• Keine Ergebnisse gefunden

Generation 2.0 und die Kinder von morgen

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Generation 2.0 und die Kinder von morgen"

Copied!
7
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Wissen & Leben

Generation 2.0 und die Kinder von morgen

aus der Sicht eines Kinder- und Jugendpsychiaters

Bearbeitet von Reinhart Lempp

1. Auflage 2011. Taschenbuch. 190 S. Paperback ISBN 978 3 7945 2877 6

Format (B x L): 12 x 18,5 cm

Weitere Fachgebiete > Medizin > Human-Medizin, Gesundheitswesen > Medizin, Gesundheit: Sachbuch, Ratgeber

schnell und portofrei erhältlich bei

(2)

Die elektronische Revolution

In der Elektrotechnik hat sich wohl während der ver- gangenen 100 Jahre am meisten verändert. Gewiss, schon zur Zeit meiner Geburt war die Elektrizität eine Selbstverständlichkeit geworden. Elektrisches Licht gab es überall, auch Straßenbahnen, und dank Robert Bosch war die Elektrizität in vielen Techniken hilf- reich geworden. Elektrisches Kinderspielzeug gab es dagegen noch nicht, nur elektrische Eisenbahnen von Märklin, aber das war kein Spielzeug für Kinder, son- dern für Väter und ältere Brüder. Für Kinder war das noch viel zu gefährlich. Eine Taschenlampe mit Bat- terie war das Einzige, was im normalen häuslichen Alltag an handlicher Elektrizität üblich war. Heute spielen schon Kleinkinder mit elektrischen Spielsa- chen und können ihre Spielautos per Fernbedienung steuern. Diese frühe Gewöhnung hat dazu beigetra- gen, dass sie in den letzten Jahrzehnten mit der neuen elektronischen Welt besser umgehen können als ihre Eltern und Großeltern.

(3)

Vom Telefon zum Handy

Wir hatten bereits in meiner Kindheit ein Telefon – damals noch ein Telephon – in unserer Wohnung in Esslingen. Es hing im Architekturbüro meines Vaters, gleich neben der Tür an der Wand, ein schwarzer Kas- ten mit einer Drehscheibe mit den Zahlen 0–9. Man konnte nur im Stehen telefonieren. Wir hatten die Nummer 7244, das weiß ich heute noch. Eine direkte Durchwahl gab es nur für Telefonanschlüsse in Ess- lingen. Wenn wir unsere Verwandten in Stuttgart an- rufen wollten, musste man 00 wählen. Damit erreich- te man das Fernamt, genauer: das Fräulein vom Amt, das man bat, dass sie einen mit einer bestimmten Nummer in Stuttgart verbinde, die man ihr angeben musste. Wenn es nicht weit entfernt war und wenn der Angerufene nicht gerade telefonierte, konnte sie meist sofort verbinden. Vor einem Ferngespräch, etwa mit Norddeutschland oder gar mit dem Aus- land, konnte es lange, ja Stunden dauern, bis das Fräulein vom Amt zurückrief und verbinden konnte.

Telefonieren war teuer, zu vermittelnde Gespräche

(4)

Ich habe schon als kleines Kind selbst manches Mal meinen Vater im Hochbauamt angerufen, einmal, um ihn daran zu erinnern, dass er mit mir doch zum Zir- kus in die Tierschau gehen wollte. Meine großen Brü- der telefonierten oft mit ihren Freunden.

Es gab auch öffentliche Telefonzellen, kleine Glas- häuschen mir Tür und drinnen ein dickes Telefon- buch. An der Wand stand mit großen Buchstaben:

„Fasse Dich kurz, nimm Rücksicht auf Wartende.“

Diese Telefonhäuschen gab es noch lange Zeit, der Text aber wurde beseitigt, als die Telekom ein wirt- schaftliches Unternehmen wurde. Und heute sind es nur kleine, oft unbedachte Telefonständer. Fast jeder hat heute ja ein Handy.

Im Laufe des letzten Kriegs spielte der telefonische Kontakt eine immer kleinere Rolle, weil durch die Bombenangriffe und die Zerstörung der Städte auch die telefonischen Verbindungen zerstört wurden. Mit den Soldaten im besetzten Frankreich oder gar in Russland gab es keine telefonischen Kontaktmöglich- keiten. Diese Verbindungen lagen alle in der Hand der Wehrmacht und waren für Private unzugänglich.

Auch unmittelbar nach dem Kriegsende gab es noch keine solche Möglichkeit. Ich hätte aus meinem Laza- rett in Oberschwaben nie meine Eltern in Stuttgart

(5)

anders benachrichtigen können als durch einen ent- lassenen Soldaten, der zufällig nach Stuttgart wollte, tatsächlich dort ankam und den Brief ablieferte.

Es dauerte noch lange, bis allmählich wieder Telefon- verbindungen möglich waren. Aber dann kam auch bald die Vorwahlnummer, und man benötigte kein Fräulein vom Amt mehr, zunächst innerhalb des Bun- des und dann bald auch in andere Staaten. Aber erst mit dem Fall des Eisernen Vorhangs 1989 wurde wirklich weltweites Telefonieren auch für Privatper- sonen fast unbeschränkt möglich.

