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Kommunale Kinderbetreuungspolitik: Kooperationsstrategien beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren in der Stadt Leipzig

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Academic year: 2022

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Maike Fischer

Kommunale Kinderbetreuungspolitik

Kooperationsstrategien beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren in der Stadt Leipzig

Lehrgebiet Politikwissenschaft IV: Politik und Verwaltung Masterarbeit

Fakultät für

Kultur- und

Sozialwissen-

schaften

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Masterarbeit

Kommunale Kinderbetreuungspolitik:

Kooperationsstrategien beim Ausbau der

Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren in der Stadt Leipzig

Von Maike Fischer Fernuniversität Hagen

Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaften Institut für Politikwissenschaft

Lehrgebiet IV: Politik und Verwaltung Betreuung: Prof. Dr. Lars Holtkamp

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ... I Abbildungen ... II Abkürzungen ... III

1. Einleitung ... 1

2. Das Forschungsdesign & die Methodik der Experteninterviews ... 4

3. Der Ausbau der Betreuung für Kinder unter drei Jahren ... 8

3.1. Die Einflussfaktoren und Motive des steigenden Betreuungsbedarfs ... 9

3.2. Der Wandel der Familien- und Kinderbetreuungspolitik ... 11

3.3. Die bundesweite Entwicklung des Betreuungsausbaus ... 13

3.4. Die regionalen Unterschiede ... 13

4. Die Theoretischen Annahmen ... 15

4.1. Der Steuerungsbegriff ... 15

4.2. Der Governance Begriff ... 16

4.3. Die Netzwerke als Koordinationsmechanismus ... 17

4.4. Der Korporatismus als Koordinationsmechanismus ... 18

4.5. Der akteurszentrierte Institutionalismus ... 20

5. Der Forschungsstand ... 22

5.1. Die politische Steuerung der Akteurskonstellation ... 22

5.2. Die Konzepte des Angebotsausbau auf lokaler Ebene ... 34

5.3. Die Forschungsfragen ... 37

6. Der Ausbau der Kinderbetreuung in Leipzig ... 38

6.1. Der Gesetzliche Rahmen der Kinderbetreuung in Leipzig ... 38

6.2. Die langfristige Entwicklungsplanung des Kindertagesstättennetzes ... 39

6.3. Die Kinder- und Jugendreports der Jahre 2013, 2015, 2016 & 2019 ... 44

6.4. Das integrierte Stadtentwicklungskonzept Leipzig 2030 ... 50

6.5. Die Herausforderungen & Lösungsstrategien beim Ausbau der Betreuungsplätze in Leipzig ... 51

7. Fazit ... 77

Literatur ... 85 Anlagen ... VI I. Ergänzende Abbildungen und Tabellen ... VI II. Interviewleitfäden ... VIII III. Eidesstattliche Versicherung ... Error! Bookmark not defined.

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Abbildungen

Abbildung 1 Betreuungsquoten der Unterdreijährigen 2010-2019 in Deutschland, den alten & neuen Bundesländern (mit Berlin) & in Leipzig in Prozent, Quellen:

Statistisches Bundesamt 2019a; Kommunale Bildungsdatenbank 2019 ... 2 Abbildung 2 Anteil der betreuten Kinder unter drei Jahren in Kreisen und kreisfreien

Städten im Jahr 2018, Quelle: Regionalatlas Deutschland Indikatoren des Indikatorensystems "Gender" Themenbereich "Bildung" ... 14 Abbildung 3 Strukturen und Steuerungsmechanismen der lokalen

Kinderbetreuungspolitik, eigene Darstellung ... 31 Abbildung 4 Karte der Karte Bedarfsdeckung in den Versorgungsräumen 2010,

Quelle: Stadt Leipzig 2012: 33 ... 41 Abbildung 5 Erwartete und tatsächliche Anzahl der betreuten Kinder sowie

Nutzungsquoten und Betreuungsquoten im Vergleich, Quelle: Kommunale Bildungsdatenbank 2019; Kinder- und Jugendreport 2019, 37f, Stadt Leipzig 2012, 36,44... 44 Abbildung 6 Kinder im Alter von unter drei Jahren in Tagesbetreuung, von 2005 bis

2019 in Leipzig, Quelle: Kommunale Bildungsdatenbank 2019; Kinder- und Jugendreport 2019: 37f ... 45 Abbildung 7 Anzahl und Anteil der betreuten Kinder in Tageseinrichtungen nach

Trägerschaft der Jahre 2006, 2013 und 2019 im Vergleich, Quelle: Kommunale Bildungsdatenbank 2011, Kommunale Bildungsdatenbank 2019b ... 47 Abbildung 8 Anzahl der Kinder unter drei Jahren nach Betreuungs- & Trägerform in

Leipzig von 2012 bis 2019, Quelle: kommunale Bildungsdatenbank 2019 ... 48 Abbildung 9 Die Leipziger Trägerlandschaft Stand Dezember 2019, Quelle: Jugendamt Leipzig, eigene Darstellung ... 60 Abbildung 10 Kinder im Alter von unter drei Jahren in Tagesbetreuung von 2006-2019 in Deutschland, Quelle: Statistisches Bundesamt 2019a ... VI Abbildung 11 Die Entwicklung der Anzahl der Kinder unter drei Jahren in Leipzig

Quelle: Kommunale Bildungsdatenbank 2019 ... VII Abbildung 12 Die Anzahl angemeldeter Kinder im Alter von unter drei Jahren in der

Tagespflege in Leipzig, Quelle: Kinder- und Jugendreport 2016: 32; Kinder- und Jugendreport 2013: 33 ... VII

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Abkürzungen

AGW Arbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege

BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend DJI Deutsches Jugendinstitut

INSEK Integriertes Stadtentwicklungskonzept „Leipzig 2030“

JHA Jugendhilfeausschuss

KiFaZ Kinder- und Familienzentren Kita Kindertagesstätte

KiföG Kinderförderungsgesetz

KIVAN Kindertagesstättenverwaltungsanwendung auch bekannt als Elternportal der Stadt Leipzig

LHG Landesjugendhilfegesetz

PISA Programme for International Student Assessment

SächsQualiVO Sächsische Qualifikations- und Fortbildungsverordnung pädagogischer Fachkräfte

SächsKitaG Sächsisches Gesetz zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen

SGB Sozialgesetzbuch

TAG Tagesbetreuungsausbaugesetz

VKKJ Verbund Kommunaler Kinder- und Jugendhilfe

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1. Einleitung

Der Ausbau der Kinderbetreuung ist ein Handlungs- und Spannungsfeld von Politik, Verwaltung und Gesellschaft, das in den letzten Jahren radikale Veränderungen durchlaufen hat. (Blum 2017: 316; Bock-Famulla et al. 2017: 6). Besondere Aufmerksamkeit hat dabei der Ausbau von Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren, seit der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr im Jahr 2013 erfahren.

Im Fokus der Literatur über den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze stehen jedoch nahezu ausnahmslos die westdeutschen Bundesländer bzw. Städte wie München, Frankfurt oder Heidelberg. (siehe Riedel 2009b) Diese weisen kulturell und institutionell begründet eine geringere Betreuungsquote auf als die meisten Gemeinden der neuen Bundesländer. (Mätzke 2019: 49) Dabei ist die

„Kita-Krise“ auch in den neuen Bundesländern kein Fremdwort. Um diese Forschungslücke zu verkleinern, werden die vorliegenden Studienergebnisse verglichen und um einen Einblick auf die lokale Ebene in den neuen Bundesländern ergänzt. Der Forschungsfokus liegt hierbei auf der Analyse des Ausbaus von Betreuungsplätzen in der Stadt Leipzig. Leipzig ist mit 587.857 Einwohnern im Jahr 2019, und steigender Tendenz, die acht größte Stadt in Deutschland sowie nach Berlin die einwohnerstärkste Stadt der neuen Bundesländer. (Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2019) Sie ist ein wirtschaftliches Zentrum der Region. Für die Untersuchung sprach zudem der sehr gute Forschungszugang zu Akteuren der Region.

Wie die folgende Abbildung zeigt, lagen die Betreuungsquoten in Leipzig bereits im Ausgangsniveau deutlich über dem Bundesdurchschnitt und unter der Betreuungsquote der neuen Bundesländer. Dabei ist die Versorgungssituation in Leipzig von einem kontinuierlichen Einwohnerzuwachs sowie Geburten- anstieg geprägt, was zu einer regelrechten Bedarfsexplosion in den zurückliegenden Jahren führte. Seit der Einführung des Rechtsanspruchs im Jahr 2013, hat sich die Betreuungsquote der Kinder unter drei Jahren prozentual lediglich um 3,3 Prozentpunkte erhöht. Dafür wurden 2.259 zusätzliche Plätze geschaffen, um das hohe Betreuungsniveau aufrecht zu halten.

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Abbildung 1 Betreuungsquoten der Unterdreijährigen 2010-2019 in Deutschland, den alten & neuen Bundesländern (mit Berlin) & in Leipzig in Prozent, Quellen: Statistisches Bundesamt 2019a; Kommunale Bildungsdatenbank 2019

Die Trägerlandschaft in Leipzig ist durch Vielfalt gekennzeichnet. In über 200 Kinderkrippen und Kindertagesstätten1 werden Kinder unter drei Jahren betreut.

