik arbeitet, aber auch in der Praxis, hat den Ein- druck, dass die Medizin ökonomisiert wird. Dem möchte ich wi- dersprechen, denn das ist ein romantisierender Rückblick auf die Zeit der 50er- bis Anfang der 70er-Jahre. Das ganzheitliche Prin- zip in der Medizin dieser Zeit war letztendlich eine nicht evi- denzbasierte Medizin. Die evidenzbasierte Medizin ab den 70er- Jahren führt aber natürlich zu der Frage, was noch finanzierbar ist, und was nicht mehr–wirtschaftliche Elemente der Medizin sind dominant geworden. Die jüngst veröffentliche OECD-Studie hat gezeigt, dass Deutschland das Land mit den meisten Endo- prothesen und mit den meisten Katheter-Interventionen ist. Das muss uns zum Nachdenken bringen. Die Neurologie ist zwar da- von nicht betroffen, aber überflüssige Operationen sind Grenz- überschreitungen, mit denen wir uns auch als Fachgesellschaft auseinandersetzen müssen. Bonuszahlungen oder Kickback-Zah- lungen sind in diesem System nicht mehr möglich.

Im universitären Bereich behandeln die Kliniken sehr viele selte- ne, komplexe und unklare Erkrankungen. Das erzeugt enorme Kosten, die vom DRG-System heute nicht mehr gedeckt werden.

Die Universitäten sind darüber hinaus überproportional an der Ausbildung junger Fachärzte beteiligt und sie haben zum Teil kostspielige, defizitäre Hochschulambulanzen, mit denen sie viel für das Gesundheitssystem tun, aber von diesem nicht entlohnt werden. Zwei Drittel dieser Einrichtungen schreiben bereits rote Zahlen und es werden mehr. Wenn sich hier politisch nichts tut, dann werden bald 100 % der Universitätskliniken und wahr- scheinlich 80 % der anderen Krankenhäuser defizitär sein. Das liegt an der Kostenschere: Den Preissteigerungen im Sinne des Landesbasisfallwerts um 0,4 und 1 % pro Jahr und der gleichzeiti- gen Kostensteigerung von 3–4 %. Das ist politisch gewollt, um Krankenhäuser, die man nicht für essenziell erforderlich hält, vom Netz zu bringen. Es werden aber nicht die vom Netz gehen, die man nicht braucht, sondern diejenigen, die sich nicht recht- zeitig darauf einstellen können.

Ein weiteres Problem liegt in der dualen Finanzierung des Hoch- schul- und Kliniksystems: Die Krankenkassen zahlen die Kosten für die Krankenversorgung und die Länder sind für die Investitio- nen zuständig–nicht nur in Beton, sondern auch in Geräten. Die Länder kommen dieser Investitionspflicht seit vielen Jahren nicht mehr nach. Die Krankenhäuser sind immer stärker dazu gezwun- gen, die DRG-Erlöse auch für Investitionen zu verwenden, in manchen Häusern bis zu 30 %. Dies werden die Krankenkassen nicht mehr lange mitmachen, und gerade an den teuren Univer- sitätskliniken wird dann nicht mehr hinreichend investiert. Das wäre fatal, denn in den Universitätskliniken finden die Innovatio- nen statt und sie sind Schrittmacher für alle anderen Bereiche.

Das Gesundheitssystem darf nicht als Kostenfaktor, sondern als einer der relevantesten Wirtschaftsfaktoren dieses Landes be-

trachtet werden: 11 % des Bruttoinlandsprodukts wird in diesem Sektor erarbeitet. Wer Wohlstand will, muss Arbeitsplätze schaf- fen, wer Arbeitsplätze schaffen will, muss Innovation fördern.

Nur so können wir international wettbewerbsfähig bleiben. Be- züglich der Wirtschaftlichkeit sind zwei Zahlen der Charité zu nennen, die sich auf jedes Klinikum umrechnen lassen: Der Wertschöpfungseffekt der Charité beträgt 1,4 Milliarden Euro, mit 100 Mitarbeitern der Charité werden 56 weitere Arbeitsplät- ze geschaffen.

Was ist unter Fortschrittsfalle zu verstehen? Es wird gesagt, das Problem der Medizin sind die steigenden Kosten. Doch nicht die Kosten sind das Problem, sondern die rasant steigenden Möglich- keiten. Die rasanten Innovationszyklen müssen teuer bezahlt werden–oder wir müssen auf sie verzichten. Das System rea- giert mit Nutzenbewertungen und lässt bestimmte Medikamen- te nicht mehr zu–wobei die Nutzenbewertung richtig ist, auch wenn man über die Methoden nachdenken muss–, andere spre- chen von Priorisierung. Mit Priorisierung ist gemeint, dass nicht mehr jeder Patient den Fortschritt ohne Einschränkungen erhal- ten kann, etwa bei lebensverlängernden Maßnahmen in der On- kologie. Wohin das führt: Wir laufen in die Gefahr einer Entsoli- darisierung dieses Gesundheitssystems. Bei den Zahnarztrech- nungen kann das jeder schon heute erkennen.

Die Durchbrüche in der Medizin wie zum Beispiel Penicillin wer- den immer seltener, inkrementelle Verbesserungen dagegen im- mer häufiger. Bei der HIV-Pandemie etwa gab es keinen einzigen Durchbruch in der Therapie, aber eine Aneinanderreihung von vielen kleinen Schritten, die dazu führten, dass Patienten heute ein hohes oder normales Alter erreichen können. Wenn die Ge- meinschaft solche inkrementellen Fortschritte nicht mehr finan- zieren möchte und es nur noch bestimmten Gruppen möglich ist, davon zu profitieren, dann haben wir das amerikanische System, das zwar viel Geld für Gesundheit ausgibt, aber das nur von einer relativ kleinen Gruppe wohlhabender Menschen eingebracht wird. Diesen Effekt können wir uns nicht wünschen.

