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Archiv "An der Universität Freiburg auf dem Prüfstand: Alternativtherapien in der Dermatologie" (28.02.1997)

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Alternativmedizin ist für viele Kliniker immer noch ein Reizwort.

Doch allen schulmedizinischen Ver- dikten zum Trotz treiben alternative Heilverfahren im Praxisalltag bunte Blüten. Auch wenn niemand weiß, wie häufig alternative Therapien in Deutschland eingesetzt werden, so läßt eine amerikanische Untersu- chung eine weite Verbreitung anneh- men (New England Journal of Medi- cine 328 : 246, 1993): Jeder dritte hat- te in der repräsentativen Befragung angegeben, im zurückliegenden Jahr sich einer „unkonventionel- len Therapie“ unterzogen zu haben. Die größtenteils von den Patienten getragenen Ko- sten für alternative Therapien beliefen sich der Studie zufol- ge im Jahr 1990 auf 13,7 Milli- arden Dollar.

Was aber sind überhaupt

„alternative“ Therapien? Hin- sichtlich der Terminologie herrscht Unklarheit. Da ist die Rede von unkonventio- nellen Verfahren, von autore- gulativer oder biologischer Medizin, von Erfahrungsheil- kunde und Komplementär- medizin, allesamt unbefriedi- gende oder irreführende De- finitionen. Zu den Kennzei- chen unkonventioneller The- rapien zählt jedenfalls, daß sie zwar viele Patienten und manche Praktiker magisch anziehen, die klinischen For- scher sich ihnen dagegen weitgehend entziehen. Inzwischen sind aber selbst einzelne Universitätskliniken bereit, alternative Verfahren einer wissen- schaftlichen Prüfung zu unterziehen.

Im Fachgebiet Dermatologie ist die Freiburger Universitäts-Hautkli- nik im Begriff, eine Vorreiterrolle in Deutschland einzunehmen. Anläßlich einer Fortbildungsveranstaltung er- läuterte Dr. Matthias Augustin, über viele Alternativverfahren lägen ledig- lich einzelne positive Berichte oder

Mitteilungen vor; jetzt komme es dar- auf an, sie unter den harten Testkrite- rien randomisierter Doppelblindstu- dien zu prüfen. Auf diese Weise soll nach und nach die Spreu vom Weizen getrennt werden.

Eines steht dabei schon heute fest: Nicht jede Methode, die derzeit geübt und verfochten wird, wird eine Eintrittskarte für die klinische Prü- fung erhalten. Hierzu zählt etwa die Bioresonanztherapie, die in klinischen Tests bereits durchgefallen ist. Wenig wissenschaftlichen Kredit gibt Augu-

stin auch der Elektroakupunktur nach Voll: „Die Messungen sind für uns nicht reproduzierbar und obendrein für den Patienten sehr kostspielig.“

Anders verhält es sich mit der klassischen Akupunktur. Wenngleich auch hier noch keine harten Daten vorliegen, gibt es, wie Augustin be- scheinigte, vielversprechende Ansät- ze und „sehr glaubwürdige Mitteilun- gen“. Er verwies unter anderem auf die Darmstädter Hautklinik, wo Dr.

Boris Sommer eine kleine Akupunk- tursprechstunde hält. Sommer sieht in der Akupunktur eine wertvolle unter- stützende Therapie, mit der Sympto-

me wie Juckreiz und Schmerz „sehr oft gelindert werden können“. Zu- gleich warnt er davor, die Möglichkei- ten der Akupunktur bei Hauterkran- kungen zu überschätzen: „Es gibt kei- ne Hautkrankheit, die allein mit der Nadel zu behandeln ist.“ Am häufig- sten wird die Akupunktur derzeit bei Neurodermitis und bei Rhinitis aller- gica eingesetzt.

Die Phytotherapie hat sich unter den Alternativtherapien am ehesten einen festen Platz erobert. Gleich- wohl sind nach Auffassung von Augu- stin ihre Möglichkeiten bei weitem nicht ausgeschöpft und Kenntnisse über pflanzliche Wirkstoffe oft noch unzureichend.