(Kinder- und Jugendreport 2019) Doch trotz des pluralen Angebots und des hohen Betreuungsniveaus, spitzte sich die Lage mit der Einführung des Rechtsanspruches zu einer „Kita-Krise“ zu und zahlreiche Klageverfahren auf Bereitstellung eines Betreuungsplatzes wurden angestrengt. (Klaus Staeubert 2018)

Die Ausbaubemühungen sind bis heute von großem Interesse für Politik und Wissenschaft. Ziel der Arbeit ist der Einblick in die lokalen Prozesse und Herausforderungen der Stadt Leipzig, beim Ausbau der Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren insbesondere seit dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs im Jahr 2013. Diese kleinräumige Untersuchung ergänzt den Forschungsstand insbesondere vor dem Hintergrund der bundesweit geteilten Betreuungstradition, der sozioökonomischen Ausgangslage und der spezifischen Akteurskonstellation.

1 Die Verwendung der Begriffe ist regional geprägt. Kinderkrippen betreuen in der Regel Kinder von null bis drei Jahren. Kindergärten werden ab drei Jahren besucht und enden mit einem Vorschuljahr. In Kindertagesstätten sind Kinder von null bis sechs Jahren meist in altersgerechten Gruppen.

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Die Untersuchung ist wie folgt aufgebaut: In dem nachfolgenden Kapitel werden das Forschungsdesign und die Methodik der Arbeit beschrieben. Darauf folgt die umfassende Hinführung zu dem Untersuchungsthema in Kapitel drei. Hier werden die steigenden Bedarfe begründet, die den Wandel der Familienpolitik vorangetrieben haben und darauf aufbauend der Status quo des Ausbaus der Betreuung von Kindern unter drei Jahren seit der Einführung des Rechtsanspruchs im Jahr 2013 sowohl auf Bundesebene als auch auf der lokalen Ebene vorgestellt. Das Kapitel schließt mit der Ausleuchtung der großen regionalen Unterschiede.

Kapitel vier erörtert systematisch die theoretischen Grundlagen für den Ausbau der Kinderbetreuung und damit theoretische Erklärungen für die Kooperationsmechanismen zwischen Verwaltung und Trägern. Dies umfasst die Steuerungsdebatte, den Governancebegriff mit dem Fokus auf den Governancetyp der Politiknetzwerke und geht weiter auf den Korporatismus als Koordinationsmechanismus ein sowie den akteurszentrierten Institutionalismus als Forschungsheuristik.

Im Anschluss daran wird der Forschungsstand zu den Kooperations- mechanismen in den Phasen des Ausbaus vorgestellt. Entsprechend der Forschungsfragen wird auch hier zwischen Steuerungsmechanismen und Konzepten des Angebotsausbaus unterschieden, um Bestimmungsfaktoren für das erfolgreiche Gelingen zu ermitteln. Da es sich um eine offene qualitative Vorgehensweise handelt, wird auf die Bildung von Hypothesen verzichtet und an dieser Stelle die Bildung der detaillierten Forschungsfragen vorgenommen.

Das Herzstück der Arbeit ist die explorative Analyse in Kapitel sechs, in dem die Entwicklung in der Stadt Leipzig mit einem ausführlichen Einblick in die Kooperationsmechanismen beim Ausbau der Betreuungsplätze nachvollzogen wird. Dazu werden vorab die gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie einschlägige Planungskonzepte und Reports der letzten Jahre vorgestellt. Die Kooperations- und Ausbaustrategien der Stadt Leipzig werden auf Basis der mit Vertretern der Verwaltung, der Politik und der freien Träger geführten Interviews aus verschiedenen Perspektiven beantwortet.

Im Fazit werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst und mit dem eingangs vorgestellten Forschungsstand zum Ausbau der Kinderbetreuung konfrontiert. Den Abschluss bildet der Ausblick auf weitere Forschungsbeiträge.

Diese Untersuchung berücksichtigt ausschließlich den quantitativen Ausbau der Kinderbetreuung. Exkludiert bleibt demzufolge die Frage nach der inhaltlichen Ausgestaltung der Betreuung, Personalschlüssel und Gebühren.

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2. Das Forschungsdesign & die Methodik der Experteninterviews

Der „Weg“, zur Beantwortung der Frage nach den lokalen Prozessen und Herausforderungen der Stadt Leipzig beim Ausbau der U3-Betreuungsplätze, ist ein y- zentriertes Forschungsdesign mit einem deskriptiv-explorativen Ziel.

Als abhängige Variabel (y) werden die Kooperationsstrukturen in der Phase der Politikformulierung sowie die Ausbaustrategien in der Phase der Politikimplementierung betrachtet. Diese Phasen beziehen sich auf das Modell des Policy-Cycles (Jann 1981; Jann/Wegrich 2014: 82), ein heuristisches Modell, das den Policy Making Prozessablauf idealtypisch und vereinfacht darstellt,2 um politikwissenschaftliche Fragestellungen zu strukturieren.

Der Fokus der Arbeit liegt auf der Politics Dimension von Politik, also auf Akteurskonstellationen und Kooperationsmechanismen der Akteure in Leipzig.

Die Teilbereiche Polity und Policy werden im Sinne von Rahmenbedingungen für das Handeln der Akteure vorab beschrieben. Die sozialwissenschaftliche Analyseebene ist sowohl die Mesoebene im Sinne des Netzwerkes der Institutionen und Organisationen als auch die Mikroebene bei der Analyse der Interaktion von Akteuren.

Die Untersuchungseinheit ist die Stadt Leipzig, das heißt die kommunale Ebene. Im föderalistischen System der Bundesrepublik Deutschland stehen die Gemeinden nach dem Bund und den Ländern auf der untersten Ebene des dreistufigen Verwaltungsaufbaus. Staatsrechtlich gehören sie zu der Ebene der Länder. Im Rahmen der Selbstverwaltung verfügen die Gemeinden über eigene Zuständigkeiten und eine eigene Finanzwirtschaft. Außerdem weisen ihnen der Bund und das Land Aufgaben und Finanzmittel zu. Zu diesen Aufgaben gehört unter anderem der Bau von Kindergärten als Pflichtaufgabe ohne Weisung. Die Kommune entscheidet darüber, wie die Aufgabe erfüllt wird, beispielsweise in öffentlicher Trägerschaft, mit Hilfe von freien Trägern oder privaten Unternehmen. (Pötzsch 2009: 120-125)

Die zwei untersuchungsleitenden Fragen verdeutlichen das Erkenntnis- interesse:

Wie wurden die Träger während des Ausbaus des Betreuungsangebots in den Prozessen der Politikformulierung eingebunden und in der Politikimplementierung gesteuert?

2 Der vollständige Policy Cycle besteht aus den Phasen: Problemdefinition, Agenda Setting, Politikformulierung, Politikimplementierung, der Politikevaluierung und führt dann entweder zu der Politikterminierung oder der Problemredefinition. (Jann/Wegrich 2014: 82)

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Welche Rolle spielen die öffentlichen, freien und privaten Träger von Kindertageseinrichtungen sowie die Stärkung der Tagespflege beim Ausbau des Betreuungsangebots?

Diese Fragen zielen auf die Kooperationsmechanismen und Ausbaustrategien und finden ihre Begründung im Theorieteil. Sie werden basierend auf dem Forschungsstand zu konkreten Forschungsfragen detailliert. Zur Beantwortung dieser Fragen werden zwei Wege des Feldzugangs beschritten. Es erfolgt zum einen die literarturbasierte Analyse. Dazu werden statistische Erhebungen und Reports einbezogen, anhand derer die Entwicklung des Ausbaus nachvoll- zogen wird. Dazu gehören die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik, Studien des Deutschen Jugendinstituts (DJI)3, wie der Kinderbetreuungsreport (Alt et al.

2018).

Die jährlich zum Stichtag 1. März erhobene Kinderbetreuungsquote ist dabei die zentrale Kennziffer für die Messung und Bewertung des Ausbaufortschritts der Betreuungsangebote. Sie gibt den Anteil der Kinder an allen Kindern der altersentsprechenden Bevölkerung wieder, die in einer Kindertageseinrichtung oder einer öffentlichen Kindertagespflege betreut werden. Die Quote ist somit, genau wie die Betreuungssituation selbst, von Verfügbarkeit von Betreuungs- plätzen und der Gesamtzahl der Kinder der Altersgruppe abhängig.

Ergänzt wird die Untersuchung durch die übersichtliche Sekundärliteratur, insbesondere aktuelle Untersuchungen zum Ausbau der Kinderbetreuung, die den Forschungsstand bildet. Von weiterer Bedeutung für die empirische Analyse sind die lokalen planungs- und Konzeptdokumente wie der Kinder- und Jugendreport (Kinder- und Jugendreport 2019), das langfristige Entwicklungskonzept für das Kindertagesstättennetz der Stadt (Stadt Leipzig 2012) und das integrierte Entwicklungskonzept Leipzig 2030 (INSEK Leipzig 2030 2018), dass Aufschluss über lokale Strategien gibt und die, aufgrund steigender Monitoring- sowie Transparenzanforderungen, öffentlich zugänglich sind.

Der zweite Feldzugang und der Kern dieser Arbeit sind die Experteninterviews (Gläser/Laudel 2009). Ihre Auswertung ermöglicht es, Wissen über Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse der beteiligten Akteure zu

3Das DJI ist, nach eigenen Angaben, eines der größten sozialwissenschaftlichen Forschungs- institute, das sich selbst als „Schnittstelle von Wissenschaft, Politik und Fachpraxis“ in der Forschung zu Kindern, Jugendlichen und Familien bezeichnet. (DJI 2019)

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erschließen. Dabei wird auf „überpersönliches institutions- bzw.

funktionsbezogenes Wissen“ (Meuser/Nagel 2010: 465) kommunaler Akteure zugegriffen, die durch ihre Position über besonders relevante und umfangreiche Kenntnisse verfügen (Gläser/Laudel 2009: 11). Insgesamt wurden vier Experten mit verschiedenen Perspektiven auf die kommunalen Strategien des U3-Betreuungsausbaus befragt. Die Interviewpartner sowie ihre Organisation und Funktionen werden nachfolgend vorgestellt.

