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Archiv "Vorschaltgesetz: Neue Regierung auf alten Pfaden" (20.11.1998)

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enn alles anders werden soll, darf es zunächst ein- mal nicht teurer werden.

Kostendämpfung ist deshalb für das Gesundheitswesen auch kein neuer Begriff – erst recht nicht im Vorfeld einer angekündigten großen Struk- turreform. Wie schon Norbert Blüm und Horst Seehofer bei der Vorbe- reitung ihrer Gesundheitsreformen beschreitet nun auch Andrea Fi- scher denselben Weg: mit dem „Ge- setz zur Stärkung der Solidarität in der Gesetzlichen Krankenversiche- rung“, bislang besser als Vorschalt- gesetz bekannt.

Das vorläufige Aus für Regelleistungsvolumen

Von der strikten Ausgabenbe- grenzung sind alle Leistungsberei- che betroffen – am stärksten die am- bulante Versorgung, weil die Bun- desregierung hier das meiste in eige- ner Kompetenz regeln kann. Das Wichtigste vorweg: Regelleistungs- volumen sind aus dem Gesetz gestri- chen, es gilt wieder ein festes Bud- get, das nicht überschritten werden darf. Die für die Kassenärzte positi- ve Weiterentwicklung der Vergü- tungsstruktur ist damit beseitigt – ohne Not, wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung kritisiert.

Richtgrößen für Arzneimittel bleiben zwar erhalten; sie lösen aber nicht mehr das Arzneimittelbudget ab. Im Gegenteil: Überschreiten die

niedergelassenen Ärzte die ihnen zugestandene Ausgabengrenze bei den Verordnungen, müssen sie bis zu fünf Prozent der Überschreitung aus ihren Honoraren ausgleichen.

Das kann in der Summe bis zu 1,85 Milliarden DM ausmachen.

Die gute Nachricht: Alle in der Vergangenheit aufgelaufenen Über- schreitungsbeträge bei Arzneimit- teln sind gestrichen. Die Kassenärzte müssen diese „Altschulden“ nicht mehr begleichen. Das neue Arznei- mittelbudget liegt bei rund 37 Milli- arden DM. Es basiert auf den Ausga- ben von 1996 abzüglich der jetzt weg- fallenden Zuzahlungen der Versi- cherten in Höhe von 1,75 Milliarden DM. Es kann aber in Verhandlungen zwischen den Kassenärztlichen Ver- einigungen und den Krankenkassen um Beträge für Innovationen oder demographische Faktoren über ei- nen Zeitraum von drei Jahren erhöht werden. Eine Neuordnung des Arz- neimittelmarktes dürfte mit der großen Strukturreform kommen.

Die Regierung plant eine Positivliste.

Das Honorarbudget setzt auf dem Vergütungsvolumen von 1997 auf. Es wird um die prozentuale Stei- gerung der Löhne und Gehälter in 1998 und (immerhin) zusätzlich um ein Prozent erhöht. Neu ist, daß KVen und Krankenkassen die Ho- norarverhandlungen bis zum 31.

März des kommenden Jahres abge- schlossen haben müssen. Gelingt dies nicht, setzen die Schiedsämter die Verträge fest. Neu ist ferner eine Ver-

schärfung der Wirtschaftlichkeitsprü- fungen. Der Gesetzgeber verpflichtet die Prüfgremien zur regelmäßigen Kontrolle von Tagesprofilen. Das heißt: Die Abrechnungen werden ge- zielt unter dem Aspekt geprüft, ob die abgerechneten Leistungen an den jeweiligen Tagen zeitlich tatsächlich auch erbracht werden konnten.

Als problematisch dürfte sich die Einbindung der Psychotherapeuten in die Gesamtvergütung erweisen.

Hier sieht das Gesetz das Ausgaben- volumen von 1997 plus 20 Prozent vor. Allerdings werden infolge des Psychotherapeutengesetzes einige tausend Psychologische Psychothera- peuten hinzukommen. Ob die Mittel dann noch ausreichen, um eine halb- wegs akzeptable Vergütung zu ge- währleisten, muß bezweifelt werden.

