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Archiv "Katholische Schulen: Respekt vor der Überzeugung anderer" (14.05.1999)

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er Bischof von Regens- burg weiß in Schulfra- gen, wovon er spricht.

Schließlich war Manfred Mül- ler, ein altgedienter Kirchen- funktionär, selbst 20 Jahre lang Religionslehrer – an einem staatlichen Gymnasium. „Un- ser Religionsunterricht ist ja nicht geistig eng, sondern weltoffen, und hat noch kei- nem geschadet“, weist Müller die Vorbehalte nichtreligiö- ser Kritiker gegenüber dem Wertekanon zurück, der auch an den katholischen Schulen Deutschlands vermittelt wird.

Übersehen wird leicht, daß die katholische Kirche ihre Bildungsanstalten zunehmend auch Nicht-Katholiken und Agnostikern öffnet. Noch sind 78 Prozent aller 328 000 Schü- ler unter ihrer Obhut katho- lisch, doch der Anteil der anderen wächst: zur Zeit sind es 18 Prozent Protestanten, gut zwei Prozent Konfessionslose und knapp zwei Prozent An- gehörige anderer Religionsge- meinschaften. „Sie müssen nur bereit sein, unsere Grundwer- te zu akzeptieren“, sagt der Bi- schof, der zugleich Vorsitzen- der der Kommission für Erzie- hung und Schule der Deut- schen Bischofskonferenz ist.

Sicherheit

Genau diese Akzeptanz – nicht unbedingt im Sinne eines Glaubensbekenntnisses, son- dern des Respekts vor der Überzeugung anderer – stellt sich in der neuen Schüler- generation offenbar immer mehr und wie von selbst ein.

Um fast 30 Prozent übertrifft die Nachfrage nach Plätzen

das Angebot. Daß Schule ein Hafen spiritueller Sicherheit sein kann, ein Ankerplatz in einer zunehmend aufge- peitschten und uferlos erschei- nenden Welt, ist für viele sehr junge Menschen und immer mehr Eltern ein Faszinosum.

Besonders lang sind die War- telisten zur Aufnahme in ka- tholische Schulen – von denen übrigens nur ein Viertel Schul- geld in Höhe von durch- schnittlich 40 DM im Monat

nimmt – in der neuen Haupt- stadt Berlin. Dr. Annette Schavan, Kultusministerin in Baden-Württemberg, fand da- für auf dem ersten Bundes- kongreß Katholischer Schulen unlängst eine einfache Er- klärung: „Nach Berlin ziehen nun viele, denen die Stadt in ihrer stürmischen Entwick- lung fremd und unheimlich ist.

Da will man wenigstens die Kinder in Sicherheit wissen.“

Wobei Sicherheit nicht nur die relative Drogenfreiheit und Gewaltlosigkeit an kirch- lichen Instituten umfaßt, son-

dern durchaus auch spirituel- len Schutz einschließt.

Besonders beeindruckt zeigte sich Schavan von ei- ner Schüler-Aussage aus dem staatlichen Schulsystem, die symptomatisch für eine Zeit erscheint, in der zwar die über- große Mehrheit der Eltern ei- ne Ausbildung ihrer Kinder am Computer, aber nur acht Prozent religiöse Bildung für wichtig halten: „Auf der Suche nach Erkenntnis“, zitierte die

Ministerin die Schüler-Sorge,

„ertrinken wir in Informatio- nen.“ Deutlicher könne die Diskrepanz der Erwartungen nicht zutage treten. Denn in- haltliches Profil sei wieder ge- fragt – als Gegenströmung zur noch bis vor etwa zehn Jahren herrschenden Beliebigkeits- Philosophie: „Das pragmati- sche Einerlei lassen uns die Schüler heute nicht mehr durchgehen. Sie wollen inter- essante Antworten. Sie wollen, daß jemand Stellung bezieht.“

Der Gleichgültigkeit ent- gegenwirken will auch Dr.

Adolf Weisbrod, Direktor der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg. Das soziale Unter- richtsprojekt „Compassion“, das unter seiner Leitung ent- wickelt und an den meisten katholischen Schulen einge- führt wurde, soll den Trend zur Vereinzelung und zum Subjektivismus in der Ego- Gesellschaft stoppen helfen.

Es umfaßt ein zweiwöchiges Pflichtpraktikum, etwa im Altersheim, und die fächer- übergreifende Vermittlung

„des ständigen Bezogenseins auf andere“. Fazit Weisbrods nach gut fünf Jahren Projekt- erfahrung: „Mir haben Schüler gesagt, daß sie vielleicht die neun Jahre Gymnasium ver- gessen werden, aber nicht die zwei Wochen auf der Pfle- gestation.“ Viele engagierten sich auch nach Praktikums- schluß freiwillig weiter für so- ziale Belange.

Die Harmonie zwischen Staat und Kirche als Schul- träger hört jedoch spätestens dann auf, wenn das Geld zur Finanzierung einer sinnstif- tenden Bildung knapp ist. Das Grundgesetz hat die Finan- zierung von Schulen in freier Trägerschaft offengelassen.

Doch die höchsten Bundesge- richte haben mehrfach einen Anspruch dieser Schulen auf staatliche Finanzhilfe festge- stellt, sofern der Schulträger einen angemessenen Eigen- beitrag erbringt, also Schul- geld erhebt oder im Falle der kirchlichen Schulen Kirchen- steuermittel einsetzt. Deren Aufkommen jedoch ist seit Jahren rückläufig. Katholi- sche Schulen schmerzt es da- her zunehmend, daß sie in vie- len Bundesländern erst nach zwei bis sieben Jahren der Existenz „auf Bewährung“

staatlich gefördert werden, und dann nach ihrer Rech- nung auch nur mit höchstens 40 Prozent der Gesamtkosten.

Da ist ein solcher Satz der ba- den-württembergischen Mini- sterin Annette Schavan be- achtlich: „Zur Verantwortung der öffentlichen Hand gehört auch, daß es den Schülern an freien Schulen nicht schlech- ter gehen darf als an staat- lichen.“ Oliver Driesen A-1289 Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 19, 14. Mai 1999 (61)

V A R I A BILDUNG UND ERZIEHUNG

Unterricht unter dem Kreuz: Katholische Schulen sind gefragt.

Katholische Schulen

Respekt vor der

Überzeugung anderer

Die 1 200 katholischen Schulen in Deutschland sehen sich in einer paradoxen Situation: Einer- seits werden die Wartelisten aufnahmewilliger Schüler immer länger, andererseits behandelt der Staat die „Ersatzschulen“ eher als Konkurrenz denn als Ergänzung zur „Einheitsschule“. Orden

und Konvente müssen ihre Schulen wegen Nach- wuchs- und Geldmangels schließen. Doch in Zeiten gesellschaftlicher Orientierungslosigkeit wird die katholische Kirche als größter unter den freien Schulträgern trotz materiellen Rückzugs weiter an Bedeutung gewinnen.

Foto: Internat Papa Giovanni XXIII

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