Zur Ausbildung von Nachwuchs im medizinischen und wissen- schaftlichen Bereich: In Amerika wird der wissenschaftliche Fort- schritt zur Hälfte von Asiaten und Europäern erbracht, weil die USA selbst nicht mehr in der Lage sind, ihre Eliten zu reproduzie- ren. Wir kriegen das noch selber hin, aber die Auswahl unter dem Nachwuchs an den Universitäten wird immer geringer, das Inte- resse an der wissenschaftlichen Medizin ist aus verschiedenen Gründen gesunken. Wir müssen dafür sorgen, dass wir unsere Eliten noch selbst reproduzieren können.

Manchmal wird die Frage gestellt: Ist der Arztberuf unbedingt an den Universitäten zu erlernen? Ja, er ist es, denn er ist wissen- schaftsbasiert, nicht wissensbasiert. Wer mit 25 Jahren sein Exa- men macht, hat noch 40 kurative Jahre vor sich. Die Innovations- zyklen sind so schnell, dass in fünf Jahren das Wissen veraltet ist.

Darum müssen Ärzte die Methoden beurteilen können, die in ih- rem Fach eine große Rolle spielen, um auch nach mehreren Jah- ren noch die erforderliche Leistung erbringen zu können. Oder wer die Produkte der kommerziellen Anbieter methodisch nicht mehr differenziert bewerten kann, wird diesem System ausgelie- fert sein. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissen- schaftsrat haben sich daher sehr intensiv mit der Frage der Nach- wuchsausbildung und der Promotion auseinandergesetzt. Vier beispielhafte Forderungen sind: Es muss Promotionskollegs an allen medizinischen Fakultäten geben. Die jungen Wissenschaft- ler, die nebenher ihren Facharzt machen, müssen für ihre For- schung streckenweise freigestellt, länger ausgebildet und die wissenschaftliche Tätigkeit muss auf die Facharztweiterbildung

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angerechnet werden. Dieser Nachwuchs braucht Freiräume und flache Hierarchien. Die erfolgreichen Fakultäten werden in Zu- kunft diejenigen sein, die den Nachwuchskräften, die eine wis- senschaftliche und klinische Ausbildung parallel angehen, ein ge- ordnetes Kurrikulum anbieten. Das ist nicht einfach, muss aber geleistet werden.

Schließlich möchte ich davor warnen, dass uns das Fach nicht aus den Fugen gerät. Natürlich versucht die Anästhesie, die Intensiv- medizin in ihren Bereich zu ziehen, und internistische Abteilun- gen fragen sich, warum Neurologen Intensivmedizin betreiben.

Wir müssen aber die Intensivmedizin als zentralen Bestandteil des neurologischen Kurrikulums behalten, weil wir sonst viele Diagnosen nicht mehr sehen, etwa die eitrige Meningitis, die Subarachnoidalblutung, den Status epilepticus oder komplexe Hirnstammprozesse und vieles andere. Werner Hacke und Hans- Christoph Diener haben wir es zu verdanken, dass Schlaganfälle heute auf Stroke Units behandelt werden. Wir brauchen Neuro- intensivmedizin aber auch, um die Kompetenz zu konzentrieren:

Wenn ein Anästhesist oder ein Internist einmal im Jahr eine eit- rige Meningitis sieht, dann handelt es sich um eine andere Be- handlungskompetenz als auf einer Neurointensivstation, wo im Jahr 10 oder 15 solcher Patienten auftreten. Dies hat auch Aus- wirkungen auf die Forschung.

Wir haben nicht viel Zeit. Worauf müssen wir die nächsten Jahre achten? Erstens: Die medizinischen Fakultäten müssen das Orga- nisationszentrum der Gesundheitsforschung bleiben. Die entste- henden Gesundheitszentren sind der Auszug der Exzellenzmedi- zin aus den Hochschulen. Es kann nicht das Ziel unserer Medizi- nerausbildung sein, dass gerade die besten Wissenschaftler die Universitäten verlassen. Zweitens: Die Lehre muss besser gestal- tet werden. Drittens: Wir müssen die föderale Zergliederung überwinden. Die größte Sünde aber, die sich die Politik gegen- über der Wissenschaft geleistet hat, ist die Abschaffung des Hochschulbauförderungsgesetzes. Denn dies hat zu einer investi- ven Katastrophe geführt, wie wir sie in allen Universitäten, aber besonders in den Universitätskliniken sehen, denn diese waren mit 36 % am Hochschulförderungsbaugesetz beteiligt. Wir müs- sen das Grundgesetz in der nächsten Legislaturperiode ändern, damit der Bund wieder mitfinanzieren kann. Und wir brauchen eine Wissenschaftsaußenpolitik, die im Moment in keiner Weise wahrzunehmen ist, denn wir bewegen uns in einem europäi- schen Kontext.

Als Neurologen haben wir folgende Herausforderungen zu meis- tern: Erstens müssen wir uns mit dem Trend zur Ambulantisie- rung auseinandersetzen. Wenn dies nach wie vor so schlecht be- zahlt wird, dann werden die Kliniken nicht mehr in der Lage sein, einen Großteil der Patienten zu sehen. Gerade Neurologien wä- ren nicht mehr in der Lage, wirtschaftlich zu arbeiten– vom Schlaganfall abgesehen, der schon jetzt in vielen Fällen andere neurologische Leistungen mitfinanziert.

Zweitens müssen wir über die DRG-Bewertungen reden. Die Kar- diologen machen Millionenüberschüsse, die Pädiater Millionen- verluste in den meisten Kliniken und die Neurologen sind nicht weit von den Pädiatern entfernt.

Drittens müssen wir die Balkanisierung verhindern: Darunter versteht man, dass man die Epileptologie oder die Bewegungs- störungen zu einer eigenen Fachdisziplin bzw. Abteilung macht, das EMG outsourced usw. Die Neurologien müssen Einheiten bleiben mit flacheren Hierarchien.