Unter den vielversprechenden Phytotherapeutika hat vor allem Mahonia acquifolium von sich reden gemacht. Dieses in den Wäldern der nordamerikanischen Pazifikkü-

ste wachsende Sauerdornge- wächs wird an der Freiburger Hautklinik bei Psoriasis-Pati- enten getestet. In einer pro- spektiv-randomisierten Stu- die werden ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit mit der von Dithranol (Cignolin) ver- glichen. Cignolin ist zur Zeit zwar das unbestrittene Stan- dardtherapeutikum, ist je- doch relativ schwierig zu handhaben (Verfärbung der Wäsche, Geruch und Hautrei- zungen bei Überdosierung), so daß eine therapeutische Alternative willkommen wä- re. Die Studie wird allerdings erst 1997 abgeschlossen sein.

In einer ersten Auswertung konnten, so Augustin, aber bereits günstige Effekte von Mahonia dokumentiert werden. Demnach scheint das Phytotherapeutikum in puncto Wirksamkeit dem Dithranol etwas nachzustehen, dürfte aber ver- mutlich besser verträglich sein. „Eine erste Kosten-Nutzwert-Analyse zeigt Vorteile für Mahonia acquifolium“, erklärte Augustin. Der Dermatologe führt die Effekte unter anderem auf die in Mahonia enthaltenen Alkalo- ide wie Berberin zurück, die offenbar die Zellteilung hemmen und somit der überschießenden Proliferation von Epidermiszellen Einhalt gebieten.

Womöglich tragen auch inhibitorische A-508 (28) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 9, 28. Februar 1997

P O L I T I K MEDIZINREPORT

An der Universität Freiburg auf dem Prüfstand

Alternativtherapien in der Dermatologie

Auch Extrakte des Johanniskrauts werden von den Freiburger Dermatolo- gen zur Wundheilung als Lösungen oder Salben verwendet. Foto: Bayer AG

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Wirkungen auf Leukozyten-Cyclo- oxygenase ihren Teil zum Therapieer- folg bei.

Hoffnungen setzen die Freibur- ger Dermatologen auch auf Pflanzen- extrakte in der Wundheilung, wo sie als Lösungen oder Salben eingesetzt werden können. Hier kommen laut Augustin namentlich Kamille, Johan- niskraut, Arnika, Calendula und Bro- melain als kostengünstigere Alternati- ven zu den herkömmlichen Externa in Frage – vor allem für Problemwun- den. In Freiburg wird in klinischen Studien und an Modellwunden unter- sucht, welchen Einfluß Kamille, Bro-

melain und ein Extrakt aus Krill-Mee- reskrebsen auf definierte Phasen der Wundheilung haben. Überdies wollen die Dermatologen auch die allergene Potenz der Pflanzenextrakte prüfen.

Echinacea-Präparate gehören zu den Phytotherapeutika, die bereits in ihrer Funktion als Immunstimulanzi- en in der Tumortherapie studiert wur- den. An der Freiburger Hautklinik soll nun erstmals der Frage nachge- gangen werden, ob Echinacea pallida bei Patienten mit rezidivierendem Herpes labialis zur Rezidivprophylaxe taugt. Insgesamt 76 Patienten sollen in die plazebokontrollierte Doppel-

blindstudie aufgenommen werden. Sie erhalten im krankheitsfreien Intervall vier Wochen lang dreimal wöchentlich Echinacea pallida intramuskulär inji- ziert. Nach sechs Monaten wird Bilanz gezogen. Als Erfolgskriterium gilt die Zahl der herpesfreien Tage. Mit Er- gebnissen ist laut Augustin frühestens im Sommer 1997 zu rechnen.

In einem weiteren Projekt be- schäftigt sich die Arbeitsgruppe um Augustin mit der Wirkung pflanzli- cher Steroide auf die entzündete Haut. Zu den Kandidatenpflanzen zählen hier Dulcamara stipites und Cardiospermum. Dr. med. Uwe Beise

A-510

P O L I T I K MEDIZINREPORT

(30) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 9, 28. Februar 1997 Frau H., 69 Jahre alt, kommt an

einem Oktobertag in meine homöopa- thische Praxis. Ihre Tochter sei schon lange bei einem Kollegen in homöopa- thischer Behandlung, und sie wolle jetzt auch so behandelt werden. Sie be- richtet über Probleme mit den Füßen.

Deshalb sei sie gekommen. Sie habe ein Gefühl, als gäbe die Erde nach, als ginge der Boden, auf dem sie steht, nach unten. Außerdem seien die Füße ganz kribbelig. Seit wann? Seit dem Tod ihrer Schwester an einem Schlag- anfall vor eineinhalb Jahren.

Während sie lebhaft erzählt, be- trachte ich mir die alte Dame genauer.