Die Vertreterin des Jugendamtes hat langjährige Erfahrung und eine Leitungsposition im Amt für Jugend, Familie und Bildung, Abt. Kindertages- einrichtungen der Stadt Leipzig inne. Ihre Identität wurde anonymisiert, daher wird sie nachfolgend als Frau A. (der Buchstabe A stellt dabei keinen Rückschluss zu ihrem Namen dar) bezeichnet und als „(Jugendamt Leipzig 2020)“ zitiert. In Ihren Zuständigkeitsbereich fallen die Dienst- und Fachaufsicht kommunaler Kindertageseinrichtungen, die Fachaufsicht der Kindertages- pflege, die Klagebearbeitung sowie die Kitaplatzberatung. In Rücksprache mit ihren Kollegen wurden zusätzlich Fragen hinsichtlich der Steuerungs- verantwortung als hoheitliche Aufgabe im Leistungsbereich Kita und Kindertagespflege sowie zur Nutzung des Eltern- und Trägerportals, der Bedarfsplanung und in Bezug auf wirtschaftliche Aspekte beantwortet.

Die Vertreterin eines kleinen Trägers der freien Jugendhilfe hat langjährige Erfahrungen im Bereich der Kinderbetreuung als Erzieherin, Leiterin einer Einrichtung sowie als Angestellte in der Verwaltung verschiedener Träger. Sie ist im Moment als Fachberaterin für die Kindertagespflege tätig. Ihre Identität sowie der Name des Trägers, für den sie spricht, wurden anonymisiert. Sie wird nachfolgend als Frau B (der Buchstabe B stellt dabei keinen Rückschluss zu ihrem Namen dar) bezeichnet und als „(kleiner Träger Leipzig 2020)“ zitiert. Der Träger ist seit ca. 10 Jahren am Standort Leipzig tätig. Er ist Teil einer Stiftung, die vor rund 60 Jahren aus einer Elterninitiative in Wiesbaden hervorging. Diese Stiftung folgt der Idee, behinderte und nicht behinderte Kinder möglichst inklusiv auf ihrem Lebensweg zu begleiten. Heute betreibt der Träger vier Kitas, einen Hort sowie eine interdisziplinäre Frühförderstelle und kooperiert mit 23 Tagespflegepersonen. Gerade befinden sich zudem zwei neue Kitas in der Planung.4

4 Hier wurde der Träger von privaten Investoren bzw. den Eigentümern des Grundstücks auf ein zukünftiges Mietverhältnis angesprochen. Frau B bezeichnet dies als „Glücksfälle“. Im ersten Fall handelt es sich um den Vermieter des benachbarten, bereits durch den Träger betriebenen,

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Der Vertreter eines Spitzenverbandes der freien Wohlfahrtspflege leitet dessen Regionalgeschäftsstelle, hält den Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Leipzig, ist Mitglied des Jugendhilfeausschusses und sehr stark in Leipzig politisch sowie ehrenamtlich engagiert. Er wird nachfolgend als Herr C (der Buchstabe C stellt dabei keinen Rückschluss zu seinem Namen dar) bezeichnet und als „(Wohlfahrtsverband Leipzig 2020)“ zitiert. In Sachsen fungiert dieser nicht selbst als Träger von Einrichtungen, sondern ist ausschließlich Dachverband von knapp 500 Vereinen und GmbHs. Darunter auch 26 Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe, die in Leipzig etwa 90 Kindertagesstätten betreiben und darin etwa 700 Plätze im U3 Bereich vorhalten.

Die interviewte Abgeordnete des Stadtrates ist seit dem Jahr 2009 Stadträtin der stärksten Fraktion in Leipzig und erhielt zudem bei der letzten Kommunalwahl die meisten Wählerstimmen. Außerdem ist sie seit 2014 Mitglied des Sächsischen Landtages. Sie ist Sprecherin für Kinder, Jugend und Migration ihrer Fraktion und Mitglied im Jugendhilfeausschuss der Stadt Leipzig. Zudem verfügt sie über einen politikwissenschaftlichen Hintergrund.

Sie wird nachfolgend als Frau D (der Buchstabe D stellt dabei keinen Rückschluss zu ihrem Namen dar) bezeichnet und als „(Abgeordnete Leipzig 2020)“ zitiert. Sie repräsentiert die Perspektive der Politik auf den Ausbau der Kinderbetreuungsplätze in Leipzig.

Die Befragungen erfolgten vom 31. Juli 2020 bis zum 20. August 2020. Die quantitative Repräsentativität der Interviews wurde dabei nicht angestrebt, stattdessen stand die qualitative Untersuchung der lokalen Kooperations- und Ausbaustrategien im Vordergrund. Dazu wurden die Experteninterviews teilstandardisiert mit Hilfe eines Leitfadens geführt, der gewährleistet, dass alle relevanten Aspekte besprochen werden, ohne den Gesprächsverlauf einzugrenzen. (Gläser/Laudel 2009: 41ff) Die Leitfäden (siehe Anlage) bestehen aus Leitfragen, die aus dem Forschungsstand entwickelt und für die Interviewpartner jeweils leicht angepasst wurden. Der Leitfaden wurde den Befragten vorab zur Verfügung gestellt. Die Qualität der Interviewergebnisse ist abhängig von der geeigneten Zusammenstellung der Experten. Daher erfolgte die Auswahl basierend auf den theoretischen Erkenntnissen über relevante Akteure des Untersuchungsgegenstandes. Die Akteure zeichnen sich durch

Hospiz und im zweiten Fall um eine Immobilienfirma, die ein Mehrgenerationenprojekt auf dem Grundstück als Bedingung für den Kauf errichten musste.

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unterschiedliche Ziele, Handlungslogiken und Einflusspotentiale aus, woraus sich sehr unterschiedliche Perspektiven im Rückblick auf die Entwicklungen der letzten Jahre ergeben. Die Erschließung der Interviewpartner für diese Untersuchung erfolgte über die Internetpräsenz der Stadt, der Wohlfahrtsverbände sowie der Parteien und die direkte Kontaktaufnahme. Es wurde bei der Auswahl der Interviewpartner zudem darauf geachtet, mit unterschiedlichen Rollen und damit Perspektiven „der Verteilung der Informationen“ gerecht zu werden und eine empirische Absicherung zu gewährleisten, (Gläser/Laudel 2009: 104) ohne dabei einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Bei der Interviewführung ist die Qualität der Ergebnisse von der Offenheit der Experten abhängig. (Meuser/Nagel 2010:

465) Dafür wurden die Gespräche mit neutral und offen formulierten Fragen und in ungestörten Räumlichkeiten der Experten geführt.

Die Auswertung der Interviews erfolgt auf Basis der erstellten Interviewzusam- menfassungen. Die Interviewzusammenfassungen entstanden auf Grundlage einer Tonaufzeichnung der Gespräche (Gläser/Laudel 2009: 157) und enthalten die sinnrelevant strukturierten Informationen sowie Zitate der interviewten Personen. Sie wurden außerdem anonymisiert, um einen persönlichen Rückschluss zu vermeiden (Gläser/Laudel 2009: 52ff) und den Experten zur Freigabe vorgelegt. Die Interviewergebnisse werden entsprechend der Forschungsfragen zusammenfassend vorgestellt. Ziel ist es, so Handlungsstrukturen, Wahrnehmungen und Strategien der kommunalen Akteure offen zu legen und den Untersuchungsgegenstand, den kommunalen Ausbau der Kinderbetreuung, zu erklären. (Meuser/Nagel 2010: 468)

Basierend auf den Ergebnissen der Dokumentenanalyse und der Experteninterviews, können die verschiedenen lokalen Kooperationsstrategien beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze nachvollzogen und mit dem Forschungsstand konfrontiert werden.

3. Der Ausbau der Betreuung für Kinder unter drei Jahren

Dieses Kapitel führt in das Untersuchungsthema ein. Zunächst werden die Gründe der steigenden Bedarfe vorgestellt, die den Wandel der Familienpolitik vorangetrieben haben. Darauf aufbauend wird der Status quo des Ausbaus der Betreuung von Kindern unter drei Jahren, seit der Einführung des Rechtsanspruchs im Jahr 2013 sowohl auf Bundesebene als auch auf der lokalen Ebene zusammengefasst. Das Kapitel schließt mit der Vorstellung der großen regionalen Unterschiede ab.

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3.1. Die Einflussfaktoren und Motive des steigenden Betreuungsbedarfs Den bundesweiten Ausbaubemühungen liegen steigende Bedarfe nach institutioneller Kinderbetreuung zugrunde. Diese lassen sich auf drei demografische Einflussfaktoren und zwei gesellschaftlich und politisch veränderte Motive zurückführen.