Viertens: Wir müssen uns Gedanken machen über die Übernah- me klassischer neurologischer Krankheitsbilder durch andere Fachdisziplinen, etwa die Neuroimmunologie mit ihren moder-

nen Therapien, die häufig von Immunologen oder Rheumatolo- gen durchgeführt werden. Sie ist aber in der Neurologie zentral und wir dürfen sie uns nicht aus der Hand nehmen lassen. Ähn- lich verhält es sich in der Onkologie oder der Infektiologie. Betont werden muss aber auch, dass das Neuroimaging in die Hände der Neuromedizin gehört und nicht in die Hände der Radiologie.

Zuletzt sei noch einmal betont: Nur in der Innovation ist die Exis- tenzberechtigung der Universitäten zu sehen. In manchen Berei- chen, etwa der Kardiologie oder der Lebertransplantation, hat sich Innovation in Routine verwandelt, und die Innovationen feh- len, was diesen Fächern zu schaffen macht. Im Bereich des Schlaganfalls, der Stroke Units, besteht diese Gefahr ebenfalls.

Darum muss die Innovation auch auf diesem Gebiet erhalten bleiben.

Laudationes der Preise & Ehrungen

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Laudatio auf Frau Prof. Dr. med. Ulrike Bingel, Heinrich Pette-Preisträgerin der DGN 2013

von Laudator Prof. Christian Gerloff, Hamburg

Sehr geehrte Damen und Herren,

es ist mir eine Ehre, die Laudatio auf die diesjährige Gewinnerin des Heinrich Pette-Preises, Frau Professor Ulrike Bingel, zu hal- ten. Es ist eine dieser Aufgaben, die leicht fallen und Freude ma- chen.

Zu Ulrike Bingel kommt sofort ein Stichwort in den Sinn:„Bilder- buchkarriere“. Geboren 1975 in Essen, hat sie dort nach dem Abi- tur auch ihr Medizinstudium absolviert und promoviert. Von Es- sen führte sie der Weg nach Hamburg, wo sie zusammen mit Pro- fessor Cornelius Weiller und Professor Christian BücheldasFor- schungsgebiet kennenlernte, das ihre Zukunft bestimmen sollte –und dessen Zukunft sie heute selbst maßgeblich mitbestimmt:

die Schmerzforschung. Genauer: Informationsverarbeitung im nozizeptiven System, neuronale Korrelate der Schmerzverarbei-

Der mit 10 000 EUR dotierte Wissenschaftspreis ging an die frisch nach Essen berufene Professorin Ulrike Bingel für ihre Arbeiten in der Schmerz- forschung. V. l. n. r. Prof. Cornelius Weiller, Prof. Martin Grond, Prof. Ulrike Bingel sowie Laudator und Ex-Chef Prof. Christian Gerloff aus Hamburg

© S. Bratulic/DGN

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tung und die kognitive Modulation von Schmerz. Ein Highlight durften viele von Ihnen auf dem letzten DGN-Kongress 2012 in Hamburg erleben, als uns Frau Bingel spannende Neuigkeiten zum Wirkmechanismus von Placebo im menschlichen Gehirn vorgestellt hat. Es war ein engagierter, präziser und mitreißender Vortrag–und genau das ist ihre Art:„engagiert, präzise und mit- reißend“.

Hamburg prägte die neurowissenschaftliche und klinische Kar- riere von Ulrike Bingel. Gleichermaßen hat Frau Bingel mit ihrer starken Persönlichkeit am UKE Standards als erfolgreiche Wis- senschaftlerin und Ärztin gesetzt. Weit über die Neurowissen- schaften und die Neurologie hinaus. Sie arbeitete mit unendli- cher Energie in der Schmerzforschung, was durch viele hochran- gige Publikationen belohnt wurde. So erschienen Arbeiten in Neuron, Journal of Neuroscience und Pain, insgesamt knapp 60 Publikationen, viel zitiert und viel beachtet. Ihr meistzitiertes Pa- per, eine Arbeit im Journal„Pain“zu Mechanismen der Placebo- Analgesie, ist über 170 Mal als Referenz in neueren Publikationen genannt.

Wenn es gut läuft, dann läuft unser wissenschaftlicher Nach- wuchs naturgemäß ins Ausland. So auch Frau Bingel. Sie ent- schied sich dazu, für ein Jahr nach Oxford zu Professor Tracey zu gehen, international sicher einer der angesehensten Schmerzfor- scher. Aufgeladen mit neuen Ideen und gestärktem neurowissen- schaftlichem Selbstbewusstsein kehrte sie Mitte 2009 ans UKE nach Hamburg zurück.

Dann gelang ihr ein weiterer Durchbruch, sie erhielt den Zuschlag für eine unabhängige Forschergruppe des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum Thema„Schmerz und Kognition“ mit einem Fördervolumen von 1,47 Mio. Euro. Dies ermöglichte ihr, konzentriert und fokussiert ihre wissenschaftlichen Arbeiten fortzuführen. Immer–wohlgemerkt–unter Beibehaltung ihres klinischen Engagements im Bereich der Schmerzambulanz des UKE.

Am 13. März 2011 folgte ein weiterer Meilenstein, die Geburt Ih- res Sohnes Jannis. Es ist mehr als bemerkenswert, dass sie wäh- rend der Schwangerschaft ein SFB-Teilprojekt einwarb und kon- tinuierlich weiter ihre Arbeitsgruppe betreute, ja sogar vergrö- ßerte. Wie Sie sehen, wuchs die Gruppe generationenübergrei- fend.

Für ihre außerordentlichen Leistungen wurde Frau Bingel schon in der Vergangenheit mehrfach ausgezeichnet: so zum Beispiel mit dem Deutschen Schmerzpreis, dem MSD Research Award, dem EFIC Grünenthal Grant Award for Pain Research–und das ist nur eine Auswahl.

Es ist also eine„Bilderbuchkarriere“, aber es ist auch weit mehr als das. Sowohl die Fakten zu ihrem Werdegang als auch das ra- sante Tempo, mit dem Frau Bingel ihren Weg beschritten hat, zei- gen, dass dahinter nicht nur eine außerordentliche Begabung, sondern auch viel harte Arbeit steckt.

