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Archiv "Stoßwellen-Lithotripsie von Gallensteinen: Konsensus 1994" (28.01.1994)

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Academic year: 2022

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(1)

MEDIZIN

Lucas Greiner' Michael Sackmann' Thomas Schneider3

Peter Jipp 4

Boris Brands Nib Soehendra 6 Christian EII 3

Tilman Sauerbruch 7 Jürgen Riemann 8

Gustav Paumgartner2

I

m vergangenen Jahr fand eine Ar- beitstagung der Deutschen Ge- sellschaft für Stoßwellenlithotrip- sie e. V. statt. Ziel dieser Veran- staltung war es, den aktuellen Stand der Stoßwellenlithotripsie in verschie- denen Arbeitsgruppen zu diskutieren und das Ergebnis als Konsensus zu for- mulieren. Im Folgenden ist die zum Thema Gallenstein-Lithotripsie von den Teilnehmern der Arbeitsgruppe (Lucas Greiner, Michael Sackmann, Peter Jipp, Thomas Schneider, Boris Brand, Nib Soehendra) gemeinsam verfaßte Stellungnahme wiedergege- ben, ergänzt durch Anmerkungen von Christian Ell, Tilman Sauerbruch und Gustav Paumgartner.

Die extrakorporale Stoßwellen- lithotripsie (ESWL) von Gallenbla- sen- und Gallengangsteinen wurde vor nunmehr acht Jahren in die Kli- nik eingeführt. Sie steht mittlerweile an zahlreichen Standorten zur Verfü- gung. Ziel dieser nichtinvasiven The- rapie des Gallensteinleidens ist es, Steinfreiheit und Beschwerdefreiheit möglichst risikolos und schonend zu erreichen — ohne Operation und Nar- kose und ohne Rekonvaleszenzzei- ten. Zahlreiche Studien im interna- tionalen Schrifttum belegen, daß die- se Zielsetzung erreichbar ist, wenn Patientenauswahl und Durchführung der ESWL sorgfältig erfolgen.

KURZBERICHT

Voraussetzungen

Alle heute kommerziell verfüg- baren Stoßwellengeneratoren sind unabhängig vom physikalischen Prin- zip (elektrohydraulisch, elektroma- gnetisch, piezoelektrisch) zuverlässig in der Lage, Gallensteine zu frag- mentieren. Die Steinortung und die Desintegrationskontrolle während der Behandlung erfolgen bei Gallen- blasensteinen mit Ultraschall, bei Gallengangsteinen mit röntgenge- stützten Lithotriptoren, wenn eine sonographische Ortung der Konkre- mente nicht möglich ist.

Kontraindiziert ist die ESWL bei Gerinnungsstörungen und in der Schwangerschaft.

Gallengangsteine 1. extrahepatisch

Extrahepatische Gallengangstei- ne sind in fünf bis zehn Prozent mit- tels endoskopischer Papillotomie (EPT) und mechanischer Fragmen- tierung nicht therapierbar. In etwa 85 Prozent dieser Fälle kann durch den Einsatz der ESWL die nichtoperative Gallenwegssanierung erreicht wer- den. Der Erfolg ist weitgehend unab- hängig von Größe, Zahl und chemi- scher Zusammensetzung der Steine.

1 Med. Klinik A, Universität Witten- Herdecke, Kliniken der Stadt, Wuppertal

2 Med. Klinik II, Universitätsklinikum Großhadern, München

3 Med. Klinik I mit Poliklinik der Universität Erlangen-Nürnberg

4 Med. Klinik, Katharinenhospital, Stuttga rt

5 Med. Klinik der Universität Lübeck 6 Abt. f. Endoskopische Chirurgie der

Universität Hamburg

7 Med. Klinik der Universität Bonn 8 Med. Klinik C, Klinikum Ludwigshafen

Auf die EPT kann in Einzelfällen verzichtet werden, wenn ein perkuta- ner Zugang zu den Gallenwegen be- steht (wie zum Beispiel Residualstein bei liegender T-Drainage) (Abbildun- gen 1 a—c).

Nach der ESWL gehen bei 15 bis 20 Prozent der Behandelten die Fragmente spontan ab, überwiegend wird jedoch eine endoskopische Fragmentextraktion durchgeführt, um eine rasche Steinfreiheit zu errei- chen. Bei initial nicht ausreichender Fragmentierung führt die Wiederho- lung der ESWL meist zum Erfolg.