Demografisch prägen drei langfristige Trends die Bedarfsentwicklung:

steigende Geburtenzahlen, höhere Zuwanderung (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018: 14, 24f) sowie der sich fortsetzende Wandel der Erwerbs- und Familienformen. (Scholz et al. 2019: 9). Letzteres bezeichnet die Abkehr vom männlichen Alleinversorgermodell bei einer gleichzeitig steigenden Arbeitsmarktpartizipation von Müttern. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist dabei insbesondere für Mütter von verlässlichen Betreuungsmöglichkeiten abhängig. (Allensbach 2015: 60; Blome 2014a: 6;

Rauschenbach/Meiner-Teubner 2019: 5). Dabei unterscheiden sich die elterlichen Präferenzen in Deutschland in Abhängigkeit von normativen Leitbildern und dem Erwerbsverhalten. (Mätzke 2019: 47) In den alten Bundesländern ist das männliche Versorgermodell stärker normativ und institutionell verankert und eine skeptische Grundeinstellung gegenüber institutioneller Fremdbetreuung von Kindern verbreitet. (Allensbach 2015: 37) In den neuen Bundesländern ist das Bild der berufstätigen Mutter die Norm (Pfau-Effinger/Smidt 2011: 222f; Allensbach 2015: 34) und Mütter sind wesentlich häufiger mit größerem Stundenvolumen erwerbtätig (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018: 33), was einen früheren Beginn der Betreuung sowie längere Betreuungszeiten erfordert. (Döge/Keller 2014: 45f) Bundesweit wird die Müttererwerbstätigkeit zukünftig weiter steigen und damit der Bedarf nach Kindertagesbetreuung zur Vereinbarung von Familie und Beruf. Auch weil bis dato kaum erkennbar ist 5, dass sich die väterlichen Arbeitszeiten, abgesehen von den zwei Elternzeitmonaten, familienfreundlicher gestalten.

(Rauschenbach/Meiner-Teubner 2019: 7f) Die Mehrheit der Eltern wünscht sich heute einen Betreuungsbeginn zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr.

(Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 2015) Die DIJ-Kinderbetreuungsstudie (KiBS) ermittelt jährlich den Betreuungsbedarf von Eltern. In Ostdeutschland gaben 13 Prozent der befragten Eltern von ein- oder zweijährigen Kindern an, dass ihre Kinder trotz des Bedarfs nicht

5 2008 waren 85 Prozent aller Väter mit Kindern unter 6 Jahren vollzeitbeschäftigt. Im Jahr 2017 waren es 84 Prozent. Damit hat sich für die Väter in ihrer Arbeitsmarktbeteiligung nur wenig verändert. (Rauschenbach/Meiner-Teubner 2019: 7f)

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institutionell betreut werden; und in Westdeutschland 23 Prozent. (Hubert et al.

2019: 11)

Zu einem weiteren Anstieg des Bedarfes hat die gesellschaftlich und wissenschaftlich veränderte Priorisierung frühkindlicher Bildung beigetragen.

So haben nach dem »PISA-Schock 2001« die ersten Lebensjahre als Bildungszeit einen zentralen Stellenwert erhalten. (Rauschenbach/Meiner- Teubner 2019: 6; Scholz et al. 2019: 37) „Neben der Erziehung in der Familie spielt dabei die institutionalisierte Kindertagesbetreuung eine maßgebliche Rolle“ (Kinder- und Jugendreport 2019: 44). „Kinder, die frühzeitig Kindertagesbetreuung in Anspruch nehmen, erreichen im Grundschulalter höhere Mathematik- und Lesekompetenzen sowie Schulnoten als Gleichaltrige, die später in die Kindertageseinrichtung oder -tagespflege gehen“

(Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018: 13). Frühkindliche Bildung ist demzufolge die Bedingung einer wettbewerbsfähigen Wissensgesellschaft.

(Esping-Andersen 2002)

Bildungswissenschaftliche Studien belegen zudem, dass sozioökonomische Strukturmerkmale wie der formale Bildungsstand, der sozioökonomische Status und die Erwerbstätigkeit von Eltern die Bildungs- und Entwicklungsprozesse von Kindern beeinflussen. (Alt et al. 2014) In Deutschland befand sich 2016 fast jedes dritte Kind in einer sogenannten „bildungsbezogene Risikolage“6. (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018: 35). Daher ist es eine politische Zielstellung im Rahmen institutioneller Kinderbetreuung, die herkunftsbedingten Ungleichheiten abzumildern bzw. durch die frühkindliche Bildung die Chancengleichheit von Kindern zu verbessern. (Hübenthal/Ifland 2011: 116; Roßbach/Riedel 2011: 11) Dies Bedarf auch deshalb einen weiteren Ausbau der Betreuungsplätze, da sozial schwächere Familien aufgrund geringerer Mobilität oder Zugang zu Informationen bei herrschender Platzknappheit tendenziell eher benachteiligt werden. (Klinkhammer/Riedel 2018: 60; Rauschenbach/Meiner-Teubner 2019: 8; Scholz et al. 2019: 11) Die elterliche Nachfrage nach Betreuungsplätzen für unter Dreijährige stieg von 39 Prozent im Jahr 2012 auf 45 Prozent im Jahr 2017 an.(Alt et al. 2018: 13) Betrachtet man die Altersgruppen konkreter, für die der Rechtsanspruch gilt,

6 „Die bildungsbezogene Risikolage ist in den ostdeutschen Flächenländern deutlich geringer ausgeprägt als im Westen: Etliche Personen der Elterngeneration haben noch das DDR- Bildungssystem durchlaufen, das Geringqualifizierte nur in sehr geringer Anzahl hervorbrachte;

zudem dürfte der im Vergleich zum Westen geringere Bevölkerungsanteil weniger gut ausgebildeter Personen mit Migrationshintergrund eine Rolle spielen. Wegen der schwierigen Arbeitsmarktlage im Osten tritt die soziale Risikolage dort hingegen häufiger auf als im Westen.“

(Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018, S. 37)

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sind die Zahlen deutlich höher. So ermittelte das Deutsche Jugend Institut (DJI) für Kinder zwischen 12 bis unter 24 Monaten („Einjährige“) einen bundesweiten Betreuungsbedarf von 60 Prozent und für Kinder von 24 bis unter 36 Monaten („Zweijährige“) einen Bedarf von 75 Prozent.7 (Alt et al. 2018: 12f) Die Bedarfsentwicklung und die laut Prognosen steigenden Geburtenzahlen und Zuwanderungen verstärken die zukünftige Nachfrage, so dass „mehr neue Plätze gebraucht werden als im vergangenen Jahrzehnt bereits geschaffen wurden“. (Rauschenbach/Meiner-Teubner 2019: 7)

Der Ausbau der Kinderbetreuung gilt daher als „Zukunftsaufgabe“ (Statistisches Bundesamt 2019b: 5) im Hinblick auf die Chancengleichheit und Vereinbarkeit von Familie und Beruf in einer sich verändernden Gesellschaft. Die Bewältigung dieser Aufgabe war und ist Gegenstand der Familienpolitik.

3.2. Der Wandel der Familien- und Kinderbetreuungspolitik

Die Familienpolitik hat angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen in den letzten 20 Jahren, und nicht zuletzt aufgrund der von der EU ausgegebenen Zielstellungen für die Kinderbetreuungsangebote8, einen deutlichen und

„überfälligen“ Richtungswechsel9 (Klinkhammer/Riedel 2018: 50) vollzogen.

Agnes Blome (2014a: 9, 2014b) führt den Wandel der deutschen Familienpolitik auf einen Anpassungsprozess der Volksparteien zurück, die bestrebt waren, mit Hilfe neuer Konzepte die Familienpolitik zu modernisieren10, um das Wählersegment der gebildeten Frauen für sich zu mobilisieren, die das Zweiverdiener-Modell favorisieren. (Fleckenstein 2011: 545) Dazu kam, dass Politikerinnen, wie Angela Merkel als Parteivorsitzende und Ursula von der Leyen als Familienministerin, diesen Wandel aktiv vorantrieben. (Fleckenstein 2011: 562) Der große Wandel in der Familienpolitik umfasste die Elternzeit und Elterngeldreform, den massiven Ausbau der Kinderbetreuung und den neuen Fokus auf die Betreuung der unter Dreijährigen sowie die Einführung des

7 Der Bedarf der Einjährigen lag in Westdeutschland bei 54 Prozent und in Ostdeutschland bei 82 Prozent. Auch bei den Zweijährigen ist der Bedarf in Westdeutschland mit 71 Prozent gegenüber 91 Prozent in Ostdeutschland deutlich geringer.

8 Im Jahr 2002 verabschiedete die EU auf dem Kongress in Barcelona die Zielstellung, dass bis 2010 für mindestens 33 Prozent der Kinder unter drei Jahren ein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt wird. (Europäische Kommission 2008)

9 Von einem Paradigmenwechsel in der Kinderbetreuung kann genau genommen nur in Westdeutschland gesprochen werden. (Klinkhammer/Riedel 2018: 55)

10 Der programmatische Wandel ging nicht einher mit einem innerparteilichen Wandel der Überzeugung innerhalb der CDU/CSU. Dies erklärt auch den uneinheitlichen Pfad der Familienpolitik von Besteuerung über Herdprämie. Es zeigt auch die Machtverlagerung innerhalb der Union vom traditionellen zum liberalen Flügel. Daher ist die Familienpolitik in ihrer Ausrichtung uneindeutig. (Fleckenstein 2011: 566)

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Rechtsanspruchs. (Fleckenstein 2011: 544; Ostner 2006) Meilensteine dafür waren zwei Bundesgesetze: das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) sowie das Kinderförderungsgesetz (KiföG).