Liebe Frau Bingel, in Essen haben Sie nun Ihre Traumstelle gefun- den, eine W3-Professur für Funktionelle Bildgebung, verbunden mit Leitung der Schmerzambulanz. Sie haben den Heinrich Pet- te-Preis der DGN mehr als verdient! Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie eine glückliche und erfolgreiche Zukunft!

Wilhelm Erb-Gedenkmünze für Prof. Dr. Dr. h. c.

Thomas Brandt

von Laudator Prof. Klaus Toyka, FRCP, Würzburg

Thomas Brandt ist 1943 in Dessau geboren. Er wuchs nach dem Krieg im Westteil des damals geteilten Deutschlands auf. Er stu- dierte in Köln und Essen Medizin.

Die ersten Berufsjahre in Essen sind gekennzeichnet durch prak- tisch klinische Arbeiten in der Neurochirurgie und erste wissen- schaftliche Arbeiten mit anästhesiologischen Themen, zusam- men mit seiner allzu früh verstorbenen Frau, der Klinischen Psy- chologin Birgit Brandt.

So richtig begann Brandts Karriere in Freiburg an der Jung‘schen Klinik. Schon ab 1972 gab es in der Arbeitsgruppe Dichgans eine erste wichtige internationale Publikation zu Brandts späteren Kernthemen: Bewegungskrankheit, Optokinetik und vestibulärer Schwindel.

Die erste bedeutende Arbeit mit Dichgans und Young, dem Aero- nautik-Spezialisten vom MIT in den USA, trug den Titel:„Moving visual scenes influence the apparent direction of gravity.“Sie er- schien in der Zeitschrift Science. Es folgten weitere Arbeiten zu Problemen der Astronauten im schwerelosen Raum–ein Thema, das Brandt bis heute bewegt und immer wieder neue Impulse er- kennen lässt.

Schon 1975, im Alter von 32 Jahren, erfolgte die Habilitation bei Richard Jung in Freiburg mit dem Thema:„Die optokinetisch-ves- tibuläre Bewegungskrankheit: Pathogenese, physikalische und medikamentöse Therapie.“

Die fünf Freiburger Jahre waren sehr intensive Jahre für Wissen- schaft und Weiterbildung, verbunden mit für ihn richtungswei- senden Auslandszeiten einmal bei Young am MIT und später bei

Prof. Thomas Brandt bei seinem Festvortrag„Höhenschwindeleine archaische Angstreaktion“am 19. September 2013 auf dem 86. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in Dresden im Anschluss an die Verleihung der Wilhelm Erb-Gedenkmünze © S. Bratulic/DGN

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Hoyt in San Francisco, einem der Altmeister der Neuroophthal- mologie. Bill Hoyt war von den Nazis aus Wien vertrieben wor- den, hatte aber keine Ressentiments gegenüber uns deutschen Kollegen.

Nach Facharzt-Anerkennung und Habilitation gab es in Freiburg Meinungsverschiedenheiten darüber, ob der jung habilitierte Brandt schon als Oberarzt infrage käme. Bevor diese Frage an- brennen konnte, entschied sich Brandt für einen Abflug nach Es- sen, wo er gleich Leitender Arzt der Neurologie bei Krupp und bald auch außerplanmäßiger Professor an der Medizinischen Fa- kultät in Essen wurde.

In Essen wurde Höhenschwindel sein weiteres Forschungsthema, und ich erinnere mich gut an seine zündenden Vorträge zu die- sem Thema während der Essener Periode. Das war praktisch enorm wichtig für alle, die in großer Höhe sicher auf ihren Beinen stehen mussten.

Von Essen aus traf er in den USA neben B. Cohen den Neurooph- thalmologen Robert B. Daroff, der ein sehr enger Freund der Fa- milie Brandt wurde. Schon 1980 finden wir erste viel beachtete Arbeiten mit Daroff. Brandt gehörte bald zu der recht kleinen und meist freundlich gesinnten internationalen„Familie“der be- deutenden Schwindelforscher.

Während der Essener Zeit als Chefarzt der Krupp’schen Neurolo- gie forschte Brandt mit finanzieller Unterstützung durch die DFG und andere Fördereinrichtungen unvermindert weiter, mit erst- klassigen Publikationen. Seine damaligen Mitarbeiter Büchele und Krafczyk und sein Freiburger Kollege Wist waren seine wich- tigsten Partner. Im Jahre 1984, kurz vor seiner Berufung nach München, gelang ihm als Mitautor–unter der Erstautorenschaft von Baumgartens in Freiburg–eine weitere Science-Arbeit in der Raumfahrtmedizin. Bald darauf, in der Mitte der 80er-Jahre gab es die ersten, viel beachteten Arbeiten zur„Ocular Tilt“-Reaktion bei mesenzephalen Läsionen, zusammen mit seiner langjährigen Mitarbeiterin und späteren Nachfolgerin Marianne Dieterich.

Die Berufung von Essen an die Ludwig-Maximilians-Universität München im Jahre 1984 erlaubte Brandt eine Verbreiterung sei- nes Forschungsgebietes mit dem Schwerpunkt Pathophysiologie humaner vestibulärer Syndrome, in enger Verknüpfung mit Ma- rianne Dieterich und mit Ulrich Büttner, der aus Düsseldorf zum leitenden Oberarzt in München berufen wurde. Büttners Frau Jean Büttner-Ennever, eine Expertin im Primatensystem, gab wichtige Anregungen. Eine Vielzahl sehr guter Arbeiten folgte.

Für die Klinik der vestibulären Erkrankungen waren diese For-

schungen von großer Wichtigkeit. Brandt holte gewissermaßen die Schwindelforschung in die Neurologie, was von den HNO- Kollegen nicht immer positiv aufgenommen wurde. Das wurde besonders beim paroxysmalen Lagerungsschwindel und den neuen Arbeiten zur Pathophysiologie und Therapie dieser Er- krankung sichtbar.