Dann kam das Handy – auch ich bekam eins, aber erst Ende der 90er Jahre. Die Kinder und Enkel waren längst damit versehen. Meine Frau wollte, dass ich mich, wenn ich allein mit dem Auto unterwegs war, notfalls mit dem Handy melden konnte. Ich benutze es nicht oft, nur gelegentlich, um mich beim Einkau- fen zu Rückfragen aus der Stadt zu melden oder wenn am Taxistand kein Wagen wartet. Dann rufe ich die Taxizentrale. Diese begrenzte Benutzung ist jedoch ganz unüblich. Inzwischen hat sich das Handy zum elektronischen Alleskönner weiterentwickelt und

(6)

Mich beeindruckt aber immer noch, wie viele Leute auf der Straße gehen und öffentlich telefonieren, im Stadtbus und vor allem im ICE, wo man oft Ohren- zeuge langer und offenbar wichtiger wirtschaftlicher Entscheidungen und Anordnungen sein kann, aber auch banaler Informationen über das Wetter an ir- gendeinem anderen Ort.

Das Handy hat jedoch eine Nebenwirkung, die gene- rell sehr positiv ist, aber im Einzelfall auch negativ sein kann. Eltern können jederzeit ihre Kinder erreichen – wenn diese das Handy nicht ausgeschaltet haben. Bei kleineren Kindern ist das sehr beruhigend und bietet Sicherheit und Freiheit von fantasierten Angstvorstel- lungen, größeren Kindern könnte es aber lästig sein.

Auch eine genaue Ortsbestimmung des Handybesit- zers ist möglich. Auf das möglicherweise daraus ent- stehende Problem zwischen erwachsenen Lebenspart- nern will ich hier gar nicht eingehen. Das Handy ist ganz zweifellos insgesamt eine wunderbare und hilf- reiche Erfindung für den Alltag und viele spezielle Si- tuationen. Das zeigt auch jeder „Tatort“-Krimi.

Aber ich verstehe heute fast nicht mehr, wie wir als Eltern unsere heranwachsenden Kinder mit großer Selbstverständlichkeit – ganz ohne Handy – auf große mehrtägige Radtouren fahren ließen, ja, dass einer

(7)

unserer Söhne mit nagelneuem Führerschein und sei- ner jüngeren Schwester mit einer Citroen-Ente ans Nordkap fuhr und wir ohne Weiteres zugestimmt ha- ben. Außer ein paar Tage alten Ansichtskarten konn- ten wir kein Lebenszeichen erwarten.

Es ist mir später klar geworden, was dieses elterliche Vertrauen für die Kinder grundsätzlich bedeutet. Sind solche Vertrauensbeweise heute im Zeitalter des Han- dys noch möglich? Eltern wollen ja meist gar nicht be- aufsichtigen, sie wollen aber auch keine vermeidbare Angst aushalten müssen. Für die heranwachsenden Ju- gendlichen kann das Gefühl, dass ihre Eltern jederzeit feststellen können, wo sie sich gerade aufhalten, eine Einschränkung ihrer Selbstständigkeit, aber auch eine Einschränkung ihrer Eigenverantwortlichkeit bedeuten.

Radio, Film und Fernsehen

Das Radio, die drahtlose Aussendung von Sprache und Musik, geschah in Europa erstmals 1920 von Kö- nigswusterhausen aus. Der Sendemast für unseren Bereich in Württemberg stand in Mühlacker. Eine all-

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

klima aktiv mobil ist die Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) im Verkehrsbereich. Im

Jeder, der für ein Kind oder einen Jugendlichen zu sorgen hat, kann unsere Beratung/Therapie kostenfrei in Anspruch nehmen. Erziehungsberatung wird durch die

Wenn jemand bald 90 Jahre lang bewusst miterlebt hat, wie sich die Welt, die ihn umgibt, in ihren Äußer- lichkeiten, in der Mode, der Sitte, den Umgangsfor- men, aber auch in den

Anstatt die Kinder auf Herausforderungen vorzubereiten, mähen sie Hin- dernisse nieder, sodass ihre Kin- der sie erst gar nicht zu spüren bekommen.“ Der Lehrer wirft

• Es ist gut, wenn immer dieselbe Person dein Kind in der Eingewöhnung begleitet. Dies kann neben Mama oder Papa auch eine andere vertraute Person sein.2. • Sei

Das gemeinsame Ziel von Stadt Ludwigshafen und dem Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz gGmbH als begleitendem Forschungsinstitut war es, im Stadtteil Gartenstadt ein

Erziehungsberatung gestern, heute und morgen: Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern wird 60 Jahre alt.. Die Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern der

Besprechen Sie mit Ihrem Kind, wie es Betrof- fene unterstützen kann – und erklären Sie, dass es kein Petzen, sondern sinnvolle Hilfe ist, bei Mobbing die Lehrkräfte