Das TAG trat 2005 in Kraft und kann als Startpunkt der Wende bezeichnet werden, denn es regelte erstmalig den Ausbau der Betreuungsangebote für unter Dreijährige. (Mätzke 2019: 49) Die lokalen Jugendämter wurden verpflichtet, die Bedarfe zu monitoren und den Status des Ausbaus zu evaluieren. Das Ziel war der Ausbau von 230.000 neuen Betreuungsplätzen bis 2010. Im Vergleich zu der steigenden Nachfrage schritt der Ausbau allerdings nur langsam fort. (Klinkhammer/Riedel 2018: 52)

Auf dem sogenannten „Krippengipfel“ 2007 einigten sich Bund, Länder und Kommunen darauf, dass ab dem 1. August 2013 für mindestens jedes dritte Kind unter drei Jahren ein Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder einer Kindertagespflege11 bereitgehalten werden soll. (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2015: 1) Mit dem am 16. Dezember 2008 in Kraft getretenen Kinderförderungsgesetz (KiföG) wurde diese Vereinbarung durch einen Rechtsanspruch bekräftigt. Seit dem 1. August 2013 haben alle Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen gesetzlichen Anspruch auf die Förderung in einer Kindertageseinrichtung.

Die im föderalistischen System in Länderhoheit liegende Kinderbetreuungs- politik, wurde mit dem TAG und dem KiföG erstmalig deutlich durch die Eingriffe der Bundesregierung in Richtung Betreuungsausbau, entsprechend einer nationalen Kinderbetreuungsstrategie (Evers et al. 2005: 199) und mit dem Verweis auf gleiche Lebensbedingungen (Scholz et al. 2019: 59) gelenkt. Dies verdeutlicht eine Abkehr vom dezentralen Ansatz und Verantwortung hinzu einer „new public responsibility“ (Evers et al. 2005: 199; Klinkhammer/Riedel 2018: 56; Scholz et al. 2019: 60) Trotz steigender Einflussnahme der Bundesregierung, erfolgt der eigentliche Ausbau bottom-up in den Gemeinden und in korporatistischen Strukturen, getragen von den Wohlfahrtsverbänden.

(Eyßell 2015: 3)

11 Die Kindertagespflege ist ein alternatives Angebot zur Kindertageseinrichtung für die Förderung von Kindern gemäß §§ 22 bis 24 SGB VIII. Sie entspricht einer familiennahen Betreuung vorrangig für Kinder bis zum dritten Lebensjahr in einer kleinen sozialen Gruppe mit einer beständigen Bezugsperson, den sogenannten Tagesmüttern oder-vätern.

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3.3. Die bundesweite Entwicklung des Betreuungsausbaus

Umgesetzt wurden und werden die ambitionierten bundesweiten Vorgaben des KiföG durch einen massiven Ausbau der Betreuungsplätze sowie die Stärkung der Kindertagespflege. Seit dem Jahr 2009 wurden über 400.000 neue Betreuungsplätze geschaffen. Die Zahl an Betreuungsplätzen hat sich damit nahezu verdoppelt. Diese Ausbaudynamik ist beispiellos in der deutschen Historie der Kindertagesbetreuung. (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018: 68)

Auch die Betreuungsquote12 ist in den letzten zehn Jahren um 14,1 Prozent gestiegen. (siehe die Ergänzende Abbildungen in der Anlage) Dabei verzeichnete sie in den letzten fünf Jahren lediglich einen Anstieg um zwei Prozent. Hieran wird der Einfluss der demografischen Entwicklungen in Deutschland deutlich, denn die Zahl der Kinder unter drei Jahren ist um rund ein Sechstel gestiegen. Lebten am 31.12.2013 noch 2,04 Millionen Unterdreijähriger im Bundesgebiet, waren es am 31.12.2018 bereits 2,38 Millionen. (Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2019)

Am 1. März 2019 wurden bundesweit 818.483 Kinder im Alter von unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflegen betreut. Damit hat sich die Anzahl seit dem Jahr 2006, in dem 286.017 Kinder im U3 Bereich betreut wurden, nahezu verdreifacht. Die Betreuungsquote lag im letzten Jahr bei durchschnittlich 34,3 Prozent. Man könnte also den bundesweiten Ausbau als Erfolgsgeschichte bezeichnen, doch das würde über die erheblichen regionalen Unterschiede hinwegtäuschen.

3.4. Die regionalen Unterschiede

In der folgenden Karte sind Gemeinden und Kreise farblich entsprechend ihrer Betreuungsquote gekennzeichnet, wobei die dunkle Färbung hohe Betreuungs- quoten anzeigt. Es ist deutlich zu erkennen: trotz einheitlicher Vorgaben des Kinderförderungsgesetzes, bestehen Unterschiede zwischen dünn- und dichtbesiedelten Gemeinden und teilweise erkennbare Unterschiede zwischen den Bundesländern.

12 Die Betreuungsquote gibt den Anteil der tatsächlich betreuten Kinder in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege an allen Kindern der entsprechenden Altersgruppe an. (Statistisches Bundesamt 2019b: 6)

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Abbildung 2 Anteil der betreuten Kinder unter drei Jahren in Kreisen und kreisfreien Städten im Jahr 2018, Quelle: Regionalatlas Deutschland Indikatoren des Indikatorensystems "Gender" Themenbereich

"Bildung"

Die eindeutigste Differenz besteht mit einer regionalen Varianz von über 20 Prozentpunkten zwischen Ost- und Westdeutschland. Ostdeutschland verzeichnet seit 2014 durchgehend Betreuungsquoten von über 50 Prozent.

Werte, die trotz langsamer Annährung (im Jahr 2013 betrug die Varianz noch 26 Prozentpunkte) in Westdeutschland nicht erreicht werden. Hier lag die Betreuungsquote im Jahr 2019 bei 30 Prozent. (Statistisches Bundesamt 2019c)

Diese Unterschiede liegen einerseits in kulturellen und institutionellen Strukturunterschieden begründet, die sich auf die individuelle Nachfrage auswirken (Mätzke 2019: 49), wie in Kapitel 3.1 beschrieben. Andererseits führt die föderalistisch dezentralisierte Kinderbetreuungspolitik dazu, dass sich unterschiedliche Ausbaukonzepte und Finanzkapazitäten auf die regionale Entwicklung des Betreuungsangebots und der Anbieterstruktur niederschlagen.

(Evers et al. 2005: 198; Mätzke 2019: 56)

Die Länder haben den Rechtsanspruch unterschiedlich ausgelegt. So haben sechs Bundesländer den Betreuungsumfang nicht weiter definiert, während die anderen Bundesländer Betreuungszeiten zwischen vier bis zehn Stunden

Anteil der betreuten Kinder unter drei Jahren in Kreisen

und kreisfreien Städten im Jahr 2018

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garantieren.(Scholz et al. 2019: 61) Die Ausweitung erfolgte daher auf unterschiedlichem Niveau. In Westdeutschland wurden für Kinder unter drei Jahren durchschnittlich 34,9 Wochenstunden Betreuungsumfang vereinbart und im Vergleich dazu in Ostdeutschland durchschnittlich 42,3 Wochen- stunden. Diese Zeiten veranschaulichen ein weiteres Strukturmerkmal: In den neuen Bundeländern werden nur äußerst selten Halbtagsplätze vereinbart. In Westdeutschland sind diese hingegen häufiger vorzufinden. (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2018: 73f)

4. Die Theoretischen Annahmen

In diesem Kapitel werden zunächst der Steuerungs- und Governancebegriff vorgestellt und anschließend die Kooperationsmechanismen in Netzwerken sowie im Korporatismus betrachtet. Der akteurszentrierte Institutionalismus mit seiner Forschungsheuristik schließt die Betrachtung relevanter Theorien und theoretischer Konzepte ab. Die theoretische Basis der Kinderbetreuungspolitik auf lokaler Ebene liegt in den sogenannten output-orientierten Ansätzen, die sich weniger auf Demokratietheorien zurückführen lassen, sondern sich mit der Frage befassen, wie kollektive Probleme durch Steuerung und Koordination gelöst werden können. (Lars Holtkamp 2017: 40)

4.1. Der Steuerungsbegriff

Der hier zugrunde gelegte Begriff der Steuerung geht zurück auf Renate Mayntz (1987: 90ff), nach der ein Steuerungssubjekt, hier der Staat in Form der Verwaltung, Steuerungsabsichten hat. In dem untersuchten Fall: des Ausbaus des Kinderbetreuungsangebots wird über Steuerungsinstrumente, wie Gemeinschaftsbindung oder finanzielle Förderung auf Steuerungsobjekte, dies sind in dieser Untersuchung unter anderem die Träger der Kindertagesstätten oder der Kindertagespflegen eingewirkt, um eine Steuerungswirkung zu erzielen. Die Effektivität der Steuerungsinstrumente wird durch das Delta aus Steuerungsziel und realer Wirkung definiert. Steuerungskonzepte können nach Lowi (1972) in direkte und indirekte Steuerung unterteilt werden. Ersteres beinhaltet insbesondere die Regulierung. Indirekte Steuerung kann in Form von finanziellen Anreizen, Strukturierungen, prozeduraler Steuerung, Überzeugung oder Information erfolgen. In der Steuerungsthematik werden zwei Problem- zusammenhänge hervorgehoben, die den Einbezug des Konzepts des Korporatismus erklären: der Umgang des Staates gegenüber organisierten Interessen sowie die Fähigkeit der gesellschaftlichen Selbstregulierung. (Döhler 2008: 24) Nach Mayntz (1987: 104) ist die Selbstorganisationsfähigkeit die

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essentielle Grundlage für die Steuerbarkeit sowie den Ressourcentransfer zwischen Staat und Verbänden. Der gezielte Aufbau von organisierten Verbänden als Mitglieder von Netzwerken, bestehend aus öffentlichen und privaten Organisationen kann somit als Steuerungsinstrument eingesetzt werden. (Mayntz 1987: 105) Ab den 90er Jahren wird der Steuerungsbegriff im Sinne von Government, der eine „autonome Tätigkeit der Regierung“ beschreibt (Benz 2004, S. 18) zunehmend durch den Begriff Governance erweitert.