Die räumliche und apparative Ausstattung der Münchner Neuro- logie war aufgrund der Vorgeschichte dieser Klinik für die expe- rimentelle Wissenschaft recht begrenzt. Die Bleibeverhandlun- gen nach der Berufung 1991 auf den Lehrstuhl in Zürich waren hier der Schlüssel zu einer nachhaltigen Verbesserung. Ein paar Jahre später ergaben sich weitere, wichtige Strukturverbesserun- gen:

1. durch die Gründung der Abteilung für Klinische Neuroimmu- nologie mit Reinhard Hohlfeld als Leiter und späterem Ordinari- us, 2. durch die erfolgreiche Einwerbung einer Klinischen For- schergruppe der DFG –mit Frau Dieterich als Leiterin – und schließlich 3. mit dem SFB Sensomotorik.

Das Verhandlungsgeschick und die zielgerichtete Ausdauer von Brandt waren hier die Erfolgsrezepte. Ein weiterer Ruf an das MRC als Leiter der„Human Movement and Balance Unit“in Lon- don stärkte seine Position in München weiter. Schließlich gelang der große Coup mit einem eigenen Forschungshaus in Großha- dern.

Im wissenschaftlichen Oeuvre folgten weitere grundlegende Ar- beiten zur vestibulären Neuritis durch Herpes-simplex-Viren, letztendlich gipfelnd in einer im New England Journal of Medi- cine publizierten Therapiestudie mit Strupp als Erstautor.

Eine Vielzahl von wissenschaftlich engagierten Klinikern wurden Schüler von Brandt, neben Frau Dieterich seien hier die Kollegen Straube, Büchele und Strupp besonders genannt. Es soll aber be- tont werden, dass Brandt auch die an der Klinik 1984 schon täti- gen Kollegen nachhaltig gefördert hat, die mit anderen For- schungsthemen beschäftigt waren–hier nenne ich die Kollegen Einhäupl und Dirnagl, die als Altbayern große Bedeutung für die Charité erlangten und eine Schule für moderne deutsche Schlag- anfallforschung gründeten, und Pfister mit seiner hoch aner- kannten Infektionsforschung.

Einen wissenschaftlichen Durchbruch bedeuteten die ab Ende der 90er-Jahre verbesserten MR-Techniken, die erstmals beim Menschen abbildende und funktionelle Aussagen zu den tierex- perimentell gewonnenen Hypothesen erlaubten. Brandt wusste all das für seine Fragestellungen sinnvoll zu nutzen, technisch noch verfeinert durch PET-fMRI als technische Erweiterung, mit einer Fülle neuer Erkenntnisse zur Pathophysiologie.

Doch immer wieder kamen auch einfache klinische Beobachtun- gen zu wissenschaftlicher Beachtung:

Ich erinnere an die Arbeit zum Vestibularisschwindel– „wer sich schnell bewegt, tut sich leichter als der Langsamgeher“. Sogar ein treuer, aber vestibulär kranker Hund spielte da eine Rolle.

Es folgte die Entdeckung, dass 3,4-Diaminopyridin beim patholo- gischen Downbeat-Nystagmus und bei episodischer Ataxie eine wirksame Therapie darstellt–eigentlich kannten wir diese Sub- stanz nur aus der Therapie des Lambert-Eaton-Syndroms. Auch hierzu wurde kürzlich eine prospektive klinische Therapiestudie veröffentlicht, die eine gute therapeutische Wirkung belegte.

Wenn man das wissenschaftliche Oeuvre von Brandt betrachtet, muss man sich klar machen, welche enormen technischen Ent- wicklungen, ja auch technischen Tricks Brandt mit seinem Team von Ingenieuren und Physikern eingefallen sind, um viele seiner Fragestellungen in ein Experiment umzusetzen. In den letzten zehn Schaffensjahren ist eine ganze Gruppe von Mitarbeitern Laudator Prof. Klaus Toyka in Dresden © S. Bratulic/DGN

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mit der Entwicklung und Adaptierung solcher anspruchsvoller Hightech-Messgeräte beschäftigt, bis hin zur Entwicklung von Robotern.

Zwei Hochleistungen dieser jüngsten Periode –kurz vor und nach der Pensionierung von Brandt–sind als späte Erfolge in sei- nem akademischen Leben zu nennen:

1. die Bewilligung des bundesgeförderten Integrierten For- schungs- und Behandlungszentrums für Schwindel, Gleichge- wichts- und Okulomotorikstörungen, kurz Schwindel-IFBLMU, und

2. die Hertie-Seniorprofessur im Verein mit umfangreicher staatlich-bayerischer Förderung.

Blickt man auf die wissenschaftliche Laufbahn von Brandt zu- rück, so hat es keine Lücken in der Produktivität gegeben–bis in die heutige Zeit als Seniorprofessor ist die Schaffenskraft unge- brochen.

Brandt hat zusammengerechnet über 400 Originalarbeiten und Übersichtsarbeiten in Zeitschriften mit Gutachtersystem verfasst, daneben mehrere Bücher–ein sehr beachtliches Lebenswerk.

Brandts Namen wird man vergeblich als Seniorautor auf Publika- tionen aus seiner Klinik suchen, die nicht in seinem persönlichen Forschungsfeld lagen –hier hat er stets die Selbstdisziplin ge- zeigt, die wir heute als Standard anerkennen.

Brandt hat sein Gebiet in Deutschland zu international hoch an- erkannter Blüte gebracht. Er hat zahlreiche Schüler ausgebildet, die längst auf eigenen Füßen stehen. Um die Kontinuität seines Forschungsgebiets muss man sich keine Sorgen machen, sollte er nach den noch laufenden Aktivitäten mal kürzer treten wollen oder müssen–seine erfolgreiche ehemalige Schülerin Marianne Dieterich ist jetzt seine Nachfolgerin in der Klinikdirektion Mün- chen-Großhadern und im Schwindelzentrum. Sie wird mit dem ganzen großen Team in den gewachsenen Strukturen weiter ak- tiv bleiben und wichtige Beiträge liefern.