2. intrahepatisch

Intrahepatische Gallengangstei- ne — deren endoskopische Therapie meist problematisch ist — sind der ESWL gut zugänglich (Abbildung 2 a, b). Steinfreiheit durch spontanen Fragmentabgang und/oder endosko- pische Fragmentextraktion ist bei 50 bis 80 Prozent der Patienten zu errei- chen. Problematisch bleibt die The- rapie multipler Steine proximal hoch- gradiger intrahepatischer Strikturen.

3. Komplikationen, auxiliäre Maßnahmen

Methodenbedingte klinisch rele- vante Komplikationen treten bei kor- rekt durchgeführter ESWL extra- und intrahepatischer Gallengangstei- ne nicht auf. Eine antibiotische The- rapie zur Vermeidung septischer Komplikationen wird empfohlen. Die zusätzliche lokale Lysetherapie über eine nasobiliäre Sonde ist meist ent- behrlich. Die ESWL-Therapie von Gallengangsteinen sollte nur dort durchgeführt werden, wo auch die Möglichkeit der endoskopischen Steinextraktion besteht.

4. Wertung

Die extrakorporale Stoßwellen- lithotripsie extra- und intrahepati- scher Gallengangsteine stellt eine wesentliche Bereicherung der nicht- operativen Behandlungsmöglichkei- ten dar. Die Methode ist effektiv und kann aufwendigen perkutanen oder

Stoßwellen-Lithotripsie von Gallensteinen:

Konsensus 1994

A-194 (38) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 4, 28. Januar 1994

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77,

EDIZIN KURZBERICHT

Abbildung 1 a—c: Gallengangstein (Residualstein nach Cholezystektomie, Pfeil) vor (a) und unmit- telbar (b) nach extrakorporaler Stoßwellenlitho- tripsie ; nach zwei Stunden (c) weitgehende Spon- tanclearance (ohne endoskopische Papillotomie)

endoskopischen (mother-baby-En- doskopie) Verfahren vorgezogen werden. Die risikoreichere offen- chirurgische Choledochusrevision kann durch die ESWL fast immer vermieden werden.

Gallenblasensteine

1. Indikationen

Die beste Indikation für die Gal- lenblasen-ESWL besteht bei sympto- matischen solitären röntgennegati- ven Steinen bis zwei cm Größe in ei- ner funktionsfähigen Gallenblase (Tabelle 1) (Abbildung 3 a—c).

Umfangreiche, überwiegend po- sitive Erfahrungen liegen auch vor für die ESWL von röntgennegativen Solitärsteinen bis 30 mm (entspre- chend einem Volumen von 14 ml) und zwei bis drei Steinen mit einem Gesamtvolumen bis 14 ml sowie für randverkalkte Solitärkonkremente.

Der Nachweis von Kalk erfolgt radio- logisch (Zielaufnahme der Gallen- blasenregion, orale Cholegraphie, ge- gebenenfalls Computertomogra- phie). Steinzahl, Steingröße und Gal- lenblasenfunktion sind sonogra-

phisch prüfbar. Bei Anwendung die- ser Auswahlkriterien sind 10 bis 20 Prozent aller Gallenblasenstein-Pa- tienten für die Behandlung mit extra- korporalen Stoßwellen geeignet.

2. Therapiekonzepte

Die extrakorporale Stoßwellen- lithotripsie von Gallenblasensteinen wird während eines kurzen (ein bis drei Tage) stationären Aufenthaltes durchgeführt. Sie kann prinzipiell —

Abbildung 2 a, b: Intrahepatischer Gallengang- stein vor (a, Pfeil) und nach (b, Pfeil) extrakorpo- raler Stoßwellenlithotripsie

insbesondere bei Wiederholungsbe- handlungen — auch ambulant erfol- gen. Anzustreben ist eine möglichst feine Desintegration der Konkre- mente bis zu einer Fragmentgröße 4 3 mm (Abbildung 3 c) beziehungs- weise bis zu einer Korngröße, bei der bei optimierten Ultraschallbedingun- gen (5 MHz Schallkopf) keine schat- tengebenden Steinreste zu erkennen sind.

Die Stoßwellenbehandlung wird in der Regel in Kombination mit ei- ner oralen Chemolitholyse (Ursodes- oxycholsäure alleine oder zusammen mit Chenodesoxycholsäure) durchge- führt, um cholesterinhaltige Steinre- ste, die die Gallenblase nicht spontan verlassen, aufzulösen.