4.2. Der Governance Begriff

In der Wissenschaft haben sich drei Begriffsverwendungen für Governance durchgesetzt. Die erste bezeichnet mit Governance eine veränderte Perspektive auf politische Steuerungsprozesse, die den Interdependenzen zwischen Akteuren im Steuerungsprozess einen hohen Stellenwert zukommen lässt. Die zweite Begriffsverwendung gebraucht den Governancebegriff als Beschreibung einer neuen Steuerungsform, die geprägt ist von interorganisatorischer Kooperation und Koordination. Die dritte Begriffs- verwendung nutzt Governance als normativ geprägten Begriff, wie politische Steuerung aussehen sollte.

Für diese Untersuchung ist insbesondere die zweite Begriffsverwendung von Bedeutung. Dieser erfasst alle Formen der strukturellen, instrumentellen und sozialen Koordination und bezieht sowohl Zivilgesellschaft als auch Privatwirtschaft in die politischen Steuerungsmöglichkeiten mit ein. (Benz 2004b: 15; Lars Holtkamp 2017: 48) Zwei Ursachen werden als Erklärung für zunehmend kooperatives Verwaltungshandeln identifiziert: eine allgemeine Wandlung des modernen Staates und die steigende Zahl der staatlichen Aufgaben bei stetigem „Erzwingungspotential“ (Marian Döhler 2008: 27). Daher kommt es durch die Indienstnahme gesellschaftlicher Akteure zur Staats- entlastung. (Marian Döhler 2008: 31)

Die „Handlungskoordination kann im Rahmen von Governance durch einseitige Anordnung in Hierarchien, durch wechselseitige Anpassung im Markt oder in interdependenten Handlungen, durch Einigung in Verhandlungen oder durch Konsensfindung erfolgen“. (Benz 2004b: 17) Governance betont insbesondere für sozialpolitische Bereiche, in denen Steuerungsmechanismen von Staat, Markt und drittem Sektor ineinandergreifen, wie wichtig es ist, dass diese multiplen Mechanismen durch politische Abstimmung zielorientiert miteinander ausbalanciert werden. Voraussetzungen dieser Handlungskoordination im Governance Modus sind, die Abwesenheit hierarchischer Über- und

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Unterordnung und durch Verhandlung gekennzeichnete politische Prozesse.

(Benz 2004a; Heinelt 2004)

Die Steuerungslogik von Organisationen oder in diesem Fall eines Politikfeldes, besteht in der Regel aus einem Mix verschiedener sogenannter Governance- typen. Die fünf Governancetypen sind Hierarchie, Markt, Politiknetzwerke, Verbände und Gemeinschaft.(Benz 2004a) Für die Untersuchung relevant sind die Governancetypen der Politiknetzwerke sowie die korporatistischen Steuerung, die sich in den unterschiedlichen kommunalen Ausbaustrategien und Kooperationsmechanismen widerspiegeln. Beide Kooperations- mechanismen werden daher in den folgenden Abschnitten näher beschrieben.

4.3. Die Netzwerke als Koordinationsmechanismus

Die gewollt und gezielt wachsende Komplexität durch eine plurale Trägerlandschaft erfordert wirksame Governancemechanismen zur

„Steuerung, Abstimmung und Moderation von Vielfalt“ (Evers/Riedel 2007: 73) Politiknetzwerke bezeichnen langfristige und freiwillige Verhandlungen kollektiver Akteure mit dem politisch-administrativen System oder anderen Akteuren. „Der Staat wird zum Mitspieler, der Steuerung durch Verhandlung, Tausch, Kooperation und Argumentation im Umgang mit staatlichen und sich selbst organisierenden, verhandlungsfähigen gesellschaftlichen Akteuren innerhalb von informellen und formellen Verhandlungssystemen herstellt.“

(Schridde 2007: 35).

Die Akteure verfügen jederzeit über eine Exit-Option und sind lediglich locker gekoppelt. (Lars Holtkamp 2017: 48f) Politiknetzwerke zeichnen sich daher durch einen vergleichsweise geringen Formalisierungsgrad, mit wechselseitiger Einflussnahme, ohne einseitige Bindung bzw. Machtausübung, aus. (Mayntz 1996) Wobei der Staat weiter über zentrale finanzielle Ressourcen für die Umsetzung getroffener Entscheidungen verfügt. (Schridde 2007: 36)

Voraussetzung für das Funktionieren von Politiknetzwerken ist die gemeinsame Problemwahrnehmung und -lösung der teilautonomen Akteure. (Scharpf 2000:

232). Das Prinzip der Koordination ist Vertrauen oder der Ressourcentausch und die Konfliktregelung erfolgt über Verhandlung und gleichberechtigte Kooperation in Form von interaktiven Prozessen. Holtkamp (2017: 78) bezeichnet die Netzwerke als die Organisationsform kooperativer und dialogorientierter Demokratie, im Sinne von „Verfahren der Bürger- und Verbändebeteiligung an der Politikformulierung und an der Politikumsetzung auf kommunaler Ebene“ zur Koordinierung von Politik, Verwaltung, zivilgesell- schaftlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren.

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Wie der Staat als Interdependenzmanager Politiknetzwerke beeinflussen kann, hat Renate Mayntz (1996: 160f) wie folgt zusammengefasst: durch Regelung der Akteurskonstellation, Festlegung von Spielregeln, selektive Unterstützung, Veränderung der Handlungsorientierung durch Information und Überzeugung und das Treffen von autoritären Entscheidungen bei nicht Zustandekommen der Selbstregulierung, der sogenannte Schatten der Hierarchie.

Die Herausforderungen von Netzwerken sind die Koordination der Mitglieder, deren vorherrschende Konfliktaversion und Strukturkonservatismus, um Exit zu vermeiden, der stärkere Fokus auf Gegenwartsinteressen anstelle von Zukunftsinteressen sowie die geringe Verpflichtungsfähigkeit, die Homogenisierung von Interessen und Externalisierung von Kosten, die geringe demokratische Legitimität insbesondere im Hinblick auf nicht organisierte Interessen und wenig Transparenz bei Verhandlung bzw. Zurechenbarkeit von Entscheidungen und Sanktionierbarkeit. (Holtkamp et al. 2006: 50;

Messner/Meyer Stamer 1995) Auch die generelle Offenheit der Mitgliedschaft stellt eine Herausforderung dar, wenn beispielsweise Mitbewerber durch ein Kartell oder durch Trägerauswahlverfahren ausgeschlossen werden.

(Mayntz/Scharpf 1995b: 22) Das heißt, insgesamt ist die Legitimation auf der Inputseite problematisch gegenüber einer effizienten Problemlösung auf der Outputseite. Darum setzt sich Governance in Form der Politiknetzwerke nicht durch höhere Effektivität durch, sondern muss gegen Status-quo-orientierte Akteure durchgesetzt werden. (Schridde 2007: 38)

Die Position, innerhalb des Netzwerkes und Einflussfähigkeit auf politische Entscheidungen, einzelner Akteure in der Politikformulierung und Implementierung gilt es zu untersuchen, um die Governance durch Netzwerke zu verstehen. (Wald/Jansen 2007: 38)

4.4. Der Korporatismus als Koordinationsmechanismus

Im Mittelpunkt der Korporatismusdebatte steht die Frage, ob Verbände Erfolgsvoraussetzung oder Hindernis politischer Steuerung sind? Die Grundlage ist das Korporatismuskonzept nach Lehmbruch (1996: 737) und dessen Vorstellung von Korporatismus als Formation in der „large interest organizations cooperate with each other and with public authorities (…)“. Dazu benötigen Verbände eine entsprechende Organisation sowie das Repräsentationsmonopol und damit eine Verpflichtungsfähigkeit. Diese begründet die wechselseitige Abhängigkeit von Staat und Verbänden in der Politikimplementierung sozialer Dienstleistungen.