Brandts Ehrenämter und Ehrungen

Brandt gehört zu den Kollegen, die eine unerschöpfliche Energie besitzen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass er neben allen anderen Aufgaben vielfach als Vorstandsmitglied oder Präsident von Fachgesellschaften gedient hat–der DGN 1997–1998, der DGKN und mehrerer internationaler Fachgesellschaften. Hier habe ich mich besonders über sein Engagement in der European Neurological Society (ENS) gefreut, deren Präsident er 1998 wur- de. Hier bedarf es noch enger Zusammenarbeit bei der Vereini- gung der beiden europäischen neurologischen Gesellschaften, mit dem Ziel der Konsolidierung und Zukunftssicherung der Neurologie in Europa.

Brandt war Editor und noch häufiger Mitglied im Editorial Board mehrerer deutscher und internationaler wissenschaftlicher Jour- nale und hat wesentlich zur Qualität dieser Zeitschriften beige- tragen.

Geehrt wurde Brandt mit Ehrenmitgliedschaften von Fachgesell- schaften mehrerer Länder, darunter auch die englische Neurolo- gical Society und das Royal College of Physicians, sowie durch Aufnahme in die Bayerische Akademie der Wissenschaften und in die Nationale Deutsche Akademie Leopoldina.

Wissenschaftspreise und andere Ehrungen sind so zahlreich, dass deren vollständige Nennung diesen Rahmen sprengen würde.

Genannt seien hier der Robert Pfleger-Preis zusammen mit Dich- gans und Freund, der Hans Berger-Preis der DGKN sowie das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Der für Brandt persönlich schönste und wichtigste Preis war im Jahr 2000 die Auszeichnung mit der international verliehenen

Bárány-Goldmedaille, in Erinnerung an einen der wichtigsten Begründer der Schwindelforschung. Heute, genau 100 Jahre nach der Verleihung der allerersten Erb-Gedenkmünze an Bárá- ny, wird Brandt selbst mit der Erb-Gedenkmünze ausgezeichnet.

So schließt sich gewissermaßen der Kreis.

Brandt als Familienvater, Künstler und Sportsmann

Während ich diese wissenschaftliche Laudatio vorgetragen habe, liefen einige Bilder über die Leinwand, die kurze Schlaglichter auf Brandts über vier Jahrzehnte währende Aktivitäten werfen.

Da ist zunächst seine Familie zu nennen, die sehr wesentlich und wirksam zur Verbesserung unseres Nachwuchsproblems in der Neurologie beigetragen hat–zwei Söhne sind akademische Neu- rologen geworden.

Seine Frau Birgit Brandt hat ihm in den entscheidenden Jahren immer zur Seite gestanden, als wissenschaftliche Mitstreiterin und in ihrer selbstständigen Tätigkeit als Klinische Psychologin.

Sie hat ihn, die Familie und auch uns vor nunmehr zwei Jahren leider viel zu früh verlassen.

Ein wichtiges Gegengewicht zur beruflichen Arbeit war seine Bildhauerei, die ihn in der knappen Freizeit begleitete. Zwei Bei- spiele haben Sie sehen können–Minotaurus schaffte es auf die Titelseite der MMW. Am Rande seien seine sportlichen Leistun- gen erwähnt: In jüngeren Jahren–so hörte ich–war er ein als

1975 AG Dichgans (2. v. l.) mit Mauritz, Koenig, Wist; vorn auf dem Dreh- stuhl: Richard Jung © privat

Thomas Brandt im Jahr 1980

© privat

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Partner gefragtes und als Gegner gefürchtetes Tennis-Ass, dane- ben spricht man von seinen Fähigkeiten als Ruderer.

Heute verleiht die DGN ihre höchste Auszeichnung, die Wilhelm Erb-Gedenkmünze, an Professor Thomas Brandt als hochverdien- ten Wissenschaftler und Akademiker.

Ich freue mich persönlich und auch als Träger eben dieser Erb- Gedenkmünze sehr darüber, Ihnen allen hier im Saal Herrn Brandt in einem Rückblick vorgestellt haben zu dürfen.

Herzlichen Glückwunsch!

Felgenhauer-Symposium

Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie hat auf dem 86. Kon- gress 2013 das Symposium„Innovative Bildgebung zur Patho- physiologie und Diagnostik neurologischer Erkrankungen“unter Vorsitz vonPriv.-Doz. Dr. med. C. GrefkesundProf. Dr. med. S. B.

Eickhoffals Felgenhauer-Symposium ausgezeichnet.

Das Felgenhauer-Symposium erinnert mit seinem hohen wissen- schaftlichen Rang und seiner Aktualität an Klaus Felgenhauer, einen begeisternden Neurowissenschaftler und akademischen Lehrer, Stifter der„Förderung junger Neurowissenschaftler“und Gründer der Fortbildungsakademie der DGN. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 3000 Euro verbunden.

Referate:

D. Saur, Leipzig: Simultane Perfusionsmessung am PET-Hybrid- gerät bei akutem Schlaganfall

H. Laufs, Frankfurt: Fallstricke bei der Analyse von Resting-State- Daten bei neurologischen Erkrankungen

C. Grefkes, Köln: Mustererkennungsalgorithmen in der funktio- nellen MRT–neue Wege in der Schlaganfalldiagnostik?

S. Eickhoff, Düsseldorf: Activation Likelihood Estimation (ALE) Metaanalysen: Werkzeuge zur Konsolidierung der Literatur und Generierung von Hypothesen

Fortbildungsakademie–rund 5000 gebuchte Kurse

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Die Fortbildungsakademie war in Dresden vertreten mit genau 50 Veranstaltungen: Es gab 6 Ganztagskurse (GTK), 25 Halbtags- kurse (HTK), 5 Sonderkurse (SK) und 14 Seminare. Besonderer Dank gilt den 202 Rednern, die sich mit insgesamt 258 Vorträgen ehrenamtlich eingebracht hatten.