Hausärztliche Versorgung

Das Hausarztmodell ist im Vor- schaltgesetz nicht angesprochen. Das wird im wesentlichen der großen Strukturreform vorbehalten sein. Al- lerdings stellt das jetzige Gesetz be- reits die Weichen zur Förderung der hausärztlichen Versorgung. Das Vor- schaltgesetz regelt, daß sich die Kran- kenkassen im Rahmen des „Initiativ- programms zur Sicherstellung der allgemeinmedinischen Versorgung“

an der Finanzierung von Weiterbil- dungsstellen für angehende Allge- meinärzte beteiligen dürfen. Um eine Verlängerung der Weiterbildungszeit A-2957

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 47, 20. November 1998 (17)

Vorschaltgesetz

Neue Regierung auf alten Pfaden

Die neue Bundesregierung will eine sozial gerechte Krankenversicherung mit geringeren Belastungen für die Versicherten. Für die Ärzte bedeutet dies

zunächst: strenge Ausgabendisziplin innerhalb enger Budgetgrenzen.

W

(2)

auf fünf Jahre und damit letztlich die Gliederung der medizinischen Versor- gung in eine haus- und eine fachärztli- che voranzutreiben, müssen zusätzli- che Stellen finanziert werden.

Dazu hatte ein Arbeitsausschuß der Gesundheitsministerkonferenz der Länder im Frühjahr das „Initiativ- programm“ erarbeitet. Danach sollen innerhalb von fünf Jahren 7 500 Stel- len für die allgemeinmedizinische Weiterbildung geschaffen werden.

Die Kassen sollen sich in den ersten beiden Jahren an der Anschubfinan- zierung beteiligen. Im Kran- kenhaus fördern sie jede Stelle mit maximal 2 000 DM, ebenso in den Praxen niedergelassener Ärzte, allerdings paritätisch mit den Kassenärztlichen Ver- einigungen.

Das Vorschaltgesetz er- möglicht die vereinbarte Finan- zierung, befristet vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2000. Weiter regelt es, daß in Krankenhäusern nur bereits be- stehende, für die allgemeinärzt- liche Weiterbildung umgewid- mete Stellen bezuschußt werden kön- nen. Die Zahl der geförderten Stellen darf 1999 insgesamt 3 000 und im Jahr 2000 insgesamt 6 000 Stellen nicht überschreiten. Die finanzielle Bela- stung der gesetzlichen Krankenkassen beläuft sich auf maximal 216 Millionen DM. Das Nähere über den Umfang und die Durchführung der finanziellen Beteiligung regeln zweiseitige Verträ- ge, die die Spitzenverbände der gesetz- lichen Krankenkassen gemeinsam und einheitlich jeweils mit der Kassenärzt- lichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft vereinbaren. Vom Verlauf der Ver- handlungen wird also abhängen, wann und wie das Initiativprogramm gestar- tet werden kann.

Schon gibt es aber kritische Stim- men: Die Spitzenverbände der Kran- kenkassen monieren, daß das vorlie- gende Gesetz lediglich die Finanzie- rung regeln soll. Notwendige Struk- turänderungen wie eine Anpassung der Bedarfsplanung blieben ausge- spart. Ebenfalls auf Bundesebene und möglichst umgehend müsse eine ver- bindliche Anschlußregelung getroffen werden, die den Fortbestand des Pro- gramms über die ersten zwei Jahre hin-

aus sichert – ein Punkt, der auch der Bundesärztekammer am Herzen liegt.

Wenngleich sich die meisten Re- gelungen auf die ambulante Versor- gung und deren Strukturen beziehen, spart das Vorschaltgesetz die Kran- kenhäuser dennoch nicht aus. Sie sol- len über ein enges und konsequentes Budget und weitere strukturelle Maß- nahmen in die von der Politik vorge- gebene strikte Kostendämpfungs- pflicht und Ausgabendrosselung ein- bezogen werden. Bei der Ausgaben- entwicklung soll mit den übrigen Lei-

stungssektoren, was die Begrenzungs- maßnahmen betrifft, völlig gleichge- zogen werden (dies war bisher nicht immer der Fall; bis auf 1997 war der Krankenhaussektor stets der „Aus- reißer“). Die sofortige Aussetzung des Krankenhaus-„Notopfers“ für die Jahre 1998 und 1999 führt bei der Ge- setzlichen Krankenversicherung zu Einnahmenminderungen in Höhe von 730 Millionen DM jährlich. Allerdings haben viele Krankenkassen bereits im Vorgriff auf das 20-DM-„Jahresnot- opfer“ ihren hieraus zu finanzieren- den 1,1-Prozent-Budgetzuschlag für 1998 an die Krankenhäuser geleistet.