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Der Governancetyp der korporatistischen Steuerung beschreibt die Steuerung durch Interessenverbände mit einer staatlich anerkannten Monopolstellung und hohen Implementationsressourcen in einem Sektor und zeichnet sich durch einen höheren Formalisierungsgrad aus. Der Korporatismus stellt somit eine exklusive, aber intern partnerschaftlich strukturierte Form der konsens- orientierten Aushandlung in der Phase der Politikformulierung und Implementierung zwischen Staat und Wohlfahrtsverbänden dar. (Sachße 2003:

194)

Korporatistische Strukturen werden kritisch diskutiert: In der Regel werden die Trägervertreter im Jugendhilfeausschuss (JHA) von den Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege gestellt, die über große Implementationsressourcen verfügen, von denen die Stadtverwaltung in einem gewissen Maße profitiert, aber auch abhängig ist. (Riedel 2009b: 39) Zusätzlich werden die etablierten Wohlfahrtsverbände durch sogenannte „versteckte Verbandsmitglieder“

unterstützt, die über ein Ratsmandat Mitglied des JHA sind. Insgesamt bleiben kleinere Initiativen unberücksichtigt und die Verhandlungen mit wenigen Verbandsvertretern ersetzen das „pluralistische Kräftemessen“. (Czada 2000:

30) Im JHA entscheiden die beteiligten Träger unter anderem über die Mittelverteilung und sind damit gleichermaßen Gegenstand der Entscheidung, insofern sie über ihre eigenen Einnahmen und damit Handlungsspielräume entscheiden. (Bogumil/Holtkamp 2006: 167). Dies kann bei der Ressourcenverteilung zu einer materiellen Benachteiligung politisch nicht beteiligter Akteure führen. (Scholz et al. 2019: 64) Es bildet sich ein exklusiver Kreis an Anbietern (Münder/Ottenberg 1999: 78) deren Governance- mechanismus beziehungsweise Kommunikationsmodus bargaining, also Verhandlung (Wald/Jansen 2007: 37) ist, die wiederum intransparent ist und nicht organisierte Interessen ausschließt. Er wird auch als „Kungel- korporatismus“ bezeichnet (Bode 2004: 19), der die Steuerungsfähigkeit der Kommunen entscheidend eingrenzt (Eyßell 2015: 38). Problematisch ist zudem neben der Externalisierung von Kosten, die Besitzstandswahrung, die den Marktzugang neuer Initiativen und privat-gewerblichen Trägern verhindert und damit die Pluralisierung der Trägerschaft sowie Wettbewerb mit privaten Unternehmen einschränken. (Lars Holtkamp 2017: 164f). Auch die Steuerungsform selbst trifft aufgrund der planwirtschaftlichen Grundlagen, die keinen Anreiz zur Kooperation oder effizienten Ressourcennutzung schafft, auf Ablehnung. (Meyer 2010: 85)

Sinkende staatliche Einnahmen und steigende Bedarfe sowie der Rückgang

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der traditionell eingebrachten Eigenmittel der Wohlfahrtsverbände (Strünck 2010) begründen die Reformen der 90er Jahre, die den Korporatismus modifizieren (Heinze et al. 1997: 263f) und damit die Beziehung zwischen der Verwaltung und den Trägern der freien Jugendhilfe lockern. (Bode 2004: 251) Einerseits Ökonomisierung in Form von verstärkten Kosten-Nutzen-Kalkülen, die Zulassung von Initiativen mit dem KJHG im Jahr 1991 und gewerblicher Anbieter mit dem KJHG im Jahr 1999 sowie die Einführung von Auftraggeber- Auftragnehmer-Verhältnissen durch entsprechende principal-agent Vertrags- strukturen. Andererseits mit Hilfe der Vermarktlichung und dem neuen ausgegeben Ziel der Effizienz (Bode 2004: 250) durch den Einsatz von Wettbewerbselementen nach dem New Public Management Konzept, erfolgt die kommunale Steuerung zunehmend mittels finanzieller und inhaltlicher Vorgaben beispielsweise in Form transparenter, sach- und wettbewerbs- orientierter Trägerauswahlverfahren. (Eyßell 2015: 6ff) Die Einschätzungen über die Auswirkung dieser Reformen auf die Trägerstruktur reichen von kaum Veränderungen in der Trägerstruktur (Grohs 2010: 193) bis zur „Überwindung des Korporatismus“ (Krone et al. 2009: 178). Die Gleichbehandlung von gewerblichen und gemeinnützigen Anbietern bleibt eine Kannbestimmung, die durch das jeweilige Landesrecht gestaltet wird. (Eyßell 2015: 42)

Je pluraler die Trägerlandschaft ist, desto wahrscheinlicher ist die Entwicklung vom Korporatismus zum Governancetyp Politiknetzwerk und entsprechenden Kooperationsmechanismen.

4.5. Der akteurszentrierte Institutionalismus

Der akteurszentrierte Institutionalismus ist ein von Renate Mayntz und Fritz Scharpf entwickelter Ansatz für die Analyse von Strukturdynamiken staatsnaher Sektoren. Er stellt eine Forschungsheuristik zur Verfügung, die Erklärungs- muster für das Handeln und Interagieren von Akteuren im Rahmen sozialer Strukturen liefern. (Schimank 2007: 121) Institutionelle Strukturen haben dabei eine besondere Bedeutung als abhängige und unabhängige Variable.

Sie sind absichtsvoll oder evolutionär entstanden und bestimmen einerseits das Handeln von Akteuren und andererseits gestalten Akteure durch ihr Handeln diese Strukturen. (Schimank 2007: 121; Mayntz/Scharpf 1995a: 45) Institutionen werden dabei als „Normen des angemessenen Verhaltens“ mit handlungsprägender Bedeutung für die Akteure definiert. (Mayntz/Scharpf 1995a: 45) Sie sind ein Set an Regeln, die Akteure und Akteurs- konstellationen schaffen, sie mittels Handlungsressourcen gestalten und so

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Handlungslogiken prägen, indem sie Akteure anleiten und beschränken. (Mayntz/Scharpf 1995a: 49) Dabei werden drei Dimensionen unterschieden.

Die institutionellen Regeln, die „Standardinteressen“ (dazu gehören Autonomiesicherung, Domänen-abgrenzung, Wachstum und Erwartungs- sicherheit) (Mayntz/Scharpf 1995a: 54) sowie die akteursspezifischen Interessen und situative Faktoren, wie historische Ereignisse. Zwischen diesen Erklärungsfaktoren besteht eine enge Wechselwirkung. (Schimank 2007:

122f)

Von zentraler Bedeutung sind für den akteurszentrierten Institutionalismus die dem Governance-Ansatz sehr ähnlichen „verschiedenen Modi sozialer Handlungskoordination“, dazu zählen „einseitige oder wechselseitige Anpassung, die Verhandlung, die Abstimmung und die hierarchische Entscheidung„ (Mayntz/Scharpf 1995a: 60) Auch Netzwerke zeichnen sich durch formelle und informelle Regelstrukturen aus, die von den Akteuren variiert und reproduziert werden. (Schridde 2007: 40f) Diese Regelstrukturen werden unterschieden in Interaktionsregeln und Arena-Regeln. Die Interaktionsregeln definieren die Spielregeln und regeln beispielsweise durch Exklusivität, Selektion und Exit-Optionen den Zugang zum Netzwerk. Zudem können Interaktionsregeln im engeren Sinne durch Überzeugung, Intervention oder Nichtintervention, Informationen und Konfliktlösungen verändern. Die Arena- Regeln legen die Spielanordnung fest. Das umfasst die Positionen der Akteure, deren Wahrnehmung und die jeweiligen Auszahlungen.

„Als Governance-Reform wird bezeichnet, wenn die Steuerungs-, Kontroll- und Koordinationsmechanismen in und zwischen Organisationen gewollt verändert werden. Damit einher geht eine Veränderung des Handlungsfeldes der Akteure durch veränderte Akteurskonstellationen, Interessen, Handlungsorientierungen und Machtverhältnisse“ (Schridde 2007: 38) Das institutionelle Design eines Netzwerkes zu verändern geht oft mit Machtkämpfen einher. Es gibt drei Ansätze, um das institutionelle Design eines Netzwerkes zu verändern: die Veränderung der Netzwerkkomposition im Sinne der Zusammensetzung der Akteure, die Veränderung der Netzwerkergebnisse, das heißt, die Veränderung der Kosten-Nutzen-Kalküle und die Veränderung der Netzwerkinteraktion.

(siehe Schridde 2007: 41f) „Governance-Reformen im Netzwerk zielen auf eine Veränderung der institutionellen Steuerungs- und Koordinationsstrukturen innerhalb und zwischen Organisationen ab. Sie werden in einer Vielzahl von ineinander verflochtenen Arenen ausgetragen und können formelle wie informelle Regelstrukturen umfassen.“ (Schridde 2007: 43f).

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Im Kontext dieser Arbeit stellen der Jugendhilfeausschuss und die Kooperationsmechanismen Institutionen dar. Die Vertreter des Jugendamts, der Politik und der Wohlfahrtsverbände wirken als Akteure. Zu beachten ist, dass sich korporative Akteure, wie die Verwaltung und die Wohlfahrtsverbände, aus individuellen Akteuren zusammensetzen (Mayntz und Scharpf 1995, S. 50) Für die Wohlfahrtspflege kommen Heinze, Schmid und Strünck (1997: 263) zu dem Schluss, dass sich der Korporatismus mit Koordinationsmechanismen von Netzwerken verbinden und eine „Vielzahl von öffentlichen und auch privaten Akteuren“, die gleichberechtigt und freiwillig kooperieren, wobei staatliche Akteure die Spielregeln definieren und Entscheidungen bei Nichtzustande- kommen autoritativ treffen. (Holtkamp et al. 2006: 47f)

Die Einordnung der Kooperationsmechanismen der Akteure in Leipzig zwischen Korporatismus und Politiknetzwerk wird Gegenstand der Untersuchung sein.

5. Der Forschungsstand

In diesem Kapitel wird der Forschungsstand detailliert vorgestellt. Die Unterkapitel sind entsprechend der Forschungsfragen aufgebaut. Somit widmet sich das erste der politischen Steuerung in den Phasen der Politikformulierung und Politikimplementierung und stellt dabei die strukturprägenden Prinzipien vor, die den Ausbau der Betreuungsplätze in besonderem Maße beeinflussen.