Gebucht wurden die Kurse 5007-mal. Für die Teilnehmer waren laut Buchungszahlen die attraktivsten Kurse bei den GTKs der

„Therapiekurs“mit 494 Teilnehmern, bei den HTKs der Kurs„Kli- nisch relevante Neuigkeiten zur Parkinson-Krankheit“ mit 258 Teilnehmern, bei den SKs„Bewegungsstörungen“mit 159 Teil- nehmern und bei den Seminaren„Polyneuropathien, Modul 1:

Fallseminar Polyneuropathien“mit 118 Teilnehmern.

Die Fortbildungsakademie strebt stets eine Verbesserung ihres Angebots an. Daher wurden die Kurse wie schon in den Vor- jahren evaluiert. Es zeigte sich, dass deutlich mehr Teilnehmer die Evaluationsbögen ausfüllten und die Rückmeldungen diffe- renzierter und auch kritischer ausfielen. Referenten, die durch ihre Beiträge eine besondere Begeisterung für die Neurologie bei den Seminarteilnehmern wecken konnten, werden wieder einge- laden.

Prof. Dr. med. Cornelius Weiller Vorsitzender der Fortbildungsakademie

Die Jungen Neurologen auf dem DGN-Kongress 2013

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Der DGN-Kongress 2013 in Dresden ist vorbei und das in diesem Jahr sehr umfangreiche JuNo-Programm war ein voller Erfolg!

Durchweg waren alle Veranstaltungen gut besucht, sodass manches Mal aus Platzmangel der Teppich als Sitzplatz dienen musste.

Auftakt war die JuNo-Party am Mittwochabend im Carolaschlöss- chen, wo man bei Snacks und Getränken in gemütlicher Atmo- sphäre weitere Kongressteilnehmer kennenlernen konnte. Das Kongress-Programm startete am Donnerstag- und Freitagmor- gen jeweils mit dem Kongress-Guide, der sowohl den Studieren- den als auch jungen Ärzten einen guten Überblick über den Dschungel der Kongressveranstaltungen gab. In der Veranstal- tung„Internationales“wurden wertvolle Tipps über internatio- nale Organisationen, Kongresse, Fortbildungen und Finanzie- rungsmaßnahmen gegeben.

Beim„Treffen der Generationen“erörterten Neurologinnen und Neurologen Lösungsansätze sowie Konzepte zu der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Die Postersession stellte die interessantesten Posterbeiträge des Kongresses in prägnanter Form vor. In der Veranstaltung„State of the Art“referierten renommierte Neurologen über wichtige neurologische Erkrankungen. Dabei entstand anhand von klini- schen Fallbeispielen häufig eine lebendige Diskussion über Diffe- renzialdiagnosen und Therapieoptionen. Dr. Timo Siepmann, Arzt an der Klinik für Neurologie der TU Dresden, stellte ein Pro- gramm vor, das derzeit als Kooperation zwischen der TU Dresden und der Harvard Medical School durchgeführt wird. Teilnehmer des Kurses bekommen Kernkompetenzen in der Planung und 1984 Neurologie Großhadern © privat

„Schwangere im Garten“ – mit Hund Plato © privat

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Auswertung von klinischen Studien vermittelt. Der Kurs soll künftig an mehreren deutschen Hochschulen angeboten werden.

Die Seminare werden immer über eine Videokonferenz live aus Harvard übertragen–eine vernetzte Fortbildung!

Erstmalig gab es das„Clinical und Scientific Speed-Dating“sowie die in Kooperation mit der Deutschen Forschungsgesellschaft (DFG) konzipierte Veranstaltung zur Förderung von Nachwuchs- wissenschaftlern. Beim Speed-Dating fanden sich Chefärztin- nen/-ärzte und Nachwuchsneurologinnen/-neurologen in unge- zwungener Atmosphäre zusammen. Dabei ergaben sich in wech- selnden Konstellationen schnell anregende Gespräche. In der Ju- No-/DFG-Veranstaltung erläuterten die Referenten, welche Hilfen man bei Forschungsprojekten in Anspruch nehmen kann, aber auch welche Hürden es dabei zu überwinden gilt. Wir planen be- reits die Fortsetzung für das kommende Jahr.

Dies gilt in gleichem Maße für die Veranstaltung„Highlights des wissenschaftlichen Programms mit dem Kongresspräsidenten“. In diesem erstmals durchgeführten Format beleuchteten die Ju- Nos gemeinsam mit dem Kongresssekretär Professor Alexander Storch kritisch die Höhepunkte des wissenschaftlichen Pro- gramms des gesamten DGN-Kongresses.

Als besonderes Highlight durften die Jungen Neurologen in die- sem Jahr Professor Karl Max Einhäupl in ihrem eigenen„Class- room“begrüßen. Neben einer ausgewiesenen klinischen Experti- se kennt Professor Einhäupl aus seiner aktuellen Funktion als Vorstandsvorsitzender der Charité in Berlin auch den wirtschaft- lichen Aspekt aktueller medizinisch-gesundheitspolitischer Ent- wicklungen. In einem Impulsreferat stellte er zunächst die grundsätzliche Problematik ethischer Fragen in der Medizin dar.

In einer nachfolgend offenen Gesprächsrunde diskutierte Profes-

sor Einhäupl dann Fälle aus seinem eigenen Berufsleben und stellte die Frage:„Wie hätten Sie entschieden?“

Für alle, die auch im nächsten Jahr wieder dabei sein möchten:

Der DGN-Kongress 2014 wird zusammen mit der Neurowoche vom 15.–19. September 2014 in München stattfinden. Daher:

Schnell in den Kalender schreiben und in den Dienstplan 2014 eintragen!

Im Namen der Jungen Neurologen

Marie Czunczeleit, Christiana Ossig, Dietrich Sturm

Clinical und Scientific Speed-Dating auf dem 86. DGN-Kongress

Auf dem diesjährigen DGN-Kongress in Dresden fand erstmals ein von den Jungen Neurologen und der DGN organisiertes„Clini- cal und Scientific Speed-Dating“statt. Dabei konnten Studieren- de und junge Assistenzärzte Chefärzten und renommierten For- schern aus ganz Deutschland Fragen zu Klinik und Forschung in der Neurologie stellen.