Auffallend ist ein herabhängendes, das halbe Auge bedeckendes rechtes Oberlid. Die Konjunktiva des Auges ist auffallend gerötet. Die rechte Hand ist dick ödematös geschwollen.

Mehr ist zunächst nicht zu sehen.

Nachdem sie mir ausführlich über den Tod ihrer Schwester berichtet hat, fange ich an, Fragen zu stellen. Ob ihr am rechten Auge etwas aufgefallen sei? Ja, seit 14 Tagen hänge es etwas und sei rot und träne. Sie sei schon beim Augenarzt gewesen, der habe Tropfen verschrieben. Die nähme sie seitdem, besser geworden sei es nicht.

Dann komme ich auf die rechte Hand zu sprechen. Seit wann die so dick sei, frage ist. Oh, schon ein halbes Jahr etwa. Das störe sie sehr. Es sei ein großer Druck darin, der habe in letzter

Zeit zugenommen. Wann sie das letzte Mal beim Hausarzt gewesen sei, frage ich, und ob bei der Gelegenheit auch ihr Blut untersucht worden sei. Sie be- richtet, bei ihm erst kürzlich gewesen zu sein. Bereits im Sommer sei das Blut untersucht worden. Dabei wäre was nicht in Ordnung gewesen. Der Hausarzt habe empfohlen, entweder den Kopf oder die Lunge röntgen zu lassen oder den Darm zu untersuchen.

Daraufhin sei sie bei einem Ra- diologen gewesen. Der habe sie unter- sucht (auch körperlich) und die Lunge geröntgt. Alles sei in Ordnung.

Wann waren Sie das letzte Mal beim Frauenarzt? Sie lächelt. „Ach, Frau Doktor, in meinem Alter“, sagt sie und schüttelt verneinend den Kopf. Ich bitte sie, den Oberkörper freizumachen. Der rechte Arm ist dick bis zur Axilla geschwollen, die rechte Mamille eingezogen, die Brust bis in die Axilla knotig rot verhärtet.

Ich blicke in ängstliche Augen. Be- hutsam kläre ich Frau H. über ihre Erkrankung auf. Nachdem sich das erste Entsetzen gelegt hat, bespre- chen wir gemeinsam, wie es weiterge- hen könnte.

Vier Tage nachdem Frau H. mei- ne Praxis aufgesucht hat, berichtet mir der Ehemann, sie sei an der Brust ope- riert worden, es gehe soweit gut. Die weitere Behandlung wird homöopa- thisch sein. Dr. med. Doris Witte

Ärztliche Sorgfaltspflicht

Ein Tatsachenbericht

Prognosefaktor nach Herzinfarkt

Daß das mittlere Thrombozytenvolumen bei Patienten nach Myokardinfarkt eine Aussage über das Risiko künftiger ischämischer Ereignisse erlaubt, haben Untersuchun- gen von J. F. Martin (London) an einem Kollektiv von nahezu 2 000 Infarktpatienten ge- zeigt. Sechs Monate nach dem akuten Ereignis wurde bei diesen Patienten das mittlere Thrombozytenvolumen bestimmt. Zwei Jahre nach dem Infarkt wurden diese Ergebnis- se in Bezug gesetzt zu der Rate von Todesfällen und ischämischen Ereignissen wie Rein- farkt oder koronare Herzkrankheit.

Es zeigt sich, daß das relative Risiko, binnen zwei Jahren nach dem Infarkt zu ver- sterben, in jener Gruppe, deren mittleres Thrombozytenvolumen im oberen Viertel an- gesiedelt war, um den Faktor zwei erhöht war gegenüber der Gruppe im unteren Viertel.

Was die prädiktive Aussagekraft der Bestimmung des Thrombozytenvolumens betrifft, so erwies sich diese Messung laut Martin im Vergleich zu anderen Untersuchungen wie etwa der Bestimmung von Fibrinogen oder Cholesterin als wesentlich aussagekräftiger.

Diese und andere Befunde legen die Vermutung nahe, daß Störungen im Bereich der Megakaryozyten-Thrombozyten-Hämostaseachse eine maßgebliche Determinante für die Entstehung von Gefäßkomplikationen wie Thrombose oder Herzinfarkt sein könnten. Gleichwohl ist unstrittig, daß die Aufklärung der äußerst komplexen Regula- tionsmechanismen gerade erst an ihrem Anfang steht. Neben dem kürzlich erst ent- deckten Thrombopoeitin ist so beispielsweise auch ein Einfluß von Interleukin-6 und

anderen Zytokinen gesichert. EB

Referenzen

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