Dazu zählen das Subsidiaritätsprinzip, der Korporatismus, der Föderalismus, der Trägerpluralismus sowie der New Public Management Approach innerhalb der Verwaltung. Das zweite Unterkapitel gibt einen Überblick über die Konzepte des Betreuungsausbaus auf lokaler Ebene. Ziel ist die Ermittlung der Bestimmungsfaktoren des erfolgreichen Betreuungsausbaus, aus denen die Forschungsfragen abgeleitet werden.

5.1. Die politische Steuerung der Akteurskonstellation

In der Phase der Politikformulierung werden für definierte Probleme, politische Handlungsalternativen diskutiert. Die Komplexität des Themas spiegelt sich in der Vielfältigkeit der Strukturen, der Vielzahl der Akteure und Vielgestaltigkeit der Prozesse wider.

5.1.1.Die lokalen Governance Strukturen

Die Zusammenarbeit in lokalen Netzwerken ist von regionalen Unterschieden in den Governance Strukturen gekennzeichnet, die sich auf drei Faktoren zurückführen lassen. (Eichler et al. 2007) Dazu zählen soziokulturelle

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Differenzen, die soziale Kohäsion und die ökonomische Situation. Hinsichtlich soziokultureller Unterschiede identifiziert die Literatur in den neuen Bundesländern einen weniger etablierten Wohlfahrtsmix, eine schwache Milieubildung sowie eine schwache Zivilgesellschaft. Dagegen haben die alten Bundeländer lange Erfahrung in der Selbstverwaltung und damit einen etablierten Wohlfahrtsmix, verzeichnen zudem eine starke Milieubildung sowie eine starke Zivilgesellschaft. (Eichler et al. 2007: 102f) Als zweiter Einflussfaktor auf die Bildung lokaler Netzwerke wird der Grad der sozialen Kohäsion, also der sozialen Integration von gesellschaftlichen Gruppen in einer Region benannt und letztlich beeinflusst die Ökonomische Situation, im Sinne der finanziellen Ressourcen, die den Akteuren zur Verfügung stehen. (Eichler et al.

2007: 105) Der wirtschaftliche Abschwung in den 1990er Jahren führte zu zahlreichen Haushaltskrisen in den ostdeutschen Gemeinden, die auch in Kürzungen der Kinderbetreuung resultierten und zu einer Verschlechterung der Infrastruktur führten. (Hank et al. 2001; Rosenfeld et al. 2004) Diese stillgelegten Ressourcen werden als Erklärung für die schnellere Ausbaudynamik in Ostdeutschland bewertet, da sowohl Infrastruktur als auch Personal vorhanden waren, die von den Kommunen reaktiviert werden konnten, während in Westdeutschland Infrastruktur und Personal neu aufgebaut werden mussten. (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) 2010)

Die Kindertagesbetreuung ist in Deutschland, als Teil der Kinder und Jugendhilfe, Bestandteil des Wohlfahrtssektors und traditionell besonders korporatistisch geprägt. Bereits in der Weimarer Republik wurde mit dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (1922) das Subsidiaritätsprinzip, welches die Verantwortung sozialer Leistungen kaskadenförmig definiert und die niedrigste mögliche Stufe priorisiert (Sachße 2000: 203), durch die bis heute bestehenden Vorrangklausel, Eigenständigkeitsgarantie und gesetzlicher Förderver- pflichtung der freien Träger der Wohlfahrtspflege festgeschrieben und die dualen Struktur aus freien und öffentlichen Trägern institutionalisiert. (Sachße 1995: 126f, 2000: 202). Das Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) 1953 und das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) 1961 verschärften die Subsidiarität und bestimmten die Kommunen zu Gewährleistern, der ausschließlich subsidiär eingreifen darf, wo Angebote freier Träger nicht vorhanden sind und nicht geschaffen werden können. (Sachße 2003: 206) Auseinandersetzungen zwischen öffentlichen und freien Trägern beendete das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1967, das die Gesetze für verfassungskonform

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erklärte. Es blieb allerdings in Anbetracht der steigenden Nachfrage ohne Relevanz und der Anteil der öffentlichen Träger sowie die vielfältigen Verflechtungen zwischen den öffentlichen und den freien Trägern stieg (Sachße 2010: 111). Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) von 1991 behält das Subsidiaritätsprinzip bei und ordnet es der Gesamt- und Planungs- verantwortung unter.

5.1.2.Die Akteure: Politik, Verwaltung, Träger

Die Kinderbetreuungspolitik ist zudem geprägt durch den Föderalismus. Alle drei politischen Ebenen sind in die Kinderbetreuungspolitik involviert. Die regionalen Unterschiede trotz einheitlicher Vorgaben liegen daher in „the role of territorial politics in the outcomes of even federal countries“ begründet (Greer et al. 2015: 408). Die Aufgaben und Zuständigkeiten verteilen sich wie folgt. Der Bund liefert im dritten Abschnitt (Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege) des VIII. Sozialgesetzbuches mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG 1990) rechtlich verbindliche und generelle Richtlinien. Zudem verfügt er mit Hilfe von Programmen über die Möglichkeit, befristet und zielbasiert finanzielle Anreize zu schaffen. Die Länder, deren Gesetzgebungskompetenz als Teil der konkurrierenden Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern geteilt ist, gestalten die ausführenden Gesetze. Es entstehen 16 landesspezifische Gesetze, die Planung, den Betrieb, die Finanzierung und Qualitätssicherung regeln. Die Kommunen verantworten die Implementierung der nationalen und landesspezifischen Vorgaben und tragen die Verantwortung für die bedarfsgerechte Planung und Erbringung der Kindertagesbetreuung. Dabei haben sie teilweise eine Doppelrolle als Anbieter von öffentlichen Leistungen und Aufsichtsbehörde. Während sich der Bund an den Investitionskosten beteiligt, verbleiben die Betriebskosten bei den Kommunen. (Riedel 2009b: 35) Dafür veranschlagen sie rund 14 Prozent ihres Haushaltes für Kinder und Jugendhilfe. Nicht selten sind sie daher von Einschränkungen der kommunalen Haushaltsausgaben betroffen. (Scholz et al.

2019: 46ff) Die Kommunen tragen letztendlich die zentrale Verantwortung und haben nur sehr eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten, was Scholz et. Al.

(Scholz et al. 2019: 49) als Dilemma bewerten.

In die Planung und Koordinierung werden die freien Träger der Kinder- und Jugendhilfe ebenfalls mit einbezogen, die zum einen Anbieter aber zum anderen auch Kofinanzierer der Kinder- und Jugendhilfe sind. Am Ende sind diese Träger diejenigen, die in den Kindertagestätten und Kindertagespflegen die Vorgaben der Landesregierungen umsetzen und über Öffnungszeiten,

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Zugangsvoraussetzungen und Arbeitsbedingungen entscheiden.“ (Scholz et al.

2019: 50) Zentrale Argumentation Mätzkes (2019: 57) ist, Föderalismus und Subsidiarität ermöglichen, dass sich die regional unterschiedlichen Strukturen reproduzieren, die durch das institutionelle und kulturelle Erbe die regionalen policy Struktur prägen.

Das im KJHG verankerte Wunsch und Wahlrecht der Eltern (KJHG 1990) begründet das Prinzip und sogleich Ziel der Diversität der Anbieter und ihrer spezifischen und vielfältigen Beiträge. So zeichnen sich Kirchen und Wohlfahrtsverbände durch eine hohe Milieubindung und Orientierung hinzu sozial Schwächeren aus. Elterninitiativen sind auf gegenseitige Unterstützung und Empowerment ausgerichtet, wohingegen private Anbieter eine größere Flexibilität und Kundenorientierung auszeichnet (Riedel 2009b: 32) Die Herausforderung besteht darin, durch die Zusammenführung in einem nutzerfreundlichen Angebotssystem, welches den einzelnen Handlungs- orientierungen der Träger Raum lässt, der Bildung von geschlossenen und intransparenten Teilmärkten entgegenzuwirken. (ebd. :33)

Bund und Länder formulieren die rechtlichen Vorgaben. Die lokale Politik, das heißt, die gewählten Politiker und Politikerinnen geben die Ausbauziele an die Verwaltung weiter, um den Rechtsanspruch zu realisieren.

Die lokale Verwaltung bezieht sich für das untersuchte Thema meist auf das Jugend- oder Schulamt, je nach lokaler Verwaltungsstruktur. Verwaltungsintern zählt die ressortübergreifende Zusammenarbeit und Vernetzung zu den Governance Mitteln, um die Herausforderungen zu meistern, die mit herkömmlichen Steuerungsinstrumenten und Entscheidungsverfahren nicht zu leisten sind. (Burchardt 2007: 5ff) Die Verwaltung ist bei ihren Ausbaubemühungen stark von bundespolitischen Zielen wie dem Trägerpluralismus und landespolitischen Vorgaben beispielsweise zu räumlichen Voraussetzungen oder Personalschlüsseln abhängig. (Evers/Riedel 2007: 77ff). Außerdem kommt der Verwaltung eine Doppelrolle zu. Sie ist einerseits öffentlicher Träger und andererseits „Planer und Moderator“

zwischen Eltern und Trägern. Diese Verflechtung ist nach Evers und Riedel nur organisatorisch zu lösen. Sie sprechen sich für klare Zuständigkeiten in Form einer separaten Moderationsinstanz für die kooperative Entwicklung und die Ausgliederung der öffentlichen Einrichtungen in einem städtischen Eigenbetrieb aus. Damit wird das Ziel verfolgt, die „Aushandlungskultur“ und Fachkooperation bei Dienstleistungserbringungen zu verbessern (Evers/Riedel

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