Das Speed-Dating sollte in kurzer Zeit möglichst viele Kontakte ermöglichen. In zeitlich begrenzten Gesprächen konnten die Teil- nehmer einander kennenlernen. Die Gesprächsrunden wurden thematisch in zwei Blöcke unterteilt. In einer ersten, klinisch ori- entierten Runde konnten sich kleine Teilnehmergruppen mit Chefärzten über den Arbeitsalltag und die Perspektiven in der Neurologie unterhalten. Die Auswahl der richtigen Klinik, eine gute Work-Life-Balance und die Vermittlung geeigneter Kontakte waren typische Themen.

Zentraler Inhalt der zweiten Gesprächsrunde war die Forschung in der Neurologie. Renommierte Wissenschaftler standen den Stets gut besucht: die Veranstaltungen der Jungen Neurologen © S. Bratulic/DGN

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Teilnehmern Rede und Antwort. An wen kann ich mich mit mei- nem Forschungsgebiet wenden? Welche Möglichkeiten habe ich, meine Projekte zu finanzieren? Lohnt sich ein Schritt ins Aus- land? Diese und andere Fragen wurden von den Experten aus- führlich und häufig auch sehr persönlich beantwortet. Insgesamt nahmen 19 Chefs und 26 Nachwuchsneurologen an der Veran- staltung teil. Die große Nachfrage zeigte deutlich den Bedarf an derartigen Möglichkeiten zum Austausch zwischen Jung und Alt.

„In meiner Ausbildungszeit wäre die Gelegenheit, persönlich mit erfahrenen Ärzten zu sprechen, für mich eine enorme Bereiche- rung gewesen“, so das Fazit einer der teilnehmenden Chefärzte.

Der informelle, aber doch persönliche Charakter der Unterhal- tungen schuf für alle Beteiligten eine angenehme Gesprächsat- mosphäre, die sich auch in der Evaluation widerspiegelte: Die deutlich überwiegende Mehrzahl der Befragten bewertete die Veranstaltung mit„sehr gut“ oder„gut“. Eine erneute Auflage des Speed-Datings soll auf dem DGN-Kongress 2014 im Rahmen der Neurowoche stattfinden.

Rahmenprogramm

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Publikumsveranstaltung:

Sport & Gehirn: Bewegung als Medizin

Sport hält nicht nur Herz und Kreislauf fit, sondern auch den Geist–das vermittelten Prof. Alexander Storch, Prof. Gerd Kem- permann und Dr. Ulf Bodechtel zum Auftakt des DGN-Kongresses am Dienstagabend laiengerecht in einer Publikumsveranstal- tung. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob Bewegung und körperliche Aktivität Schlaganfall und Demenz vorbeugen kön- nen und was die Wissenschaft inzwischen über die zugrunde lie- genden Mechanismen weiß. Das Fazit der Experten:„Bewegung und körperliche Aktivität sind ein einfaches, buchstäblich neben- wirkungsfreies Rezept gegen Gedächtnisverlust im Alter, das wir viel stärker nutzen sollten.“Zu welchen Höchstleistungen ein gut trainiertes Gehirn fähig ist und wie sich Gedächtnistraining und körperliches Training kombinieren lassen, bewies zum Abschluss der Gedächtnisgroßmeister und Marathonläufer Jürgen Petersen.

Die Veranstaltung wurde durch den ARD-Sportreporter Torsten Püschel moderiert. Die Besucherzahl machte das große Interesse am Thema deutlich: Mit fast 350 Dresdnern war der Hörsaal im DFG-Forschungszentrum für Regenerative Therapien (CRTD) fast vollständig belegt.

Neurologenlauf Dresden: Sightseeing in Bewegung

Medizin in Bewegung–rund 50 Kolleginnen und Kollegen nah- men das Kongressmotto wörtlich und beteiligten sich am Neuro- logenlauf durch Dresden. Die ungewöhnliche Sightseeing-Tour führte in moderatem Jogging-Tempo von der Messe Dresden die Elbe entlang ins historische Stadtzentrum, mit Erläuterungen zu den Sehenswürdigkeiten durch Prof. Dr. Guntram Ickenstein (Aue), Prof. Dr. Carl Reimers (Bad Berka) und Prof. Dr. Barbara Tet- tenborn (St. Gallen). Mit dabei war auch der Marathonläufer und Gedächtnisgroßmeister Jürgen Petersen mit praktischen Tipps, wie man sich beim Laufen Zahlen, Daten und Fakten einprägt. In einheitlich blauen Lauf-T-Shirts sorgte die Gruppe bei den Me- dien und bei der Dresdner Öffentlichkeit für Aufsehen. Einige Läufer waren extra früher zum Kongress angereist, um teilzuneh- men und so nicht nur Herz und Hirn zu trainieren, sondern auch die Tradition des DGN-Kongresslaufs neu zu beleben.

Neurologenfußball: 3000 Euro für krebskranke Kinder

Training für Körper und Geist: Nach einigen Jahren Pause wurde die Tradition des Neurologenlaufs wieder aufgenommenverbunden mit einer Sightsee- ing-Tour durch das historische Dresden © S. Bratulic/DGN

Die Publikumsveranstaltung Sport & GehirnBewegung als Medizin am Tag vor dem Kongress stieß auf großes Interesse bei den Dresdnern: Mit 350 Besuchern war der Hörsaal im Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) fast vollständig belegt © S. Bratulic/DGN

V. l. n. r.: Anett Gräbert (Managerin FSV), Prof. Uwe Zettl (Mannschaftskapi- tän), Dr. Ralf Berkenfeld, Dr. Peter Themann (Vorstandsvorsitzender FSV), Dr. Torsten Sühnel, Peter Musil (Vorsitzender Stiftung Sonnenstrahl), Dr.

Winfried Neukäter, Prof. Hayrettin Tumani, Dr. Robert Schumann, Dr. Andreas Richter (Kassenwart FSV) © S. Bratulic/DGN

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