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 4, 28. Januar 1994 (39) A-195

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Tobelle: Optimale Voraussetzungen für die Gallenblasen-ESWL

Gallenstein solitär

20 mm

kein Kalk (röntgennegativ)

Gallenblase intakte Funktion:

Entleerung nach Reiz 30 Prozent Abbildung 3 a—c: Nach Röntgen- (a) und Sonographie-Kriterien (b) für die extrakorporale Stoßwellen- lithotripsie geeigneter Solitärstein; einen Tag nach der Therapie (c) weitgehende Spontanclearance

MEDIZIN KURZBERICHT

Ein modifiziertes, in Erprobung befindliches Therapiekonzept zielt darauf ab, den Indikationsbereich für die ESWL von Gallenblasenkonkre- menten auszudehnen. Dabei wird durch wiederholte ESWL-Sitzungen eine sehr feine Steindesintegration („Pulverisierung") angestrebt, um so

— bei verbesserter Spontanclearance der Gallenblase — Litholytika einspa- ren zu können. Hierzu stehen publi- zierte Ergebnisse noch aus.

3. Ergebnisse

Die ESWL mit Lyse — weltweit bisher bei über 40 000 Patienten durchgeführt — ergibt bei idealen Voraussetzungen (Tabelle) nach sechs, zwölf und 18 Monaten Stein- freiheits-Quoten von 20 bis 75 Pro- zent, 60 bis 85 Prozent und 65 bis 95 Prozent. Die für Patienten mit Soli- tärkonkrementen über 20 mm erziel- ten Steinfreiheitsraten ein Jahr nach Lithotripsie variieren zwischen 25 bis 85 Prozent, bei Patienten mit zwei oder drei Gallenblasensteinen zwi- schen 25 und 70 Prozent. Die bisheri- gen Erfahrungen mit leicht verkalk- ten Steinen zeigen, daß mehr als die Hälfte der Behandelten von der ESWL mit Lyse profitieren (Stein- freiheitsraten nach einem Jahr bis zu 68 Prozent).

Beim modifizierten Therapie- konzept werden — bei mittlerweile über 400 Behandelten — vergleichba- re Resultate berichtet. Bei korrekter Indikationsstellung werden nahezu alle steinfrei gewordenen Patienten, aber auch 70 bis 80 Prozent der Pa- tienten mit Restfragmenten in der Gallenblase beschwerdefrei. Zur ein- deutigen Feststellung der Steinfrei- heit ist die sorgfältige sonographi- sche Untersuchung unerläßlich.

Die Rezidivsteinbildung nach ESWL + Lyse beträgt fünf bis zehn Prozent im ersten und etwa 20 Pro- zent bis zum vierten Jahr nach Stein- freiheit.

4. Komplikationen

Biliäre Beschwerden und Schmerzen — meist als einmaliges Er- eignis — werden nach der Lithotripsie von etwa 30 Prozent der Patienten angegeben. Rezidivierende schwere Koliken, die eine analgetische Thera- pie erfordern, treten bei weniger als zehn Prozent der Behandelten auf.

In zwei Prozent ist mit einer leichten biliären Pankreatitis zu rechnen, eine EPT wird in etwa ein Prozent erfor- derlich. Verbliebene Restfragmente und/oder rezidivierende Koliken er- fordern eine elektive Cholezystekto-

mie bei zwei bis vier Prozent der Pa- tienten. In Einzelfällen wurden re- versible Leberhämatome beobachtet.

Todesfälle sind in Zusammenhang mit der biliären ESWL bisher nicht dokumentiert.

5. Wertung

Im klassischen Indikationsbe- reich des symptomatischen solitären röntgennegativen Steines in einer suffizient kontraktilen Gallenblase hat sich die ESWL als risikoarm, schonend und effektiv erwiesen. Sie stellt heute auch unter der Berück- sichtigung moderner chirurgischer Verfahren (laparoskopische Chole- zystektomie) eine adäquate thera- peutische Option dar. Organerhalt bei geringem Behandlungsrisiko (aber der Möglichkeit eines Steinre- zidivs) und chirurgische Organent- fernung bei nicht ganz vernachlässig- barem Morbiditäts- und Letalitätsri- siko (ohne die Möglichkeit eines Steinrezidivs) sind in jedem einzel- nen Fall gegeneinander abzuwägen.

Nach dem Prinzip des risikoadaptier- ten Vorgehens bietet sich bei geeig- neten Steinen (Tabelle) die ESWL als primäres Behandlungsverfahren an.

Deutsches Arzteblatt

91 (1994) A-194-196 [Heft 4]

Anschrift für die Verfassen

Prof. Dr. med. Lucas Greiner Direktor der Medizinische Klinik A, Universität Witten-Herdecke, Kliniken der Stadt

Heusnerstraße 40 42283 Wuppertal

A-196 (40) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 4, 28. Januar 1994

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