Reparaturaufwendungen wurden da- mit bereits finanziert.

Krankenhäuser fürchten um Arbeitsplätze

Die relativ starre Budgetdek- kelung könnte, so die Befürchtungen sowohl der Deutschen Krankenhaus- gesellschaft e.V. (DKG) als auch der Klinikärzteorganisation Marburger Bund, Zehntausenden Fachkräften ihren Job kosten, verhindern, daß bedarfsnotwendiges Zusatzpersonal

eingestellt wird und die gesetzlichen Auflagen erfüllt werden (zum Beispiel beim Arbeitszeitgesetz). Die Klinik- träger und das Fachpersonal kritisie- ren zudem, daß zwar die Budgets für die einzelnen Häuser des Jahres 1998 fortgeschrieben werden sollen, dabei allerdings die Zahl der Fälle nicht berücksichtigt werden soll, die die Krankenhäuser im laufenden Jahr mehr behandelt haben werden, also diejenigen, die nicht bei der prospekti- ven Festsetzung des Budgets berück- sichtigt werden. Dies trifft vor allem die leistungsfähigen Kranken- häuser. Dagegen kritisiert die DKG, daß die Kosten für die Instandhaltung und -setzung auf das Budget lediglich aufgeschla- gen werden können, aber nicht aufgeschlagen werden müssen.

Klargestellt wird im Gesetz auch, daß künftig für die Be- rechnung des Erlösgesamtbe- trages die effektive Erhöhung der Vergütung (der Tarifver- tragsparteien) maßgebend ist und nicht nur die „lineare Er- höhung des Tarifvertrags“. Die bisher geltende Regelung hat zu Aus- einandersetzungen zwischen den Krankenkassen und den Klinikträ- gern geführt über die Frage, ob auch Einmalzahlungen, die in einer Proto- kollnotiz zum Tarifvertrag festgelegt wurden, bei der Bemessung berück- sichtigt werden müssen.

Namentlich die DKG kritisiert, daß jegliche Mehrerlöse der Kliniken künftig gestrichen werden sollen. Weil die BAT-Steigerungsraten nur teilwei- se berücksichtigt werden sollen, ist nach Darstellung der DKG die Ge- haltsentwicklung für 1999 nicht voll in der Budgetberechnung berücksich- tigt worden. Lediglich ein Drittel der BAT-Steigerungen in den Budgets für 1999 zu berücksichtigen sei jedenfalls nicht ausreichend. Insgesamt rechnet die Deutsche Krankenhausgesellschaft damit, daß den rund 2 250 Kranken- häusern in Deutschland infolge der Budgetdeckelung und anderer restrik- tiver Maßnahmen sowie nicht seriös gegenfinanzierter Einnahmenausfälle Einbußen und Verluste in der Größen- ordnung von annähernd zehn Milliar- den DM jährlich entstehen werden.

Josef Maus, Heike Korzilius, Dr. Harald Clade

A-2958

P O L I T I K LEITARTIKEL

(18) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 47, 20. November 1998

Die Finanzierung

Die Regierung rechnet mit folgenden Mehrausga- ben und Mindereinnahmen: Reduzierung der Arznei- mittelzuzahlung (einschließlich chronisch Kranker) insgesamt rund 970 Millionen DM; Aussetzung des Krankenhaus-„Notopfers“ 730 Millionen DM; Förde- rung Allgemeinmedizin 72 Millionen DM; Zahnersatz bei Kindern und Jugendlichen 175 Millionen DM.

Mehreinnahmen werden durch die Versicherungs- pflicht für geringfügige Beschäftigung (rund 1,4 Milli- arden DM), höhere Rentensteigerungen und die Wie- dereinführung der vollen Lohnfortzahlung erwartet.

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